TE Vwgh Erkenntnis 1998/2/19 96/16/0072

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Veröffentlicht am 19.02.1998
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Index

32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;
35/02 Zollgesetz;

Norm

BAO §246 Abs1;
BAO §308 Abs1;
ZollG 1988 §59 Abs5;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner, Dr. Fellner, Dr. Höfinger und Dr. Kail als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Hajicek, über die Beschwerde der A Ges.m.b.H. in I, vertreten durch Dr. Karl Heinz Klee, Rechtsanwalt in Innsbruck, Maria-Theresia-Straße 38, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Tirol vom 5. Februar 1996, Zl. A 391/1/1-3/95, betreffend Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in einem Eingangsabgabenverfahren, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit einer gegenüber dem Anmelder, der B.A. Internationale Spedition GmbH erlassenen zollamtlichen Bestätigung des Hauptzollamtes Innsbruck vom 19. November 1991 wurden auf Grund der Anmeldung vom 31. Oktober 1991 Eingangsabgaben in Höhe von insgesamt S 204.001,40 vorläufig festgesetzt.

Mit endgültigem, an die B.A. GmbH erlassenen Bescheid vom 31. Jänner 1994 wurden die in dieser zollamtlichen Bestätigung näher bezeichneten Eingangsabgaben mit einem Betrag von S 680.567,40 endgültig festgesetzt. Dieser Bescheid ist unangefochten in Rechtskraft erwachsen.

Mit einer an das Hauptzollamt Innsbruck gerichteten und dort am 11. April 1994 eingereichten Eingabe begehrte die Beschwerdeführerin - die Empfängerin der in Rede stehenden Waren - Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hinsichtlich der Frist zur Einbringung einer Berufung gegen den endgültigen Bescheid vom 31. Jänner 1994. In der Begründung wurde ausgeführt, die Beschwerdeführerin habe diesen Bescheid von der B.A. GmbH am 10. Februar 1994 erhalten. Die Zustellung des Bescheides an die B.A. GmbH sei am 5. Februar 1994 erfolgt. Wegen der Olympischen Spiele 1994 und des anschließenden Finales des alpinen Weltcups sei "der mit der Materie befaßte Geschäftsführer unserer Firma" von Anfang Februar bis 20. März 1994 beruflich im Ausland gewesen. Die Beschwerdeführerin hätte keine Möglichkeit gehabt, "zu dem unserer Spedition zugestellten und an uns weitergeleiteten Bescheid innerhalb offener Frist Stellung zu nehmen bzw. einen Einspruch fristgerecht abzugeben".

Auf einen entsprechenden Vorhalt des Hauptzollamtes Innsbruck wurde in einem Schriftsatz der Beschwerdeführerin vom 27. September 1994 ausgeführt, für die Beschwerdeführerin seien drei Geschäftsführer bestellt. "Für die laufenden Geschäfte" sei nur Dr. Klaus L. zuständig. Alle drei Geschäftsführer hätten sich ab 10. Februar 1994 wegen der Olympischen Spiele im Ausland befunden. Die Beschwerdeführerin verfüge nur "über einen sehr kleinen Apparat". Dem Geschäftsführer stehe nur eine Mitarbeiterin für "Sekretariatsarbeit" zur Verfügung, die allerdings über keinerlei Entscheidungskompetenzen oder entsprechende Sachkenntnis "für die Beurteilung von solchen Geschäftsfällen" verfüge.

Mit Bescheid vom 12. Dezember 1994 wurde der Wiedereinsetzungsantrag vom Hauptzollamt Innsbruck abgewiesen. In der Begründung wurde ausgeführt, für den Spediteur habe kein Hinderungsgrund bestanden, fristgerecht Berufung zu erheben oder die Beschwerdeführerin auf die Dringlichkeit einer solchen Maßnahme hinzuweisen. Für den Spediteur wie auch für die Beschwerdeführerin habe ausreichend Gelegenheit zur Wahrung des Berufungsrechtes bestanden. Außerdem sei die versäumte Berufung nicht gleichzeitig mit dem Wiedereinsetzungsantrag eingebracht worden.

In der Berufung gegen den Abweisungsbescheid wurde ausgeführt, die Weiterleitung des endgültigen Bescheides durch den Spediteur an die Beschwerdeführerin sei frühestens am 9. Februar 1994 erfolgt. Es sei jedoch davon auszugehen, daß die "Zustellung" an die Beschwerdeführerin wohl erst am 10. Februar 1994 erfolgt sei. An diesem Tag sei der "zuständige" Geschäftsführer nicht mehr im Hause gewesen.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung gegen den Abweisungsbescheid als unbegründet abgewiesen. Die belangte Behörde ging in der Begründung dieses Bescheides davon aus, daß zur Stellung eines Wiedereinsetzungsantrages erforderlich sei, daß der Antragsteller in dem Verfahren Parteistellung habe. Die Beschwerdeführerin sei weder Adressat des Bescheides über die endgültige Festsetzung der Eingangsabgaben noch sei die Zustellung dieses Bescheides an sie erfolgt. Eine Berechtigung zur Erhebung einer Berufung wäre nur bei einer zollamtlichen Bestätigung gegeben. Die Legitimation der Beschwerdeführerin zur Stellung eines Wiedereinsetzungsantrages sei daher nicht gegeben; der Antrag der Beschwerdeführerin sei daher zurückzuweisen. Auch dann, wenn die Beschwerdeführerin zur Antragstellung legitimiert gewesen wäre, wäre dem Antrag nicht stattzugeben gewesen, weil die versäumte Handlung nicht nachgeholt worden sei und weil ein unabwendbares oder unvorhergesehenes Ereignis nicht vorgelegen sei.

In der Beschwerde gegen diesen Bescheid wird dessen inhaltliche Rechtswidrigkeit geltend gemacht. Die Beschwerdeführerin erachtet sich nach der Beschwerdeschrift in ihrem Recht "auf Erhebung einer Berufung" verletzt. In einem auf Aufforderung des Verwaltungsgerichtshofes eingebrachten, die Beschwerde verbessernden Schriftsatz wird als Beschwerdepunkt das "Recht auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand" bezeichnet.

Der Bundesminister für Finanzen legte die von der belangten Behörde erstattete Gegenschrift und die Akten des Verwaltungsverfahrens vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach § 308 Abs. 1 BAO ist gegen die Versäumung einer Frist auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn die Partei glaubhaft macht, daß sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten.

Gemäß § 59 Abs. 5 ZollG 1988 in der auf den Beschwerdefall anzuwendenden Fassung des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 463/1992 galten zollamtliche Bestätigungen als Bescheide. Mit der Zustellung an den Anmelder galten sie auch als dem Empfänger zugestellt, wenn dieser in der zollamtlichen Bestätigung als Empfänger genannt war.

Im Spruch des (ohne Verwendung eines amtlichen Vordruckes ausgefertigten) endgültigen Bescheides vom 31. Jänner 1994 ist die Beschwerdeführerin nicht als Empfänger genannt. Damit ist aber die Voraussetzung für die im zweiten Satz des § 59 Abs. 5 ZollG 1988 enthaltene Zustellfiktion (vgl. VfSlg. 13.027) nicht erfüllt. Daraus folgt aber für den Beschwerdefall, daß der angeführte Bescheid vom 31. Jänner 1994 an die Beschwerdeführerin nicht ergangen ist.

Damit war die Beschwerdeführerin im Sinne des § 246 Abs. 1 BAO zur Einbringung einer Berufung gegen diesen (endgültigen) Bescheid nicht befugt. Daraus folgt weiters, daß sie zur Einbringung eines Antrages um Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hinsichtlich der (vermeintlich versäumten) Frist zur Einbringung einer Berufung gegen den an sie nicht ergangenen Bescheid vom 31. Jänner 1994 nicht legitimiert war. Der Wiedereinsetzungsantrag wäre daher - wie die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid im Ergebnis zutreffend festgestellt hat - vom Hauptzollamt richtigerweise zurückzuweisen gewesen. Dadurch, daß die belangte Behörde die Berufung gegen den vom Hauptzollamt erlassenen, den Wiedereinsetzungsantrag abweisenden Bescheid als unbegründet abgewiesen hat, konnte die Beschwerdeführerin in ihren Rechten nicht verletzt sein. Die Beschwerde erweist sich damit als unbegründet, sodaß sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG i. V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1996160072.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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