TE Bvwg Erkenntnis 2020/1/10 W203 2222698-1

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Veröffentlicht am 10.01.2020
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Entscheidungsdatum

10.01.2020

Norm

B-VG Art133 Abs4
StudFG §16 Abs1
StudFG §18 Abs1
StudFG §19
StudFG §6 Z3

Spruch

W203 2222698-1/4E

Ausfertigung des am 29.10.2019 mündlich verkündeten Erkenntnisses

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Gottfried SCHLÖGLHOFER über die Beschwerde von XXXX , gegen den Bescheid des an der Stipendienstelle Wien eingerichteten Senates der Studienbeihilfenbehörde vom 06.06.2019, DokNR.: 436928501, zu Recht erkennt:

I)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

II)

Die Revision ist gemäß Art. 133 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Die Beschwerdeführerin (im Folgenden: BF) begann im Wintersemester 2014/15 an der Pädagogischen Hochschule Wien das Bachelorstudium Lehramt für Volksschulen, welches gemäß dem auf die BF anzuwendenden Lehrplan eine Studiendauer von sechs Semestern umfasst.

2. Mit Bescheid der Studienbeihilfenbehörde, Stipendienstelle Wien, vom 12.03.2015 wurde der BF ab März 2015 erstmals Studienbeihilfe in der Höhe von 679 Euro für dieses Studium bewilligt. Sie bezog in der Folge von März 2015 bis einschließlich Februar 2019 acht Semester lang durchgehend Studienbeihilfe für ihr Studium.

3. Während ihres Studiums brachte die BF am 11.06.2016 und am 03.07.2018 zwei Kinder zur Welt.

4. Mit Bescheid der Studienbeihilfenbehörde, Stipendienstelle Wien, vom 01.03.2019 wurde der Antrag der BF auf Gewährung von Studienbeihilfe mit der Begründung abgewiesen, dass diese mit Beginn des Sommersemesters 2019, also des insgesamt zehnten Semesters ihres Studiums, die Anspruchsdauer auf Studienbeihilfe überschritten habe.

5. Mit als Vorstellungsvorentscheidung bezeichnetem Bescheid der Studienbeihilfenbehörde, Stipendienstelle Wien, vom 27.03.2019 wurde der von der BF gegen den Bescheid vom 01.03.2019 erhobenen Vorstellung nicht stattgegeben und der Antrag auf Gewährung von Studienbeihilfe für das Sommersemester 2019 abgewiesen, diesmal mit der Begründung, dass das Vorliegen wichtiger Gründe zwar die Verlängerung der Anspruchsdauer bewirke, nicht aber von der Verpflichtung zum Nachweis eines günstigen Studienerfolges befreie. Einen derartigen Nachweis habe die BF nicht erbracht.

6. Mit aufgrund eines Vorlageantrages der BF vom 12.04.2019 ergangenen Bescheid des an der Stipendienstelle Wien eingerichteten Senates der Studienbeihilfenbehörde (im Folgenden: belangte Behörde) vom 06.06.2019, Dok.Nr. 436928501 (im Folgenden: angefochtener Bescheid) wurde der den Antrag auf Gewährung einer Studienbeihilfe abweisende Bescheid der Studienbeihilfenbehörde, Stipendienstelle Wien, vom 01.03.2019 bestätigt.

Begründend wurde ausgeführt, dass die BF bis einschließlich Sommersemester 2017 - abgesehen von der Bachelorarbeit - alle Lehrveranstaltungen und Prüfungen ihres Studiums im Ausmaß von 171 ECTS-Punkten absolviert habe. Der BF sei zwar aufgrund von Schwangerschaft und Pflege und Erziehung von zwei Kindern die Anspruchsdauer bis einschließlich Sommersemester 2019 verlängert worden, da sie aber keinen Studienerfolg aus dem Sommersemester 2018 und dem Wintersemester 2018/19 im erforderlichen Ausmaß habe nachweisen können, sei ihr Antrag auf Gewährung von Studienbeihilfe für das Sommersemester 2019 abzuweisen gewesen. Der Umstand, dass der BF in dem für den Nachweis des Studienerfolges maßgeblichen Zeitraum zum Studienabschluss nur mehr die Anfertigung der Diplomarbeit im Umfang von 9 ECTS-Punkten gefehlt habe, könne daran nichts ändern.

Der Bescheid wurde am 02.07.2019 durch Hinterlegung zugestellt.

7. Am 17.07.2019 erhob die BF Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid der belangten Behörde und begründete diese im Wesentlichen damit, dass sich dem Studienförderungsgesetz nicht entnehmen lasse, dass bei Vorliegen wichtiger Gründe für eine Verlängerung der Anspruchsdauer dennoch ein günstiger Studienerfolg nachzuweisen sei. Die Begründung des angefochtenen Bescheides gehe somit ins Leere. Die BF arbeite derzeit an ihrer Bachelorarbeit, die 9 ECTS-Punkte umfasse, und habe alle anderen Prüfungen ihres Studiums bereits absolviert. Bei einer solchen Konstellation einen Erfolgsnachweis im Ausmaß von 30 ECTS-Punkten zu verlangen sei eine willkürliche Gesetzesauslegung. Folge man der Rechtsansicht der belangten Behörde, würde das bedeuten, dass Studierende, die ihre Prüfungen über einen längeren, über die gesetzlich vorgesehene Studiendauer deutlich hinausgehenden Zeitraum verteilt absolvieren, gegenüber Studierenden, die ihre Prüfungen schnellstmöglich absolvieren, im Hinblick auf einen Anspruch auf Studienbeihilfe bevorteilt wären. Einen solchen Inhalt könne man § 19 StudFG nicht unterstellen. Tatsächlich habe der Gesetzgeber mit § 19 StudFG bezweckt, zu verhindern, dass Studierende in Ausnahmesituation ihren Anspruch auf Studienbeihilfe verlieren. Die BF befinde sich aufgrund der Verpflichtungen gegenüber ihren beiden kleinen Kindern in einer solchen Ausnahmesituation.

8. Einlangend am 23.08.2019 leitete die belangte Behörde die Beschwerde samt zugehörigem Verwaltungsakt an das Bundesverwaltungsgericht weiter, ohne von der Möglichkeit einer Beschwerdevorentscheidung Gebrauch zu machen.

9. Am 29.10.2019 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung statt, zu der die BF sowie die belangte Behörde als Parteien geladen waren.

Im Zuge der Verhandlung gab die BF an, dass sie ihr Lehramtsstudium einschließlich Bachelorarbeit eigentlich innerhalb von sechs Semestern habe abschließen wollen, dass sie aber bald gemerkt habe, dass das trotz größtmöglicher familiärer Unterstützung mit einem Kleinkind nicht möglich gewesen sei. Sie habe bis Juni 2017 sämtliche im Studienplan vorgesehenen Lehrveranstaltungen, Prüfungen und Praktika abgeschlossen. Sie habe sich dann auf die Anfertigung ihrer Bachelorarbeit konzentrieren wollen, sei kurz darauf aber neuerlich schwanger geworden. Es habe sich dabei um eine Problemschwangerschaft gehandelt, sodass es ihr nicht gelungen sei, die Bachelorarbeit vor der Geburt des zweiten Kindes abzuschließen. Sie habe dann ab Herbst 2018 die Arbeit an der Bachelorarbeit fortgesetzt. Die Situation mit den beiden Kindern sei nach wie vor sehr schwierig, sodass sie sich de facto nur dann um ihre Bachelorarbeit kümmern könne, wenn die Kinder schliefen. Dies habe dazu geführt, dass sie bis heute an der Bachelorarbeit schreibe. Nachgefragt gab die BF an, dass sie einen Abschlusstermin im Jänner 2020 anstrebe, aber nicht sicher sagen könne, ob sie das auch schaffen werde. Sie könne etwa seit September 2018 ungefähr 3 bis 4 Stunden pro Woche an Zeit für ihre Bachelorarbeit aufwenden, davor sei es noch schwieriger gewesen. Die Frage, ob es richtig sei, dass sie wegen ihrer familiären Verpflichtungen über einen längeren Zeitraum weniger als 20 Stunden pro Woche für ihr Studium habe aufwenden können, beantwortete die BF mit "Ja, auf jeden Fall". Diese Situation sei nach dem sechsten Semester eingetreten. Die BF bejahte auch die Frage, ob man sagen könne, dass sie spätestens seit der Geburt des zweiten Kindes durch die Pflege und Erziehung ihrer beiden Kinder überwiegend am Studium behindert gewesen sei. Sie finde schon, dass sie nach wie vor in die Zielgruppe der mit Studienbeihilfe zu fördernden Personen falle, weil ein Sonderfall vorliege. Nach einer längeren, durch die Kinderbetreuungspflichten verursachten Pause, sei es besonders schwierig, wieder "in das wissenschaftliche Arbeiten hineinzufinden", sodass in ihrem Fall der Gesamtaufwand für die Anfertigung der Bachelorarbeit sicherlich viel höher als mit den aus dem Studienplan hervorgehenden 90 Arbeitsstunden anzusetzen sei. Der Vorhalt, dass sie den Abschluss ihres Studiums bewusst hinauszögere, um möglichst lange die Studienbeihilfe von zuletzt mehr als 1.000 Euro im Monat beziehen zu können, treffe nicht zu. Sie habe immer sehr intensiv studiert, jetzt erweise sich der zügige Studienfortgang in den ersten sechs Semestern für sie als nachteilig. Sie erkenne in den Regelungen des StudFG insofern eine Gesetzeslücke, als sie in ihrer jetzigen Situation keine Probleme mit der Studienbeihilfe hätte, wenn sie an einer Universität studieren würde.

Die Vertreterinnen der belangten Behörde gaben an, dass sie sich zwar sehr gut in die Situation der BF versetzen könnten, dass sie aber die Bestimmungen des StudFG zu beachten hätten. Bei den Bestimmungen über den Nachweis des Studienerfolges handele es sich um zwingendes Recht, das man nicht ignorieren könne.

13. Nach Schluss der mündlichen Verhandlung verkündete der zuständige Richter das im Spruch wiedergegebene Erkenntnis samt den wesentlichen Entscheidungsgründen.

Die BF beantragte daraufhin eine Ausfertigung des mündlich verkündeten Erkenntnisses gemäß § 29 Abs. 4 VwGVG.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die BF betreibt seit dem Wintersemester 2014/15 ohne Unterbrechung das Bachelorstudium Lehramt für Volksschulen an der Pädagogischen Hochschule Wien. Die gesetzlich vorgesehene Studiendauer für dieses Studium beträgt sechs Semester.

Die BF hat für dieses Studium vom Sommersemester 2015 bis einschließlich Wintersemester 2018/19 Studienbeihilfe bezogen.

Die BF wurde am 11.06.2016 Mutter eines Sohnes und am 03.07.2018 Mutter einer Tochter.

Die BF hat im Zeitraum Wintersemester 2014/15 bis einschließlich Sommersemester 2017 mit Ausnahme der Bachelorarbeit sämtliche im Studienplan vorgesehene Studienleistungen erfolgreich absolviert.

Im Zeitraum Sommersemester 2018 und Wintersemester 2018/19 hat die Studierende im Rahmen ihres Studiums nicht Studienleistungen im Ausmaß von mindestens 30 ECTS-Punkten erbracht.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zum maßgeblichen Sachverhalt ergeben sich aus dem Verwaltungsakt, dem Verfahren vor der belangten Behörde, der Beschwerde und den Ergebnissen der am 29.10.2019 durchgeführten mündlichen Verhandlung. Der Sachverhalt ist aktenkundig, unstrittig und deshalb erwiesen.

Die Feststellungen über den Studienbeginn und den ununterbrochenen Studienbetrieb ergeben sich aus einem im Akt aufliegenden Studienblatt der Pädagogischen Hochschule Wien, aus dem Umstand, dass die BF bis einschließlich Wintersemester 2018/19 für dieses Studium Studienbeihilfe bezogen hat und aus den diesbezüglichen Angaben der BF im Zuge der mündlichen Verhandlung.

Die Feststellungen über den Studienbeihilfenbezug der BF ergeben sich aus den im Akt aufliegenden Bescheiden der Studienbeihilfenbehörde, Stipendienstelle Wien.

Die Feststellungen betreffend die Mutterschaft der BF ergeben sich aus den ebenfalls im Akt aufliegenden Geburtsurkunden.

Die Feststellung betreffend die im Zeitraum Wintersemester 2014/15 bis einschließlich Sommersemester 2017 bzw. im Sommersemester 2018 und im Wintersemester 2018/19 absolvierten Studienleistungen ergeben sich aus einer im Akt aufliegenden "Bestätigung des Studienerfolges", ausgestellt von der Pädagogischen Hochschule Wien am 17.01.2019.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zuständigkeit und anzuwendendes Recht:

Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG entscheiden die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Da eine Senatsentscheidung in den einschlägigen Bundesgesetzen nicht vorgesehen ist, liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Gemäß § 29 Abs. 1 VwGVG sind die Erkenntnisse im Namen der Republik zu verkünden und auszufertigen. Sie sind zu begründen.

Gemäß Abs. 2 leg. cit. hat in der Regel das Verwaltungsgericht das Erkenntnis mit den wesentlichen Entscheidungsgründen sogleich zu verkünden, wenn eine Verhandlung in Anwesenheit von Parteien stattgefunden.

Gemäß Abs. 4 leg. cit. ist den Parteien eine schriftliche Ausfertigung des Erkenntnisses zuzustellen. Eine schriftliche Ausfertigung des Erkenntnisses ist in den in Art. 132 Abs. 1 Z 2 B-VG genannten Rechtssachen auch dem zuständigen Bundesminister zuzustellen.

Gemäß Abs. 5 leg. cit. kann das Erkenntnis in gekürzter Form ausgefertigt werden, wenn auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof von den Parteien verzichtet oder nicht binnen zwei Wochen nach Ausfolgung bzw. Zustellung der Niederschrift gemäß Abs. 2a eine Ausfertigung des Erkenntnisses gemäß Abs. 4 von mindestens einem der hiezu Berechtigten beantragt wird. Die gekürzte Ausfertigung hat den Spruch sowie einen Hinweis auf den Verzicht oder darauf, dass eine Ausfertigung des Erkenntnisses gemäß Abs. 4 nicht beantragt wurde, zu enthalten.

3.2. Zu Spruchpunkt I)

3.2.1. Gemäß § 6 Z 3 des Bundesgesetzes über die Gewährung von Studienbeihilfen und anderen Studienförderungsmaßnahmen (Studienförderungsgesetz 1992 - StudFG), BGBl. Nr. 305/1992 idgF, ist Voraussetzung für die Gewährung einer Studienbeihilfe, dass der Studierende einen günstigen Studienerfolg nachweist (§§ 16 bis 25).

Gemäß § 16 Abs. 1 StudFG liegt ein günstiger Studienerfolg als Voraussetzung für den Anspruch auf Studienbeihilfe vor, wenn der Studierende

1. sein Studium zielstrebig betreibt (§ 17),

2. die vorgesehene Studienzeit nicht wesentlich überschreitet (§§ 18 und 19) und

3. Nachweise über die erfolgreiche Absolvierung von Lehrveranstaltungen und Prüfungen vorlegt (§§ 20 bis 25).

Gemäß § 18 Abs. 1 StudFG umfasst die Anspruchsdauer grundsätzlich die zur Absolvierung von Diplomprüfungen, Bachelorprüfungen, Masterprüfungen, Lehramtsprüfungen oder anderen das Studium oder den Studienabschnitt abschließenden Prüfungen vorgesehene Studienzeit zuzüglich eines weiteren Semesters. Sofern das Studien- oder Ausbildungsjahr nicht in Semester gegliedert ist, umfasst die Anspruchsdauer die vorgesehene Studienzeit zuzüglich eines halben Studien- oder Ausbildungsjahres. Sie richtet sich nach den Auszahlungsterminen des Semesters oder des Studien- oder Ausbildungsjahres (§ 47 Abs. 1). Wenn wichtige Gründe für die Überschreitung dieser Zeitspanne vorliegen, kann die Anspruchsdauer entsprechend verlängert werden (§ 19).

Gemäß § 19 Abs. 1 StudFG ist die Anspruchsdauer zu verlängern, wenn der Studierende nachweist, daß die Studienzeitüberschreitung durch einen wichtigen Grund verursacht wurde.

Gemäß Abs. 2 leg. cit. sind Gründe im Sinne des Abs. 1:

1. Krankheit des Studierenden, wenn sie durch fachärztliche Bestätigung nachgewiesen wird,

2. Schwangerschaft der Studierenden und

3. jedes unvorhergesehene oder unabwendbare Ereignis, wenn den Studierenden daran kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft.

Gemäß Abs. 3 Z 1 und 2 leg. cit. ist die Anspruchsdauer ohne weiteren Nachweis über die Verursachung der Studienverzögerung bei Schwangerschaft um ein Semester und bei der Pflege und Erziehung eines Kindes vor Vollendung des sechsten Lebensjahres, zu der Studierende während ihres Studiums gesetzlich verpflichtet sind, um insgesamt höchstens zwei Semester je Kind zu verlängern.

Gemäß Abs. 5 leg. cit. bewirkt das Vorliegen eines wichtigen Grundes nur die Verlängerung der Anspruchsdauer, ohne von der Verpflichtung zum Nachweis eines günstigen Studienerfolges im Sinne der §§ 20 bis 25 zu entheben.

Gemäß § 23 StudFG ist an Pädagogischen Hochschulen der Nachweis des günstigen Studienerfolges zu erbringen:

1. im ersten Studienjahr durch die Aufnahme als ordentliche Studierende;

2. ab dem zweiten Studienjahr durch Studien- und Prüfungsleistungen im Ausmaß von mindestens 30 ECTS-Punkten aus den beiden vorangegangenen Semestern.

3.2.2. Die Voraussetzungen für die Gewährung einer Studienbeihilfe sind in § 6 StudFG aufgelistet, wobei alle diese Voraussetzungen kumulativ vorliegen müssen. Dazu zählt u.a., dass der Studierende einen günstigen Studienerfolg nachweist. Was unter dem "günstigen Studienerfolg" (im weiteren Sinn) zu verstehen ist, ist im 4. Abschnitt des II. Hauptstücks des StudFG (§§ 16 bis 25 StudFG) geregelt. Aus § 16 StudFG geht hervor, dass das Vorliegen eines "günstiger Studienerfolges" sowohl voraussetzt, dass man das Studium zielstrebig betreibt, also das Studium nicht zu oft und zu spät wechselt (vgl. § 17), als auch, dass man die vorgesehene Studienzeit nicht wesentlich überschreitet (§§ 18 und 19) und - gleichsam als "Studienerfolgsnachweis im engeren Sinn" - einen Nachweis über die erfolgreiche Absolvierung von Lehrveranstaltungen und Prüfungen vorlegt (§§ 20 bis 25). Diese in § 16 genannten Voraussetzungen müssen kumulativ vorliegen, um von einem "Studienerfolgsnachweis" (im weiteren Sinn) sprechen zu können. Diese sich bereits unmittelbar aus § 16 StudFG ergebende Rechtsansicht wird auch in § 19 Abs. 5 StudFG nochmals ausdrücklich bestätigt, wenn es darin heißt, dass eine Verlängerung der Anspruchsdauer nicht von der Verpflichtung zum Nachweis eines günstigen Studienerfolges im Sinne der §§ 20 bis 25 enthebt. Insofern ist der Ansicht der BF entgegenzutreten, wenn sie davon ausgeht, dass alleine die Nichtüberschreitung der - in ihrem Fall zu Recht bis einschließlich Sommersemester 2019 - verlängerten Anspruchsdauer einen "günstigen Studienerfolg" begründe (vgl. dazu auch VwGH 28.04.1981, 81/07/0029). Vielmehr ist gegenständlich auch das Vorliegen des in § 23 StudFG für Studierende an Pädagogischen Hochschulen normierten Studienerfolgsnachweises im engeren Sinn bei jeder Neubewertung des (weiterhin bestehenden) Anspruchs auf Studienbeihilfe zu prüfen. Die BF hätte demnach bei der Generierung des "Systemantrags" zu Beginn des Sommersemesters 2019, also ihres insgesamt 10. Semesters des LA-Studiums, Studien- und Prüfungsleistungen aus dem achten und neunten Semester im Ausmaß von mindestens 30 ECTS-Punkten nachweisen müssen. Dieser Nachweis ist der BF unstrittig nicht gelungen. Da es sich bei den Bestimmungen über den Nachweis des günstigen Studienerfolgs um "zwingendes Recht" handelt, besteht für die belangte Behörde auch keinerlei Ermessensspielraum, im Einzelfall davon abzusehen, und zwar selbst dann nicht, wenn es - wie gegenständlich der Fall - der Studierenden aufgrund ihres zügigen Studienfortgangs in den ersten sechs Semestern gar nicht (mehr) möglich ist, einen derartigen Nachweis zu erbringen.

Im Ergebnis entspricht dies auch der "ratio legis" des StudFG, da Ziel und Aufgabe der Studienförderung in erster Linie darin bestehen, leistungsbereite und leistungswillige finanziell bedürftige Studierende darin zu unterstützen, das Studium erfolgreich und möglichst innerhalb der dafür vorgesehenen Zeit zuzüglich etwaiger Verlängerungssemester abzuschließen, und nicht etwa darin, junge Menschen in allen möglichen Lebenssituationen möglichst lang finanziell zu unterstützen. Wie sich aus dem Akteninhalt ergibt und wie auch die mündliche Verhandlung vom 29.10.2019 gezeigt hat, wäre es der Studierenden durchaus möglich gewesen, ihr Studium - trotz der ohne Zweifel bestehenden zusätzlichen Belastung durch Schwangerschaften und mütterliche Verpflichtungen - innerhalb des Zeitraumes, für den sie Studienbeihilfe bezogen hat - nämlich bis zum Ende des neunten Semesters - erfolgreich abzuschließen. Was die tatsächlichen Motive der BF sind, ihr Studium nicht innerhalb von neun Semestern abgeschlossen zu haben, kann dabei dahingestellt bleiben. In diesem Zusammenhang ist auch darauf zu verweisen, dass Studierende alles ihrer Dispositionsfreiheit Übertragene so zu gestalten haben, dass sie ihr Studium innerhalb der vorgeschriebenen Zeit vollenden. Andere Interessen haben sie diesem Interesse hintanzustellen (VwGH 27.05.1991, 90/12/0253).

Sofern die BF vorbringt, dass sie gegenüber Studierenden an Universitäten benachteiligt sei, weil diese nicht bei jeder Antragstellung einen neuerlichen Studienerfolg (im engeren Sinn) nachweisen müssten, ist dem entgegenzuhalten, dass es innerhalb des rechtspolitischen Gestaltungsspielraumes des Gesetzgebers gelegen ist, für Studierende an unterschiedlichen Bildungseinrichtungen auch einen unterschiedlichen Studienerfolgsnachweis vorzusehen. Die je nach Art der Bildungseinrichtung unterschiedlichen Regelungen betreffend den Nachweis eines günstigen Studienerfolges (im engeren Sinn) in den §§ 20 bis 25 StudFG erweisen sich somit aus Sicht des erkennenden Gerichts nicht als gleichheitswidrig.

Die belangte Behörde hat daher zu Recht den Antrag der BF auf Gewährung von Studienbeihilfe für das Sommersemester 2019 - sohin für das zehnte Semester ihres Studiums - mangels Vorliegens eines günstigen Studienerfolgs abgewiesen.

Es war daher gemäß Spruchpunkt I) zu entscheiden.

3.3. Zu Spruchpunkt II)

3.3.1. Gemäß § 25a Abs. 1 Verwaltungsgerichtshofgesetz (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 i.d.g.F., hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

3.3.2. Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Es war daher gemäß Spruchpunkt II) zu entscheiden.

Schlagworte

Bachelorstudium Nachweismangel Pädagogische Hochschule Studienbeihilfe Studienerfolg

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W203.2222698.1.00

Im RIS seit

28.07.2020

Zuletzt aktualisiert am

28.07.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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