TE Bvwg Erkenntnis 2020/1/20 I417 2190418-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 20.01.2020
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

20.01.2020

Norm

B-VG Art133 Abs4
GebAG §18
GebAG §4
VwGVG §28 Abs3 Satz2

Spruch

I417 2190418-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Friedrich Johannes ZANIER als Einzelrichter über die Beschwerde des Revisors des Landesgerichtes XXXX, gegen den Bescheid des Vorstehers des Bezirksgerichtes XXXX vom 26.01.2018 XXXX, zu Recht erkannt:

A)

In Erledigung der Beschwerde wird der bekämpfte Bescheid behoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an das Bezirksgericht XXXX zurückverwiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang und Sachverhalt:

In einer Zivilrechtssache des Bezirksgerichtes XXXX war der Zeuge XXXX am 10.10.2017 geladen. Er hat seiner Vorladung ordnungsgemäß Folge geleistet und den Anspruch auf Gebühren (Reisekosten und Entschädigung für Zeitversäumnis) rechtzeitig angemeldet. Als Entschädigung für Zeitversäumnis begehrte er einen Verdienstentgang von ? 88,40 pro Stunde. Der Zeuge XXXX ist als selbständiger Therapeut tätig.

Mit Bescheid des Bezirksgerichtes XXXX vom 26.01.2018 wurde dem Zeugen für sechs Stunden tatsächlichem Verdienst/Einkommensentgang der Betrag von ? 530,40 (entspricht ? 88,40 pro Stunde) zugesprochen.

Die Buchhaltungsagentur des Bundes wurde mit gleichem Bescheid vom 26.01.2018 noch vor Rechtskraft dieses Bescheides angewiesen, aus dem Amtsverlag den Betrag von ? 591,20 (? 60,75 für Reisekosten und ? 530,40 für Entschädigung für Zeitversäumnis) auf das Konto des Zeugen XXXX XXXX, IBAN: XXXX, BIC XXXX, BIC: XXXX,, zu überweisen (Bescheid vom 26.01.2018)

Gegen diesen Bescheid erhob der Revisor des Landesgerichtes XXXX, ADir. XXXX rechtzeitig Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht.

Begründend führte er im Wesentlichen aus, dass im gegenständlichen Beschwerdefall der Zeuge nicht dargelegt hat, welchen tatsächlichen Verdienstentgang er durch die Erfüllung seiner Zeugenpflicht erlitten hat, sondern vom Bezirksgericht XXXX entgegen der ständigen Rechtsprechung der Verdienstentgang fiktiv aufgrund des Stundensatzes des Zeugen berechnet und zugesprochen worden war (Beschwerde vom 19.02.2018).

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen

Es wird von dem unter I. dargelegten Verwaltungsgeschehen (bzw. Sachverhalt) ausgegangen und der gerichtlichen Entscheidung zugrunde gelegt. Diesbezüglich wird auf den unstrittigen Akteninhalt verwiesen.

2. Beweiswürdigung

Das Verwaltungsgeschehen bzw. der Sachverhalt ergibt sich aus dem Inhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes, hier insbesondere aus dem angefochtenen Bescheid und der Beschwerde.

.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zu A)

3.1.1. Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz (BVwGG) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Mangels materienspezifischer Sonderregelung besteht somit gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles sowie andere näher genannte (im vorliegenden Fall nicht relevante) Gesetze und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

3.1.2. Zur Zulässigkeit der Beschwerde:

Die Beschwerde wurde gemäß § 7 Abs. 4 VwGVG fristwahrend erhoben und es liegen auch die sonstigen Prozessvoraussetzungen vor. Gemäß § 20 Abs. 1 Gebührenanspruchsgesetz (GebAG) ist die Gebühr des Zeugen im Justizverwaltungsweg vom Leiter des Gerichts zu bestimmen. Dies ist im vorliegenden Fall gegeben, zumal der angefochtene Bescheid tatsächlich vom Vorsteher des Bezirksgerichtes XXXX genehmigt (unterfertigt) wurde.

3.1.3. In der Sache:

3.1.3.1. Aufgrund der Beschwerde ist die Entschädigung für Zeitversäumnis in Höhe von ? 530,40 strittig.

Die §§ 4, und 18 Gebührenanspruchsgesetz (GebAG) lauten:

Anspruchsvoraussetzungen

§ 4. (1) Der Anspruch auf die Gebühr steht dem Zeugen zu, der auf Grund einer Ladung vom Gericht vernommen worden ist. Er kommt aber auch dem Zeugen zu, der ohne Ladung gekommen und vernommen worden oder der auf Grund einer Ladung gekommen, dessen Vernehmung aber ohne sein Verschulden unterblieben ist; er hat jedoch im ersten Fall, wenn er sonst im Weg der Rechtshilfe hätte vernommen werden können, nur den Anspruch, der ihm bei einer Vernehmung vor dem Rechtshilfegericht zustände, sofern seine unmittelbare Vernehmung zur Aufklärung der Sache nicht erforderlich gewesen ist; andernfalls hat das Gericht (der Vorsitzende), vor dem die Beweisaufnahme stattgefunden hat, die Notwendigkeit der unmittelbaren Vernehmung zu bestätigen.

(2) Ist der auf der Ladung angegebene Zustellort vom Ort der Vernehmung des Zeugen weniger weit entfernt als der Ort, von dem der Zeuge zureist, so steht dem Zeugen eine darauf gestützte höhere Gebühr nur zu, wenn er diesen Umstand dem Gericht unverzüglich nach Erhalt der Ladung angezeigt und das Gericht trotzdem die Ladung nicht rechtzeitig widerrufen hat oder wenn die unmittelbare Vernehmung des Zeugen vor diesem Gericht trotz Unterbleiben der Anzeige zur Aufklärung der Sache erforderlich gewesen ist; dies hat das Gericht (der Vorsitzende), vor dem die Beweisaufnahme stattgefunden hat, zu bestätigen. Auf die Anzeigepflicht ist der Zeuge in der Ladung aufmerksam zu machen.

Ausmaß der Entschädigung für Zeitversäumnis

§ 18. (1) Als Entschädigung für Zeitversäumnis gebühren dem Zeugen

1. 14,20 ? für jede, wenn auch nur begonnene Stunde, für die dem Zeugen eine Entschädigung für Zeitversäumnis zusteht,

2. anstatt der Entschädigung nach Z 1

a) beim unselbständig Erwerbstätigen der tatsächlich entgangene Verdienst, b) beim selbständig Erwerbstätigen das tatsächlich entgangene Einkommen, c) anstatt der Entschädigung nach den Buchstaben a) oder b) die angemessenen Kosten für einen notwendigerweise zu bestellenden Stellvertreter,

d) die angemessenen Kosten für eine notwendigerweise beizuziehende Haushaltshilfskraft.

(2) Im Falle des Abs. 1 Z 1 hat der Zeuge den Grund des Anspruches, im Falle des Abs. 1 Z 2 auch dessen Höhe zu bescheinigen.

Gemäß § 4 GebAG steht dem Zeugen der Anspruch auf die Gebühr zu, der aufgrund einer Ladung vom Gericht vernommen worden ist. Unstrittig war der Zeuge XXXX zur Verhandlung am 10.10.2017 vor das Bezirksgericht XXXX geladen und hat seiner Vorladung ordnungsgemäß Folge geleistet. Weiters unstrittig ist, dass er seine Reisekosten und die Entschädigung für Zeitversäumnis ordnungsgemäß angemeldet hat.

"Nach ständiger Rechtsprechung des VwGH kann von einem tatsächlichen Einkommensentgang bei einem selbständig Erwerbstätigen nur dann gesprochen werden, wenn während der durch die Erfüllung der Zeugenpflicht versäumten Zeit Tätigkeiten angefallen wären, die dem Zeugen Einkommen gebracht hätten, welches verloren ging. Unter tatsächlich entgangenem Einkommen im Sinne des § 18 Abs. 1 Z 2 lit. B GebAG ist nicht ein fiktiv nach Durchschnittssätzen errechnetes Einkommen zu verstehen. Dass der Zeuge seinen Einkommensentgang nur zu bescheinigen, aber nicht nachzuweisen hat, ändert nichts an der Verpflichtung den konkreten Verdienstentgang zunächst einmal unter entsprechender Aufgliederung zu behaupten." (VwGH 28.April 2003, 2000/17/0065; in Gebührenanspruchsgesetz, proLIBRIS Verlagsgesellschaft, 2014, Rechtsprechung zu § 18 GebAG).

In gegenständlichem Beschwerdefall wurde die Entschädigung für Zeitversäumnis fiktiv nach Stundensatz und Dauer von An- und Zureise und notwendiger Zeit im Bezirksgericht berechnet. Entsprechende nachvollziehbare Nachweise, welche den Einkommensverlust des Zeugen bescheinigen wurden im Verfahren nicht vorgelegt bzw. erhoben.

Aus diesem Grund war der ergangene Bescheid zu beheben und dem Bezirksgericht XXXX zur neuerlichen Erhebung und Entscheidung zurückzuverweisen und somit der Beschwerde des Revisors des Landesgerichtes XXXX stattzugeben.

3.1.3.2. Die Durchführung einer - nicht beantragten - mündlichen Verhandlung konnte hierbei gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG entfallen. Im vorliegenden Fall lässt die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten und die Notwendigkeit der Durchführung einer Verhandlung ist auch im Hinblick auf Art. 6 Abs. 1 EMRK und Art. 47 GRC nicht ersichtlich.

zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Im gegenständlichen Fall wurde keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen. Die vorliegende Entscheidung basiert auf den oben genannten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes.

Schlagworte

Ermittlungspflicht Kassation mangelnde Sachverhaltsfeststellung Zeitversäumnis Zeugengebühr

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:I417.2190418.1.00

Im RIS seit

28.07.2020

Zuletzt aktualisiert am

28.07.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten