TE Bvwg Erkenntnis 2019/5/17 L525 2218869-1

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Veröffentlicht am 17.05.2019
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Entscheidungsdatum

17.05.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §15b
AsylG 2005 §2 Abs1 Z13
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57 Abs1
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §18 Abs1 Z1
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1a

Spruch

L525 2218868-1/2E

L525 2218869-1/2E

L525 2218870-1/2E

L525 2218871-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Johannes ZÖCHLING als Einzelrichter über die Beschwerde von 1. XXXX , StA: Georgien (prot. zu hg L525 2218870-1), 2. XXXX , StA: Georgien (prot. zu hg L525 2218871-1) sowie 3. XXXX , StA: Georgien (prot. zu hg L525 2218869-1) und 4. XXXX , StA: Georgien, 3. und 4. vertreten durch 2., alle vertreten durch die ARGE Rechtsberatung, Wattgasse 48, 1170 Wien, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom jeweils 15.4.2019, 1. Zl. 1220134905-190170153 (zu L525 2218870-1), 2. Zl. 1220134709-190170226 (zu L525 2218871-1), 3. Zl. 1220132007-190170323 (zu L525 2218869-1), 4. 1220132410-190170285 (zu L525 2218868-1), zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer 1 reiste gemeinsam mit seiner Ehefrau (Beschwerdeführerin 2) und seinen Kindern (Beschwerdeführerin 3 und Beschwerdeführer 4) illegal in das Bundesgebiet ein und stellten alle gemeinsam am 18.2.2019 einen Antrag auf internationalen Schutz. Beschwerdeführer 1 und 2 wurden am gleichen Tag durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes einer Erstbefragung unterzogen. Der Beschwerdeführer 1 gab zu seinen Ausreisegründen befragt an, seine Familie und er seien in Georgien in Gefahr. Er sei von 2004 bis 2006 beim Militär gewesen, er habe Informationen, die er beim Militär erfahren habe, an einen Mann namens XXXX , Spitzname TUG, weitergegeben. Dieser habe in der Republik Ossetien gelebt und sei vom russischen Geheimdienst KGB gewesen. Am 13.12.2006 sei der Beschwerdeführer von der Polizei in Georgien festgenommen worden, da er Informationen weitergeben habe. Er sei dann bis 2012 im Gefängnis gewesen. Als er wieder freigekommen sei habe er weiterhin Informationen an XXXX weitergegeben, 2018 habe er dann aufgehört für diesen zu arbeiten. Es sei vom Beschwerdeführer verlangt worden, dass er einen Angriff auf eine Grenzstation in Ergneti organisiere. Das habe er nicht machen wollen. Im Februar habe die Polizei von Tschinvali einen Mann namens XXXX festgenommen und gefoltert. Die Polizei habe wollen, dass der Beschwerdeführer zuschaue, wie dieser Mann gefoltert worden sei, weil sie ihn hätten warnen wollen, dass sowas mit Verrätern passiere. Die Polizei in Georgien habe ihn öfters festgenommen und geschlagen, da sie gewusst hätten, dass er ein russischer Informant sei. Er habe sich bei der Staatsanwaltschaft beschwert, das habe aber nichts geholfen. Er habe von den Behörden in Georgien keinen Schutz erhalten. Seit da an habe er sich nicht mehr oft in Georgien bei seinem Wohnort aufgehalten, tagsüber sei er meistens in Russland gleich an der Grenze zu Georgien gewesen. Sein Leben und das seiner Familie sei in Gefahr, da er sehr viele Informationen über die Polizei in Taschinvali habe. Da er weiß wie sie XXXX gefoltert hätten würden sie ihn nie in Ruhe lassen.

Die Beschwerdeführerin 2 gab zu ihren Ausreisegründe an, sie wohne seit 2016 in Tbilissi, da ihre Familie und sie verfolgt worden seien. Es habe sie immer ein schwarzes Auto verfolgt. Ihr Mann sei am 8.7.2015 festgenommen worden, er sei dort geschlagen worden und habe Elektroschocks erhalten. Am 14.11.2018 seien zwei Männer gekommen, die ihren Mann gesucht hätten. Ein Mann habe die Beschwerdeführerin 2 in die Wohnung gestoßen, sie sei daraufhin gestürzt und habe deswegen ihr Kind verloren. Am nächsten Tag habe sie erfahren, dass diese zwei Männer auch an ihrer Arbeitsstelle gewesen seien und im Kindergarten bei ihrem Kind gewesen seien. Sie seien in Gefahr und Georgien. Sie habe auch Angst um ihre Mutter, dass die zwei Männer dann auch ihre Mutter belästigen würden.

Beschwerdeführerin 3 ist die minderjährige Tochter, Beschwerdeführer 4 der minderjährige Sohn von Beschwerdeführer 1 und Beschwerdeführerin 2, die ihm Verfahren durch Beschwerdeführerin 2 vertreten werden.

Mit Verfahrensanordnungen vom 22.2.2019 wurde allen drei Beschwerdeführern unter anderem mitgeteilt, dass sie sich gemäß § 15b AsylG in einem näher angeführten Quartier einzufinden haben.

Beschwerdeführer 1 und Beschwerdeführerin 2 wurden beide am 28.2.2019 nacheinander niederschriftlich durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) einvernommen. Beschwerdeführer 1 gab im Wesentlichen an, er sei gesund und sei mit seiner Familie nach Österreich gereist. Er habe keine Probleme bei der Ausstellung seines Reisepasses gehabt. Der Beschwerdeführer habe niemals ein Visum für ein EU-Land beantragt. Er sei in Georgien als Militärbeamter wegen Spionage und Randalierens verurteilt worden. Er stamme aus dem Bezirk Akhalgori. Er habe dort von 1996 bis zu seiner Ausreise am 29.1.2019 gelebt. Er sei von seinem Dorf nach Tiflis gereist, wo er seine Frau und seine Kinder getroffen habe, dann seien sie weiter zum Flughafen nach Kutaisi gereist und von dort nach Wien geflogen. Zu seinen Fluchtgründen befragt gab der Beschwerdeführer an, er 1996 sei sein Vater von den Georgiern ermordet worden. Er sei extra dafür vorbereitet worden, dass er in der georgischen Armee diene und Geheiminformationen an die ossetische Seite verrate. Er habe zwar Geld dafür bekommen, tat dies aber eigentlich aus Rache. Er sei 2006 in Haft gekommen, da er der Spionage verdächtigt worden sei. Ihm sei vorgeworfen worden, dass er Drogen habe, dies habe er aber entkräften können und sei er davon freigesprochen worden. Allerdings sei ihm im Anschluss vorgeworfen worden, dass er seine Nachbarn erpresst und geschlagen zu haben. Er sei daraufhin zu sieben Jahren Haft verurteilt worden, die Strafe sei später auf sechs Jahre reduziert worden. Als er 2012 entlassen worden sei, hätten die Russen sein Gebiet bereits annektiert. Er habe weiter in seinem Haus gelebt. Er habe seine Frau kennengelernt und dann geheiratet und sei er deswegen illegal von Ossetien nach Georgien gereist um die Familie nach Akhalgori zu bringen. Als er bei der Familie seiner Frau gewesen sei, sei er von der Polizei festgenommen worden und von der Polizei geschlagen worden. Die Polizisten hätten wissen wollen, welche Informationen er den Osseten gegeben hätte. Er sei über Nacht in der Polizeistation festgehalten worden, und sei wegen Widerstand gegen die Polizei zu 300 Lari verurteilt worden. Er sei dann in ein Krankenhaus, dort hätte man ihn zunächst nirgends behandeln wollen, erst beim dritten Krankenhaus sei er stationär aufgenommen worden. Von 2015 bis November 2018 sei er noch drei weitere Male verprügelt worden, wenn er von Ossetien nach Georgien gereist sei. Einmal seien ihm sogar 2.900 US-Dollar gestohlen worden. Er habe sich 2018 auch bei der Staatsanwaltschaft beschwert, jedoch hätten diese nichts unternommen. Im November 2018 sei dann seine Frau von Polizisten aufgesucht worden, diese hätten sie gestoßen und hätte sie das Kind verloren. Er habe sich daraufhin versteckt und sie hätten die Ausreise geplant.

Die Beschwerdeführerin 2 gab im Wesentlichen an, ihre Probleme würden sich auf die Probleme ihres Mannes beziehen. Der erste Vorfall, der sie erschüttert habe, sei kurz nach der Hochzeit geschehen. Der Beschwerdeführer 1 sei nach Tiflis um eine Schwester und ihren Schwager nach Akhalgori zu holen gefahren. Er habe sich aber sehr verspätet und sie habe erfahren, dass der Beschwerdeführer 1 in Haft genommen worden sei. Sie sei dann am nächsten Tag zu ihrem Mann ins Krankenhaus gefahren, da er aber nicht in der Lage gewesen sei die Fragen zu beantworten, sei sie an seiner Stelle einvernommen worden. Es seien unzählige Beamte dort gewesen, sie Beamten hätten sie einzuschüchtern versucht. 2018 habe sie am Weg zum Kindergarten, wo sie gearbeitet habe, gesehen und gespürt, dass sie beobachtet werde. Die unbekannten Personen hätten im Kindergarten nach ihr gefragt. Geflohen sei sie, weil am 14.11.2018, als sie schwanger gewesen sei, jemand an die Tür geklopft hätte. Ein Mann habe versucht dann in die Wohnung einzudringen, dieser Mann habe sie dann gestoßen und habe dieser gesagt, wenn ihr Mann nicht auftauchen würde, dann würden sie die Kinder bestrafen. Auch nach der Ausreise hätten diese Personen ihre Mutter aufgesucht und gefragt, wo sie sich aufhalten würde.

Der Beschwerdeführer 1 legte Dokumente aus Georgien vor.

Beschwerdeführer 1 und Beschwerdeführerin 2 wurden am 13.3.2019 abermals einvernommen. Beschwerdeführer 1 führte zunächst aus, er habe dem BFA ein Gerichtsurteil aus dem Jahr 2015 vorgelegt, aus welchem hervorgehe, dass er wegen Widerstand gegen die Polizei zu einer Verwaltungsstrafe verurteilt worden wäre, eine Bestätigung, dass seine Frau ihr Kind verloren habe und zwei Gesundheitsbestätigungen aus denen hervorgehe, dass er in zwei verschiedenen Krankenhäusern behandelt worden sei. Beschwerdeführerin 2 legte darüber hinaus ein Schreiben vor, wonach sie am 18.3.2019 in der Betreuungsstelle an einem psychologischen Beratungsgespräch mit ihrer Tochter teilgenommen habe. Anlass sei das psychische Befinden der Tochter gewesen.

Mit Bescheiden des BFA vom jeweils 15.4.2019 wies das BFA die Anträge der Beschwerdeführer auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG (Spruchpunkt I.), sowie gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG den Antrag auf Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Georgien (Spruchpunkt II.) ab. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt III.) und wurde gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt IV.). Gemäß § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Georgien zulässig ist (Spruchpunkt V.). Eine Frist für die freiwillige Ausreise wurde nicht gewährt (Spruchpunkt VI.) und wurde der Beschwerde die aufschiebende Wirkung gemäß § 18 Abs. 1 Z 1 BFA-VG aberkannt und festgestellt (Spruchpunkt VII.). Den Beschwerdeführern wurde gemäß § 15b Abs. 1 AsylG aufgetragen, ein näher bezeichnetes Quartier ab dem 26.2.2019 zu beziehen (Spruchpunkt VIII.).

Das BFA führte aus, die Ausführungen der Beschwerdeführer zu den Gründen ihrer Ausreise seien nicht glaubwürdig und könne nicht festgestellt werden, dass die Beschwerdeführer Georgien aus den genannten Gründen verlassen hätten. Eine Gefährdung ihrer Person hätte nicht festgestellt werden können. Die Beschwerdeführer hätten keine Verwandten in Österreich. Sie würden keiner Arbeit nachgehen und hätten auch sonst keine sozialen Kontakte und befänden sich in Grundversorgung. Eine Integrationsverfestigung habe nicht festgestellt werden können. Die Beschwerdeführer stammten allesamt aus einem sicheren Herkunftsstaat, weswegen der Beschwerde die aufschiebende Wirkung aberkannt werde und keine Frist für die freiwillige Ausreise gewährt werde.

Die Beschwerdeführer erhoben durch ihren Rechtsvertreter jeweils wortgleiche Beschwerden an das Bundesverwaltungsgericht und beantragten zunächst, das Bundesverwaltungsgericht solle den Status des Asylberechtigten gemäß § 3 AsylG zusprechen, in eventu den Bescheid beheben und an die belangte Behörde zurückzuverweisen, in eventu Spruchpunkt II dahingehend abzuändern, dass den Anträgen dahingehend Folge gegeben wird und der Status der subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt werde, in eventu den angefochtenen Bescheid dahingehend abzuändern, dass der Bescheid in den Spruchpunkten IV und V dahingehend abgeändert werde, dass die Rückkehrentscheidung für unzulässig erklärt werde bzw. die Abschiebung nach Georgien für unzulässig erklärt werde, in eventu einen Aufenthaltstitel gemäß §§ 55, 57 AsylG zu erteilen und eine mündliche Verhandlung anzuberaumen. Die Beschwerde - die sich erkennbar nicht gegen die Verhängung des Einreiseverbotes und nicht gegen die Vorschreibung gemäß § 15b BFA- VG richtet - führt mit näherer Begründung aus, die belangte Behörde habe unrichtige Feststellungen hinsichtlich der Bedrohungslage getroffen und habe kein ordnungsgemäßes Verfahren geführt. Hinsichtlich der Rückkehrentscheidung werde ausgeführt, dass die Beschwerdeführerin 3 seit dem Vorfall im November 2018 an massiven psychischen Störungen leide und am 4.6.2019 einen Termin bei der Kinderpsychiatrie habe. Den Beschwerden angeschlossen waren Berichte über XXXX in englischer Sprache sowie die Taufbestätigung der Beschwerdeführerin 3, eine schriftliche Zeugenaussage in georgischer Sprache einer Zeugin über einen Vorfall betreffend den Übergriff auf den Beschwerdeführer 1 sowie eine notarielle Beglaubigung der Echtheit der Unterschrift.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verfahrens vor und wurde über die Aktenvorlage mit Mail vom 16.5.2019 informiert.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1 Zur Person der Beschwerdeführer:

Alle Beschwerdeführer tragen die im Erkenntniskopf angeführten Namen und wurden am dort angeführten Datum geboren. Die Beschwerdeführer sind allesamt georgische Staatsbürger und gesund. Die Beschwerdeführer stellten am 18.2.2019 Anträge auf internationalen Schutz. Beschwerdeführer 1 und 2 sind verheiratet und ist Beschwerdeführerin 3 die gemeinsame Tochter, Beschwerdeführer 4 der gemeinsame Sohn. Die Identitäten stehen fest.

Beschwerdeführer 1 ist und hat in Georgien die Schule besucht und war dann Soldat. Beschwerdeführerin 2 hat ebenso eine Schulbildung genossen und zuletzt als Kindergärtnerin gearbeitet. Beide haben Verwandte in Georgien und stehen mit ihren Verwandten in Kontakt. Die Beschwerdeführer sprechen kein Deutsch und sind nicht berufstätig, sondern beziehen Leistungen aus der Grundversorgung. Die Beschwerdeführer sind gesund. Sonstige Bindungen oder Integrationsmerkmale konnten nicht festgestellt werden. Beschwerdeführerin 3 hat am 4.6.2019 einen Termin in der Kinderpsychiatrie.

1.2 Länderfeststellungen zu Georgien:

Die hier verwendeten Länderberichte wurden von der belangten Behörde übernommen und stammen aus dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation über Georgien, Stand 11.12.2018:

Politische Lage

Im Jahr 2017 begann Georgien mit einer grundlegenden Reform der Verfassung, mit welcher der Übergang von einem gemischten zu einem parlamentarischen System abgeschlossen wurde. Die Reform, die insgesamt positiv von der Venediger-Kommission des Europarates bewertet wurde, zielt darauf ab, die verfassungsmäßige Ordnung des Landes zu festigen, die auf den Grundsätzen der Demokratie, der Rechtsstaatlichkeit und des Schutzes der Grundrechte beruht. Der vom Parlament angenommene Entwurf wurde von der Opposition nicht unterstützt, weil vor allem das rein-proportionale Wahlsystem erst bis 2024 eingeführt werden soll. NGOs und Oppositionsparteien sahen den Entscheidungsprozess als nicht inklusiv und zu voreilig (EC 9.11.2017).

Georgien hat eine doppelte Exekutive, wobei der Premierminister als Regierungschef und der Präsident als Staatsoberhaupt fungiert. Der Präsident wird durch Direktwahl für eine Amtszeit von fünf Jahren gewählt. Der Präsident ernennt den Premierminister, der vom Parlament ernannt wird. Nach den im Jahr 2017 beschlossenen Verfassungsänderungen wird der Präsident indirekt von einem Gremium, bestehend aus nationalen, regionalen und lokalen Gesetzgebern, gewählt, wobei diese Änderungen erst nach der Wahl 2018 wirksam werden (FH 1.2018). Nach der geänderten Verfassung wird Georgien ab 2024 auf ein Verhältniswahlsystem mit einer Fünf-Prozent-Hürde umstellen. Ab 2025 wird der Präsident nicht mehr vom Wahlvolk, sondern von einem speziellen Gesetzgebungsrat gewählt (RFE/RL 20.10.2017).

Bei den Präsidentschaftswahlen 2013 gewann Giorgi Margvelashvili, ein von der Partei "Georgischer Traum" unterstützter unabhängiger Kandidat, 62% der Stimmen, vor dem Kandidaten der Vereinigten Nationalen Bewegung (UNM), David Bakradze, der 22% gewann. Während Beobachter über einige Verstöße berichteten, bezeichneten sie den Wahlgang als kompetitiv und und vertrauenswürdig und lobten dabei die Zentrale Wahlkommission für ihre Professionalität. Giorgi Kvirikashvili von der Partei Georgischer Traum kehrte nach den Parlamentswahlen 2016 als Premierminister zurück; er war seit Ende 2015 in dieser Funktion tätig (FH 1.2018).

Am 8.10. und 30.10.2016 fanden Parlamentswahlen in Georgien statt. Die bislang regierende Partei "Georgischer Traum" sicherte sich die Verfassungsmehrheit, indem sie 115 der 150 Sitze gewann. Die "Vereinigte Nationale Bewegung" (UNM) des Expräsidenten Mikheil Saakashvili errang 27 und die "Allianz der Patrioten Georgiens" (APG) sechs Sitze (RFE/RL 1.11.2016). Mit der APG, die im ersten Wahlgang am 8.10.2016 knapp die Fünf-Prozent-Hürde schaffte, ist erstmals eine pro-russische Partei im Parlament vertreten. In der notwendigen Stichwahl am 30.10.2016 in 50 Wahlkreisen, die nach dem Mehrheitswahlrecht bestimmt werden, gewann der "Georgische Traum" 48 Wahlkreise (Standard 31.10.2016). Die übrigen zwei Sitze gingen jeweils an einen unabhängigen Kandidaten und einen Vertreter der "Partei der Industriellen" (VK 31.10.2016).

Die Wahlbeobachtungsmission der OSZE bewertete gemeinsam mit anderen internationalen Beobachtern die Stichwahl als kompetitiv und in einer Weise administriert, die die Rechte der Kandidaten und Wähler respektierte. Allerdings wurde das Prinzip der Transparenz sowie das Recht auf angemessene Rechtsmittel bei der Untersuchung und Beurteilung von Disputen durch die Wahlkommissionen und Gerichte oft nicht respektiert (OSCE/ODIHR 30.10.2016).

Am 21.10. und 12.11.2017 fanden Gemeinde- und Bürgermeisterwahlen statt. In der ersten Runde am 21.10.2017 gewann die Regierungspartei, Georgischer Traum, in allen Wahlkreisen und sicherte sich 63 von 64 Bürgermeisterämter, darunter in der Hauptstadt Tiflis (RFE/RL 12.11.2017). Bei der Bügermeisterstichwahl am 12.11.2017 gewannen in fünf der sechs ausstehenden Städte ebenfalls die Kandidaten des Georgischen Traums. Nur in Ozurgeti siegte ein unabhängiger Kandidat (Civil.ge 13.11.2017). Die Wahl verlief reibungslos und professionell, wobei die Stimmabgabe, die Auszählung und das Wahlermittlungsverfahren von Beobachtern positiv beurteilt wurden, obwohl Hinweise auf mögliche Einschüchterungen und Druck auf die Wähler Anlass zur Besorgnis gaben (OSCE 13.11.2017).

Das politische Leben in Georgien ist lebendig. Die Menschen sind in der Regel in der Lage, politische Parteien zu gründen und ihre eigenen Kandidaturen mit wenig Einmischung durch Dritte umzusetzen. Allerdings hat ein Muster der Einparteiendominanz in den letzten zehn Jahren die Entwicklung und Stabilität konkurrierender Gruppen gehemmt. Die Partei Georgischer Traum dominiert den politischen Raum. Entscheidend dafür ist die Rolle von Ivanishvili, dem Schöpfer und Finanzgaranten der Partei, der maßgeblichen Einfluss auf die politische Entscheidungsfindung in Georgien hat. Die finanziellen und geschäftlichen Interessen von Ivanishvili sind auch im politischen Bereich von großer Bedeutung (FH 1.2018).

Quellen:

- Civil.ge (13.11.2017): GDDG Wins Most Mayoral Runoff Races, http://www.civil.ge/eng/article.php?id=30622, Zugriff 26.3.2018

- EC - European Commission (9.11.2017): Association Implementation Report on Georgia [SWD(2017) 371 final], https://www.ecoi.net/en/file/local/1419205/1226_1512477382_171109-association-implementation-report-on-georgia.pdf, Zugriff 9.4.2018

- FH - Freedom House (1.2018): Freedom in the World 2018 - Georgia, https://www.ecoi.net/en/document/1426297.html, 26.3.2018

- OSCE/ODIHR - Organization for Security and Co-operation in Europe/Office for Democratic Institutions and Human Rights, European Parliament, OSCE Parliamentary Assembly, Parliamentary Assembly of the Council of Europe (30.10.2016): International Election Observation Mission, Georgia - Parliamentary Elections, Second Round - Statement of Preliminary Findings and Conclusions, Preliminary Conclusions, http://www.osce.org/odihr/elections/georgia/278146?download=true, Zugriff 26.3.2018

- OSCE/ODIHR - Organization for Security and Co-Operation in Europe/ Office for Democratic Institutions and Human Rights (13.11.2017): Election Observation Mission Georgia, Local Elections, Second Round, 12 November 2017, http://www.osce.org/odihr/elections/georgia/356146?download=true, Zugriff 26.3.2018

- RFE/RL - Radio Free Europe/Radio Liberty (20.10.2017): Georgia's President Reluctantly Signs Constitutional Amendments, 26.3.2018

- RFE/RL - Radio Free Europe/Radio Liberty (1.11.2016): Georgia's Ruling Party Wins Constitutional Majority, http://www.rferl.org/a/georgia-elections-second-round-georgian-dream-super-majority/28085474.html, Zugriff 26.3.2018

- RFE/RL - Radio Free Europe/Radio Liberty (12.11.2017): Georgians In Six Municipalities Vote In Local Election Runoffs, https://www.rferl.org/a/georgia-local-elections-second-round/28849358.html, Zugriff 26.3.2018

- Der Standard (31.10.2016): Regierungspartei kann Georgien im Alleingang regieren, http://derstandard.at/2000046738001/Wahlsieg-von-Regierungspartei-in-Georgien-in-zweiter-Runde-bestaetigt, Zugriff 26.3.2018

- Vestnik Kavkaza (31.10.2016): Georgian Dream wins 48 districts out of 50, http://vestnikkavkaza.net/news/Georgian-Dream-wins-48-districts-out-of-50.html, Zugriff 26.3.2018

Sicherheitslage

Die Sicherheitslage in Georgien hat sich seit der militärischen Auseinandersetzung zwischen georgischen und russischen Truppen vom August 2008 weitgehend normalisiert. Die Konflikte um die beiden separatistischen georgischen Regionen Abchasien und Südossetien sind indes ungelöst und verursachen Spannungen. Im Gali-Distrikt Abchasiens kommt es immer wieder zu Schusswechseln, Entführungen und anderen Verbrechen mit teilweise kriminellem Hintergrund. Trotz vordergründiger Beruhigung der Lage kann ein erneutes Aufflammen des Konfliktes zwischen Abchasien und Georgien nicht ausgeschlossen werden. Gleiches gilt im Falle Südossetiens. In den städtischen Zentren kann es gelegentlich zu Demonstrationen und Protestaktionen kommen, vor allem im Zusammenhang mit Wahlen. Straßenblockaden und Zusammenstöße mit den Sicherheitskräften sind nicht ausgeschlossen. Das Risiko von terroristischen Anschlägen kann auch in Georgien nicht ausgeschlossen werden (EDA 6.6.2018).

Die Kriminalitätsrate ist in Georgien in den letzten Jahren deutlich gesunken. Auto- und andere Diebstähle sowie Einbrüche kommen vor, und sind gelegentlich von Gewalt begleitet. Übergriffe gegen Personen, die sich in der Öffentlichkeit als homosexuell zu erkennen geben, können vorkommen (AA 6.6.2018a, vgl. EDA 6.6.2018).

Bei einem Anti-Terroreinsatz in Tiflis sind am 22.11.2017 ein Polizist und drei mutmaßliche Terroristen getötet worden. Mehrere mutmaßliche Anhänger einer terroristischen Gruppe hatten sich der Festnahme widersetzt, indem sie das Feuer mit automatischen Waffen eröffneten und Handgranaten auf die Anti-Terror-Einheit warfen (Standard 23.11.2017). Einer der getöteten Terroristen war offenbar Achmed Tschatajew, ein tschetschenischer Befehlshaber des sog. Islamischen Staates (IS), der den georgischen Behörden bekannt war. Tschatajew stand seit 2015 auf der Terroristenliste der Vereinigten Staaten von Amerika und wurde auch von Russland und der Türkei wegen der Organisation des tödlichen Bombenanschlags auf den Flughafen von Istanbul im Juli 2016 gesucht. Die Prognose, dass sich die terroristische Bedrohung in Georgien auf die einheimischen und zurückkehrenden Kämpfer verlagert hat, wurde durch die Operation in Tiflis drastisch bestätigt (Jamestown 29.11.2017, GA 1.12.2017):

Die EU unterstützt aktiv die Bemühungen um Konfliktlösung durch die Arbeit des EU-Sonderbeauftragten für den Südkaukasus und die Krise in Georgien und die EU-Beobachtermission (EUMM), die zu Stabilität und Frieden beitragen. Georgien hat sich weiterhin den internationalen Gesprächen in Genf verschrieben. Der sog. "Incident Prevention Mechanisms (IPRM)", der 2009 geschaffen wurden, um Risiko- und Sicherheitsfragen zu erörtern, die die Gemeinden in Abchasiens bzw. Südossetiens betreffen, und die EUMM-Hotline arbeiten weiterhin effizient als wesentliche Instrumente, um lokale Sicherheitsfragen anzugehen und, um die weitere Vertrauensbildung zwischen den Sicherheitsakteuren zu fördern (EC 9.11.2017).

Anfang März 2018 wiederholte Premierminister Giorgi Kvirikashvili Georgiens Interesse, bei den internationalen Gesprächen in Genf konkrete Fortschritte zu erzielen. Hierzu erklärte er sich auch bereit, in einen direkten Dialog mit Vertretern der separatistischen Regionen Abchasien und Südssetien zu treten (Jamestown 26.3.2018, vgl. Civil.ge 9.3.2018).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (6.6.2018a): Landesspezifische Sicherheitshinweise, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/georgien-node/georgiensicherheit/201918#content_0, Zugriff 6.6.2018

- Civil.ge (9.3.2018): Prime Minister Appeals to Russian Authorities, Offers Direct Dialogue with Sokhumi, Tskhinvali, http://www.civil.ge/eng/article.php?id=30935&search, Zugriff 12.4.2018

- EC - European Commission (9.11.2017): Association Implementation Report on Georgia [SWD(2017) 371 final], https://www.ecoi.net/en/file/local/1419205/1226_1512477382_171109-association-implementation-report-on-georgia.pdf, Zugriff 9.4.2018

- EDA - Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten (6.6.2018): Reisehinweise für Georgien, https://www.eda.admin.ch/eda/de/home/laender-reise-information/georgien/reisehinweise-georgien.html, Zugriff 6.6.2018

- GA - Georgien aktuell (1.12.2017): Anti-Terror-Einsatz: getötete Terroristen offenbar illegal ins Land gekommen, http://georgien-aktuell.info/de/politik/innenpolitik/article/13430-illegal, Zugriff 9.4.2018

- Jamestown (26.3.2018): Georgian Government Insists on Direct Talk With Moscow-Backed Separatists, https://jamestown.org/program/georgian-government-insists-direct-talk-moscow-backed-separatists/, Zugriff 12.4.2018

- Jamestown (29.11.2017): Special Operation in Tbilisi Highlights Risk of Terrorism by Returning Fighters in Georgia, https://jamestown.org/program/special-operation-tbilisi-highlights-risk-terrorism-returning-fighters-georgia/, Zugriff 9.4.2018

- Der Standard (23.11.2017): Vier Tote bei Anti-Terror-Einsatz in Tiflis, https://derstandard.at/2000068329714/Vier-Tote-bei-Anti-Terror-Einsatz-in-Tiflis, Zugriff 9.4.2018

Rechtsschutz / Justizwesen

Erhebliche Fortschritte gab es insbesondere im Justizwesen und Strafvollzug, wo eine menschenrechtswidrige Behandlung, die in der Vergangenheit systemisch vorhanden war, in aller Regel nicht mehr festgestellt werden kann. Der Aufbau eines unabhängigen und nach rechtsstaatlichen Grundsätzen handelnden Justizwesens gehört zu den wichtigsten Zielen der aktuellen Regierung. Die dritte Reformwelle vom Dezember 2016 garantiert vor allem die unparteiische Zuteilung von Rechtsfällen an Richter. NGOs, die den Reformprozess sehr aktiv und sehr kritisch begleiten, mahnen weiterhin die Ernennung von Richtern aufgrund von Qualifikation und Eignung in einem transparenten Verfahren an. Demgegenüber neigen Politiker und andere prominente Interessenvertreter aus Wirtschaft und Medien dazu, Richtern bei Gerichtsentscheidungen in brisanten Fällen pauschal politische Motive bzw. Korruption zu unterstellen. In einigen Fällen wurde der Europäische Menschenrechtsgerichtshof in Straßburg angerufen. Seit 2012 laufende Ermittlungen oder mit rechtskräftigen Urteilen abgeschlossene Strafverfahren gegen hochrangige Mitglieder und nachgeordnete Mitarbeiter der ehemaligen Regierung werden nicht als politisch motiviert eingeschätzt, sondern beruhen auf rechtswidrigen bzw. strafrechtlich relevanten Handlungen durch Amtsträger oder Parteifunktionäre der Vorgängerregierung. Die Tatsache, dass Gerichte hierbei nicht immer den Anträgen der Staatsanwaltschaft folgen, zeigt eine wachsende Unabhängigkeit der Justiz und deutliche Grenzen für eine etwaige politische Zielsetzung der Verfahren. Nach dem Regierungswechsel 2012/13 erfolgte eine kontinuierliche Liberalisierung des Strafrechts. Eine feststellbare niedrigere Verurteilungsrate ist auf eine stärkere Emanzipierung der Richterschaft von den Anträgen der Staatsanwaltschaft zurückzuführen, aber auch auf eine Stärkung der Rechte der Verteidigung im Strafprozess. Die Praxis lang andauernder Untersuchungshaft wurde im Fall Ugulava, des ehemaligen Bürgermeisters von Tiflis vom Verfassungsgericht als verfassungswidrig beurteilt und verfassungskonform beschränkt (AA 11.12.2017).

Im Dezember 2016 wurde ein Paket von Gesetzesänderungen zur Justizreform verabschiedet. Die Änderungen betrafen insbesondere die Veröffentlichung aller Entscheidungen, die schrittweise Einführung der elektronischen Zufallszuweisung von Fällen sowie das Auswahlverfahren der Richterkandidaten und das Disziplinarverfahren (Schaffung der Institution des Untersuchungsinspektors). Die Änderungen betrafen jedoch nicht andere, seit langem bestehende Punkte, einschließlich der Anwendung der Probezeit. Eine erste umfassende Justizstrategie und ihr fünfjähriger Aktionsplan wurden vom Hohen Rat der Justiz im Mai 2017 angenommen. Dieser sieht spezifische Maßnahmen und Indikatoren in den Kapiteln Unabhängigkeit, Rechenschaftspflicht, Qualität und Effizienz sowie Zugang zur Justiz vor. In Bezug auf den Zugang zur Justiz sind die vom Hohen Rat der Justiz (HCoJ) eingeführten Verfahren zur Ernennung von Richtern und Gerichtspräsidenten sowie die Disziplinarverfahren allerdings nicht vollständig transparent und rechenschaftspflichtig. Die neue Verfassung führte die Ernennung von Richtern des Obersten Gerichtshofs durch das Parlament auf Vorschlag des Obersten Gerichtshofs sowie die Ernennung von Richtern auf Lebenszeit ein. Im Januar 2017 wurden die Geschworenenprozesse, die 2010 beim Stadtgericht von Tiflis eingeführt wurden, auf andere Regionen Georgiens und auf weitere Arten von Vergehen ausgeweitet. Anfang 2017 wurden die Strafverfolgungsstrategie, der neue Ethikkodex und ein Beurteilungssystem für Staatsanwälte verabschiedet (EC 9.11.2018).

Die Einmischung der Exekutive und der Legislative in die Justiz ist nach wie vor ein erhebliches Problem, ebenso wie der Mangel an Transparenz und Professionalität bei den Verfahren. Im Jahr 2017 äußerten sich Oppositionelle und andere besorgt darüber, dass die politische Einmischung ein wesentlicher Faktor in der Entscheidung des Obersten Gerichtshofs gewesen sei, so die Rückgabe des TV Senders "Rustavi 2" an seinen ehemaligen Miteigentümer, der mit der Regierungspartei Georgischen Traum verbunden ist. Das Urteil wurde allerdings später vom Europäischen Gericht für Menschenrechte aufgehoben (FH 1.2018, vgl. AI 22.2.2018).

Ende Mai 2018 musste der Generalstaatsanwalt Georgiens vor dem Hintergrund von Protesten zurückgetreten, in denen tausende Demonstranten ihre Empörung über ein, ihrer Meinung nach, unfaires Gerichtsurteil im Mordfall von zwei Schülern in Tiflis zum Ausdruck brachten (CK 5.6.2018). Die Demonstranten glaubten, dass andere als die beiden Beschuldigten für den Tod verantwortlich waren und der Strafe entkamen, weil ihre Verwandten in der Generalstaatsanwaltschaft arbeiteten (RFE/RL 4.6.2018). Führende NGOs des Landes haben sich geweigert, sich an der Ernennung eines neuen Generalstaatsanwaltes unter der Leitung von Justizministerin Teya Tsulukiani zu beteiligen, sondern haben im Gegenteil deren Rücktritt gefordert (CK 5.6.2018, vgl. JAMnews 6.6.2018). Das Parlament hat am 31.5.2018 als Reaktion auf die Entlassung der Beschuldigten durch das Gericht in Tiflis eine Untersuchungskommission zum Mordfall eingerichtet (civil.ge 6.6.2018). Die Demonstrationen haben die Ansicht mancher Georgier über Korruption und eine Atmosphäre der Straflosigkeit in der herrschenden Elite des Landes widergespiegelt (RFE/RL 4.6.2018).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (11.12.2017): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Georgien

- AI - Amnesty International (22.2.2018): Amnesty International Report 2017/18 - The State of the World's Human Rights - Georgia, https://www.ecoi.net/de/dokument/1425371.html, Zugriff 17.4.2018

- Caucasian Knot (5.6.2018): Activists demand resignation of Georgia's MoJ head, http://www.eng.kavkaz-uzel.eu/articles/43375/, Zugriff 7.6.2018

- Civil.ge (6.6.2018): Parliament Approves Teen Murder Probe Commission, https://civil.ge/archives/243789, Zugriff 7.6.2018

- EC - European Commission (9.11.2017): Association Implementation Report on Georgia [SWD(2017) 371 final], https://www.ecoi.net/en/file/local/1419205/1226_1512477382_171109-association-implementation-report-on-georgia.pdf, Zugriff 9.4.2018

- FH - Freedom House (1.2018): Freedom in the World 2018 - Georgia, https://www.ecoi.net/en/document/1426297.html, 17.4.2018

- JAMnews (6.6.2018): Georgian NGOs demand resignation of Minister of Justice, https://jam-news.net/?p=106350, Zugriff 7.6.2018

- RFE/RL - Radio Free Europe/Radio Liberty (4.6.2018): Georgian Protest Leader Gives Authorities Progress Ultimatum, https://www.rferl.org/a/tbilisi-subway-workers-strike-as-new-antigovernment-protests-expected/29270264.html, Zugriff 7.6.2018

Sicherheitsbehörden

Seit dem Regierungswechsel im Oktober 2012 ist von Machtmissbrauch von Amtsträgern nicht mehr die Rede. Bis 2012 waren Exekutivorgane, z.B. Staatsanwaltschaft, Polizei oder Finanzbehörden, als Machtinstrument oder als Mittel zur rechtswidrigen Erlangung wirtschaftlicher Vorteile von Regierungsangehörigen oder ihnen nahestehenden Personen missbraucht worden. Bestechung bzw. Bestechlichkeit von Polizisten sind allgemein nicht mehr zu verzeichnen. In ihrer Rolle als Hüter von Regeln werden sie öffentlich als zurückhaltend, aber auch als untätig wahrgenommen, was zu einem Verlust an Respekt geführt hat. Die Geheim- und Nachrichtendienste treten nicht als Repressionsinstrumente auf. Eine von NGOs angemahnte organisatorische Trennung der Sicherheitsdienste vom Innenministerium ist bisher aber nicht durchgeführt worden (AA 11.12.2017).

Meinungsumfragen zeigen einen Rückgang des Vertrauens der Öffentlichkeit in das Strafverfolgungssystem. Umfragen zufolge waren 2013 noch 60% der Georgier und Georgierinnen mit der Leistung der Polizei zufrieden. Dieser Wert fiel jedoch im April 2017 Jahres auf 38%. Im gleichen Zeitraum stieg der Anteil der Unzufriedenen mit der Polizei von einem einstelligen Prozentwert auf 14% (NDI/CRRC 4.2017).

Hochrangige Zivilbehörden üben nicht immer eine wirksame Kontrolle über das Innenministerium und den Staatssicherheitsdienst aus. Die zivilen Behörden behielten jedoch die effektive Kontrolle über das Verteidigungsministerium bei. Die Wirksamkeit der staatlichen Mechanismen zur Untersuchung und Bestrafung von Missbrauch durch Strafverfolgungs- und Sicherheitskräfte ist begrenzt, und die nationale und internationale Aufmerksamkeit für Straflosigkeit hat zugenommen (USDOS 20.4.2018).

Georgien verfügt nicht über einen wirksamen unabhängigen Mechanismus zur Untersuchung von Missbrauch durch Strafverfolgungsbehörden. Wenn Ermittlungen eingeleitet werden, führen sie häufig zu Anklagen, die geringere, unangemessene Sanktionen wie Amtsmissbrauch nach sich ziehen und selten zu Verurteilungen führen. Die Behörden weigern sich oft, denen, die Missbrauch vorwerfen, einen Opferstatus zu gewähren, und nehmen ihnen die Möglichkeit, die Ermittlungsakten einzusehen (HRW 18.1.2018).

Die Straffreiheit für Menschenrechtsverletzungen durch Strafverfolgungsbeamte blieb bestehen, während die Regierung weiterhin einen unabhängigen Ermittlungsmechanismus versprach, aber nicht einführte. Im Juni 2017 schlug die Regierung statt eines unabhängigen Ermittlungsmechanismus eine neue Abteilung innerhalb der Staatsanwaltschaft vor, die den mutmaßlichen Missbrauch durch Strafverfolgungsbeamte untersuchen sollte (AI 22.2.2018).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (11.12.2017): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Georgien

- AI - Amnesty International (22.2.2018): Amnesty International Report 2017/18 - The State of the World's Human Rights - Georgia, https://www.ecoi.net/de/dokument/1425371.html, Zugriff 18.4.2018

- Eurasianet (5.7.2017): Georgia: Are the Police Backsliding? https://eurasianet.org/s/georgia-are-the-police-backsliding, Zugriff 18.4.2018

- HRW - Human Rights Watch (18.1.2018): World Report 2018 - Georgia, https://www.ecoi.net/de/dokument/1422446.html, Zugriff 17.4.2018

- NDI/CRRC - National Democratic Institute/Caucasus Research Resource Centers (4.2017): Public attitudes in Georgia Results of a April 2017 survey carried out for NDI by CRRC Georgia, https://www.ndi.org/sites/default/files/NDI_April_2017_political%20Presentation_ENG_version%20final.pdf, Zugriff 18.4.2018

- USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practces 2017 - Georgia, https://www.ecoi.net/en/document/1430256.html, Zugriff 23.5.2018

Korruption

Während das Land bei der Bekämpfung der Kleinkriminalität erhebliche Fortschritte gemacht hat, bleibt die Korruption innerhalb der Regierung ein Problem. Dies kann unter anderem in Form von Bestechungsgeldern, dem Austausch von Insiderinformationen und Einschüchterungen geschehen. Die Durchsetzung von Antikorruptionsmaßnahmen auf hohem Niveau fehlt (FH 1.2018; vgl. GAN 8.2017).

Insgesamt ist es dem Land gelungen, die Korruption zu reduzieren. Die georgischen Rechtsvorschriften zur Korruptionsbekämpfung sind weitgehend im Strafgesetzbuch enthalten, das einen soliden Rechtsrahmen zur Eindämmung der Korruption im Land vorsieht, auch wenn die Durchsetzung, die durch die mangelnde Unabhängigkeit der Strafverfolgungsbehörden behindert wurde, in einigen Bereichen noch immer fehlt. Defizite bestehen beispielsweise im Justizwesen und im öffentlichen Auftragswesen (GAN 8.2017).

Die Anti-Korruptions-Behörde des Europarates, GRECO, lobte am 17.1.2017 den beträchtlichen Fortschritt bei der Reduzierung der Korruption in Georgien. Insbesondere wurden die Maßnahmen hervorgehoben, wonach öffentliche Vertreter, darunter Parlamentarier, Richter und Staatsanwälte der höheren Ebene ihr Vermögen deklarieren müssen. Laut GRECO sei es wichtig, diese Bestimmungen auf alle Staatsanwälte auszuweiten und diese konstant zu überprüfen. Hinsichtlich der Parlamentsabgeordneten empfiehlt GRECO die Veröffentlichung von Unvereinbarkeitsbestimmungen. Darüber hinaus sollte die Einflussnahme der Regierung und der Parlamentsmehrheit bei der Bestellung des Generalstaatsanwalts und der Aktivitäten des Rates der Staatsanwaltschaft reduziert werden (CoE 17.1.2017).

Am 26.9.2017 verabschiedete die Regierung eine überarbeitete nationale Antikorruptionsstrategie und einen neuen Anti-Korruptions-Aktionsplan für 2017-2018. Seit Januar 2017 hat Georgien ein Überwachungssystem für Vermögenserklärungen von Amtsträgern eingeführt (EC 9.11.2017).

Transparancy International platzierte Georgien in seinem "Corruption Perceptions Index 2017" auf Rang 46 (2016: 44 von 176 Ländern) von 180 Ländern (25.1.2017).

Quellen:

- CoE - Council of Europe (17.1.2017): Georgia should continue reforms to prevent corruption among parliamentarians, judges and prosecutors, says new Council of Europe report [DC004(2017)], https://www.coe.int/en/web/tbilisi/-/georgia-should-continue-reforms-to-prevent-corruption-among-parliamentarians-judges-and-prosecutors-says-new-council-of-europe-report, Zugriff 18.4.2018

- EC - European Commission (9.11.2017): Association Implementation Report on Georgia [SWD(2017) 371 final], https://www.ecoi.net/en/file/local/1419205/1226_1512477382_171109-association-implementation-report-on-georgia.pdf, Zugriff 19.4.2018

- FH - Freedom House (1.2018): Freedom in the World 2018 - Georgia, https://www.ecoi.net/en/document/1426297.html, 18.4.2018

- GAN - The Business Anti-Corruption Portal (8.2017): Georgia Corruption Report, https://www.business-anti-corruption.com/country-profiles/georgia, Zugriff 18.4.2018

- TI - Transparency International (21.2.2018): Corruption Perceptions Index 2017, https://www.transparency.org/country/GEO, Zugriff 18.4.2018

Korruption

Während das Land bei der Bekämpfung der Kleinkriminalität erhebliche Fortschritte gemacht hat, bleibt die Korruption innerhalb der Regierung ein Problem. Dies kann unter anderem in Form von Bestechungsgeldern, dem Austausch von Insiderinformationen und Einschüchterungen geschehen. Die Durchsetzung von Antikorruptionsmaßnahmen auf hohem Niveau fehlt (FH 1.2018; vgl. GAN 8.2017).

Insgesamt ist es dem Land gelungen, die Korruption zu reduzieren. Die georgischen Rechtsvorschriften zur Korruptionsbekämpfung sind weitgehend im Strafgesetzbuch enthalten, das einen soliden Rechtsrahmen zur Eindämmung der Korruption im Land vorsieht, auch wenn die Durchsetzung, die durch die mangelnde Unabhängigkeit der Strafverfolgungsbehörden behindert wurde, in einigen Bereichen noch immer fehlt. Defizite bestehen beispielsweise im Justizwesen und im öffentlichen Auftragswesen (GAN 8.2017).

Die Anti-Korruptions-Behörde des Europarates, GRECO, lobte am 17.1.2017 den beträchtlichen Fortschritt bei der Reduzierung der Korruption in Georgien. Insbesondere wurden die Maßnahmen hervorgehoben, wonach öffentliche Vertreter, darunter Parlamentarier, Richter und Staatsanwälte der höheren Ebene ihr Vermögen deklarieren müssen. Laut GRECO sei es wichtig, diese Bestimmungen auf alle Staatsanwälte auszuweiten und diese konstant zu überprüfen. Hinsichtlich der Parlamentsabgeordneten empfiehlt GRECO die Veröffentlichung von Unvereinbarkeitsbestimmungen. Darüber hinaus sollte die Einflussnahme der Regierung und der Parlamentsmehrheit bei der Bestellung des Generalstaatsanwalts und der Aktivitäten des Rates der Staatsanwaltschaft reduziert werden (CoE 17.1.2017).

Am 26.9.2017 verabschiedete die Regierung eine überarbeitete nationale Antikorruptionsstrategie und einen neuen Anti-Korruptions-Aktionsplan für 2017-2018. Seit Januar 2017 hat Georgien ein Überwachungssystem für Vermögenserklärungen von Amtsträgern eingeführt (EC 9.11.2017).

Transparancy International platzierte Georgien in seinem "Corruption Perceptions Index 2017" auf Rang 46 (2016: 44 von 176 Ländern) von 180 Ländern (25.1.2017).

Quellen:

- CoE - Council of Europe (17.1.2017): Georgia should continue reforms to prevent corruption among parliamentarians, judges and prosecutors, says new Council of Europe report [DC004(2017)], https://www.coe.int/en/web/tbilisi/-/georgia-should-continue-reforms-to-prevent-corruption-among-parliamentarians-judges-and-prosecutors-says-new-council-of-europe-report, Zugriff 18.4.2018

- EC - European Commission (9.11.2017): Association Implementation Report on Georgia [SWD(2017) 371 final], https://www.ecoi.net/en/file/local/1419205/1226_1512477382_171109-association-implementation-report-on-georgia.pdf, Zugriff 19.4.2018

- FH - Freedom House (1.2018): Freedom in the World 2018 - Georgia, https://www.ecoi.net/en/document/1426297.html, 18.4.2018

- GAN - The Business Anti-Corruption Portal (8.2017): Georgia Corruption Report, https://www.business-anti-corruption.com/country-profiles/georgia, Zugriff 18.4.2018

- TI - Transparency International (21.2.2018): Corruption Perceptions Index 2017, https://www.transparency.org/country/GEO, Zugriff 18.4.2018

Medizinische Versorgung

Die Medizinische Versorgung ist für alle georgischen Staatsangehörigen durch eine staatlich finanzierte Grundversorgung (Universal Health Care) kostenlos gewährleistet. Anhand privater Krankenversicherungen kann die Leistungsübernahme medizinischer Behandlungen beitragsabhängig erweitert werden. Medizinische Einrichtungen gibt es landesweit, jedoch mit stark voneinander abweichender Qualität. In der Hauptstadt Tiflis und weiteren städtischen Zentren (Kutaissi, Batumi) bieten private Einrichtungen umfassende und moderne Behandlungen an; staatliche Einrichtungen, wie sie primär in den ländlichen Regionen anzutreffen sind, haben deutlichen Rückstand an technischer und personeller Ausstattung. Für manche überlebensnotwendigen Eingriffe und Maßnahmen ist daher allein eine Behandlung in Tiflis möglich. Medikamente werden weitgehend importiert, zumeist aus der Türkei und Russland, aber auch aus Deutschland (AA 11.12.2017).

Das staatliche Gesundheitssystem umfasst ambulante und stationäre Behandlung für Begünstigte verschiedener Alters- und Sozialgruppen. Universal Health Care:

- Offen für alle Staatsbürger, sowie Asylsuchende (während des Verfahrens) und Personen mit Flüchtlingsstatus

- Stationäre und ambulante Behandlung sind vollständig gedeckt

- Behandlung von HIV und TB ist kostenfrei, sowie Insulin für Diabetespatienten

- Dialyse ist ebenfalls gewährleistet

- Kosten für die Behandlung von Kindern bis zu 5 Jahren ist teilweise gedeckt, abhängig von der Krankheit

- Kontakt beim Ministerium für Gesundheit (Ministry of Health) und Einschreiben bei der nächstliegenden Klinik

Zugang, besonders für Rückkehrer:

Auswahl und Voraussetzungen: Georgische Staatsbürger sind automatisch versichert, hierfür muss lediglich die nächstgelegene Klinik aufgesucht werden. Registrierung: für georgische Staatsbürger genügt es im Krankheitsfall eine Klinik aufzusuchen, alle medizinischen Einrichtungen sind an der staatlichen Krankenversicherung beteiligt. Die Versicherung übernimmt 70-80% der Kosten, der Rest muss von dem Patienten beigesteuert werden. Benötigte Dokumente: nur gültiger Ausweis

Unterstützung:

Übernahme der Kosten bei Behandlungen nicht-stationärer Patienten (100%), Behandlungen spezialisierter Ärzte nach Überweisung durch den Hausarzt (70-100%), einige Notfallbehandlungen (100%), notwendige Operationen (70%), Chemotherapie (80% bis zu Gesamtkosten von 12.000 GEL), Geburten (bis zu 500 GEL), Kaiserschnitte (bis zu 800 GEL)

Kosten: Bei Kostenübernahmen von weniger als 100% kommt der Patient für den Rest auf. Für Rentner zahlt der Staat zusätzlich monatlich 100 GEL pro drei Monate (ausgegeben von Bürgerämtern)

Verfügbarkeit und Kosten von Medikamenten:

Alle Kliniken in Georgien sind privatisiert. Obwohl die Universal Health Care nicht alle Bereiche abdeckt, können georgische Staatsbürger zu jeder Zeit jede Klinik aufsuchen, jedoch müssen die Leistungen dann bezahlt werden. Vorzugsweise sollten Termine vereinbart werden. Bei Notfällen ist eine Behandlung ohne Termin mit Warteschlangen möglich. Patienten können einen Termin vereinbaren, für die Staatliche Versicherung muss der Hausarzt kontaktiert werden, welcher eine Überweisung zu spezialisierten Ärzten verfassen kann. Große Apotheken stellen eine Vielzahl von Medikamenten. Die Verfügbarkeit gewisser Medikamente kann anhand ihrer Handelsbezeichnung online oder telefonisch überprüft werden: Medical Information Service http://www.mis.ge/ka/FindDrug.jsp?Clear=True TEL: +995 032 2 252233. Die meisten Medikamente werden nicht vom staatlichen Programm erfasst. Daher müssen die Patienten die Kosten für diese selbst tragen. Für einige Medikamente ist eine Verschreibung nötig. In diesem Fall, sollte zunächst ein zuständiger Arzt aufgesucht werden, um von diesem die Verschreibung zu erhalten (IOM 2017).

Anfallende Behandlungskosten, die von Patienten selber getragen werden müssen, können gemäß dem staatlichen Programm zur Abdeckung von Dienstleistungen bei der zuständigen Kommission des Ministeriums, JPÖR, mittels entsprechenden Antrags eingebracht werden und um Kostenersatz ersucht werden. Dazu muss das erforderliche Formular ausgefüllt werden. Als Beilagen müssen neben den gesicherten Personalien des Antragstellers (Kopie des Reisepasses oder Personalausweises) auch die im laufenden Jahr angefallenen Rechnungen und vorhandenen Kalkulationen, bzw. im Falle der Beantragung von Kostenersatz für Medikamente die Originalrechnung, vorgelegt werden. Zusätzlich ist noch der soziale Status des Antragstellers (Pensionisten, sozial bedürftige Personen, Binnenvertriebene, Personen mit eingeschränktem Status) und die entsprechenden Zeugnisse vorzulegen. Die Kommission entscheidet dann (mindestens zweimal im Monat) über eine allfällige Finanzierung der vorgelegten Kosten, wobei hier keine generelle Festlegung über die Höhe der Rückerstattung besteht und diese Entscheidungen individuell, von Fall zu Fall, getroffen werden (VB 31.5.2018).

Einwohner der separatistischen Gebiete Abchasien und Südossetien werden in den georgischen Krankenhäusern auf Basis eines von der Regierung finanzierten Programms kostenlos versorgt. Diese wird wegen des vergleichsweise hohen medizinischen Standards auch in Anspruch genommen. Während Einwohner Südossetiens über den Umweg aus Russland nach Georgien einreisen, erlauben die abchasischen Behörden den direkten Übertritt nach Georgien. Während unter der Regierung von Expräsident Saakashvili die Betroffenen zuerst die georgische Staatsbürgerschaft erlangen mussten, war es unter der Nachfolgeregierung des "Georgischen Traums" nur mehr notwendig, einen Wohnsitz in Abchasien oder Südossetien nachzuweisen (JF 9.3.2015).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (11.12.2017): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Georgien

- IOM - International Organization for Migration (2017): Länderinformationsblatt GEORGIEN, http://files.returningfromgermany.de/files/CFS_2017_Georgien_DE.pdf, Zugriff 30.5.2018

- JF - The Jamestown Foundation (9.3.2015): Why Are Ossetians and Abkhazians Coming to Georgia for Medical Treatment? https://jamestown.org/program/why-are-ossetians-and-abkhazians-coming-to-georgia-for-medical-treatment/, Zugriff 30.5.2018

- VB - Verbindungsbeamter des BM.I für Georgien und Aserbaidschan (31.5.2018): Auskunft des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales per Mai

Rückkehr

RückkehrerInnen, die Unterstützung benötigen, sind bislang vor allem auf Familie und Freunde angewiesen. Internationale Organisationen - wie IOM, ICMPD -bieten ebenfalls Unterstützung an. Ein Mobilitätszentrum, eingerichtet beim Ministerium für Flüchtlinge, wurde vom Projekt "Targeted Initiative Georgia" (finanziert aus einem Konsortium von EU- Mitgliedstaaten u.a. GER) gegründet und seit 2014 von der IOM (finanziert aus EU-Mitteln) fortgeführt. Hier wird Beratung und auch finanzielle Hilfe zur Reintegration in den Arbeitsmarkt (auch Hilfe zur Selbständigkeit) zur Verfügung gestellt, bei Bedarf auch Erst- bzw. Zwischenunterkunft. 2014 hat das Flüchtlingsministerium erstmals eigene Mittel zur Betreuung und Reintegration von Rückkehrern (durch sieben zivilgesellschaftliche Organisationen) zur Verfügung gestellt (s.o.). Staatliche Repressalien von Rückkehrern sind nicht bekannt. Auch die Tatsache einer Asylantragstellung im Ausland ist nach Rückkehr nach Georgien unerheblich. Georgien hat Rückübernahme-Abkommen mit der EU und weiteren europäischen Ländern (z.B. Ukraine, Schweiz, Norwegen) geschlossen (AA 11.12.2017).

Um die Reintegration der zurückgekehrten georgischen Migranten zu unterstützen, wurden 650.000 Lari (ca. 216.460 Euro) aus dem Staatshaushalt 2018 bereitgestellt, die an förderungswürdige NGOs verteilt werden:

- Öffentliche Fürsprache" - Tiflis, Kvemo Kartli, Mtskheta-Mtianeti

- Samtskhe-Javakheti Regionalverband "Toleranti" - Samtskhe-Javakheti, Shida Kartli

- Stiftung "AbkhazInterncont"(AIC) - Samegrelo-Zemo Svaneti

- Vereinigung junger Wissenschaftler "Intellekt" - Adjara, Guria

- Fonds "AbkhazInterncont"(AIC) - Racha-Lechkhumi, Kvemo Svaneti

- Kakheti Regional Development Foundation (KRDF) - Kakheti

Um den Wiedereingliederungsprozess der zurückgekehrten georgischen Migranten zu unterstützen, werden die NGOs die folgenden Dienstleistungen für die Begünstigten erbringen - gültig für das gesamte Staatsgebiet:

- Bereitstellung von medizinischer Behandlung und Medikamenten

- Finanzierung einkommensschaffender Projekte

- Unterstützung der beruflichen Weiterbildung/Umschulung und Qualifizierung der Begünstigten

- Bereitstellung von temporären Unterkünften (SCMI 9.3.2018).

Am staatlichen Programm sind jene teilnahmeberechtigt, die georgische Bürger oder staatenlos sind und über eine Aufenthaltsbewilligung verfügen; sich mehr als ein Jahr illegal im Ausland aufgehalten haben oder im Ausland um Asyl angesucht haben, und seit weniger als einem Jahr in Georgien sind (MRA o.D.).

Quellen:

* AA - Auswärtiges Amt (11.12.2017): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Georgien

* MRA - Ministry of Internally Displaced Persons from the Occupied Territories, Accommodation and Refugees of Georgia (o.D.): "Supporting reintegration of the returned Georgian Migrants" Program, http://mra.gov.ge/eng/static/8769, Zugriff 20.4.2018

* SCMI - State Commission on Migration Issues (9.3.2018): Implementation of the 2018 State Program on Reintegration Assistance to Returned Georgian Migrants has started, http://migration.commission.ge/index.php?article_id=304&clang=1, Zugriff 20.4.2018

2. Beweiswürdigung:

2.1 Zur Person der Beschwerdeführer:

Die Feststellungen zur Person der Beschwerdeführer bzw. ihrem bisherigen Aufenthalt in Österreich ergeben sich aus den unstrittigen Feststellungen der belangten Behörde. Dass die Identitäten feststehen, ergibt sich bereits aus den der belangten Behörde vorgelegten Reisepässen. Dass die Beschwerdeführer an keiner lebensbedrohlichen Krankheit leiden, ergibt sich unstrittig aus den Angaben in den niederschriftlichen Einvernahmen vor der belangten Behörde. Dass die Beschwerdeführerin 3 einen Termin bei der Kinderpsychiatrie hat, ist kein Nachweis für eine lebensbedrohliche Krankheit. Darüber hinaus hält das erkennende Gericht fest, dass die Beschwerdeführer zu keinem Zeitpunkt des Verfahrens eine ärztliche Bestätigung über den tatsächlichen Gesundheitszustand der Beschwerdeführerin 3 vorlegten, sondern sich das Vorbringen der Beschwerdeführerin 3 ausschließlich auf Behauptungen stützt. Dass die Beschwerdeführerin 3 mit der Beschwerdeführerin 2 an einem psychologischen Beratungsgespräch teilgenommen hat, ergibt sich aus der vorgelegten Bestätigung vom 21.3.2019. Die Feststellungen zum Privat- und Familienleben in Österreich ergeben sich ebenso aus den Angaben vor der belangten Behörde.

2.2 Zur den geltend gemachten Fluchtgründen:

Von einem Antragsteller ist ein Verfolgungsschicksal glaubhaft darzulegen. Einem Asylwerber obliegt es bei den in seine Sphäre fallenden Ereignisse, insbesondere seinen persönlichen Erlebnissen und Verhältnissen, von sich aus eine Schilderung zu geben, die geeignet ist, seinen Asylanspruch lückenlos zu tragen und er hat unter Angabe genauer Einzelheiten einen in sich stimmigen Sachverhalt zu schildern. Die Behörde muss somit die Überzeugung von der Wahrheit des von einem Asylwerber behaupteten individuellen Schicksals erlangen, aus dem er seine Furcht vor asylrelevanter Verfolgung herleitet. Es kann zwar durchaus dem Asylweber nicht die Pflicht auferlegt werden, dass dieser hinsichtlich asylbegründeter Vorgänge einen Sachvortrag zu Protokoll geben muss, der aufgrund unumstößlicher Gewissheit als der Wirklichkeit entsprechend gewertet werden muss, die Verantwortung eines Antragstellers muss jedoch darin bestehen, dass er bei tatsächlich zweifelhaften Fällen mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit die Ereignisse schildert.

Der Beschwerdeführer wurde im Rahmen seines Asylverfahrens darauf hingewiesen, dass seine Angaben eine wesentliche Grundlage für die Entscheidung im Asylverfahren darstellen. Der Beschwerdeführer wurde zudem aufgefordert, durch wahre und vollständige Angaben an der Sachverhaltsfeststellung mitzuwirken und wurde darauf aufmerksam gemacht, dass unwahre Angaben nachteilige Folgen haben.

Das Bundesverwaltungsgericht teilt die Auffassung der belangten Behörde, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers in deren Gesamtheit als unglaubwürdig anzusehen ist, und zwar aus folgenden Erwägungen:

Zum Beschwerdeführer 1:

Einleitend stellt das erkennende Gericht fest, dass der Beschwerdeführer 1 insgesamt zwei Mal (AS 11; AS 273 in der Beschwerde) davon berichtete, er sei von einem russischen KGB Agenten angeworben worden. Nun ist es als notorisch bekannt anzusehen, dass der russische KGB seit 1991 nicht mehr existiert, sondern im FSB aufgegangen ist.

Soweit die belangte Behörde in ihrer Beweiswürdigung festhält, es sei zunächst bereits nicht glaubwürdig, dass der Beschwerdeführer über in Spionagetätigkeiten involviert war, so tritt das erkennende Gericht diesen Ausführungen bei. Der Beschwerdeführer brachte zunächst vor, er sei extra darauf vorbereitet worden für die ossetische Seite die georgische Armee auszuspionieren (AS 69). Nun hält die belangte Behörde dazu nachvollziehbar fest, dass der Beschwerdeführer - um derartige Aktionen durchzuführen - wohl irgendeine Art von spezieller Ausbildung habe erfahren müssen, was der Beschwerdeführer ja gerade verneinte. Ebenso ist der belangten Behörde in keiner Weise entgegenzutreten, wenn sie ausführt, dass die Informationen, die der Beschwerdeführer im Zuge der niederschriftlichen Einvernahme über den Zustand der georgischen Armee wiedergeben konnte, mehr als dürftig sind (AS 218). So konnte der Beschwerdeführer nicht einmal wiedergeben über wie viele Soldaten die georgische Armee während seiner Spionagetätigkeit verfügte (AS 71: "F: Wie viele Soldaten umfasste die georgische Armee zu diesem Zeitpunkt? - A: Ich weiß nur. Dass unsere Einheit ca. 500 Soldaten und eine andere Namens 8. POLK über 900 Soldaten verfügte. Die gesamte Anzahl an Soldaten ist mir nicht bekannt."). Dies ist insofern bemerkenswert, als dass der Beschwerdeführer ja selbst angab, dass sein Auftrag gewesen sei, wo und wie viele Streitkräfte in ganz Georgien stationiert gewesen wären und der Beschwerdeführer ja ausführte, er habe sich schlau gemacht und hätte viele Kontakte mit einfachen georgischen Soldaten aber auch Offizieren gehabt (AS 71). Es ist - in Einklang mit der Beweiswürdigung der belangten Behörde - auch für das erkennende Gericht in keiner Weise nachvollziehbar, wie der Beschwerdeführer, der ja nach eigenem Bekunden nur von Mai 2004 bis Ende 2004/Anfang 2005 als Soldat bei den georgischen Streitkräften gedient hätte, als Soldat zu derartigen Informationen hätte gelangen sollen bzw. sich in der kurzen Zeit ein derart dichtes Netz an Informanten aufzubauen um an teilweise als geheim einzustufende Informationen zu kommen (AS 218). Abgesehen davon erscheint es dem erkennenden Gericht auch als wenig glaubhaft, dass der Beschwerdeführer in einer derart kurzen Zeit bis zum Unteroffizier aufgestiegen wäre (AS 71), was insbesondere schon nicht mit seinen eigenen Angaben in Einklang zu bringen ist, dass er eben keine Kurse absolviert habe, sondern nur Soldat gewesen sei (AS 71). Lebensnah betrachtet wird wohl auch die georgische Armee Ausbildungen vorschreiben um zum Unteroffizier aufsteigen zu können. Darüber hinaus widersprach sich der Beschwerdeführer auch, wenn er einerseits ausführte er habe seinen Wehrdienst abgeschlossen, sondern sei geflüchtet, da er den Osseten berichten habe wollen, wo welche Bataillone stationiert wären (AS 69) nur um weiter später in der niederschriftlichen Einvernahme anzuführen, er sei untauglich geschrieben worden, da er sich verletzt hätte (AS 71). Dass der Beschwerdeführer nicht einmal widerspruchsfrei angeben konnte, weswegen bzw. unter welchen Umständen er nunmehr eigentlich den Wehrdienst beendet habe, spricht aus Sicht des erkennenden Gerichtes ebenso gegen seine Glaubwürdigkeit. Soweit die Beschwerde vorbringt, die belangte Behörde hätte sich mit den georgischen Behörden in Ve

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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