TE Vwgh Erkenntnis 1998/2/24 95/13/0074

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Veröffentlicht am 24.02.1998
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Index

32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;

Norm

BAO §303;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Fellner, Dr. Hargassner, Mag. Heinzl und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein des Schriftführers DDDr. Jahn, über die Beschwerde des MW in W, vertreten durch Dr. Johannes Patzak, Rechtsanwalt in Wien I, Johannesgasse 16, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland, Berufungssenat V, vom 24. Jänner 1995, Zl. 16-94/3273/06, betreffend Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich Umsatz- und Einkommensteuer 1977 bis 1979, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Zur Vorgeschichte des Beschwerdefalles wird auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 13. Februar 1991, Zl. 86/13/0120, verwiesen, mit dem die Beschwerde gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 10. Juli 1986, Zl. 6/3-3272/5/86, betreffend Umsatz- und Einkommensteuer für die Jahre 1977 bis 1979 als unbegründet abgewiesen wurde. Mit diesem damals angefochtenen Bescheid wurde insbesondere eine Zuschätzung zu den erklärten Umsätzen und Einkünften aus selbständiger Arbeit vorgenommen, da unter anderem die Herkunft der Mittel für den Ankauf einer Liegenschaft im Seepark W. in Höhe von S 841.500,-- - die am 30. Mai 1979 mittels Überweisung durch einen rechtsfreundlichen Vertreter bezahlt worden war - nach Auffassung der Abgabenbehörden nicht aufgeklärt worden war. Im Abgabenverfahren war hiezu vom Beschwerdeführer vorgebracht worden, der angeführte Betrag sei von seiner Ehefrau finanziert worden. Nach deren Angaben hätten die Mittel aus einer teilweisen Verwertung von in Deutschland gelegenem Vermögen gestammt. Die Ehegattin hätte Anteile an Liegenschaften mit Einheitswerten von zusammen DM 1,403.400,-- - wovon auf sie DM 350.850,-- entfielen, - nach ihrem am 13. Mai 1977 verstorbenen Vater geerbt. Im Bescheid vom 10. Juli 1986 wurde dazu festgestellt, daß in der Vermögensteuererklärung zum 1. Jänner 1979 weder ausländische Grundstücke noch Bargeld oder sonstiges Vermögen ausgewiesen worden sei. Eine ursprünglich als Erklärung "angebotene" Überweisung in Höhe von

DM 119.000,-- sei erst am 3. April 1980 erfolgt. Eine Veräußerung der ererbten Liegenschaftsanteile bis zum 30. Mai 1979 sei nicht einmal behauptet worden.

Im Erkenntnis vom 13. Februar 1991 verwies der Verwaltungsgerichtshof insbesondere darauf, daß die Schlußfolgerung der belangten Behörde, wonach die finanziellen Mittel aus nicht erklärten Einkünften des Beschwerdeführers stammten, umso naheliegender gewesen seien, als ein erheblicher Teil der Einkünfte des Beschwerdeführers von diesem ursprünglich nicht erklärt, sondern erst vom Prüfer auf Grund vorgefundener Unterlagen ermittelt worden sei. Von der belangten Behörde habe das mehrfach geänderte Vorbringen über die Finanzierung des Liegenschaftskaufes im Seepark W. im Hinblick auf seine Widersprüchlichkeit zu Recht als unglaubwürdig angesehen werden können.

In der Eingabe vom 30. Oktober 1992 stellte der Beschwerdeführer den Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Umsatz- und Einkommensteuer 1977 bis 1979. Wörtlich wurde in diesem Antrag ausgeführt:

"Die Mittel zum Ankauf der Liegenschaft im Burgenland stammten tatsächlich von der Ehefrau des Pflichtigen. Diese hatte ihren am 13.5.1977 verstorbenen Vater, Gerhard N., beerbt und dabei ein Viertel des nachlaßgegegenständlichen Liegenschaftsvermögens, welches allein einen steuerlichen Einheitswert von DM 1,400.000,-- repräsentierte, erworben. Die Ehefrau des Pflichtigen war aber nicht - wie dies etwa nach österreichischem Recht der Fall wäre - Erbin zu einem selbständigen, vor allem: selbständig verwertbaren - Anteil, sie war vielmehr gemeinschaftliche Erbin mit ihrer Schwester und ihrer Mutter. Die Verwertung des Nachlaßvermögens nach ihrem Vater stand ihr also alleine nicht zu. Faktisch lag die Entscheidung über die Verwertung des väterlichen Vermögens in der Hand der nachgelassenen Witwe, welche - aus verständlichen Gründen das väterliche Erbe verteidigend - nur zögernd bereit war, den einen oder anderen Nachlaßgegenstand zu verwerten und den Verwertungserlös an ihre Töchter herauszugeben.

Befragt, woher denn die Ehefrau des Pflichtigen die Mittel zum Ankauf einer Liegenschaft im Burgenland habe, antwortete der Pflichtige mit seinem Hinweis auf die vorgeschilderte Erbschaft. Die Abgabenbehörde der ersten und zweiten Rechtsstufe verwarfen diese Argumentation und rechneten diejenigen Mittel, die zum Liegenschaftsankauf erforderlich waren, dem Pflichtigen zu.

Am 8.12.1991 verstarb nun die Schwiegermutter des Pflichtigen, also die Witwe nach Gerhard N. In ihrem Nachlaß fand sich nun ein Schenkungssteuerbescheid des Finanzamtes Düsseldorf-Altstadt vom 2.9.1986, in welchem für die Schenkung der Margarethe N. an ihre Tochter Doris W. im Betrage von DM 100.000,-- Schenkungssteuer vorgefunden wurde. Ferner kam eine Aufstellung über jene Mittel hervor, die die Verstorbene ihren Töchtern nach Verwertung des Liegenschaftsvermögens ausgehändigt hatte. Wäre der Pflichtige in der Lage gewesen, diese von seiner Schwiegermutter stammenden Aufzeichnungen und den Schenkungssteuerbescheid im Verfahren darzulegen, dann hätte das Verfahren einen völlig anderen Ausgang genommen, denn dann wäre die einzig und allein auf die Unaufgeklärtheit dieser Mittel zurückzuführende Schätzung exzessiven Ausmaßes unterblieben."

Zur Wahrung der Frist i.S.d. § 303 Abs. 2 BAO wurde ausgeführt, die "Aufstellung im Nachlaß nach Margarete N." sei am 7. August 1992 aufgefunden worden.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde der Wiederaufnahmeantrag zurückgewiesen. In der Begründung dieses Bescheides ging die belangte Behörde davon aus, daß die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme vom Antragsteller aus eigenem Antrieb konkretisiert und schlüssig darzulegen seien. Aus den Ausführungen im Wiederaufnahmeantrag sei nicht erkennbar, wann die Schenkung erfolgt sei. Der Schenkungssteuerbescheid sei dem Wiederaufnahmeantrag nicht angeschlossen gewesen. Über den Inhalt der "aufgefundenen Aufstellung" - die ebenfalls nicht vorgelegt worden sei - seien keine näheren Angaben gemacht worden. Ein sachlich mangelhafter Wiederaufnahmeantrag sei zurückzuweisen. Im übrigen wäre der Wiederaufnahmeantrag abzuweisen gewesen, weil den Beschwerdeführer ein Verschulden an der "Nichtgeltendmachung" der behaupteten Tatsachen im Verfahren getroffen habe.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Ein Anbringen, mit dem die Wiederaufnahme des Verfahrens im Sinne des § 303 BAO beantragt wird, muß die konkreten Umstände darlegen, die als Behauptung eines bestimmten Wiederaufnahmegrundes und seiner rechtzeitigen Geltendmachung erkennbar sind. Aus dem Antrag muß sich dabei auch ergeben, daß alle von der wiederaufzunehmenden Sache Betroffenen unverschuldet bis zur Rechtskraft des Bescheides nicht entsprechend Einfluß nehmen konnten. Das Fehlen von Hinweisen auf die Konkretisierung der Wiederaufnahmsgründe sowie darüber, daß die Gründe ohne Verschulden im abgeschlossenen Verfahren nicht geltend gemacht werden konnten, sind inhaltliche Mängel. Ein solcher sachlich mangelhafter Antrag ist zurückzuweisen (vgl. Stoll, BAO-Kommentar, 2914 m.w.H.).

In dem gegenständlichen Antrag auf Wiederaufnahme des mit Bescheid vom 10. Juli 1986 abgeschlossenen Verfahrens beschränkt sich der Beschwerdeführer darauf, als Wiederaufnahmegrund das Auffinden eines an seine Schwiegermutter gerichteten Schenkungssteuerbescheides vom 2. September 1986 sowie einer "Aufstellung" über die von der Schwiegermutter an ihre Töchter "ausgehändigten" Mittel geltend zu machen. Diese Beweismittel wurden der Abgabenbehörde nicht vorgelegt. Hinsichtlich des Schenkungssteuerbescheides vom 2. September 1986 ist dabei zwar davon auszugehen, daß dieses Beweismittel selbst kein neu hervorgekommenes, sondern ein erst neu entstandenes Beweismittel darstellt. Dennoch könnte aus einem solchen neu entstandenen Beweismittel auf eine bereits im Zeitpunkt des Abschlusses des Verfahrens bestandene Tatsache geschlossen werden, woraus sich ein tauglicher Wiederaufnahmsgrund ergeben könnte. Auch die behauptete "Aufstellung" der Schwiegermutter des Beschwerdeführers - über deren Entstehung der Beschwerdeführer keine Angaben machte - könnte an sich ein Beweismittel über eine neu hervorgekommene Tatsache darstellen. Gerade aber über einen vorstellbaren tauglichen Wiederaufnahmegrund - nämlich darüber, daß tatsächlich die Ehegattin des Beschwerdeführers bis spätestens 30. Mai 1979, dem Tag der Überweisung des Betrages von

S 841.500,--, aus der Realisierung des von ihrem Vater ererbten Vermögens oder aus einer Schenkung der Mutter einen Betrag dieser Größe erhalten hatte - ergibt sich nach den Ausführungen im Wiederaufnahmeantrag nichts. Ein konkreter Sachverhalt, daß die Ehefrau des Beschwerdeführers tatsächlich über den genannten Betrag am 30. Mai 1979 verfügt hatte und aus welcher konkreten Quelle ein solcher Betrag stammte, wurde

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ebensowenig wie in dem lange andauernden vorhergehenden Verfahren - auch im Wiederaufnahmeantrag nicht einmal behauptet. Dabei trifft es zwar zu, daß auch im Verfahren über einen Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens die amtswegige Ermittlungspflicht der Behörde nicht ausgeschlossen ist. Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers ist aber in Fällen, in denen wie hier ein tauglicher Wiederaufnahmsgrund

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hier eine neu hervorgekommene Tatsache - nicht einmal behauptet wird, die Behörde keineswegs verpflichtet, Ermittlungen zur Feststellung eines solchen Wiederaufnahmsgrundes vorzunehmen. (Im Zusammenhang ist darauf zu verweisen, daß im abgeschlossenen Verfahren sämtliche lange andauernden Ermittlungsversuche der Abgabenbehörde erfolglos geblieben sind, vgl. die detaillierte Darstellung im Sachverhaltsteil des Erkenntnisses vom 13. Februar 1991, Zl. 86/13/0120).

Da somit der Wiederaufnahmsantrag inhaltliche Mängel aufwies - deren Behebung durch eine Zurückstellung des Antrages im Gesetz nicht vorgesehen ist (vgl. neuerlich Stoll, aaO) -, hat die belangte Behörde den Antrag zu Recht zurückgewiesen.

Bei dieser Sach- und Rechtslage erübrigte es sich, auf die Einwendungen des Beschwerdeführers dagegen näher einzugehen, daß die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Auffassung vertrat, auch bei Darstellung eines tauglichen Wiederaufnahmegrundes wäre ein solcher Antrag abzuweisen gewesen, weil den Beschwerdeführer daran ein Verschulden getroffen habe, daß er im abgeschlossenen Verfahren keine konkrete Darstellung über einen Zufluß von Mitteln seitens der Eltern seiner Ehefrau gegeben hatte. Zur Klarstellung ist dabei darauf zu verweisen, daß die belangte Behörde dem Beschwerdeführer keineswegs ein Verschulden an der "Nichtauffindung" des Schenkungssteuerbescheides und der "Aufstellung" zur Last gelegt hat. Vielmehr hat sie zu Recht darauf verwiesen, daß der Beschwerdeführer zweifellos bereits im abgeschlossenen Verfahren in der Lage hätte sein müssen, konkrete Angaben über den Zufluß von Geldmitteln - und zwar bis zum 30. Mai 1979 - zu machen.

Die Beschwerde war somit aus den oben dargestellten Gründen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG i. V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1995130074.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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