TE Vwgh Beschluss 2020/5/28 Ra 2020/18/0076

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Veröffentlicht am 28.05.2020
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

AVG §58 Abs2
AVG §59 Abs1
AVG §60
VwRallg

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr.in Sporrer, den Hofrat Dr. Sutter und die Hofrätin Dr.in Sembacher als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Wuketich, über die Revision der N P, vertreten durch Mag. Hubert Hohenberger, Rechtsanwalt in 2320 Schwechat, Brauhausstraße 9A/12, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 8. Jänner 2020, L515 2227150-1/4E, betreffend eine Asylangelegenheit (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Die Revisionswerberin, eine Staatsangehörige Georgiens, stellte am 14. Oktober 2019 einen Antrag auf internationalen Schutz. Sie gab an, Georgien verlassen zu haben, weil sie an Brustkrebs erkrankt sei und in Georgien keine adäquate, lebensrettende Behandlung erhalten würde.

2        Mit Bescheid vom 25. November 2019 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) diesen Antrag zur Gänze ab (Spruchpunkte I. und II.), erteilte der Revisionswerberin keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt III.), erließ gegen sie eine Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.) und stellte die Zulässigkeit der Abschiebung nach Georgien fest (Spruchpunkt V.). Überdies erkannte das BFA einer Beschwerde die aufschiebende Wirkung ab (Spruchpunkt VI.), legte keine Frist für die freiwillige Ausreise fest (Spruchpunkt VII.) und trug der Revisionswerberin auf, in einem näher genannten Quartier Unterkunft zu nehmen (Spruchpunkt VIII.).

3        Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) mit Erkenntnis vom 8. Jänner 2020 als unbegründet ab und erklärte die Revision für nicht zulässig. Überdies behob das BVwG mit Beschluss die Spruchpunkte II. bis VIII. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG und verwies die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an das BFA zurück. Die Revision dagegen sei ebenfalls nicht zulässig.

4        Begründend führte das BVwG aus, dass die gesundheitlichen Erwägungen, welche die Revisionswerberin zum Verlassen ihres Herkunftsstaates veranlasst hätten, nicht zur Gewährung von Asyl führen könnten. Die Revisionswerberin leide an Brustkrebs, jedoch sei aus dem Bescheid nicht ersichtlich, welcher Behandlungsbedarf bestehe bzw. welche konkreten Behandlungsmöglichkeiten der Revisionswerberin in Georgien tatsächlich offen stünden. Die Feststellungen des Bescheides hinsichtlich der Behandelbarkeit von Krebs in Georgien seien vage und allgemein gehalten. Aus den Feststellungen des Bescheides sei ebenso nicht ersichtlich, ob die Revisionswerberin im Falle einer Rückkehr nach Georgien einer ernsten, raschen und unwiederbringlichen Verschlechterung ihres Gesundheitszustandes ausgesetzt wäre, die zu intensivem Leiden oder einer erheblichen Verkürzung der Lebenserwartung führen würde. Daher sei der maßgebliche Sachverhalt dermaßen mangelhaft ermittelt worden, dass von einem gänzlichen Ausbleiben der zur Entscheidungsfindung notwendigen Ermittlungen gesprochen werden müsse.

5        Gegen dieses Erkenntnis und diesen Beschluss richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision, in welcher im Wesentlichen geltend gemacht wird, dass das BVwG die Beschwerde nicht uneingeschränkt abweisen hätte dürfen. Es hätte die Beschwerde lediglich eingeschränkt auf den Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides abweisen dürfen und der Beschwerde hinsichtlich der Spruchpunkte II. bis VIII. Folge geben sowie die Angelegenheit im Sinne des Aufhebungsantrages an die Behörde erster Instanz zurückverweisen müssen. Mit der vollständigen Abweisung der Beschwerde widerspreche das Erkenntnis dem nachgeordneten Zurückverweisungsbeschlusses.

6        Mit diesem Vorbringen wird die Zulässigkeit der Revision nicht dargetan.

7        Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).

8        Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

9        Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

10       Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes erweist sich eine Entscheidung dann als mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit behaftet, wenn Spruch und Begründung zueinander im Widerspruch stehen und sich der Widerspruch nicht als bloß terminologische Abweichung darstellt, deren Wirkung sich im Sprachlichen erschöpft (vgl. VwGH 9.1.2020, Ra 2019/19/0363, mwN).

11       Ein undeutlicher Spruch ist hingegen nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes aus dem Gesamtzusammenhang mit der Begründung auslegbar (vgl. mwN zB VwGH 22.2.2018, Ra 2017/22/0125; sowie VwGH 24.5.2016, Ra 2016/09/0012).

12       Im Spruch der angefochtenen Entscheidung hat das BVwG ausgesprochen, dass die Beschwerde als unbegründet abgewiesen wird und die Spruchpunkte II. bis VIII. aufgehoben werden sowie die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an das BFA zurückverwiesen wird. In der Begründung führte das BVwG dazu aus, dass die Revisionswerberin keine asylrelevanten Gründe angegeben habe und daher die Zuerkennung des Status einer Asylberechtigten ausscheide. Auch in seiner rechtlichen Beurteilung führte es aus, dass die Beschwerde nur hinsichtlich Spruchpunkt I. als unbegründet abgewiesen werde.

13       Vor diesem Hintergrund vermag die Revision fallbezogen nicht aufzuzeigen, dass im Revisionsfall ein unlösbarer Widerspruch zwischen Spruch und Begründung vorliegt.

14       In der Revision werden sohin keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 28. Mai 2020

Schlagworte

Individuelle Normen und Parteienrechte Auslegung von Bescheiden und von Parteierklärungen VwRallg9/1 Spruch und Begründung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020180076.L00

Im RIS seit

17.07.2020

Zuletzt aktualisiert am

17.07.2020
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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