TE Bvwg Erkenntnis 2020/4/21 I422 2226999-1

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Veröffentlicht am 21.04.2020
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Entscheidungsdatum

21.04.2020

Norm

ASVG §410
ASVG §74
B-VG Art133 Abs4
GSVG §2 Abs1 Z1
GSVG §35
GSVG §4 Abs1 Z7
GSVG §40

Spruch

I422 2226999/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Thomas BURGSCHWAIGER als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX, geb. XXXX gegen den Bescheid der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft vom 23.10.2019, Zl. VSNR: XXXX, zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 iVm Abs. 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Bescheid der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft, Landesstelle Tirol (nunmehr die Sozialversicherungsanstalt der Selbständigen und in der Folge: belangte Behörde), vom 23.10.2019 wurde XXXX (in der Folge: Beschwerdeführer) verpflichtet, für den Zeitraum 01.04.2007 bis 31.07.2009 rückständige Sozialversicherungsbeiträge in der Höhe von ? 214,00 sowie Verzugszinsen und Nebengebühren in der Höhe von ? 168,91 somit gesamt ? 382,91 zu bezahlen. Des Weiteren wurde er dazu verpflichtet für die Dauer des weiteren Zahlungsverzuges ab 23.10.2019 Verzugszinsen im gesetzlichen Ausmaß aus dem Kapital in Höhe von ? 214,00 zu bezahlen.

Begründend führte die belangte Behörde aus, dass der Beschwerdeführer im Zeitraum 19.05.2003 bis 25.02.2013 Inhaber einer Gewerbeberechtigung lautend auf "Reisebetreuer", GISA-Zahl XXXX gewesen sei. Infolge der Nichtausübung innert der letzten fünf Jahre und seines unbekannten Aufenthaltes sei ihm diese Gewerbeberechtigung zum 25.02.2013 entzogen worden. Mit Antrag vom 23.10.2003 habe der Beschwerdeführer um die rückwirkende Erteilung einer Ausnahme von der Pflichtversicherung ab dem 19.05.2003 ersucht, da er gemäß § 4 Abs. 1 Z 7 Gewerbliches Sozialversicherungsgesetz (GSVG) die Umsatzgrenzen nicht übersteige. Für den Zeitraum 01.08.2009 bis 28.02.2013 sei der Ausnahmegrund unbekannter Aufenthalt gemäß § 4 Abs. 1 Z 6 GSVG festgestellt worden.

Unter Berücksichtigung der Ausnahmen sei der Beschwerdeführer im Zeitraum 19.05.2003 bis 31.07.2009 der Pflichtversicherung in der Unfallversicherung nach dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz (ASVG) unterlegen. Dabei seien für den Zeitraum April 2007 bis Juli 2009 die quartalsmäßig vorgeschriebenen Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von insgesamt ? 214,00 nicht zur Einzahlung gebracht worden. Zudem würden aus den Beitragsrückständen mit Stichtag 22.10.2019 Verzugszinsen und Nebengebühren in Höhe von insgesamt ? 228,91 resultieren.

Die ausstehenden Beiträge, Verzugszinsen und Nebengebühren habe die belangte Behörde seit dem Zeitraum 2008 immer wieder durch Postaufträge, einer Exekution und Sondermahnungen eingefordert. Zuletzt habe die belangte Behörde am 10.01.2018 die ausländische Wohnadresse des Beschwerdeführers in Erfahrung bringen und ihm eine Kontoübersicht übermitteln können. Aufgrund eines Schreibens des Beschwerdeführers vom 16.01.2018, sei dem Beschwerdeführer eine Ratenvereinbarung im Ausmaß von 20 Monatsraten in der Höhe von ? 21,50 bewilligt worden. Daraufhin habe der Beschwerdeführer am 29.06.2018 ? 30,00 und am 01.08.2018 ? 30,00 zur Einzahlung gebracht, die ihm auf die offenen Verzugszinsen angerechnet worden seien. Weitere Zahlungen seien nicht erfolgt.

2. Am 03.12.2019 langte bei der belangten Behörde ein Schriftsatz des Beschwerdeführers vom 26.11.2019 ein, den diese als Beschwerde wertete. Darin führte der Beschwerdeführer zusammengefast aus, dass er seit 14 Monaten seine Rente in Höhe von monatlich ? 133,00 nicht mehr ausbezahlt bekommen habe. Dies sei auch der Grund, weshalb er keine weiteren Ratenzahlungen mehr geleistet habe. Er erachte die offenen Beiträge bei der belangten Behörde somit als aufgerechnet, ersuche um weitere Auszahlung der Rente und fordere die Auszahlung (Anm. gemeint wohl jener ihm zustehenden Beträge, die über die offene Beitragsschuld hinausgehen und bislang einbehalten worden seien).

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer war im Zeitraum 19.05.2003 bis 25.02.2013 Inhaber einer Gewerbeberechtigung und lautete diese auf "Reisebetreuer". Der Beschwerdeführer verzog ohne Zurücklegung seiner Gewerbeberechtigung unbekannt ins Ausland und wurde er am 11.06.2007 von seinem Hauptwohnsitz abgemeldet. Am 25.02.2013 wurde dem Beschwerdeführer die Gewerbeberechtigung wegen Nichtausübung in den letzten fünf Jahren und wegen unbekannten Aufenthaltes entzogen.

Der Beschwerdeführer beantragte mit Formularvordruck vom 23.10.2003, eingelangt bei der belangten Behörde am 24.10.2003, aufgrund der Geringfügigkeit seiner Einkünfte (Kleinstunternehmerregelung) die Ausnahme von der GSVG-Pensions- und Krankenversicherung gemäß § 4 Abs. 1 Z 7 GSVG rückwirkend ab dem 19.05.2003.

Des Weiteren liegt im gegenständlichen Fall für den Zeitraum 01.08.2009 bis 28.02.2013 der Ausnahmegrund des unbekannten Aufenthaltes gemäß § 4 Abs. 1 Z 8 GSVG vor.

Somit unterlag der Beschwerdeführer im Zeitraum 19.05.2003 bis 31.07.2009 der Pflichtversicherung in der Unfallversicherung nach dem ASVG.

Für den verfahrensgegenständlichen Zeitraum von April 2007 bis Juli 2009 haftet ein Beitragsrückstand in Höhe von insgesamt ? 214,00 aus, der sich folgenden Beträgen zusammensetzt:

* April bis Dezember 2007

Unfallversicherungsbeitrag monatlich ? 7,48 x 9 Monate ? 67,32

* Jänner bis Dezember 2008

Unfallversicherungsbeitrag monatlich ? 7,65 x 12 Monate ? 91,80

* Jänner bis Juli 2009

Unfallversicherungsbeitrag monatlich ? 7,84 x 7 Monate ? 54,88

Beitragsrückstände gesamt ? 214,00

Mit Stichtag 22.10.2019 haften aus den offenen Sozialversicherungsbeiträgen Verzugszinsen und Nebengebühren in Höhe von insgesamt ? 228,91 aus, die sich aus folgenden Beträgen zusammensetzen:

Jahr Verzugszinsen Nebengebühren

2007 ? 1,42 ? 1,00

2008 ? 7,70 ? 3,50

2009 ? 13,72 ?

2010 ? 12,50 ?

2011 ? 17,93 ?

2012 ? 19,00 ?

2013 ? 17,93 ?

2014 ? 16,86 ? 62,46

2015 ? 16,85 ?

2016 ? 16,85 ?

2017 ? 7,23 ?

2018 ? 7,24 ?

2019 ? 5,72 ? 1,00

Eine Verjährung der Beitragsrückstände, Verzugszinsen und Nebengebühren liegt nicht vor und brachte der Beschwerdeführer im Rahmen einer Ratenvereinbarung am 29.06.2018 und am 01.08.2018 jeweils ? 30,00 zur Einzahlung. Die beiden Beträge wurden auf die offenen Verzugszinsen angerechnet. Weitere Zahlungen erfolgten nicht.

2. Beweiswürdigung:

Aus einer Abfrage des Gewerbeinformationssystem Austria (GISA) in Zusammenschau mit einem Auszug des Zentralen Melderegisters (ZMR) gründen die Feststellungen rund um die Erteilung und dem Entzug zur Gewerbeberechtigung des Beschwerdeführers.

Eine Kopie des Antrags des Beschwerdeführers auf Ausnahme von der GSVG-Pensions- und Krankenversicherung gemäß § 4 Abs. 1 Z 7 GSVG wegen der Geringfügigkeit der Einkünfte (Kleinstunternehmerregelung) liegt im Verwaltungsakt ein.

Der weitere Ausnahmegrund des unbekannten Aufenthaltes gründet auf der seit 01.08.2009 geltenden gesetzlichen Bestimmungen des § 4 Abs. 1 Z 8 GSVG.

Auf Grundlage der Gewerbeberechtigung und Berücksichtigung der Ausnahmeregelungen ergibt sich die Feststellung zum Zeitraum in dem der Beschwerdeführer der Pflichtversicherung in der Unfallversicherung nach dem ASVG unterlag.

Die Feststellungen zu den für den Zeitraum April 2007 bis Juli 2009 aushaftenden Beitragsrückstanden in Höhe von insgesamt ? 214,00 sowie den mit Stichtag 22.10.2019 angefallenen Verzugszinsen und Nebengebühren in Höhe von insgesamt ? 228,91 gründen aus der Einsichtnahme in den Verwaltungsakt und den sich darin befindlichen Rückstandsauseweis. Aus den im Verwaltungsakt einliegenden Abfragen der Zentralen Partnerverwaltung (ZPV), der Sondermahnungen und der exekutiven Maßnahmen ist belegt, dass im gegenständlichen Fall noch keine Verjährung eingetreten ist.

Dass mit dem Beschwerdeführer eine Ratenzahlung vereinbart und er am 29.06.2018 und am 01.08.2018 jeweils ? 30,00 zur Einzahlung brachte, gründet ebenfalls auf der Einsichtnahme in den Verwaltungsakt.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

3.1. Zur Rechtsgrundlage:

Die maßgeblichen Bestimmungen des GSVG lauten auszugsweise wie folgt:

3.1.1. Zur Pflichtversicherung:

Gemäß § 2 Abs. 1 Z 1 GSVG sind die Mitglieder der Kammern der gewerblichen Wirtschaft, soweit es sich um natürliche Personen handelt, in der Krankenversicherung und in der Pensionsversicherung nach Maßgabe der Bestimmungen des GSVG pflichtversichert.

Ausgenommen von der Pflichtversicherung in der Kranken- und Pensionsversicherung sind gemäß § 4 Abs. 1 Z 7 GSVG auf Antrag Personen gemäß § 2 Abs. 1 Z 1 oder § 2 Abs. 2 FSVG, die glaubhaft machen, dass ihre Umsätze aus sämtlichen unternehmerischen Tätigkeiten die Umsatzgrenze des § 6 Abs. 1 Z 27 des Umsatzsteuergesetzes 1994, BGBl. Nr. 663, und ihre Einkünfte aus dieser Tätigkeit jährlich das 12fache des Betrages nach § 25 Abs. 4 nicht übersteigen. Treffen diese Voraussetzungen nach Ablauf des Kalenderjahres, für das sie glaubhaft gemacht wurden, tatsächlich nicht zu, ist der Wegfall der Ausnahme von der Pflichtversicherung im Nachhinein festzustellen. Ein Antrag kann nur von einer Person gestellt werden, die nach lit. a) innerhalb der letzten 60 Kalendermonate nicht mehr als zwölf Kalendermonate nach diesem Bundesgesetz pflichtversichert war oder nach lit. b) das Regelpensionsalter (§ 130 Abs. 1) erreicht hat oder nach lit. c) das 57. Lebensjahr vollendet und innerhalb der letzten fünf Kalenderjahre vor der Antragstellung die im ersten Satz genannten Voraussetzungen erfüllt hat.

Die Ausnahme von der Pflichtversicherung in der Kranken- und Pensionsversicherung gemäß § 4 Abs. 1 Z 7 GSVG erstreckt sich nicht auf die Pflichtversicherung in der Unfallversicherung nach dem ASVG (Rosenmayr-Khoshideh in Sonntag (Hrsg), GSVG7 (2018), § 4 Rz 12).

Demzufolge unterliegen gemäß § 8 Abs. 1 Z 3 ASVG alle selbständig Erwerbstätigen, die Mitglieder einer Wirtschaftskammer sind, der Pflichtversicherung zur Unfallversicherung.

Mit § 4 Abs. 1 Z 8 GSVG, BGBl. I Nr. 83/2009, wurde mit Wirksamkeit 01.08.2009 ein weiterer Ausnahmegrund von der Pflichtversicherung geschaffen. So sind Personen hinsichtlich ihrer Pflichtversicherung nach § 2 Abs. 1 Z 1 bis 3 sowie Personen hinsichtlich der nach § 2 Abs. 1 Z 4 festgestellten Pflichtversicherung ausgenommen, wenn für sie weder eine Abgabestelle im Sinne des Zustellgesetzes vorliegt noch eine zustellbevollmächtigte Person bestellt ist und seit dem Zeitpunkt, in dem der Versicherungsträger von der Aufgabe der zuletzt bekannten Abgabestelle Kenntnis erhielt, sechs Monate abgelaufen sind, für die weitere Dauer des unbekannten Aufenthaltes.

3.1.2 Zur Beitragshöhe:

Gemäß § 74 Abs. 1 Z 1 ASVG sind die Beiträge für Teilversicherte in der Unfallversicherung einkommensunabhängig in Form eines monatlichen Pauschalbetrages zu entrichten. Dieser lautete für die Jahre 2007 bis 2009 wie folgt:

2007: ? 7,48 (monatlich)

2008: ? 7,65 (monatlich)

2009: ? 7,84 (monatlich)

3.1.3. Zur Beitragsfälligkeit und den Verzugszinsen:

Gemäß § 35 Abs. 1 sind die Beiträge, sofern im folgenden nichts anderes bestimmt wird, mit dem Ablauf des Kalendermonates fällig, für den sie zu leisten sind. Der Beitragsschuldner hat auf seine Gefahr und Kosten die Beiträge an den Versicherungsträger unaufgefordert einzuzahlen. Sie bilden mit den Beiträgen zur Unfallversicherung eine einheitliche Schuld. Soweit der Versicherungsträger Beiträge für die Allgemeine Unfallversicherungsanstalt (§ 250) einhebt, wird er auch dann als deren Vertreter tätig, wenn er alle Beitragsforderungen in einem Betrag geltend macht. Dies gilt auch für die Einhebung von Verzugszinsen, sonstigen Nebengebühren (§ 37 Abs. 2), Gerichts- und Justizverwaltungsgebühren sowie im Verfahren vor Gerichten und Verwaltungsbehörden. Solange nicht alle Beitragsschulden abgestattet sind, werden Zahlungen anteilsmäßig und auf die Beitragsschuld für den jeweils ältesten Beitragszeitraum angerechnet.

Werden die Beiträge durch den Versicherungsträger für die Beitragsmonate eines Kalendervierteljahres gemeinsam vorgeschrieben, so sind diese Beiträge gemäß § 35 Abs. 2 GSVG mit dem Ablauf des zweiten Monates des betreffenden Kalendervierteljahres fällig. Werden Beiträge auf Grund einer nachträglichen Feststellung der Einkünfte des Versicherten durch die Finanzbehörden vorgeschrieben, so sind sie mit dem Letzten des zweiten Monates des Kalendervierteljahres fällig, in dem die Vorschreibung erfolgt.

Werden die Beiträge nicht innerhalb von 15 Tagen nach der Fälligkeit eingezahlt, so sind von diesen rückständigen Beiträgen gemäß § 35 Abs. 5 GSVG Verzugszinsen in einem Hundertsatz der rückständigen Beiträge zu entrichten. Erfolgt die Einzahlung zwar verspätet, aber noch innerhalb von drei Tagen nach Ablauf der 15-Tage-Frist, so bleibt diese Verspätung ohne Rechtsfolgen. Der Hundertsatz berechnet sich jeweils für ein Kalenderjahr aus dem Basiszinssatz (Art. I § 1 Abs. 1 des 1. Euro-Justiz-Begleitgesetzes, BGBl. I Nr. 125/1998) zuzüglich vier Prozentpunkten; dabei ist der Basiszinssatz, der am 31. Oktober eines Kalenderjahres gilt, für das nächste Kalenderjahr maßgebend. Für rückständige Beiträge aus Beitragszeiträumen, die vor dem Zeitpunkt einer Änderung dieses Hundertsatzes liegen, sind die Verzugszinsen, soweit sie zu diesem Zeitpunkt nicht bereits vorgeschrieben sind, mit dem jeweils geänderten Hundertsatz zu berechnen. § 108 Abs. 3 der Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961, gilt entsprechend. Für die Berechnung der Verzugszinsen können die rückständigen Beiträge auf den vollen Eurobetrag abgerundet werden. Der Versicherungsträger kann die Verzugszinsen herabsetzen oder nachsehen, wenn durch die Einhebung in voller Höhe die wirtschaftlichen Verhältnisse des Beitragsschuldners gefährdet wären. Die Verzugszinsen können überdies nachgesehen werden, wenn es sich um einen kurzfristigen Zahlungsverzug handelt und der Beitragsschuldner ansonsten regelmäßig seine Beitragspflicht erfüllt hat.

3.1.4. Zur Verjährung der Beiträge:

Gemäß § 40 Abs. 1 verjährt das Recht auf Feststellung der Verpflichtung zur Zahlung von Beiträgen binnen drei Jahren vom Tag der Fälligkeit der Beiträge. Diese Verjährungsfrist der Feststellung verlängert sich jedoch auf fünf Jahre, wenn der Versicherte die Erstattung einer Anmeldung bzw. Änderungsmeldung oder Angaben über das Versicherungsverhältnis bzw. über die Grundlagen für die Berechnung der Beiträge unterlassen oder unrichtige Angaben über das Versicherungsverhältnis bzw. über die Grundlagen für die Berechnung der Beiträge gemacht hat, die er bei gehöriger Sorgfalt als unrichtig hätte erkennen müssen. Die Verjährung des Feststellungsrechtes wird durch jede zum Zwecke der Feststellung getroffene Maßnahme in dem Zeitpunkt unterbrochen, in dem der Zahlungspflichtige hievon in Kenntnis gesetzt wird. Die Verjährung ist gehemmt, solange ein Verfahren in Verwaltungssachen bzw. vor den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechtes über das Bestehen der Pflichtversicherung oder die Feststellung der Verpflichtung zur Zahlung von Beiträgen anhängig ist.

Gemäß § 40 Abs. 2 GSVG verjährt das Recht auf Einforderung festgestellter Beitragsschulden binnen zwei Jahren nach Verständigung des Zahlungspflichtigen vom Ergebnis der Feststellung. Die Verjährung wird durch jede zum Zwecke der Hereinbringung getroffene Maßnahme, wie zum Beispiel durch Zustellung einer an den Zahlungspflichtigen gerichteten Zahlungsaufforderung (Mahnung), unterbrochen; sie wird durch Bewilligung einer Zahlungserleichterung sowie in den Fällen des § 35c bis zur rechtskräftigen Beendigung des Verlassenschaftsverfahrens gehemmt. Bezüglich der Unterbrechung oder Hemmung der Verjährung im Falle der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Beitragsschuldners/der Beitragsschuldnerin gelten die einschlägigen Vorschriften der Insolvenzordnung.

3.1.5. Zu den Verzugszinsen und Verwaltungskostenersatz:

Gemäß § 42 GSVG gelten die Bestimmungen über Eintreibung und Sicherung, Verjährung und Rückforderung von Beiträgen entsprechend für Verzugszinsen und Verwaltungskostenersätze.

3.2. Zur Anwendung der Rechtslage auf den gegenständlichen Fall:

Wie die vorangegangenen Ausführungen zeigen, resultiert aus der gewerblichen Tätigkeit des Beschwerdeführers als "Reisebetreuer" zweifelsohne eine Pflichtversicherung nach den Bestimmungen des § 2 Abs. 1 Z 1 GSVG und umfasst diese unter Berücksichtigung der Ausnahmetatbestände des § 4 Abs. 1 Z 7 und Z 8 GSVG (Kleinstunternehmerregelung sowie unbekannter Aufenthalt) eine Pflichtversicherung in der Unfallversicherung nach den Bestimmungen des ASVG.

Der Zeitraum für die Pflichtversicherung (19.05.2003 bis 01.08.2009) ist mit der Gewerbeanmeldung und der Entziehung der Gewerbeberechtigung bzw. dem Inkrafttreten der Ausnahmeregelung des § 4 Abs. 1 Z 8 GSVG klar abgegrenzt.

Bei der Mitgliedschaft zur Wirtschaftskammer handelt es sich um eine Pflichtmitgliedschaft, die bei Vorliegen der in § 2 Wirtschaftskammergesetz (WKG) genannten Voraussetzungen ipso jure ohne eine unmittelbar darauf abzielende Willenserklärung eintritt und die etwa mit einer Zurücklegung oder einer Entziehung der Gewerbeberechtigung durch die Behörde endet (vgl. VwGH 19.12.2007, 2006/08/0039; 23.05.2007, 2005/08/0091). Nachdem die Kammermitgliedschaft, auf die § 2 Abs. 1 Z 1 GSVG abstellt, weder von der tatsächlichen Ausübung der Gewerbeberechtigung noch von einem Aufenthalt oder Wohnsitz in Österreich abhängt, sondern sich rein auf der Befugnis zur Ausübung des betreffenden Gewerbes stützt, vermag auch das allfällige Vorbringen des Beschwerdeführers, wonach er seit Juni 2007 nicht mehr in Österreich aufhältig gewesen sei, am Zeitraum der Pflichtversicherung nichts zu ändern (vgl. VwGH 14.03.2013, 2012/08/0025; 10.10.1985, 85/08/0111; E 22.12.1965, 1069/65, VwSlg 6830 A/1965). Die Tatsache, dass der Beschwerdeführer ohne Zurücklegung der Gewerbeberechtigung unbekannt ins Ausland verzogen ist, geht daher zu seinen Lasten.

Die Höhe der Beitragsrückstände ergibt sich unstrittig aus der gesetzlichen Grundlage des § 74 Abs. 1 Z 1 ASVG. Nachvollziehbar und schlüssig haften somit für den Beitragszeitraum April 2007 bis Juli 2009 Sozialversicherungsbeiträge in einer Gesamthöhe von ? 214,00 aus. Wie sich aus den gesetzlichen Bestimmungen des § 35 Abs. 5 GSVG und § 37 GSVG ebenfalls eindeutig ableitet, ist die belangte Behörde zur Einforderung von Verzugszinsen und Nebengebühren berechtigt. Unter Anrechnung der beiden Teilleistungen von jeweils ? 30,00 weisen die Verzugszinsen und Nebengebühren zum Zeitpunkt 22.10.2019 einen Betrag von ? 168,91 auf.

Wie sich aus den umseitigen Ausführungen zudem ergibt, liegt aufgrund der von der belangten Behörde gesetzten Aktivitäten keine Verjährung ihrer Ansprüche vor.

Aus der Beschwerde ergeben sich keinerlei Anzeichen dafür, dass der Beschwerdeführer die Pflichtversicherung und die daraus resultierenden (noch ausständigen) Beiträge, Verzugszinsen sowie Nebengebühren dem Grunde und der Höhe nach bestreitet. Dies erschließt sich auch aus dem Verhalten des Beschwerdeführers, wonach er die von der belangten Behörde zur Begleichung der Beitragsrückstände, Verzugszinsen und Nebengebühren gewährte Ratenzahlung akzeptierte und bereits zwei Raten leistete.

Auch mit dem Beschwerdeeinwand, wonach dem Beschwerdeführer seit 14 Monaten keine Rente mehr ausbezahlt und die belangte Behörde aus einer Aufrechnung bereits befriedigt worden sei, vermag der Beschwerdeführer einer Pflichtversicherung aus dem GSVG und den daraus resultierenden (noch ausständigen) Beiträgen, Verzugszinsen sowie Nebengebühren nicht entgegenzutreten. Der Vollständigkeit halber und dem besseren Verständnis nach wird dahingehend ergänzend ausgeführt:

Wie sich aus dem Verwaltungsaktakt und der sich darin befindlichen Korrespondenz der belangten Behörde mit der Versicherungsanstalt für Eisenbahnen und Bergbau ergibt, knüpft die Auszahlung einer Pension durch die Versicherungsanstalt für Eisenbahnen und Bergbau an der Erbringung einer Lebensbestätigung. Nachdem eine derartige Lebensbestätigung vom Beschwerdeführer nicht erbracht wurde, erfolgte die Einstellung der Pensionsauszahlung (Sistierung) durch die Versicherungsanstalt für Eisenbahnen und Bergbau.

Wie sich aus einer ebenfalls im Verwaltungsakt befindlichen Mitteilung der Versicherungsanstalt für Eisenbahnen und Bergbau vom 27.02.2020 an das Arbeits- und Sozialgericht Wien zu XXXX ergibt, wurde zwischenzeitig eine Lebensbestätigung durch den Beschwerdeführer vorgelegt und die Aufhebung der Sistierung eingeleitet. Aus der Mitteilung geht auch hervor, dass von der Rentennachzahlung der Aufrechnungsbetrag zu Gunsten der belangten Behörde einbehalten und bis zur Entscheidung durch das Arbeits- und Sozialgericht Wien verwahrt wird. Eine Aufrechnung mit den Ansprüchen der belangten Behörde ist im gegenständlichen Fall bislang nicht erfolgt.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden und die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

4. Zur Unterlassung einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde nicht beantragt.

Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG konnte das Gericht von der Verhandlung absehen, weil der maßgebliche Sachverhalt ausreichend ermittelt wurde. Die Schriftsätze der Parteien und die Akten des Verfahrens lassen erkennen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt. Vielmehr erschien der Sachverhalt zur Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Bescheides aus der Aktenlage geklärt. Dem steht auch Art 6 Abs. 1 EMRK nicht entgegensteht (vgl. dazu auch das zuletzt das Erkenntnis des VwGH vom 21.02.2019, Ra 2019/08/0027).

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Aus der dieser Entscheidung zu Grunde gelegten Judikatur - insbesondere zum Bestehen und der Höhe der Pflichtversicherung sowie der Geltendmachung von Verzugszinsen und Nebengebühren - ergibt sich, dass die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs abweicht.

Schlagworte

Ausnahmebestimmung Beitragsrückstand Gewerbeberechtigung Nebengebühr Unfallversicherung Verzugszinsen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:I422.2226999.1.00

Im RIS seit

28.07.2020

Zuletzt aktualisiert am

28.07.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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