TE Bvwg Erkenntnis 2020/5/7 G311 2230455-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 07.05.2020
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Entscheidungsdatum

07.05.2020

Norm

BFA-VG §18 Abs3
B-VG Art133 Abs4
FPG §67 Abs1
FPG §67 Abs2
FPG §70 Abs3

Spruch

G311 2230455-1/2Z

TEILERKENNTNIS

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Dr. Eva WENDLER über die Beschwerde des XXXX, geboren am XXXX, Staatsangehörigkeit: Kroatien, vertreten durch RA Dr. KÖNIG, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 28.03.2020, Zl. XXXX, betreffend die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung zu Recht:

A) Der Beschwerde wird die aufschiebende Wirkung nicht zuerkannt.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Mit dem im Spruch angeführten Bescheid wurde über den Beschwerdeführer gemäß § 67 Abs. 1 und 2 FPG ein auf 7 Jahre befristetes Aufenthaltsverbot erlassen. Gemäß § 70 Abs. 3 FPG wurde kein Durchsetzungsaufschub erteilt und einer Beschwerde wurde gemäß § 18 Abs. 3 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt.

Begründend wurde in den Feststellungen ausgeführt, dass sich der Beschwerdeführer seit 2008 immer wieder Österreich aufgehalten habe und die sichtvermerkfreie Aufenthaltsdauer immer überschritten habe. Er sei am 22.2.2012 auf frischer Tat bei Ausübung einer illegalen Beschäftigung betreten worden. Mit Bescheid der Bundespolizeidirektion XXXX vom 9.5.2012 und Berufungsbescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates XXXX vom 1.8.2012, Zahl XXXX, sei eine Rückkehrentscheidung und ein auf die Dauer von 18 Monaten befristetes Einreiseverbot erlassen worden. Er habe die Ausreiseverpflichtung missachtet. Er sei am 11.1.2013 im Bundesgebiet festgenommen worden und sei er sodann am 15.1.2013 freiwillig nach Serbien ausgereist. Trotz Einreiseverbot sei er am 31.10.2013 illegal in das Bundesgebiet eingereist. Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen XXXX vom XXXX.2015, Zahl: XXXX, rechtskräftig am XXXX.2015, sei er wegen §§ 223 Abs. 2, 224 und 224a StGB zu einer bedingten Freiheitsstrafe von drei Monaten verurteilt worden. Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen XXXX vom XXXX.2019, Zahl: XXXX, sei er wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt worden. Das Oberlandesgericht XXXX habe mit Urteil vom XXXX.2019, Zahl: XXXX, der Berufung der Staatsanwaltschaft XXXX stattgegeben und die Strafe auf drei Jahre erhöht. Er habe während des aufrechten Einreiseverbotes eine serbische Staatsangehörige geheiratet und habe er versucht, durch die Annahme ihres Nachnamens das bestehende Einreiseverbot zu umgehen. Der Beschwerdeführer habe angegeben, seit 29.6.2015 in Österreich zu leben, es sei eine Anmeldebescheinigung ausgestellt worden. Am 8.10.2016 sei die gemeinsame Tochter geboren worden, die Tochter sei serbische und kroatische Staatsangehörige. Er lebe mit seiner Gattin und seiner Tochter im gemeinsamen Haushalt, allerdings befinde er sich seit XXXX.5.2019 in Haft. Die Ehefrau verfüge über diverse Liegenschaften in Serbien, diese habe sie vermietet, sie habe auch Freunde und Verwandte in Serbien. Die Eltern des Beschwerdeführers würden ebenfalls in Serbien leben. Der Beschwerdeführer sei von 16.7.2015 bis 31.3.2018 sowie von 22.5.2018 bis dato als gewerblich selbstständiger Erwerbstätigkeit sozialversichert. Er weise Beitragsrückstände auf. Er sei Geschäftsführer einer im April 2018 gegründeten Gastronomie GmbH gewesen, über die im Mai 2019 ein Insolvenzverfahren eingeleitet worden sei. Im Rahmen der rechtlichen Beurteilung wurde festgehalten, dass der Beschwerdeführer sich kürzer als fünf Jahre im Bundesgebiet aufhalte, er habe bereits 2012 gegen die österreichische Rechtsordnung verstoßen, es wurde auf die illegale Beschäftigung und die zwei strafrechtlichen Verurteilungen verwiesen. Aufgrund der wirtschaftlichen Lage des Beschwerdeführers und des fehlenden legalen Einkommens könne eine erneute Rückfälligkeit nicht ausgeschlossen werden. Die Erlassung des Aufenthaltsverbotes sei dringend erforderlich, weil gerade Suchtgiftdelikte schwer zu gewichten sind, zumal nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes Suchtgiftdelinquenz ein besonders verpöntes Fehlverhalten sei. Die Fortsetzung des Familienlebens sei ihm mit seiner Gattin und dem gemeinsamen Kind in Kroatien und auch in Serbien zumutbar, zumal die Gattin serbische Staatsangehörige ist. Zur Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde wurde festgehalten, dass vom Beschwerdeführer eine erhebliche Gefahr ausgehe und weitere Delikte im Bereich der Suchtgiftqualität zu verhindern seien. Die sofortige Ausreise sei daher notwendig.

Der Beschwerdeführer erhob fristgerecht Beschwerde.

II. Sachverhalt und Beweiswürdigung

Der Beschwerdeführer ist kroatischer Staatsangehöriger. Er verfügt seit 27.10.2015 über eine Anmeldebescheinigung. Er lebt gemeinsam mit seiner Gattin, einer serbischen Staatsangehörigen, und dem gemeinsamen Kind, dieses besitzt die kroatische und die serbische Staatsangehörigkeit, im gemeinsamen Haushalt im Bundesgebiet. Die Ehegattin des Beschwerdeführers verfügt seit 2.9.2016 über eine über eine Aufenthaltskarte (Angehörige eines EWR-Bürgers).

Über den Beschwerdeführer wurde bereits mit Berufungsbescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates XXXX vom 1.8.2012, Zahl: XXXX, eine Rückkehrentscheidung und Einreiseverbot in der Dauer von 18 Monaten erlassen. Bereits damals bestand eine Lebensgemeinschaft zu seiner nunmehrigen Ehegattin (AS 54 des Verwaltungsaktes, Seite 15 des Berufungsbescheides).

Gegen den Beschwerdeführer liegen zwei strafgerichtliche Verurteilungen vor.

Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen XXXX vom XXXX.2015, Zahl: XXXX, rechtskräftig am XXXX.2015, wurde der Beschwerdeführer wegen der Vergehen der Fälschung besonders geschützter Urkunden und des Besitzes falscher besonders geschützter Urkunden zu einer Freiheitsstrafe von drei Monaten bedingt verurteilt. Der Verurteilung lag zugrunde, dass er durch Vorlage einer Totalfälschung eines slowenischen Personalausweises sich zweimal vor der Bezirksverwaltungsbehörde zur Anmeldung seines Wohnsitzes ausgewiesen hat und weiters durch Vorlage eines total gefälschten slowenischen Reisepasses ein Konto bei einer Bank eröffnet hat. Weiters hat er den gefälschten slowenischen Reisepass in drei Fällen beim Abschluss eines Arbeitsvertrages vorgelegt.

Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen XXXX vom XXXX.2019, Zahl: XXXX, wurde Beschwerdeführer wegen der Verbrechen des Suchtgifthandels zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt. Er hat in W. Suchtgift, nämlich Kokain in einer das 25 -fache der Grenzmenge übersteigenden Menge, nämlich 500 g Kokain, Mitte Mai 2019 einer Vertrauensperson zum Verkaufspreis von Euro 25 000,-- angeboten. Weiters hat er am XXXX. 2019 einer Vertrauensperson 5 g brutto Kokain um Euro 300,-- zu überlassen versucht. Am XXXX.2019 hat er einem verdeckten Ermittler 150,9 g brutto Kokain - der Beschwerdeführer hat kurz vor Ausführung die Flucht ergriffen - zu überlassen versucht. Es handelte sich dabei eine die Grenzmenge übersteigenden Menge.

Mit Urteil des Oberlandesgerichtes XXXX vom XXXX.2019, Zahl: XXXX, wurde der Berufung der Staatsanwaltschaft stattgegeben und die verhängte frei Strafe drei Jahre erhöht.

Es liegen laut Sozialversicherungsdatenauszug vom 29.10.2019 folgende Beschäftigungszeiten vor: 11.6.2012 bis 31.8.2012, 3.9.2012 bis 25.10.2012, 2.11.2012 bis 20.12.2012, 1.6.2018 bis 1.11.2018. Als gewerblich selbstständig Erwerbstätiger war er von 16.7.2015 bis 31.3.2018, von 8.1.2018 bis 7.4.2018 sowie von 22.5.2018 bis laufend gemeldet.

Der Beschwerdeführer befindet sich seit 16.12.2019 in der Justizanstalt XXXX.

Die Feststellungen stützen sich auf die aktenkundigen Strafurteile, dem von der belangten Behörde eingeholten Sozialversicherungsdatenauszug sowie den die Gattin des Beschwerdeführers betreffenden Auszug aus dem Zentralen Fremdenregister vom 31.3.2020.

Das Bundesveraltungsgericht holte hinsichtlich des Beschwerdeführers Auszüge aus dem Zentralen Melderegister, dem Zentralen Fremdenregister und dem Strafregister ein. Im Übrigen gründen die Feststellungen zur persönlichen Situation des Beschwerdeführers auf den Angaben des Beschwerdeführers in der Beschwerde.

III. Rechtliche Beurteilung:

§ 18 Abs. 3 und 5 FPG lauten:

"(3) Bei EWR-Bürgern, Schweizer Bürgern und begünstigten Drittstaatsangehörigen kann die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen ein Aufenthaltsverbot aberkannt werden, wenn deren sofortige Ausreise oder die sofortige Durchsetzbarkeit im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist.

....

(5) Das Bundesverwaltungsgericht hat der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung vom Bundesamt aberkannt wurde, binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde von Amts wegen die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. In der Beschwerde gegen den in der Hauptsache ergangenen Bescheid sind die Gründe, auf die sich die Behauptung des Vorliegens einer realen Gefahr oder einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit gemäß Satz 1 stützt, genau zu bezeichnen. § 38 VwGG gilt."

Festzuhalten ist gegenständlich, dass sich die Ausführungen der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid zur Aberkennung der aufschiebenden Wirkung auf jene bezogen, mit dem bereits die Erlassung des Aufenthaltsverbotes begründet wurde.

Dabei ist auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach zur Begründung einer Notwendigkeit der sofortigen Ausreise eines Fremden es nicht genügt, dafür auf eine - die Aufenthaltsbeendigung als solche rechtfertigende - Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit durch den Fremden zu verweisen, sondern es ist darüber hinaus darzutun, warum die Aufenthaltsbeendigung sofort - ohne Aufschub und unabhängig vom Ergebnis des Beschwerdeverfahrens - zu erfolgen hat; dazu ist es nicht ausreichend, jene Überlegungen ins Treffen zu führen, die schon bei der Entscheidung über die Verhängung der aufenthaltsbeendenden Maßnahme selbst maßgeblich waren. Die Notwendigkeit der sofortigen Ausreise als gesetzliche Voraussetzung für die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung betreffend die Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung erfordert also das Vorliegen besonderer Umstände, die mit den Voraussetzungen für die Aufenthaltsbeendigung als solche nicht gleichzusetzen sind (VwGH 04.04.2019, Ra 2019/21/0053 mwN).

Dennoch hat die belangte Behörde im Ergebnis zutreffend die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde aberkannt.

Die Gattin und das gemeinsame Kind leben rechtmäßig in Österreich, der Beschwerdeführer war zumindest bis 29.10.2019 bei der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft als gewerblich selbstständig Erwerbstätiger versichert. Es liegen daher erhebliche familiäre und private Bindungen zum Bundesgebiet vor.

Mit Berufungsbescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates XXXX vom 1.8.2012 wurde über den Beschwerdeführer bereits eine Rückkehrentscheidung und Einreiseverbot in der Dauer von 18 Monaten verhängt. Die damals verhängten aufenthaltsbeendenden Maßnahmen haben den Beschwerdeführer nicht von weiteren massiven Verstößen gegen die Rechtsordnung abgehalten.

Vor diesem Hintergrund war bei Vornahme der gemäß Art. 8 EMRK gebotenen Interessenabwägung von einem überwiegenden des öffentlichen Interesses an einer sofortigen Ausreise auszugehen, zumal das Familienleben auch durch Besuche der Gattin und des Kindes in Kroatien aufrecht erhalten werden kann.

Seine sofortige Ausreise nach seiner Entlassung aus der Strafhaft ist aus Gründen der öffentlichen Ordnung und Sicherheit erforderlich.

Der Beschwerde ist im Ergebnis derzeit - vorbehaltlich allfälliger anderer Verfügungen zu einem späteren Zeitpunkt - die aufschiebende Wirkung nicht zuzuerkennen.

Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision

Die Revision nach Art 133 Abs 4 B-VG ist nicht zulässig, weil das BVwG grundsätzliche Rechtsfragen im Sinne dieser Gesetzesstelle nicht zu lösen hatte.

Schlagworte

aufschiebende Wirkung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:G311.2230455.1.00

Im RIS seit

28.07.2020

Zuletzt aktualisiert am

28.07.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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