TE Bvwg Erkenntnis 2019/5/27 W247 2201033-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 27.05.2019
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Entscheidungsdatum

27.05.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9 Abs1
BFA-VG §9 Abs2
BFA-VG §9 Abs3
B-VG Art133 Abs4
FPG §46a Abs1 Z4
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §55
VwGVG §28 Abs2

Spruch

1.) W247 2201041-1/13E

2.) W247 2201033-1/14E

3.) W247 2201036-1/9E

4.) W247 2201039-1/9E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

1.) Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Robert-Peter HOFER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Mongolei, vertreten durch XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 22.06.2018, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 15.02.2019, zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß den §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, 10 Abs. 1 Z 3, 57 AsylG 2005, § 9 BFA-VG, und §§ 52, 55 FPG, als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

2.) Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Robert-Peter HOFER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Mongolei, vertreten durch XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 22.06.2018, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 15.02.2019, zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerde gegen Spruchpunkt III. wird gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm § 52 Abs. 2 Z 2 FPG mit der Maßgabe abgewiesen, dass der Spruchpunkt III. hinsichtlich der Rückkehrentscheidung zu lauten hat: "Die Rückkehrentscheidung ist gemäß § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG iVm § 46a Abs. 1 Z. 4 FPG bis 8 Wochen nach der Geburt des Kindes der XXXX vorübergehend unzulässig."

II. Im Übrigen wird die Beschwerde gemäß §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, 10 Abs. 1 Z 3, 57 AsylG 2005, § 9 BFA-VG, und §§ 52, 55 FPG als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

3.) Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Robert-Peter HOFER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Mongolei, gesetzlich vertreten durch XXXX , diese vertreten durch XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 22.06.2018, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 15.02.2019, zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß den §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, 10 Abs. 1 Z 3, 57 AsylG 2005, § 9 BFA-VG, und §§ 52, 55 FPG als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

4.) Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Robert-Peter HOFER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Mongolei, gesetzlich vertreten durch XXXX , diese vertreten durch XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 22.06.2018, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 15.02.2019, zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß den §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, 10 Abs. 1 Z 3, 57 AsylG 2005, § 9 BFA-VG, und §§ 52, 55 FPG, als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

Die beschwerdeführenden Parteien (BF1 bis BF4) sind mongolische Staatsangehörige und der khalk-mongolischen Volksgruppe zugehörig. Der BF1 ist dem buddhistischen Glauben zugehörig, die BF2 bis BF4 sind ohne religiöses Bekenntnis. Der Erstbeschwerdeführer (BF1) und die Zweitbeschwerdeführerin (BF2) sind miteinander verheiratet und Eltern der minderjährigen Dritt- und Viertbeschwerdeführer (BF3 und BF4). Der BF4 wurde am XXXX in Österreich geboren. Die BF2 ist gesetzliche Vertreterin des BF3 und des BF4.

I. Verfahrensgang:

1. Die beschwerdeführenden Parteien (BF1, BF2 und BF3) reisten spätestens im April 2015 mittels in Peking ausgestellter österreichischer Schengenvisa in das österreichische Bundesgebiet ein und hielten sich in der Folge mittels (jeweils verlängerter) Aufenthaltstitel "Aufenthaltsbewilligung Studierender" (BF2) bzw. "Aufenthaltsbewilligung Familiengemeinschaft mit Studierender" (BF1, BF3, BF4) durchgehend in Österreich auf. Am 24.12.2017 stellten die beschwerdeführenden Parteien für sich bzw. die minderjährigen BF3 und BF4 die gegenständlichen Anträge auf internationalen Schutz, zu welchen der BF1 und die BF2 am 25.12.2017 vor der Landespolizeidirektion XXXX erstbefragt wurden. Nach Zulassung ihrer Verfahren wurden die Genannten am 30.04.2018 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA), Regionaldirektion XXXX , jeweils im Beisein eines den Beschwerdeführern einwandfrei verständlichen Dolmetschers für die Sprache Mongolisch niederschriftlich einvernommen.

2.1. Der BF1 brachte im Rahmen seiner Erstbefragung vor, dass er in XXXX (Mongolei) geboren sei, seinen Herkunftsstaat am 16.04.2015 verlassen habe und per Visum nach Österreich gereist sei. Hinsichtlich seiner Fluchtgründe gab er an, dass er als chinesischer Mischling diskriminiert worden sei. Das sei der Hauptgrund gewesen. Er sei auch aufgrund dieser Tatsache Opfer von Übergriffen geworden. Befragt, was er im Falle einer Rückkehr in die Mongolei fürchte, gab er an, dass er Angst vor Gruppierungen habe, die gegen Chinesen seien.

2.2. Die BF2 brachte im Rahmen ihrer Erstbefragung hinsichtlich ihrer Fluchtgründe vor, dass ihr Mann "Halbchinese" sei. Aus diesem Grund würde er diskriminiert und unter Druck gesetzt. Wenn sie in die Mongolei zurückkehren würden, würde ihr Mann mit Sicherheit getötet. Aus diesem Grund könnten sie nicht in die Mongolei zurück. Auch sie sei in der Mongolei zusammengeschlagen worden, weil sie sich mit einem Chinesen vermählt hätte. Auch ihre Familie habe dies nicht akzeptiert. Das seien ihre Fluchtgründe. Befragt, was sie im Falle ihrer Rückkehr fürchte, gab sie an, dass sie Angst vor Gruppierungen habe, die Widerstand gegen China leisten würden. Freunde und Familie hätten sie nicht mehr.

3.1. Im Rahmen seiner Einvernahme vor dem BFA am 30.04.2018 gab der BF1 auf die Frage nach seinen Fluchtgründen zusammenfassend an, dass er in der Mongolei rassistisch diskriminiert worden sei. Er sei im März 2015 von seiner Arbeit entlassen worden. Ihm sei gesagt worden, dass er chinesisch-mongolischer Mischling sei. Er habe das leider nicht genau erkunden können, weil sich seine Eltern scheiden hätten lassen, als er sehr klein gewesen sei. Es habe in der Mongolei Ende Juni 2014 eine Parlamentswahl gegeben, nach dieser Wahl sei eine andere Partei an die Spitze der Regierung gekommen. In Folge seien viele Leute aufgrund ihrer politischer Orientierung entlassen worden. Da der BF1 parteilos gewesen sei, habe man diesen Grund erfunden, dass er chinesischer Abstammung sei. Um ihn zu entlassen, habe ihn sein Chef durch die Organisation " XXXX " unter Druck setzen lassen. Diese politische Bewegung trete gegen Chinesen in der Mongolei auf. Der BF1 und seine Frau seien von Leuten dieser Bewegung auf der Straße geschlagen worden. Sie hätten sie damit bedroht, dass sie umgebracht würden, sollten sie nochmals auf der Straße gesehen werden. Im März 2015 habe der BF1 ein Dokument unterschreiben müssen, in dem er sein Einverständnis hätte geben sollen. Dieses Dokument habe er nicht unterschrieben, weswegen ihn sein Chef entlassen habe. Seine Abstammung sei jedoch der wahre Grund für seine Entlassung gewesen. Seine Frau und er hätten entschieden, das Land zu verlassen. Sie hätten nicht den Weg für die Flucht als Asylwerber gewusst, deshalb hätten sie einen Antrag für ein Studentenvisum gestellt. Das sei genehmigt worden und dann seien sie ausgereist. Als sie geschlagen worden seien, sei die Polizei von Passanten gerufen worden. Die Polizei sei gekommen und der Polizist hätte den Leuten von der Bewegung gesagt, dass der BF1 Chinese sei und nicht unter den Passanten geschlagen werden sollte. Sie hätten aufgehört den BF1 und seine Frau zu schlagen und dann hätten beide flüchten können. Der Polizist hätte alles aufnehmen sollen, was er aber nicht getan habe. Der Polizist habe von ihnen keine Anzeige bekommen. Man habe ihnen gesagt, dass sie das nächste Mal umgebracht würden, wenn sie gesehen würden. Der Vorwurf, dass er chinesischer Abstammung sei, sei eigentlich nur eine Ausrede für den Chef, damit er seine eigenen Bekannten für die Arbeitsstelle des BF1 vorsehen könne. Es wäre ein Vorwand gewesen. Der BF1 habe den Chef zur Rede gestellt, wie dieser darauf käme, dass der BF1 ein Mischling sei. Dieser habe gemeint, dass der Vater des BF1 ein Mischling sei und das wisse der Chef aus sicheren Quellen. Der BF1 habe an seiner Arbeitsstelle mehrmals jemanden der Organisation " XXXX " gesehen. Dies sei eine berühmte politische Organisation in der Mongolei gegen Chinesen. Als er im August 2014 geschlagen worden sei, sei ein Freund seines Chefs einmal in sein Arbeitszimmer gekommen und habe ihm vorgehalten, dass er noch nicht weg sei. Er habe auch gesagt, dass seine Frau bei der Sozialversicherung arbeite. Da habe der BF1 Angst bekommen, dass er sogar dies wisse. Er sei dann zur Arbeitsstelle seiner Frau gegangen und sei diese kurz darauf auch entlassen worden. So hätten sie große Angst bekommen. Bei dem Übergriff seien sie von fünf oder sechs Leuten attackiert worden. Würde er in seine Heimat zurückkehren, würde er entweder ins Gefängnis gesteckt oder begraben.

3.2. Die BF2 gab im Rahmen ihrer Einvernahme vor dem BFA am 30.04.2018 zusammengefasst an, dass sie und ihre Söhne sich auf die Fluchtgründe ihres Mannes beziehen würden. Befragt, was sie im Falle ihrer Rückkehr in den Herkunftsstaat fürchten würde, gab sie an, dass sie Angst vor dieser Bewegung gegen Chinesen hätten. Sie seien von Leuten dieser Bewegung geschlagen worden. Hierbei sei ihnen mit ihrer Ermordung gedroht worden. Sie hätten dadurch ihre Arbeitsstellen verloren. Sie hätten keine Möglichkeit mehr, in der Mongolei einen Job zu finden. Sie hätten keinen Kontakt zu ihren Eltern. In der Mongolei sei ihr Leben in Gefahr.

3.3. Der minderjährigen BF3 und der minderjährige BF4 wurden aufgrund ihres kindlichen Alters nicht niederschriftlich einvernommen.

3.4. Es wurden seitens der Beschwerdeführer keine gesundheitlichen Beschwerden geltend gemacht.

3.5. Die Beschwerdeführer brachten erstinstanzlich folgende Dokumente/Unterlage in Vorlage:

* Kopie der mongolischen Geburtsurkunde von BF1 und BF2 samt Übersetzung ins Deutsche;

* ein Konvolut an Zeitungsartikeln betreffend die Gruppierung " XXXX ";

* mongolische Geburtsurkunde des BF3;

* österreichische Geburtsurkunde des BF4;

* Heiratsurkunde;

* Meldebestätigung;

* Konvolut an Studienblättern betreffend die BF2;

* Schulnacht Schuljahr 2017/2018 betreffend den mj. BF3;

* Bestätigung XXXX betreffend Ergänzungsprüfung Deutsch der BF2 vom 29.04.2015 und vom 12.11.2015

4.1. Mit den angefochtenen Bescheiden der belangten Behörde (BFA) vom 22.06.2018 wurden die Anträge der Beschwerdeführer auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG hinsichtlich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf ihren Herkunftsstaat Mongolei abgewiesen (Spruchpunkt II.). Gemäß § 57 AsylG wurde den Beschwerdeführern ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt, gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen sie eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen, sowie gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass ihre Abschiebung gemäß § 46 FPG in die Mongolei zulässig ist (Spruchpunkt III.) und ausgesprochen, dass die Frist für die freiwillige Ausreise gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung beträgt (Spruchpunkt IV.).

4.2. In der Bescheidbegründung traf die belangte Behörde Feststellungen zu den Personen der Beschwerdeführer und zur Lage in ihrem Herkunftsstaat und führte aus, dass nicht festgestellt hätte werden können, dass die Beschwerdeführer in der Mongolei asylrelevanter Verfolgung ausgesetzt gewesen seien oder sie Derartiges im Falle ihrer Rückkehr in die Mongolei fürchten müssten. Seitens des BF1 sei als Ausreisegrund angeführt worden, dass dieser in seiner Heimat wegen seiner vermeintlichen ethnischen Herkunft diskriminiert worden sei. Die Beschwerdeführer hätten in ihrem Vorbringen keine glaubhaften Sachverhalte anführen können, die die Annahme rechtfertigen würden, dass sie in ihrem Herkunftsstaat einer Verfolgung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention oder unmenschlichen Behandlung im Fall einer Rückkehr ausgesetzt wären. Auch aus sonstigen Umständen habe keine Verfolgung aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen einer politischen Überzeugung festgestellt werden können. Die Mongolei sei ein sicherer Herkunftsstaat und ein funktionierender Rechtsstaat. Das Vorbringen der Beschwerdeführer zeige einen bloß abstrakten und unkonkreten Sachverhalt und sei davon auszugehen, dass die Beschwerdeführer ihre Heimat nicht aufgrund von Verfolgungshandlungen verlassen hätten, sondern aufgrund ihre Wunsches ihre Lebens- und Verdienstmöglichkeiten zu verbessern. Es habe nicht festgestellt werden können, dass die Beschwerdeführer an lebensbedrohlichen Erkrankungen leiden würden. Der BF1 und die BF2 wären arbeitsfähig und gesund und sei daher davon auszugehen und zumutbar, dass diese im Falle einer Rückkehr ihren Lebensunterhalt bzw. den der minderjährigen Kinder sichern könnten. Es habe nicht festgestellt werden können, dass die Beschwerdeführer in der Mongolei einer realen Gefahr des Todes, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Bestrafung oder Behandlung oder der Gefahr der Folter ausgesetzt wären bzw. ihr Leben auf sonstiges Weise gefährdet sei. Sie hätten keine Verwandten oder sonstige Angehörigen in Österreich. Die Beschwerdeführer würden von der Grundversorgung leben und wären sie nicht selbsterhaltungsfähig. Es sei festzustellen, dass der BF1 keine nachweislichen, die BF2 lediglich schwache Deutschkenntnisse habe. Die Beschwerdeführer seien in Österreich strafrechtlich unbescholten.

4.3. Beweiswürdigend führte das BFA in den angefochtenen Bescheiden im Wesentlichen aus, dass das Vorbringen der Beschwerdeführer nicht glaubwürdig wäre. Konkrete glaubwürdige Anhaltspunkte für persönliche oder staatliche Verfolgungshandlungen hätten dem Vorbringen der Beschwerdeführer nicht entnommen werden können.

4.4. Die Beschwerdeführer vermochten nicht darzulegen, dass ihnen im Falle ihrer Rückkehr in die Mongolei die Lebensgrundlage entzogen wäre.

4.5. Die belangte Behörde kam zu dem Schluss, dass die Beschwerdeführer keine asylrelevante Verfolgung im Herkunftsstaat geltend gemacht hätten. Es sei nicht erkennbar, dass die Beschwerdeführer im gesamten Staatsgebiet der Mongolei einer realen Gefahr einer Verletzung ihrer Rechte gemäß Art. 3 EMRK ausgeliefert seien.

4.6. Demnach - so die belangte Behörde - könnten die von den Beschwerdeführern behaupteten Fluchtgründe nicht zur Feststellung der Flüchtlingseigenschaft und in weiterer Folge zur Gewährung des Asylstatus führen. Aus deren Vorbringen sei nichts ersichtlich, das im Falle ihrer Rückkehr eine unmenschliche Behandlung oder sonst extreme Gefährdungslage erkennen lassen würde. Eine Integration am Arbeitsmarkt bestehe nicht. Es sei bei den Beschwerdeführern keine tiefgehende Integrationsverfestigung gegeben. Der BF1 verfüge über keine nachweislichen Deutschkenntnisse. Die BF2 verfüge über lediglich schwach ausgeprägte Deutschkenntnisse und habe sie keinen nachweislichen Studienerfolg. Es würden keine privaten Bindungen in Österreich bestehen. Im gegenständlichen Fall sei der Aufenthalt der Beschwerdeführer in Österreich zunächst durch Aufenthaltstitel "Aufenthaltsbewilligung Studierender" bzw. durch Aufenthaltstitel "Aufenthaltsbewilligung Familiengemeinschaft mit Studierender", sowie in der Folge durch die Stellung von - letztlich unbegründeten - Asylanträgen begründet. Die Beschwerdeführer hätten somit nie Aufenthaltstitel gehabt, die auf einen gesicherten Aufenthalt in Österreich hätten schließen lassen können. Die beabsichtigte Abschiebung der Beschwerdeführer würde nicht in ihr Familienleben untereinander eingreifen, da sie gemeinsam durchgeführt würde. Weiters verfolge diese das legitime Ziel der Aufrechterhaltung und Durchsetzung einer kontrollierten Zuwanderung. Da den Beschwerdeführern ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt würde und eine Abschiebung zulässig sei, sei eine Rückkehrentscheidung zu erlassen.

5. Mit Verfahrensanordnung vom 22.06.2018 wurde den Beschwerdeführern gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG ein Rechtsberater amtswegig zur Seite gestellt.

6. Mit für alle Beschwerdeführer gleichlautendem Schriftsatz vom 13.07.2018 wurde durch ihren Rechtsvertreter für alle Beschwerdeführer Beschwerde gegen die gegenständlichen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl hinsichtlich aller Spruchpunkte eingebracht, wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit infolge unrichtiger rechtlicher Beurteilung, sowie wegen der Verletzung von Verfahrensvorschriften. Begründend wurde von Beschwerdeseite im Wesentlichen ausgeführt, dass die belangte Behörde auch die BF2 zu wiederholt rassistischen Anfeindungen hätte befragen müssen, ebenso zu den von der BF2 angegebenen Misshandlungen. Weiters seien die in den angefochtenen Bescheiden getroffenen Länderfeststellungen zwar umfassend, würden sich jedoch nur am Rande mit dem konkreten Fluchtvorbringen der Beschwerdeführer befassen. Die Behörde habe zudem teilweise veraltete Länderfeststellungen herangezogen, obwohl aktuellere Berichte öffentlich zugänglich und leicht recherchierbar seien. Hätte die Behörde solche herangezogen, hätte sie zum Ergebnis kommen müssen, dass es durchaus glaubhaft sei, dass der BF1 aufgrund der ihm unterstellten, chinesischen Vorfahren von der " XXXX " verfolgt worden sei und ihm kein staatlicher Schutz gewährt worden sei bzw. gewährt werden würde. Ebenso würde sich daran erkennen lassen, dass die BF3 als Ehefrau einer Person, der chinesische Vorfahren unterstellt würden, sowie die gemeinsamen Kinder, dh. der BF3 und der BF4 in der Mongolei ebenfalls verfolgt würden. Es sei richtig, dass der BF1 nicht wüsste, ob er chinesische Vorfahren habe. Nichts desto trotz sei er deswegen geschlagen und wiederholt rassistisch beschimpft und belästigt worden. Wenn moniert werde, dass die Angaben der Beschwerdeführer nicht so detailreich seien, wie es seitens der belangten Behörde erwartet worden wäre, sei dem zu entgegnen, dass es die Pflicht der belangten Behörde sei, die für relevante erachteten Umstände selbst zu erfragen. Soweit die belangte Behörde davon ausgehe, dass der BF1 diesen Vorfall zur Anzeige bringen hätte können, sei dem zu entgegnen, dass bei dem Vorfall Polizisten dazugekommen seien und nicht gewillt gewesen wären, dem BF1 zu helfen. Es könne zwar sein, dass der mongolische Staat in der Lage sei, seine Staatsbürger zu schützen, in diesem Fall sei dies jedoch offensichtlich nicht erfolgt. Wenn die belangte Behörde davon ausgehe, dass die BF2 keine eigenen Fluchtgründe vorgebracht habe, sei dies insofern unzutreffend, als diese angegeben habe, selbst von den Mitgliedern von " XXXX " geschlagen worden zu sein. Insgesamt habe sich die belangte Behörde mit dem Fluchtvorbringen der Beschwerdeführer nicht ausreichend auseinandergesetzt. Der BF1 und die BF2 seien in der Mongolei rassistisch beschimpft und bedroht worden. Weiters hätten diese ihre Jobs verloren und seien sie tätlich attackiert worden. Darin sei jedenfalls eine individuelle, gegen ihre Person gerichtete Verfolgung zu sehen. Die Verfolgung des BF1, sowie des BF3 und des BF4 sei aufgrund der ihnen zumindest unterstellten Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Chinesen erfolgt bzw. würde diese im Falle der Rückkehr erfolgen. Die Verfolgung der BF2 sei aufgrund ihrer Zugehörigkeit zur sozialen Gruppe der Familie erfolgt und würde im Falle der Rückkehr weiterhin erfolgen. Es handle sich im Falle der Beschwerdeführer jedenfalls um eine asylrelevante Verfolgung. Da ihnen von Seiten der mongolischen Behörden kein Schutz gewährt werden könne, sei die private Verfolgung durch " XXXX " wie eine Verfolgung von Seiten des Staates zu behandeln. Bei richtiger rechtlicher Beurteilung hätte den Beschwerdeführern der Status der Asylberechtigten, zumindest aber der Status der subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt werden müssen. Die Beschwerdeführer hätten ihren bisherigen Aufenthalt in Österreich dazu genutzt, um sich vorbildlich in die österreichische Gesellschaft zu integrieren. Aus dem bisherigen Verhalten des BF1 sei seine Arbeitsbereitschaft und aus der Ausbildung des BF1 und der BF2 ihre Selbsterhaltungsfähigkeit ersichtlich. Der BF3 lerne im Kindergarten und in der Schule in kürzester Zeit Deutsch und hätte die Behörde bei einer Abwägung daher zum Ergebnis kommen müssen, dass die Interessen der Beschwerdeführer am Verbleib in Österreich das vermeintliche Interesse Österreichs an ihrer Abschiebung überwiege. Bei richtiger rechtlicher Beurteilung hätten die Rückkehrentscheidungen daher für auf Dauer unzulässig erklärt werden müssen. Die Beschwerdeseite beantragte, das Bundesverwaltungsgericht möge 1.) eine mündliche Beschwerdeverhandlung mit neuerlicher Einvernahme der Beschwerdeführer durchführen; 2.) die angefochtenen Bescheide - allenfalls nach Verfahrensergänzung - beheben, und den Beschwerdeführern den Status der Asylberechtigten gem. § 3 Abs. 1 AsylG zuerkennen; 3) in eventu die angefochtenen Bescheide - allenfalls nach Verfahrensergänzung- bezüglich des Spruchpunktes II beheben und den Beschwerdeführern subsidiären Schutz gewähren, 4.) in eventu die angefochtenen Bescheide bezüglich des Spruchpunktes IV aufheben bzw. dahingehend abändern, dass die Rückehrentscheidungen aufgehoben, die Rückkehrentscheidungen für auf Dauer unzulässig erklärt und den Beschwerdeführern einen Aufenthaltstitel aus Gründen des Art. 8 EMRK erteilen und 5.) in eventu die angefochtenen Bescheide ersatzlos beheben und zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung an das BFA zurückverweisen.

7. Die Beschwerdevorlagen vom 13.07.2018 und die Verwaltungsakte langten beim Bundesverwaltungsgericht am 16.07.2018 ein.

8. Mit Schriftsatz vom 06.08.2018 brachten die Beschwerdeführer durch ihren Rechtsvertreter folgende Unterlagen in Vorlage:

* Jahreszeugnis des BF3 vom Schuljahr 2017/2018

* Deutschprüfungsergebnisse der BF2 vom 14.09.2017 und 22.09.2015

9. Mit Schriftsatz vom 24.01.2019 übermittelte das Bundesverwaltungsgericht den Beschwerdeführern aktuelle Feststellungen zur Situation in der Mongolei (Länderinformationsblatt Mongolei vom 13.01.2017) und wurde ihnen Gelegenheit eingeräumt, dazu bis 08.02.2019, hg einlangend, Stellung zu nehmen. Gleichzeitig wurde den Beschwerdeführern die Ladung für die am 15.02.2019 anberaumte mündliche Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht übermittelt.

10. Mit Verfügung vom 14.02.2019 übermittelte das Bundesverwaltungsgericht den Beschwerdeführern in der Folge ergänzend das aktuelle Länderinformationsblatt der Mongolei vom 25.09.2018 mit der Aufforderung, dazu allfällig in der mündlichen Beschwerdeverhandlung Stellung zu nehmen.

11. Mit schriftlicher Stellungnahme vom 14.02.2019 brachten die Beschwerdeführer im Wesentlichen vor, dass im übermittelten Länderinformationsblatt an mehreren Stellen darauf Bezug genommen würde, dass es zu Anfeindungen chinesischer Staatsbürger und zu gewalttätigen Übergriffen durch Ultranationalisten gegen diese Personen komme. Die Beschwerdeführer hätten sich während ihres nunmehr knapp vierjährigen Aufenthaltes in Österreich vorbildlich in die österreichische Gesellschaft integriert, wie sich aus den vorgelegten Unterstützungsschreiben, der A2-Integrationsprüfung der BF2, sowie der Semesterinformation des BF3 ergebe. Hinsichtlich der Prüfung der Zulässigkeit der Abschiebung sei auch zu beachten, dass die BF2 schwanger sei. Da es gerade bei Abschiebungen von Schwangeren zu Komplikationen kommen könne, werde die Entscheidung auf diese Problematik einzugehen haben.

Unter einem wurden folgende Unterlagen in Vorlage gebracht:

* Mutter-Kind-Pass der BF2

* Kenntnisnahme der Dokumentation zur Semesterinformation betreffend den mj. BF3

* Zeugnis zur Integrationsprüfung (Deutschkurs A2) betreffend die BF2 vom 04.12.2018

* Teilnahmebestätigung des BF1 und der BF2 seitens der XXXX betreffend den Workshop "Einstieg in den österreichischen Arbeitsmarkt" vom 20.09.2018

* "Sozialbericht" der XXXX betreffend die Beschwerdeführer vom 08.02.2019

* Privates Empfehlungsschreiben

12. Am 15.02.2019 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht unter der Beiziehung eines Dolmetschers für die mongolische Sprache eine öffentliche mündliche Verhandlung statt, zu welcher die Beschwerdeführer ordnungsgemäß geladen wurden und an welcher diese auch teilnahmen.

Die Niederschrift lautet auszugsweise:

[...] RI: Nennen Sie mir bitte wahrheitsgemäß Ihren vollen Namen, Ihr Geburtsdatum, Ihren Geburtsort, Ihre Staatsbürgerschaft, sowie Ihren Wohnort an dem Sie sich vor Ihrer Ausreise aufgehalten haben.

BF1: Ich heiße mit Vornamen XXXX und mit Nachnamen XXXX . Ich bin am XXXX in der Stadt XXXX , in der Provinz XXXX . Ich bin mongolischer Staatsbürger. Ich habe zuletzt im Bezirk XXXX , in der Stadt Ulanubaatar, XXXX gewohnt.

RI: Welcher ethnischen Gruppe bzw. Volksgruppe- oder Sprachgruppe gehören Sie an?

BF1: Ich bin Khalkh-Mongole.

RI: Gehören Sie einer Religionsgemeinschaft an? Und wenn ja, welcher?

BF1: Ich bin Buddhist.

RI: Haben Sie Dokumente oder Unterlagen aus der Mongolei, welche Ihre Identität zweifelsfrei beweisen?

BF1: Wir haben keine Reisepässe und keine anderen Dokumente. Wir haben eigentlich die Geburtsurkunden schon vorgelegt. Wir haben auch eine Heiratsurkunde, alle vier Geburtsurkunden, das war es.

RI: Besitzen Sie einen gültigen Reisepass?

BF1: Nein.

RI: Sie sind doch legal per Flugzeug eingereist, also müssten Sie einen Reisepass besitzen?

BF1: Wir hatten schon welche gehabt. Zu dritt, als wir kamen, hatten wir Reisepässe und jetzt haben wir keine mehr.

RI: Was ist mit den Reisepässen passiert?

BF1: Ich habe sie vernichtet.

RI: Warum?

BF1: Wir mussten in die Mongolei zurückkehren und aus Angst haben wir das gemacht, damit wir nicht in die Mongolei zurückkehren.

RI: Das heißt, das Vernichten der Reisepässe durch Sie diente dazu, eine Rückkehr in die Mongolei zu erschweren?

BF1: Nein, eigentlich nicht. Wenn wir im Fall einer Rückkehr in die Mongolei zurückkehren sollten, haben wir Angst.

RI wiederholt die Frage.

BF1: Ja, kann man auch so sagen.

RI: Kann man es auch anders sagen oder so sagen?

BF1: Wir wollten nicht in die Mongolei zurückkehren, wir hatten Angst.

RI: Wann haben Sie die Reisepässe vernichtet?

BF1: Im August 2017.

RI: Bitte schildern Sie Ihren Lebenslauf. Welche Schulausbildung haben Sie abgeschlossen? Welchen Beruf haben Sie gelernt und welchen Beruf haben Sie ausgeübt?

BF1: Im Zeitraum vom 1999-2009 habe ich die zehnjährige Mittelschule in der Provinz XXXX besucht. Die Mittelschule habe ich im Jahr 2009 abgeschlossen. Von 2009 bis 2013 habe ich die XXXX besucht. Ich habe die Hochschule auch abgeschlossen als XXXX , das war die Studienrichtung. Im Zeitraum von 2013-2015 habe ich in der Kanzlei des Vorstehers des Bezirkes XXXX gearbeitet. Dann bin ich nach Österreich gekommen.

RI: Was haben Sie genau gearbeitet?

BF1: Im Zentrum für Bezirksentwicklung als XXXX .

RI: Wie sind Sie zu diesem Job gekommen?

BF1: Ich habe gehört, dass in diesem Bezirk ein neues Zentrum gegründet wird und habe mich dort beworben. Ich wurde dort gleich genommen. Das war der erste Job nach dem Studium.

RI: Was umfasste dort Ihre genaue Tätigkeit?

BF1: Projektbearbeitung. Dieses Geld vom Staatshaushalt war für unser Zentrum vorgesehen und dieses Geld habe ich verwaltet.

RI: War diese Tätigkeit eine politische Tätigkeit oder eine rein administrative Tätigkeit?

BF1: Unser Bezirksvorsteher hat dieses Zentrum selbst gegründet.

RI wiederholt die Frage.

BF1: Ich war politisch tätig.

RI: War Ihre Tätigkeit eine Verwaltungstätigkeit oder eine politische Tätigkeit?

BF1: Eigentlich war es eine Verwaltungstätigkeit, aber es gab auch eine politische Tätigkeit.

RI: Waren Sie jemals Mitglied einer Partei oder einer politischen Bewegung?

BF1: Ich bin kein Mitglied einer Partei gewesen.

RI: Wer war Ihr konkreter Arbeitsgeber, der Stadt oder der Bezirk?

BF1: Der Bezirk. Ich war Angestellter des Bezirks.

RI: Haben Sie sich außer an dem von Ihnen angegebenen, letzten Wohnort in der Mongolei auch an einem anderen Wohnort längere Zeit aufgehalten?

BF1: Ja.

RI: Wo?

BF1: Im Bezirk XXXX

RI: Von wann bis wann haben Sie dort gelebt?

BF1: Von 2009-2011.

RI: Welche Verwandten von Ihnen leben zurzeit in der Mongolei und in welcher Stadt?

BF1: Ich habe keine Geschwister. Meine Mutter lebt in der Provinz XXXX . Meine Eltern sind geschieden und mein Vater lebt in Russland, seit der Scheidung. Damals war ich sehr klein. Meine Großeltern mütterlicherseits leben in der Stadt Ulaanbaatar. Meine Mutter hat sechs Geschwister, eine davon lebt in der Provinz XXXX und die anderen in Ulaanbaatar selbst.

RI: Wie oft haben Sie Kontakt zu Ihren Verwandten in der Mongolei und wenn ja, wie treten Sie in Kontakt?

RI: Seit meinem 16. Lebensjahr habe ich meine Mutter nicht mehr gesehen. Auch mit den Verwandten habe ich keinen Kontakt mehr. Mit meinen Großeltern habe ich auch keinen Kontakt.

RI: Wenn nein, warum und wann hatten Sie den letzten Kontakt zu Ihrer in der Mongolei lebenden Verwandtschaft?

BF1: Vor meiner Ausreise habe ich meine Großeltern besucht. Meine Mutter hat jemand anderen geheiratet, deswegen konnte ihn nicht akzeptieren und wir hatten Streit. Mit 16 Jahren habe ich mein Zuhause verlassen. Im Jahr 2013 habe ich nach dem Abschluss meiner Hochschule meine Mutter von der Ferne gesehen, aber nicht mehr getroffen.

RI: Seit Sie 16 Jahre alt sind, haben Sie Ihre Mutter nicht mehr getroffen und nicht mehr mit ihr gesprochen und geschrieben?

BF1: Ja.

RI: Wann haben Sie das letzte Mal mit Ihren Großeltern gesprochen?

BF1: Kurz vor meiner Ausreise, d.h. April 2015. Meine Großeltern sind bis zur Grenze zu Russland mitgefahren und seither habe ich keinen Kontakt mehr.

RI: Wenn Sie von Ihren Großeltern bis zur Grenze zu Russland begleitet wurden und vorher Kontakt hatten, warum haben Sie jetzt keinen Kontakt mehr?

BF1: Meine Großeltern haben keinen Internetzugang, deshalb hatte ich keinen Kontakt.

RI: Haben sie ein Telefon?

BF1: Ja.

RI: Warum telefonieren Sie nicht mit Ihren Großeltern?

BF1: Ich habe keine nähere Beziehung zu meinen Großeltern.

RI: Wann war der letzte Kontakt zu Ihrem Vater?

BF1: Meinen Vater habe ich im April 2015 auf der Reise in Russland getroffen.

RI: Was war der Grund des Zusammentreffens?

BF1: Er wohnt in XXXX . Ich wusste damals, wo mein Vater wohnt und ich bin einfach zu ihm gefahren.

RI: Was war der Grund des Besuchs?

BF1: Ich wollte ihn einfach sehen, bevor ich ganz weit weg fahre.

RI: Hatten Sie vor Ihrer Ausreise aus der Mongolei in irgendeiner Weise Kontakt?

BF1: Ich habe mit ihm telefonisch ungefähr drei Mal in zehn Jahren Kontakt gehabt. Ich habe ihn am Telefon gefragt, ob er mir finanziell helfen kann. Bei den letzten zwei Telefonaten habe ich ihn um finanzielle Hilfe gebeten. Er hat mir zwei Mal Geld geschickt. Als meine Eltern geschieden waren, war ich acht Jahre alt. Seitdem habe ich ihn nicht gesehen, aber wir haben drei Mal miteinander telefoniert.

RI: Wann war der letzte Anruf?

BF1: Ich habe ihn nach dem Abschluss meiner Hochschule gesagt, dass ich die Hochschule abgeschlossen habe.

RI: Als Sie den Vater in Russland besucht haben, haben Sie ihn um finanzielle Hilfe ersucht?

BF1: Nein, ich habe mich einfach mit ihm getroffen.

RI: Sie haben vorher angegeben, dass Sie zur Ihren Großeltern keine nähere Beziehung hatten. Warum haben Sie sie dann kurz vor Ihrer Ausreise besucht? Was war der Grund des Besuchs?

BF1: Wir haben in der Provinz XXXX gewohnt und sind in die Hauptstadt Ulaanbaatar übersiedelt. Das heißt, meine Großeltern sind in die Hauptstadt übersiedelt. Um meine Mittelschule abzuschließen, musste ich weiter in der Provinz bleiben. Dann habe ich wenig Kontakt zu meinen Großeltern gehabt, nur zu bestimmten Anlässen habe ich meine Großeltern besucht.

RI wiederholt die Frage.

BF1: Meine Großeltern sind sehr alt und deswegen habe ich mir gedacht, ich fahre ins Ausland und ich weiß nicht, wann ich zurückkommen werde und ob sie dann noch leben.

RI: Habe ich Sie richtig verstanden, um Ihre Mittelschule abzuschließen, mussten Sie in der Provinz bleiben und haben bei Ihren Großeltern gelebt?

BF1: Als ich in der Provinz gelebt habe, war ich bei meinen Großeltern. Dann sind meine Großeltern in die Hauptstadt übersiedelt und ich bin mit meiner Mutter dortgeblieben.

RI: Wie lange haben Sie bei Ihren Großeltern gelebt?

BF1: 13-14 Jahre.

RI: Existieren noch Verwandte Ihres Vaters und wenn ja, wann hatten Sie das letzte Mal Kontakt zu diesen?

BF1: Ich kenne keine Verwandten von ihm.

RI: Haben Sie Verwandte, die außerhalb Mongolei leben und haben Sie Kontakt zu diesen?

BF1: Nein.

RI: Ihr Vater, dieser lebt in Russland?

BF1: Ja.

RI: Lebt er noch in Russland?

BF1: Er ist immer noch dort.

RI: Welche Verwandte Ihrer Frau leben zurzeit in der Mongolei und in welcher Stadt?

BF1: Ihre Eltern leben in der Stadt Ulaanbaatar, ihr Bruder und ihre Schwester leben auch in Ulaanbaatar.

RI: Hat Sie noch Onkeln und Tanten?

BF1: Die kenne ich nicht. Ich kenne keine anderen Verwandten.

RI: Haben Sie Kontakt zu diesen Verwandten Ihrer Frau? Wenn ja, wie halten Sie Kontakt?

BF1: Ich habe sie einmal besucht, um sie kennenzulernen. Jetzt habe ich keinen Kontakt.

RI: Jetzt haben Sie keinen Kontakt mehr, seit Sie ausgereist sind?

BF1: Als wir, vor unserer Ausreise, in der Stadt XXXX waren, haben die Eltern meiner Frau uns besucht.

RI: Was war der Grund des Besuchs, zum Abschied?

BF1: Ja, zum Abschied. Sie mögen mich nicht und ich mag sie auch nicht.

RI: Hatten Sie Kontakt zu diesen bis zu Ihrer Ausreise und haben Sie jetzt Kontakt zu diesen?

BF1: Meine Schwiegereltern mögen mich nicht, wir haben uns kennengelernt und geheiratet und deswegen mögen sie mich nicht.

RI: Hatten Sie Kontakt zu Ihren Schwiegereltern bis zur Ausreise und nach der Ausreise?

BF1: Weder noch.

RI: Bis zur Ausreise hatten Sie doch Kontakt, wenn sie Besuch von Ihnen bekommen haben?

BF1: Zwei Mal habe ich meine Schwiegereltern gesehen vor der Ausreise. Einmal, um sie kennenzulernen und einmal zum Abschied. Nach der Ausreise habe ich sie nicht einmal gesprochen und hatte keinen Kontakt zu ihnen.

RI: Hat Ihre Frau Kontakt zu ihren in der Mongolei lebenden Verwandtschaft? Wenn ja, wie hält sie Kontakt?

BF1: Bis zur Ausreise hatte sie natürlich ihre Eltern besucht und so weiter. Nach der Ausreise weiß ich nicht, ich glaube, sie telefoniert manchmal, aber sie sagt mir nichts. Sie sagt mir kein Wort darüber.

RI: Wie bestreitet Ihre Familie in der Mongolei den Lebensunterhalt?

BF1: Meine Großeltern haben die Alterspension. Meine Mutter ist Hausfrau, ich weiß nicht, ob sie arbeitet oder nicht, ich glaube nicht.

RI: Wann haben Sie Ihre Frau geheiratet?

BF1: Am XXXX .

RI: Wie haben Sie Ihre Frau kennengelernt?

BF1: Wir haben die gleiche Hochschule besucht.

RI: War es eine große Hochzeit?

BF1: Nein. Wir sind zum Standesamt gegangen, haben es unterschrieben und das war es.

RI: Welche Verwandte von Ihnen waren bei der Hochzeit?

BF1: Nein, nur Zeugen. Ein Freund von mir war Zeuge. In der Mongolei ist nur ein Zeuge für beide anwesend, er hat auch unterschrieben.

RI: Welche Verwandte Ihrer Frau waren bei der Hochzeit?

BF1: Nein, wir haben keine Hochzeit gemacht. Wir hatten nur eine amtliche Trauung.

RI: Wann haben Sie und Ihre Frau den Entschluss gefasst nach Österreich zu kommen?

BF1: Seit dem Sommer 2014.

RI: 2014?

BF1: Ja.

RI: Was wussten Sie vor Ihrer Ausreise aus der Mongolei von Österreich und hatten Sie und Ihre Frau bereits bei Ihrer Einreise nach Österreich Deutschkenntnisse?

BF1: Wir haben eigentlich im Internet über europäische Länder recherchiert und haben uns für Österreich entschieden. Wir hatten keine Deutschkenntnisse.

RI: Warum wollte Ihre Frau gerade nach Österreich studieren kommen?

BF1: Das war die einzige legale Möglichkeit für die Ausreise gewesen, weil wir nicht wussten, wie wir ausreisen sollten und weil wir keine Schlepper kannten.

RI: Wie finanzierten Sie Ihren Aufenthalt in Österreich während des Studiums Ihrer Frau?

BF1: Wir haben einen Aufenthaltstitel gehabt und damit konnte ich arbeiten. 20 Stunden in der Woche durfte ich arbeiten und wir haben auch Kindergeld bekommen.

RI: Wo und als was haben Sie gearbeitet?

BF1: In XXXX konnte ich in einem Restaurant "Schloss XXXX " als Küchenhilfe arbeiten.

RI: Wann sind Sie in Österreich eingereist?

BF1: Am 17.04.2015.

RI: Sie haben Ihren Antrag auf internationalen Schutz am 24.12.2017 gestellt, stimmt das?

BF1: Ja.

RI: Vorhaltung: Sie haben vorhin angegeben, dass Sie und Ihre Frau als Studierende bzw. Familienangehöriger von Studierenden nach Österreich gekommen sind, da Sie keine andere legale Möglichkeit sahen, aus der Mongolei auszureisen. Sie führten des Weiteren an, dass Sie keinen Schlepper kannten. Meine Fragen an Sie nun: Was hat Sie davon abgehalten, bereits nach Ankunft in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz zu stellen und warum haben Sie damit bis zum 24.12.2017 zugewartet?

BF1: Als wir nach Österreich kamen, haben wir in Österreich lebende Mongolen kennengelernt. Sie haben uns erzählt, wenn wir mit dem Studierendenaufenthalt vier bis fünf Jahre in Österreich bleiben, bekommen wir einen humanitären Aufenthalt. Wir dachten, wenn das so geht, dann machen wir das so.

RI: Wer hat Ihnen das erzählt?

BF1: Dieser Mongole hat damals drei Jahre in Österreich gelebt, aber er ist in die Mongolei zurückgekehrt. Er heißt XXXX . Er war auch Student.

RI: Wovon bestreiten Sie zur Zeit in Österreich Ihren Lebensunterhalt?

BF1: Wir bekommen Unterstützung vom Staat.

RI: Wie lange haben Sie im Restaurant Schloss XXXX als Küchenhilfe gearbeitet?

BF1: Sechs Monate lang.

RI: Wovon lebten Sie die restliche Zeit über?

BF1: Vom Kindergeld.

RI: Sind Sie oder Ihre Frau seit Ihrer Ausreise aus der Mongolei im April 2015 wieder einmal in der Mongolei gewesen, sei es auf Besuch oder auf Urlaub?

BF1: Nein.

Die Verhandlung wird um 11:15 Uhr unterbrochen.

Die Verhandlung wird um 11:23 Uhr fortgesetzt.

RI: Schildern Sie bitte Ihre Fluchtgründe? Ich ersuche Sie mir ein möglichst klares und stimmiges Bild des Geschehenen zu vermitteln.

BF1: Ich habe von meinen Großeltern gehört, dass mein Vater eine chinesische Abstammung hat und das war der Grund für die Scheidung meiner Eltern.

RI: Wann haben Sie das von Ihren Großeltern gehört?

BF1: Nach der Scheidung, ich glaube, ich war damals zehn Jahre alt. Für mich war es nicht so interessant damals. Als ich größer geworden bin, haben die Geschwister meiner Mutter mich auch unter Druck gesetzt und öfters darüber geredet. Deswegen habe ich keinen Kontakt mehr gehabt. Deswegen habe ich mit 16 Jahren mein Zuhause verlassen. Dann habe ich meine Hochschule absolviert und habe geheiratet. Dann habe ich einen Job bekommen. Ich habe eigentlich gut gearbeitet. Es gab eine Parlamentswahl im Jahr 2012 und danach 2013 Präsidentenwahl. 2014 gab es Wahlen in den Provinzen. Unser Bezirk hat einen neuen Vorsteher bekommen, im Sommer 2014 wurde gewechselt. Die Angestellten in der Kanzlei des Vorstehers des Bezirkes wurden gewechselt. Viele wurden entlassen. Weil ich gut gearbeitet habe, konnte man keinen Fehler in der Arbeit finden und man konnte mich nicht entlassen. Aber ich wurde unter Druck gesetzt. Der neue Bezirksvorsteher hat in meinem Lebenslauf gelesen und er ist darauf gekommen, dass ich chinesischer Abstammung bin.

RI: Stand das in Ihren Lebenslauf?

BF1: Das weiß ich nicht, aber das ist mein Verdacht.

RI: Sie werden doch wissen, was in Ihrem Lebenslauf steht?

BF1: Damit meine ich, man kann vom Hauptregistrierungsamt alle Daten bekommen. So denke ich es mir, dass er das gemacht hat. Er hat zu mir gesagt, dass ich eine chinesische Abstammung habe und als Chinese darf ich nicht im Amt bleiben und ich soll in der Arbeit kündigen. Ich habe gesagt "Nein", ich wollte meine Arbeit nicht aufgeben. Dann ist eines Tages ein Unbekannter zu mir gekommen.

RI: Also ein Unbekannter, kein Kollege von Ihnen?

BF1: Nein. Er hat mich am Hemd festgehalten und sagte mir, warum ich die Arbeit nicht aufgebe bzw. zurückgebe. "Du bist ja ein Chinese", sagte er mir und ging zu meinem Chef.

RI: Wer war dieser Mann?

BF1: Dann habe ich von meinem Kollegen gehört, dass er einer von der Gruppierung oder Bewegung gegen Chinesen ist. So hat dieser Druck angefangen.

RI: Wann war das ungefähr?

BF1: Das war Juli 2014.

RI: Sind Sie von diesem Mann auch bedroht worden?

BF1: Ja, ich muss weggehen von meiner Arbeit. Nach zwei Wochen sind wieder zwei unbekannte Männer gekommen, auch in meine Arbeitsstelle. Ich war in meinem Arbeitszimmer und die anderen Kollegen waren in meinem Arbeitszimmer anwesend. Wir sitzen in einem Arbeitszimmer zu siebend.

RI: Was passierte dann?

BF1: Dann haben diese zwei unbekannten Männer zu mir gesagt "Du Chinese, wenn du nicht weggehst von hier, wirst du umgebracht." Das haben sie so direkt gesagt. Zu diesem Zeitpunkt kam der Bezirksvorsteher in das Zimmer und sagte "Dieser Chinese will die Arbeit nicht aufgeben" und sagte zu den unbekannten Männern: "Könnt ihr etwas unternehmen?"

RI: Wie haben die Kollegen reagiert?

BF1: Sie konnten nichts tun.

RI: Was geschah dann?

BF1: Ich habe damals gesagt "Was redet ihr, ich bin kein Chinese." Dann haben die zwei unbekannten Männer und der Chef gemeinsam das Zimmer verlassen. Dann war es eine Weile lang ruhig. Dann war ich auf dem Weg nach Hause, ich war mit meiner Frau unterwegs.

RI: Wann war das ungefähr?

BF1: Das war im August 2014. Wir haben auf einen Bus gewartet an einer Bushaltestelle. Diese Bushaltestelle ist vis-a-vis unserer Arbeitsstelle. Dann kamen sieben Leute. Eine Person hat mich mit dem Fuß zu Boden fallen lassen. Sie haben mich zuerst mit dem Fuß getreten und dann bin ich hingefallen. Einer hat zu mir gesagt, warum ich die Arbeit nicht aufgebe. Warum soll ein Chinese für den Staat arbeiten. Meine Frau hat gesagt "Was redet ihr?" und wollte mir helfen. Einer hat meiner Frau eine Ohrfeige gegeben. Sie haben meine Frau erniedrigt und haben ihr gesagt "Du bist mit einem Chinesen verheiratet und ich werde deine Haare abrasieren." Diese Leute tragen Glatzen. An dieser Haltestelle waren auch viele Passanten. Diese Leute haben gesagt, sie sollen aufhören, was machen sie da. Diese Männer haben gesagt "Dieser Mann ist ein Chinese und kein Mongole, was geht euch das an?" Dann kam ein Polizist. Dann hat er gesagt "Warum attackiert ihr diese Person?" Die Männer sagte wieder das gleiche "Er ist ein Chinese." Die Männer haben zu dem Polizisten gesagt "Er ist ein Chinese" und der Polizist sagte, sie sollen mich wo anders hinbringen und dort schlagen, wo es keine Leute gibt.

RI: Was geschah dann?

BF1: Bevor dieser Polizist kam, wurden wir auch viel geschlagen.

RI: Wie lange dauerte diese Szene?

BF1: Ich glaube, es war schnell, fünf, sechs Minuten. Als der Polizist kam, kam der Bus fast gleichzeitig, dann sind wir in den Bus geflüchtet.

RI: Kam der Polizist zufällig dort vorbei oder wurde er von den Passanten gerufen?

BF1: Die Polizeistelle war neben der Haltestelle, wahrscheinlich hat er es von der Polizeistelle gesehen.

RI: Wurde er aktiv gerufen?

BF1: Er wurde nicht gerufen, sondern ist vorbeigekommen.

RI: Wie sind Sie entkommen?

BF1: Dann sind wir geflüchtet in den Bus.

RI: Hat der Polizist etwas getan, um Sie zu schützen?

BF1: Nein.

RI: Ist er irgendwie dazwischen gegangen?

BF1: Nein, gar nicht.

RI: Sie sind in den Bus gesprungen. Was ist dann passiert?

BF1: An diesem Tag haben wir uns so gerettet, aber trotzdem, seit diesem Tag haben wir Angst gehabt.

RI: Sind Sie weiter zur Arbeit gegangen nach diesem Vorfall?

BF1: Ja. So wurden wir seither einmal im Monat unter Druck gesetzt. Weil ich nicht entlassen wurde, habe ich weitergearbeitet.

RI: Was ist einmal im Monat passiert?

BF1: Von diesen Männern sind ein bis zwei, oder zu zweit meistens, zu meiner Arbeitsstelle einmal im Monat gekommen. Dann haben sie immer das Gleiche gesagt, ich soll meine Arbeit aufgeben. Manchmal haben sie mir auch in meiner Arbeitsstelle eine Ohrfeige gegeben. Ich wollte diese Männer bei der Polizei anzeigen.

RI: Diese Männer kamen einmal in Ihr Arbeitszimmer, meist zu zweit, und was haben sie gemacht? Wie darf ich mir das vorstellen?

BF1: Sie sind einfach in mein Arbeitszimmer gekommen und haben mir eine Ohrfeige gegeben. Wenn der Chef nicht da war, sind sie wieder gegangen.

RI: Wie lange hat das gedauert?

BF1: Es war bis März 2015, bis ich meine Arbeit aufgegeben habe. Es war nicht immer zur gleichen Zeit, aber einmal im Monat.

RI: Sie wollten die Männer bei der Polizei anzeigen. Wie ging es dann weiter?

BF1: Der Polizist gehört auch zu unserem Bezirk. Er hat mich nicht ernst genommen. Er hat mir gesagt "Das ist nicht meine Angelegenheit, sondern deine." Dann habe ich gedacht "Okay, in der Mongolei, wenn der Polizist das so sagt, gibt es keinen Schutz mehr."

RI: Wie oft waren Sie bei der Polizei?

BF1: Ich bin einmal zur Polizei gegangen. Er hat mich abgelehnt.

RI: Was geschah dann?

BF1: Diese Leute sind nicht nur zu mir in mein Arbeitszimmer gekommen. Sie gingen auch zu meiner Frau und haben sie belästigt und unter Druck gesetzt. Dann haben wir uns entschieden, das Land zu verlassen und reisten aus. Wir konnten dort nicht mehr leben. Dann haben wir nach Möglichkeiten gesucht, um ins Ausland zu reisen.

RI: Vorhaltung: Sie haben bei Ihrer niederschriftlichen Einvernahme vor dem BFA am 30.04.2018 auf Seite 5, befragt nach Ihren Fluchtgründen von Ihren Schwierigkeiten mit Ihrem Chef berichtet und ebenso, dass Sie und Ihre Frau von Leuten auf der Straße geschlagen worden sind. Sie haben jedoch mit keinem Wort die regelmäßigen (monatlichen) Besuche von fremden Männern in Ihren Arbeitszimmer, in der Arbeitsstelle, erwähnt. Erstmalig haben Sie davon bei der heutigen mündlichen Verhandlung berichtet. Wieso haben Sie diesen Aspekt Ihres Fluchtgrundes bisher unerwähnt gelassen?

BF1: Ich habe damals die wichtigsten angeben. Ich habe damals angegeben, dass sie mich direkt attackiert haben. Ich habe die wichtigsten Aspekte angegeben, die Attacken.

RI: Es ist nicht unwesentlich, wenn Sie von fremden Männer in Ihrem Arbeitszimmer geschlagen werden. Das ist kein unwesentlicher Aspekt Ihrer Geschichte.

BF1: Damals habe ich gedacht, das ist nicht so wichtig. Jetzt habe ich mir gedacht, das muss ich angeben.

RI: Waren Sie während der gesamten zweijährigen Tätigkeit in der Verwaltung Drangsalierungen wegen Ihrer vermeintlich halb-chinesischen Herkunft ausgesetzt oder setzten diese erst zu einem gewissen Zeitpunkt ein? Wenn es einen Zeitpunkt gab, wann war dieser Zeitpunkt?

BF1: Seit dem Sommer 2014, als ich einen neuen Chef bekommen habe, hat es angefangen. Mit meinem Beruf konnte ich nur für die Verwaltung des Staates arbeiten, aber durch die Wahl sind die Bezirksvorsteher neu gewesen, von der neuen regierenden Partei. Deshalb konnte ich keinen neuen Job finden. Im Jänner 2015 haben wir ein neues Projekt bekommen, für 30 Million mongolische Tugrug. Dieses Projekt war unrealistisch und unrealisierbar. Ich sollte dieses Projekt unterschreiben, dass ich das Projekt realisieren werde. An einem Abend kam mein Chef in mein Arbeitszimmer, mit der gleichen Gruppe unbekannter Männer. Ich sollte das unterschreiben, unter Druck und Gewalt musste ich das unterschreiben. So habe ich es auch unterschrieben. Weil man das Projekt nicht umsetzen konnte, hat der Bezirksvorsteher mir die Schuld zugeschoben. Das Geld des Projektes hat der Bezirksvorsteher sich selbst überweisen lassen. Aus diesem Grund hat er mich entlassen.

Wir haben dann das Visum für meine Frau bekommen.

RI: Wie lange es gedauert hat, bis Sie das Visum erhalten haben?

BF: Wir haben den Antrag im August 2014 gestellt und im März 2015 das Visum erhalten. Nach meiner Entlassung im Februar oder März 2015 bin ich kurz danach bei unserem Bezirksamt vorbeigegangen. Es hat mich die Gruppe von unbekannten Männern gesehen. Sie haben untereinander gesprochen. Einer hat gesagt: "Dieser Chinese wurde entlassen. Jetzt können wir ihn umbringen". Als ich es gehört habe, bin ich weggelaufen. Ich habe aber auch gehört, dass sie untereinander gesagt haben: "Sollten wir ihn noch einmal sehen, dann bringen wir ihn um." Ich wurde angeschrien: "Wenn Du mit Deiner Familie die Mongolei nicht verlässt, dann werden wir Dich und deine ganze Familie vernichten." Dann bin ich ganz weggelaufen.

RI: Möchten Sie noch etwas ergänzen?

BF1: Nein, das war es.

RI: VORHALTUNG: Sie haben vor dem BFA am 30.04.2018 auf Seite 5 des Protokolls Folgendes angegeben: "...Es gab in der Mongolei Ende Juni 2014 eine Parlamentswahl. Nach dieser Wahl ist die andere Partei an die Spitze der Regierung gekommen. Viele Leute wurden durch politische Orientierung entlassen. Weil ich parteilos bin, hat man diesen Grund erfunden, dass ich chinesische Abstammung habe....". Auf die Frage, wie der Vorwurf aufkam, dass Sie chinesischer Abstammung wären, antworteten Sie auf Seite 5 des BFA-Protokolls: "...Das ist eigentlich nur eine Ausrede für den Chef, damit er seine eigenen Bekannten für meine Arbeitsstelle vorsehen kann. Es war nur ein Vorwand....". Ich möchte Folgendes von Ihnen wissen:

1) Nach Ihrer Aussage gehen Sie selbst also davon aus, dass Sie eigentlich gar nicht chinesischer Abstammung sind und Ihr Chef dies nur erfunden hat um Sie in Folge eines Parteiwechsels an der Spitze der Regierung loszuwerden? Oder wissen Sie, dass Sie chinesischer Abstammung sind? Stimmt das?

BF1: Ich weiß es nicht genau, die Abstammung von meinem Vater. Ich kenne die anderen Verwandten meines Vaters nicht. Ich kenne nur ihn.

RI: Sie hatten Kontakt zu Ihrem Vater. Warum haben Sie ihn nicht gefragt?

BF1: Nein, ich habe ihn nicht gefragt.

RI: Warum haben Sie ihn nicht gefragt? Das ist doch keine unwesentliche Frage in diesem Fall.

BF1: Ich brauche das nicht zu wissen.

RI: Sie brauchen das nicht zu wissen? Immerhin ist das doch ein Fluchtgrund von Ihnen.

BF1: Ja.

2) Sie haben vor dem BFA angegeben, dass 2014 die Parlamentswahlen stattgefunden hätten. Heute haben Sie angegeben, dass 2014 lediglich die Bezirkswahlen oder Regionalwahlen stattgefunden hätten. Wie erklären Sie sich diesen Widerspruch?

BF1: Damals habe ich angegeben, dass im Jahr 2014 Parlamentswahlen stattgefunden hätten. Ich habe dann aber nachgedacht, und das die Parlamentswahlen davor waren. Im Jahr 2014 waren Regional- oder Bezirkswahlen.

RI: Wie viele Leute haben Sie und Ihre Frau auf offener Straße verprügelt?

BF1: Ich denke 6 bis 7 Personen.

RI: Waren es 6 oder 7 Personen?

BF1: Ich glaube es waren 7 Personen.

RI: Kannten Sie diese Leute irgendwo her oder waren diese Ihnen völlig fremd?

BF1: Sie waren mir völlig unbekannt.

RI: Waren darunter auch Leute, die Sie schon zuvor im Büro besucht haben?

BF1: Ja, zwei davon.

RI: Waren es immer die gleichen zwei Personen die Sie monatlich im Büro aufgesucht haben, oder waren es immer andere Personen?

BF1: Es waren immer andere Personen.

RI: Sie haben vorher von chinesenfeindlichen Gruppierungen gesprochen, von denen diese unbekannten Männer ein Teil gewesen sein sollten. Um welche chinesenfeindlichen Gruppierung handelt es sich nach Ihrer Meinung?

BF1: Die Bewegung heißt XXXX .

RI: Woher wussten Sie, dass diese Leute genau von der " XXXX " waren?

BF1: Ein Kollege von mir hat es mir gesagt.

RI: Sie wissen es durch Hörensagen?

BF1: Ja.

RI: Diese Leute haben sich Ihnen gegenüber nicht als Teil einer Gruppierung vorgestellt?

BF1: Nein.

RI: Woher wissen Sie, dass Ihr Chef hinter dem Angriff auf Sie und Ihre Frau steht?

BF1: Durch sein Verhalten und durch das, was er zu mir gesagt.

RI: Welche Nahebeziehung hatte Ihr Chef zu " XXXX "?

BF1: Das weiß ich nicht. Diese Leute gehen einfach in sein Arbeitszimmer.

RI: Hat es in Ulaanbaator jemals vor dem Vorfall bei der Bushaltestelle oder danach einen körperlichen Übergriff gegen Sie oder Ihre Frau gegeben oder sind Sie jemals davor oder danach aufgrund Ihrer vermeintlichen chinesischen Abstammung in Ulaanbaator bedroht oder drangsaliert worden?

BF1: Ich habe manchmal Ohrfeigen bekommen, in meinem Arbeitszimmer. Ich bin auch einmal weggelaufen. Der Vorfall bei der Bushaltestelle war der schlimmste. Ich musste mich danach immer verstecken, zu meiner Arbeitsstelle oder nach Hause gehen.

RI: Welche Verletzungen haben Sie und Ihre Frau von dem Angriff bei der Bushaltestelle davongetragen?

BF1: Diese Leute haben mit den Füßen gegen meinen Brustkorb getreten. Meine Frau wurde am Kopf und in den Bauch mit Füßen getreten.

RI wiederholt die Frage nach den Verletzungen.

BF1: Wir sind damals nicht zum Arzt gegangen. Wir hatten sehr starke Schmerzen. Meine Frau leidet bis jetzt an Kopfschmerzen.

RI: Warum sind Sie nach so einem Überfall nicht zum Arzt gegangen?

BF1: Wir haben gedacht, wir werden wie von der Polizei abgelehnt. Unser Bezirksvorsteher hat zu allen Stellen in unserem Bezirk Beziehungen.

RI: VORHALTUNG: Sie habe bei Ihrer niederschriftlichen Einvernahme vor dem BFA am 30.04.2018 auf Seite 6 angegeben, dass Ihre Frau nach dem Angriff sehr wohl zu Ihrem Hausarzt gegangen sei.

1) Warum machen Sie heute diesbezüglich widersprüchliche Angaben?

2) Welche Verletzungen konnte der Hausarzt bei Ihrer Frau feststellen?

BF1: Ich bin nicht gemeinsam mit meiner Frau zum Arzt gegangen. Deswegen weiß ich davon nichts.

RI: Sie haben diese Angaben vor den BFA gemacht.

BF1: Vielleicht hat sie es mir damals so gesagt. Ich kann mich nicht mehr daran erinnern.

RI: Warum hat Ihre Frau den Job aufgegeben? Wie kam es dazu?

BF1: Sie wurde von ihrem Chef unter Druck gesetzt. Er hat zu ihr gesagt, sie sei mit einem Chinesen verheiratet. Sie darf deswegen nicht für den Staat arbeiten. Wahrscheinlich hat mein Chef es dem Chef meiner Frau so gesagt.

RI: Wurde Ihr eigener Chef auch nach der Regionalwahl eingewechselt?

BF1: Ich weiß es nicht.

RI: War Ihre Frau Mitglied einer Partei oder politisch aktiv?

BF1: Nein.

RI: Hatte Ihre Frau jemals ernsthaft vor in Österreich ein Studium zu

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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