TE Vwgh Beschluss 2020/7/8 Ra 2020/22/0119

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Veröffentlicht am 08.07.2020
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

AVG §38
B-VG Art133 Abs4
VwGG §25a Abs1
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1
VwGG §34 Abs1a

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Köhler, Hofrätin Mag.a Merl und Hofrat Dr. Schwarz als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Thaler, in der Revisionssache des Landeshauptmannes von Wien, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien vom 12. März 2020, VGW-151/084/2699/2020-1, betreffend Aufenthaltstitel (mitbeteiligte Partei: A M, vertreten durch Dr. Andreas Waldhof, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Reichsratsstraße 13), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

2        Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

3        Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

4        Mit dem angefochtenen Erkenntnis hob das Verwaltungsgericht Wien (VwG) den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien (Revisionswerbers), mit dem das Verfahren der Mitbeteiligten betreffend ihren Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels als Familienangehörige wegen des Verdachtes einer Aufenthaltsehe ihres Ehemannes mit seiner früheren (mittlerweile geschiedenen) Ehefrau gemäß § 38 AVG ausgesetzt worden war, ersatzlos auf. Eine ordentliche Revision wurde für unzulässig erklärt.

Dies wurde damit begründet, dass der Aussetzungsbescheid nicht ausreichend bestimmt sei, weil weder aus dem Spruch noch aus der Begründung erkennbar sei, welches Verfahren von der Behörde abgewartet werde. Es könne vermutet werden, dass ein Verfahren betreffend den Aufenthaltstitel des Ehemannes der Mitbeteiligten gemeint sei. Ein solches wäre jedoch beim Revisionswerber selbst anhängig und erfülle somit nicht die Voraussetzung des § 38 AVG, wonach nur Vorfragen, die als Hauptfragen von anderen Verwaltungsbehörden oder von Gerichten zu entscheiden wären, zu einer Aussetzung berechtigten (Hervorhebung im Original).

5        In der Zulässigkeitsbegründung bringt der Revisionswerber zunächst zutreffend vor, dass grundsätzlich auch Vorfragen zur Aussetzung gemäß § 38 AVG berechtigen, die zwar von derselben Behörde, aber in einem anderen Verfahren als Hauptfrage zu entscheiden sind.

6        Nicht gefolgt kann dem Revisionswerber jedoch darin werden, dass der Spruch des Aussetzungsbescheides in Zusammenhang mit der Begründung ausreichend bestimmt sei (vgl. zur erforderlichen Bestimmtheit von Aussetzungsbescheiden die bei Hengstschläger/Leeb, AVG, § 38, Rn. 48 zitierte hg. Rechtsprechung). Auch in der Begründung sind weder die Aktenzahl noch die Behörde genannt, bei der ein Verfahren anhängig sein soll, sodass auch gar nicht beurteilt werden kann, inwieweit die in einem anderen Verfahren zu klärende Hauptfrage eine Vorfrage für das auszusetzende Verfahren darstellt. Im Übrigen geht auch aus den vorgelegten Verfahrensakten nicht hervor, dass die Verfahren betreffend den Ehemann der Mitbeteiligten etwa - wie der Revisionswerber vorbringt - wiederaufgenommen worden wären.

7        Angesichts dessen behob das VwG in Einklang mit der hg. Rechtsprechung den Aussetzungsbescheid bereits mangels ausreichender Bestimmtheit. Das rechtliche Schicksal der Revision hängt somit nicht von der Beantwortung der Frage ab, ob auch Vorfragen zur Aussetzung gemäß § 38 AVG berechtigen, die zwar von derselben Behörde, aber in einem anderen Verfahren als Hauptfrage zu entscheiden sind.

8        In der Revision wird somit keine Rechtsfrage aufgeworfen, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme; sie war daher zurückzuweisen.

Wien, am 9. Juli 2020

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020220119.L00

Im RIS seit

29.09.2020

Zuletzt aktualisiert am

29.09.2020
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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