TE Bvwg Erkenntnis 2019/10/14 W129 2140251-1

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Veröffentlicht am 14.10.2019
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Entscheidungsdatum

14.10.2019

Norm

AVG §73 Abs1
B-VG Art130 Abs1 Z3
B-VG Art133 Abs4
StudFG §41 Abs2
VwGVG §28 Abs2
VwGVG §8 Abs1

Spruch

W129 2140251-1/7E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter DDr. Markus GERHOLD über die Beschwerde von XXXX wegen Verletzung der Entscheidungspflicht, betreffend den Antrag auf Feststellung der besoldungsrechtlichen Stellung durch den Präsidenten des OLG Wien, zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 8 Abs. 1 VwGVG abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Die Beschwerdeführerin, als Richterin in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis, beantragte mit Schreiben vom 04.02.2015 unter Bezugnahme auf das Urteil des EuGH in der Rs Schmitzer C-530/13 die bescheidmäßige Feststellung der besoldungsrechtlichen Stellung.

2. Mit Schreiben vom 20.10.2016 brachte die Beschwerdeführerin das Rechtsmittel der Säumnisbeschwerde ein, da die Dienstbehörde bis zu diesem Datum nicht über den Antrag abgesprochen hatte.

3. Mit Begleitschreiben vom 16.11.2016 legte der Präsident des OLG Wien die gegenständliche Säumnisbeschwerde vor und wies darauf hin, dass keine Entscheidung getroffen worden sei, weil beabsichtigt gewesen sei, ein bestimmtes, beim BVwG anhängiges Rechtsmittelverfahren abzuwarten.

4. Mit Schreiben vom 08.03.2017 hielt das BVwG der Beschwerdeführerin vor, dass aus einem Aktenvermerk vom 31.08.2015 hervorgehe, dass die Dienstbehörde den Ausgang eines beim BVwG anhängigen Rechtsmittelverfahrens einer (namentlich genannten) Staatsanwältin habe abwarten wollen.

5. Diesbezüglich räumte die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 23.03.2017 ein, es sei richtig, dass sie telefonisch durch den zuständigen Sachbearbeiter der Dienstbehörde etwa Ende August, Anfang September 2015 kontaktiert worden sei. Es sei auch richtig, über das Abwarten des Ausganges der ersten Rechtsmittelentscheidung gesprochen worden sei, allerdings sei kein konkreter Name genannt worden. Dies sei auch datenschutzrechtlich nicht zulässig. Sie und drei weitere Kolleginnen und Kollegen hätten sich bereit erklärt, das Vorliegen der ersten Rechtsmittelentscheidung abzuwarten.

6. Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 27.04.2017, Zl. W106 2140251-1/5Z, wurde das gegenständliche Säumnisbeschwerdeverfahren gem. § 38 AVG bis zur Entscheidung des EuGH über den vom OGH am 19.12.2016 zu 9 ObA 141/15y gestellten Antrag auf Vorabentscheidung ausgesetzt.

7. Aufgrund einer Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses vom 30.11.2017 wurde die gegenständliche Beschwerdesache der bis dahin zuständigen Gerichtsabteilung aufgrund der Ruhestandsversetzung der Leiterin der Gerichtsabteilung abgenommen und mit 04.12.2017 der nunmehr zuständigen Gerichtsabteilung W129 neu zugewiesen.

8. Mit Urteil des EuGH vom 08.05.2019, C-24/17, wurde über das genannte Vorabentscheidungsansuchen abgesprochen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die Beschwerdeführerin steht als Richterin in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis und beantragte mit Schreiben vom 04.02.2015 unter Bezugnahme auf das Urteil des EuGH in der Rs Schmitzer, C-530/13, die bescheidmäßige Feststellung der besoldungsrechtlichen Stellung.

Am 31.08.2015 fand ein Telefonat des zuständigen Sachbearbeiters der Dienstbehörde mit der Beschwerdeführerin statt. Es wurde vereinbart, den Ausgang eines vergleichbaren, beim BVwG anhängigen Rechtsmittelverfahrens abzuwarten, wobei der Beschwerdeführerin bewusst war, dass vom Ausgang dieses Rechtsmittelverfahrens nicht nur ihr eigener Antrag, sondern auch der Antrag zumindest von drei weiteren Richterinnen und Richtern abhängig war.

Mit Schreiben vom 20.10.2016 brachte die Beschwerdeführerin das Rechtsmittel der Säumnisbeschwerde ein, da die Dienstbehörde bis zu diesem Datum nicht über den verfahrensgegenständlichen Antrag auf Feststellung der besoldungsrechtlichen Stellung abgesprochen hatte.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zum maßgeblichen Sachverhalt ergeben sich aus dem Verwaltungsakt. Der verfahrensmaßgebliche Sachverhalt entspricht dem oben angeführten Verfahrensgang und konnte auf Grund der vorliegenden Aktenlage zweifelsfrei und vollständig festgestellt werden.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zur Abweisung der Säumnisbeschwerde (Spruchpunkt A)

3.1. Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gegenständlich liegt mangels einer anderslautenden Bestimmung Einzelrichterzuständigkeit vor.

3.2. Gemäß § 8 VwGVG kann Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 3 B-VG (Säumnisbeschwerde) erhoben werden, wenn die Behörde die Sache nicht innerhalb von sechs Monaten, wenn gesetzlich eine kürzere oder längere Entscheidungsfrist vorgesehen ist, innerhalb dieser entschieden hat. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Antrag auf Sachentscheidung bei der Stelle eingelangt ist, bei der er einzubringen war. Die Beschwerde ist abzuweisen, wenn die Verzögerung nicht auf ein überwiegendes Verschulden der Behörde zurückzuführen ist.

Gemäß § 73 Abs. 1 AVG sind die Behörden verpflichtet, wenn in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist, über Anträge von Parteien (§ 8) und Berufungen ohne unnötigen Aufschub, spätestens aber sechs Monate nach deren Einlangen, einen Bescheid zu erlassen.

Mangels gegenteiliger Bestimmung hätte die zuständige Dienstbehörde über den Antrag der Beschwerdeführerin vom 04.02.2015 daher spätestens binnen Frist von sechs Monaten abzusprechen gehabt.

3.3. Die am 20.10.2016 eingebrachte Säumnisbeschwerde ist daher zulässig, da die belangte Behörde nicht binnen der sechsmonatigen Entscheidungsfrist über den Antrag der Beschwerdeführerin vom 04.02.2017 entschieden hat. Auch das Telefonat mit der Beschwerdeführerin vom 31.08.2015 fand nach Ablauf der sechsmonatigen Entscheidungsfrist statt.

3.4. Als weitere Frage ist zu prüfen, ob die belangte Behörde ein überwiegendes Verschulden an der objektiv festgestellten Verfahrensverzögerung trifft.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in Fällen der Verletzung der Entscheidungspflicht zur Frage des überwiegenden Verschuldens der Behörde bereits ausgesprochen, dass der Begriff des Verschuldens der Behörde nach § 8 Abs. 1 VwGVG nicht im Sinne eines Verschuldens von Organwaltern der Behörde, sondern insofern "objektiv" zu verstehen ist, als ein solches "Verschulden" dann anzunehmen ist, wenn die zur Entscheidung berufene Behörde nicht durch schuldhaftes Verhalten der Partei oder durch unüberwindliche Hindernisse an der Entscheidung gehindert war (siehe VwGH 16.03.2016, Ra 2015/10/0063).

3.5. Im vorliegenden Fall ist die Verzögerung der Entscheidung auf kein überwiegendes Verschulden der belangten Behörde zurückzuführen.

Die Behörde informierte die Beschwerdeführerin am 31.08.2015 telefonisch über die Anhängigkeit eines vergleichbaren Beschwerdeverfahrens, wobei die Beschwerdeführerin zur Kenntnis nahm, dass vom Ausgang dieses Rechtsmittelverfahrens nicht nur ihr eigener Antrag, sondern auch der Antrag zumindest von drei weiteren Richterinnen und Richtern abhängig war.

Die belangte Behörde wartete somit zunächst die Klärung der Frage ab, welche Auswirkungen die verwaltungsgerichtliche Entscheidung unter Beachtung der unionsrechtlichen Judikatur auf die Neufestsetzung der besoldungsrechtlichen Stellung einer (bestimmten) Person haben werde (zur grundsätzlichen Zulässigkeit der faktischen Aussetzung eines Verfahrens: vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG, § 38 Rz 54f). Ob der Beschwerdeführerin der konkrete Name der beschwerdeführenden Partei im Präzedenzfall mitgeteilt wurde oder nur im Aktenvermerk im gegenständlichen Verfahren festgehalten wurde, kann dahingestellt bleiben. Jedenfalls wäre die Behörde berechtigt gewesen, das Verfahren mit Bescheid auszusetzen, weswegen bei einer etwaigen bescheidförmigen Aussetzung dieselbe Verzögerung eingetreten wäre wie bei der konkret erfolgten faktischen Aussetzung des Verfahrens (VwGH 20.09.1983, Zl. 83/11/0087).

Die inhaltlich vertretbare faktische Aussetzung des Verfahrens durch die belangte Behörde ist zwar ohne Einfluss auf den Lauf der dreimonatigen behördlichen Entscheidungsfrist nach § 41 Abs 2 StudFG und kann daher die objektive Säumnis nicht verhindern (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG, § 34 Rz 53), führt jedoch dazu, dass kein überwiegendes Verschulden der Behörde vorliegt.

3.6. Im Endergebnis ergibt sich aus dem Verfahrensverlauf, dass die belangte Behörde nicht unnötig zugewartet hat und dass die Verzögerung daher nicht auf ein überwiegendes Verschulden der belangten Behörde zurückzuführen war.

Somit war die Beschwerde spruchgemäß abzuweisen.

3.7. Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 2 Z 2 VwGVG abgesehen werden.

Zur Unzulässigkeit der Revision (Spruchpunkt B)

3.8. Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

besoldungsrechtliche Stellung Dienstbehörde Entscheidungsfrist Entscheidungspflicht faktische Aussetzung Feststellungsantrag Präzedenzfall Richter Säumnisbeschwerde Unionsrecht Verschulden kein überwiegendes

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W129.2140251.1.00

Im RIS seit

28.07.2020

Zuletzt aktualisiert am

28.07.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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