TE Bvwg Erkenntnis 2020/3/11 W166 2199672-1

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Veröffentlicht am 11.03.2020
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Entscheidungsdatum

11.03.2020

Norm

B-VG Art133 Abs4
VOG §8 Abs1

Spruch

W166 2199672-1/8E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Carmen LOIBNER-PERGER als Vorsitzende und die Richterin Dr. Tanja KOENIG-LACKNER sowie den fachkundigen Laienrichter Mag. Michael SVOBODA als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , vertreten durch RA Mag. Thomas Klein, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Steiermark, vom 09.05.2018, betreffend die Abweisung des Antrages vom 03.07.2017 auf Hilfeleistungen nach dem Verbrechensopfergesetz zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer (BF) stellte am 03.07.2017 einen Antrag auf Hilfeleistungen nach dem Verbrechensopfergesetz (VOG) beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (in der Folge: belangte Behörde), und gab im Antragsformular lediglich seine persönlichen Daten und den Umstand, dass sich das Verbrechen im Vorschulalter und in der Schule ereignet habe, an. Angaben zu einem konkreten Verbrechen, zur Schilderung eines Tatherganges bzw. zu einem Täter wurden vom BF nicht getätigt, und wurde im Antragsformular nur mehrmals der Vermerk "wird nachgereicht!" gemacht.

Zur Prüfung der grundsätzlichen Anspruchsvoraussetzungen wurde der BF mit Schreiben der belangten Behörde vom 11.07.2017 erstmals aufgefordert genauere Angaben zum Verbrechen und zu den von ihm beantragten Leistungen zu tätigen bzw. Unterlagen vorzulegen.

Da der BF - wie dem Verwaltungsakt zu entnehmen ist - dieser Aufforderung der belangten Behörde nicht nachgekommen ist, wurde er mit den weiteren Schreiben vom 20.09.2017 und vom 07.11.2017 nochmals zur Angabe der fehlenden Informationen bzw. Vorlage der Unterlagen aufgefordert, wobei in dem zuletzt genannten Schreiben darauf hingewiesen wurde, dass der Antrag abgewiesen werde, sofern er dieser Aufforderung nicht bis zum 20.12.2017 nachkomme.

Der BF reagierte auch auf dieses Schreiben nicht, und wurde ihm mit weiterem Schreiben vom 31.01.2018 mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, seinen Antrag vom 03.07.2017 mit Bescheid abzuweisen. Dabei zitierte die belangte Behörde die Bestimmung des § 8 Abs. 1 Z 4 VOG, wonach Opfer von Hilfeleistungen, die es schuldhaft unterlassen haben, zur Aufklärung der Tat, zur Ausforschung des Täters oder zur Feststellung des Schadens beizutragen, ausgeschlossen sind. Da der BF bis dato der Aufforderung der bisherigen Schreiben vom 11.07.2017, vom 20.09.2017 und vom 07.11.2017 nicht nachgekommen sei, könne ein allfälliger Anspruch nach dem VOG nicht festgestellt werden und sei der Ausschlusstatbestand des § 8 Abs. 1 Z 4 VOG erfüllt.

Daraufhin meldete sich der BF am 09.03.2018 telefonisch bei der belangten Behörde und gab bekannt, damit nicht einverstanden zu sein, er habe sich aus gesundheitlichen Gründen nicht an seinem Wohnort aufgehalten, habe erst jetzt reagieren können und ersuche um Fristverlängerung betreffend das ihm eingeräumte Parteiengehör.

Am 29.03.2018 teilte der BF telefonisch mit, dass er länger krank gewesen sei und sich nach Ostern melden würde, wisse aber keinen genauen Tag wann er anrufen könne, da sein Handy momentan nicht funktioniere.

Da seitens des BF auch in weiterer Folge keine Kontaktaufnahme erfolgte, und er keine Unterlagen vorlegte bzw. er keine weiteren Angaben zu seinem Antrag machte, wies die belangte Behörde mit gegenständlich angefochtenem Bescheid vom 09.05.2018 den Antrag des BF vom 03.07.2017 aufgrund seiner mangelnden Mitwirkung ab und stützte sich dabei auf die Bestimmung des § 8 Abs. 1 Z 4 VOG.

Dagegen erhob der BF fristgerecht mit Schreiben vom 15.06.2018 - bei der belangten Behörde am 21.06.2018 eingelangt - das Rechtsmittel der Beschwerde, worin er ausführte, dass er nach Ostern Unterlagen an die Behörde gesendet hätte, die im Bescheid nicht berücksichtigt worden seien. Diese Unterlagen sende er mit der Beschwerde mit.

Die Beschwerde samt dem Verwaltungsakt wurde dem Bundesverwaltungsgericht von der belangten Behörde am 29.06.2018 vorgelegt.

Mit hg. Schreiben vom 07.02.2020 wurde der BF aufgefordert, Gründe die ihn an der Mitwirkung im gesamten bisherigen Verfahren hinderten, schriftlich zur Kenntnis zu bringen, und Bescheinigungen (zB. Bestätigungen über Spitalsaufenthalte, Krankenstandsbestätigungen, ect.) über die Umstände, die ihn daran hinderten, den vielfachen Aufforderungen der belangten Behörde, Unterlagen im Verwaltungsverfahren vorzulegen, nachzukommen, binnen zwei Wochen dem Gericht vorzulegen.

Mit hg. am 27.02.2020 eingelangtem Schreiben gab der Rechtsanwalt Mag. Thomas Klein die Vollmacht zur Vertretung des BF bekannt und ersuchte um Fristerstreckung bis zum 04.03.2020.

Am 04.03.2020 langte eine Stellungnahme ein, in der der BF, vertreten durch seinen RA, inhaltlich zu den Verbrechen ausführte und darüber hinaus angab, dass es ihm aufgrund der erfolgten Traumatisierung nicht möglich gewesen sei, selbst tätig zu werden und er darauf vertraut habe, dass die Opferschutzanwaltschaft, die Unterlagen übersende.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der BF ist österreichischer Staatsbürger und stellte am 03.07.2017 einen Antrag auf Hilfeleistungen nach dem Verbrechensopfergesetz beim Sozialministeriumservice. In dem vorgedruckten Antragsformular führte er zum Vordruck "Das Verbrechen ereignete sich am:" aus: "im Vorschulalter + Schule" "in:" XXXX ". In die übrigen Rubriken des Antragsvordruckes ist handschriftlich eingetragen: "wird nachgereicht!". Ergänzende Unterlagen legte der BF dem Antrag nicht bei.

Mit den Schreiben der belangten Behörde vom 11.07.2017, vom 20.09.2017 und vom 07.11.2017 wurde der BF aufgefordert die noch ausstehenden Angaben zum Verbrechen und zu den von ihm beantragten Leistungen zu tätigen bzw. Unterlagen vorzulegen.

Diesen Aufforderungen kam der BF nicht nach, er machte keine antragbegründenden Angaben und legte auch keine Unterlagen vor.

Mit Schreiben vom 31.01.2018 wurde der BF über die voraussichtliche Abweisung seines Antrages in Kenntnis gesetzt und darüber informiert, dass ihn gemäß § 8 Abs. 1 Z 4 VOG eine Mitwirkungspflicht treffe.

Am 09.03.2018 meldete sich der BF telefonisch bei der belangten Behörde, und teilte mit, dass er sich aus gesundheitlichen Gründen nicht immer an seinem Wohnort befunden hätte, weshalb er erst jetzt reagieren könne.

Am 13.03.2018 erfolgte ein weiterer Kontaktversuch seitens der belangten Behörde, woraufhin der BF am 29.03.2018 mitteilte, sich nach Ostern zu melden.

Eine Reaktion des BF blieb aus. Der BF wirkte am Verfahren vor der belangten Behörde nicht mit. Es konnte auch nicht festgestellt werden, dass der BF aus gesundheitlichen Gründen gehindert war den Aufforderungsschreiben der Behörde Folge zu leisten.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellung zur österreichischen Staatsbürgerschaft beruht auf einem dem Verwaltungsakt einliegenden Auszug aus dem Zentralen Melderegister sowie der Angabe des BF in seinem Antrag vom 03.07.2017 und beruhen die Feststellungen zum Antrag selbst (Einbringungsdatum und Inhalt) ebenfalls auf dem dem vorgelegten Verwaltungsakt einliegenden Antrag vom 03.07.2017.

Die Schreiben der belangten Behörde vom 11.07.2017, vom 20.09.2017, vom 07.11.2017 und vom 31.01.2018 liegen dem Verwaltungsakt ein und wurde der BF in den Schreiben vom 07.11.2017 und vom 31.01.2018 über seine Mitwirkungspflicht in dem Verfahren belehrt und darüber in Kenntnis gesetzt, dass sein Antrag im Falle der Nichtfolgeleistung der Aufforderungen zur Vorlage der geforderten Unterlagen abgewiesen werde.

Die Kontaktaufnahmen vom 09.03.2018, vom 13.03.2018 und vom 29.03.2018 ergeben sich aus den entsprechend angefertigten Aktenvermerken bzw. Protokollierungen der belangten Behörde, welche ebenfalls im Verwaltungsakt einliegend sind.

Am 09.05.2018 erließ die belangte Behörde schließlich den gegenständlich angefochtenen Bescheid. Der BF legte erstmalig mit seiner Beschwerde vom 21.06.2018 seinen Antrag betreffende Unterlagen vor. Dabei handelte es sich um einen klinisch-psychologischen Kurzbericht vom 26.04.2011 und um eine Zusammenfassung der Unabhängigen Opferschutzanwaltschaft mit einem Begleitschreiben vom 02.09.2012, welches sich an den BF richtet. Des Weiteren findet sich unter den vom BF vorgelegten Unterlagen ein Schreiben der Unabhängigen Opferschutzanwaltschaft an das - damals als Bundessozialamt bezeichnete - Sozialministeriumservice vom 24.04.2014, wonach diese der belangten Behörde nach vorheriger telefonischer Vereinbarung Unterlagen zum Fall des BF übermittle. Als Anlage wurden "2 Clearingberichte" angeführt.

Aufgrund der Andeutung des BF im Verfahren vor der belangten Behörde, er sei aus gesundheitlichen Gründen nicht immer an seinem Wohnort und daher gehindert gewesen, auf die vielfachen Schreiben der belangten Behörde zu reagieren, forderte das erkennende Gericht den BF mit Schreiben vom 07.02.2020 auf, entsprechende Gründe aus welchen der BF an der Mitwirkung gehindert gewesen sei mit Bescheinigungen (bspw. über Spitalsaufenthalte) zu belegen und dem Gericht vorzulegen. Darauf gab der BF mit Stellungnahme vom 04.03.2020 bekannt aufgrund seiner Traumatisierung infolge der Übergriffe in seiner Kindheit nicht in der Lage gewesen zu sein, selbst im Verfahren tätig zu werden und sich auf die Opferschutzanwaltschaft verlassen zu haben, welche ihm zugesagt hätte, die Unterlagen an das Sozialministeriumservice zu übermitteln.

Der BF legte diesbezüglich keine Unterlagen vor, welche einerseits seine Angabe, aufgrund seiner Traumatisierung nicht in der Lage zu sein, auf Behördenschreiben zu reagieren, untermauern oder andererseits seine Ortabwesenheit über längere Zeiträume belegen.

Insgesamt verhält sich der BF, den Umstand betreffend, dass er seiner Mitwirkungspflicht im Verfahren vor der belangten Behörde nicht nachgekommen ist, widersprüchlich und er kann auch keine diesbezüglichen Beweismittel vorlegen, sodass das erkennende Gericht nicht von einem gerechtfertigten Hinderungsgrund ausgehen kann.

Die Behauptung in seinem Beschwerdeschreiben vom 15.06.2018 (einlangend bei der Behörde am 21.06.2018), die Unterlagen - welche er mit der Beschwerde übermittelte - habe er bereits nach Ostern der Behörde übersendet, ist aufgrund eines mit diesen Unterlagen mitübermittelten Schreibens der Unabhängigen Opferschutzanwaltschaft, datiert mit 07.06.2018, nicht glaubhaft.

Dieses Schreiben ist an den BF gerichtet und scheint als Begleitschreiben zu den als Beilage übermittelten Unterlagen (Clearingbericht und noch andere Schreiben) formuliert worden zu sein.

Aus diesem Schreiben kann folglich geschlossen werden, dass der BF die Unterlagen, welche er mit der Beschwerde in Vorlage brachte, von der Unabhängigen Opferschutzanwaltschaft anforderte und selbst erst mit dem Begleitschreiben vom 07.06.2018, frühestens daher im Juni 2018, erhalten hat. Dass er damit eben diese Unterlagen bereits nach Ostern - noch vor Bescheiderlassung am 09.05.2018 - vorgelegt hätte, ist damit nicht glaubhaft.

Die in seiner zuletzt erfolgten Stellungnahme erstmals getätigte Argumentation vom 04.03.2020, er sei aufgrund seiner Traumatisierung nicht in der Lage gewesen Unterlagen zu übermitteln und habe sich im Übrigen auf die Opferschutzanwaltschaft verlassen, dass diese - wie ihm zugesichert worden sei - die Unterlagen an die belangte Behörde übermitteln würde, widerspricht im Übrigen sowohl seinem Beschwerdeschreiben, wonach er Unterlagen nach Ostern übermittelt hätte, als auch dem Faktum, dass er schließlich mit seiner Beschwerde Unterlagen der Opferschutzanwaltschaft übermittelte. Auch legte er - wie bereits zuvor erwähnt - keine medizinischen Belege vor, welche eine Traumatisierung, in einem Ausmaß nicht vor Behörden agieren zu können, untermauern würden.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 9d Abs. 1 Verbrechensopfergesetz (VOG), BGBl. Nr. 288/1972 idgF entscheidet das Bundesverwaltungsgericht im Verfahren über Beschwerden in Rechtssachen in den Angelegenheiten des VOG durch einen Senat, dem ein fachkundiger Laienrichter angehört. Es liegt somit gegenständlich Senatszuständigkeit vor.

Zu A)

Gemäß § 1 Abs. 1 VOG haben österreichische Staatsbürger Anspruch auf Hilfe, wenn mit Wahrscheinlichkeit anzunehmen ist, dass sie durch eine zum Entscheidungszeitpunkt mit einer mehr als sechsmonatigen Freiheitsstrafe bedrohten rechtswidrigen und vorsätzlichen Handlung eine Körperverletzung oder eine Gesundheitsschädigung erlitten haben und ihnen dadurch Heilungskosten erwachsen sind oder ihre Erwerbsfähigkeit gemindert ist.

Nach § 8 Abs. 1 VOG sind Opfer von den Hilfeleistungen ausgeschlossen, wenn sie

1. an der Tat beteiligt gewesen sind,

2. ohne einen von der Rechtsordnung anerkannten Grund den Täter zu dem verbrecherischen Angriff vorsätzlich veranlasst oder sich ohne anerkennenswerten Grund grob fahrlässig der Gefahr ausgesetzt haben, Opfer eines Verbrechens zu werden,

3. an einem Raufhandel teilgenommen und dabei die Körperverletzung oder die Gesundheitsschädigung (§ 1 Abs. 1) erlitten haben oder

4. es schuldhaft unterlassen haben, zur Aufklärung der Tat, zur Ausforschung des Täters oder zur Feststellung des Schadens beizutragen.

Den Feststellungen ist zu entnehmen, dass der BF im Verfahren vor der belangten Behörde seiner Mitwirkungspflicht nicht nachkam, da er trotz vielfachen Aufforderungsschreiben seitens der belangten Behörde keine Unterlagen in Vorlage brachte oder seine Angaben zu den Verbrechen ergänzte, sodass es der Behörde nicht möglich war, den entsprechenden Sachverhalt zu ermitteln. Er erfüllte damit zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides den Ausschlusstatbestand des § 8 Abs. 1 Z 4 VOG und gelang es ihm im Beschwerdeverfahren - wie oben in der Beweiswürdigung ersichtlich - nicht, einen gerechtfertigten Hinderungsgrund für seine damalige Verletzung der Mitwirkungspflicht darzulegen, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.

Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn

1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder

2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.

3. wenn die Rechtssache durch einen Rechtspfleger erledigt wird.

Gemäß § 24 Abs. 3 VwGVG hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.

Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegenstehen.

Weiters kann das Verwaltungsgericht gemäß § 24 Abs. 5 VwGVG von der Durchführung einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der Verhandlung erklärt werden.

Im gegenständlichen Fall galt es zu klären, ob der BF den Ausschlusstatbestand des § 8 Abs. 1 Z 4 VOG erfüllte und die belangte Behörde seinen Antrag demzufolge zu Recht mit dem gegenständlich angefochtenen Bescheid abgewiesen hat. Der entscheidungswesentliche Sachverhalt ergab sich umfassend aus dem vorgelegten Verwaltungsakt, sowie der zuletzt erfolgten Stellungnahme des BF vom 04.03.2020.

Im gegenständlichen Fall wurde die Durchführung einer mündlichen Verhandlung im Übrigen weder vom BF in der Beschwerde noch von der belangten Behörde beantragt.

Vor dem Hintergrund, dass der Sachverhalt dem vorgelegten Verwaltungsakt der belangten Behörde zu entnehmen war, sohin der entscheidungsrelevante Sachverhalt geklärt war und in der Beschwerde oder der Stellungnahme vom 04.03.2020 keine Rechts- oder Tatfragen von einer solchen Art aufgeworfen wurden, deren Lösung eine mündliche Verhandlung erfordert hätte, war eine mündliche Verhandlung im Sinne der Judikatur des EGMR und der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. zuletzt VwGH vom 17.02.2015, Zl. Ra 2014/09/0007, mwN) nicht geboten. Art. 6 EMRK bzw. Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union stehen somit dem Absehen von einer mündlichen Verhandlung gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG nicht entgegen. Eine Entscheidung ohne vorherige Verhandlung im Beschwerdefall ist damit nicht nur mit Art. 6 EMRK und Art. 47 GRC kompatibel, sondern auch im Sinne des Gesetzes (§ 24 Abs. 1 VwGVG), weil dem Grundsatz der Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis (§ 39 Abs. 2a AVG) gedient ist, gleichzeitig aber das Interesse der materiellen Wahrheit und der Wahrung des Parteiengehörs nicht verkürzt wird.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Ausschlusstatbestände Mitwirkungspflicht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W166.2199672.1.00

Im RIS seit

28.07.2020

Zuletzt aktualisiert am

28.07.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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