TE Vwgh Beschluss 2020/6/9 Ra 2020/13/0015

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Veröffentlicht am 09.06.2020
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren
83 Naturschutz Umweltschutz

Norm

ALSAG 1989 §3 Abs1a Z6
AVG §46
AVG §52

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Nowakowski sowie die Hofräte MMag. Maislinger und Mag. Novak als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Karlovits, LL.M., über die Revision der W GmbH in L, vertreten durch die Haslinger / Nagele Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Mölker Bastei 5, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom 26. November 2019, Zl. LVwG-551492/20/KH/BeH, betreffend Feststellungen gemäß § 10 ALSAG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Linz-Land; mitbeteiligte Partei: Bund, vertreten durch das Zollamt Linz Wels), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Mit Bescheid vom 13. Mai 2019 (berichtigt am 16. Mai 2019) stellte die Bezirkshauptmannschaft - über Antrag des den Bund vertretenden Zollamts - gemäß § 10 Altlastensanierungsgesetz (ALSAG) fest, dass 4.848,20 Tonnen sowie 15.542 Tonnen recyclierte Baurestmassen, welche von der Revisionswerberin in den Jahren 2006 bis 2011 zur Errichtung von Zufahrtsstraßen auf näher genannten Grundstücken verwendet worden seien, Abfall iSd Abfallwirtschaftsgesetzes 2002 (AWG 2002) seien, dem Altlastenbeitrag gemäß § 3 ALSAG unterlägen und das Aufbringen dieser recyclierten Baurestmassen eine beitragspflichtige Tätigkeit im Sinne des ALSAG darstelle.

2        Die Revisionswerberin erhob gegen diesen Bescheid Beschwerde. Geltend gemacht wurde, es liege eine fachlich unbedenkliche Verwendung der Baurestmassen zur Schaffung eines technisch erforderlichen Unterbaues für einen Verkehrsweg mit entsprechendem Qualitätssicherungssystem vor.

3        Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Landesverwaltungsgericht der Beschwerde insofern Folge, als betreffend eine Teilmenge von 7.585 Tonnen recyclierte Baurestmasse in deren Verwendung für die Errichtung von Zufahrtsstraßen keine beitragspflichtige Tätigkeit im Sinne des ALSAG vorliege. Im Übrigen wies es die Beschwerde als unbegründet ab. Es sprach aus, dass gegen diese Entscheidung eine Revision unzulässig sei.

4        Nach Wiedergabe des Verfahrensgangs führte das Verwaltungsgericht im Wesentlichen aus, für den Einsatz von Recycling-Baustoffen (Baurestmassen) in den Jahren 2006 bis 2011 bildeten die Vorgaben des Bundesabfallwirtschaftsplanes 2006 (BAWP 2006) bzw. die mit ihm in den maßgeblichen Punkten identen Richtlinien des Österreichischen Baustoff-Recycling Verbandes (ÖBRV) den damals geltenden Stand der Technik ab. Die Einsatzmöglichkeit der Baurestmassen sei dem Stand der Technik entsprechend von der konkreten herkunfts- und kontaminationsbedingten Qualität („A+“, „A“ oder „B“) des jeweiligen Materials abhängig gewesen.

5        Die Revisionswerberin betreibe (u.a.) an den Standorten T und K Kieswerke. Für die Errichtung und den Betrieb seien jeweils die erforderlichen behördlichen Bewilligungen eingeholt worden. Diese Genehmigungen umfassten auch die Errichtung der verfahrensgegenständlichen Zufahrtsstraße.

6        In den Jahren 2006 bis 2011 habe die Revisionswerberin auf näher genannten Grundstücken Recyclingmaterialien (als Straßen-Unterbau) auf dort verlaufenden Zufahrtsstraßen zum Kieswerk aufgebracht.

7        Bei den verwendeten Recyclingmaterialien handle es sich um mineralische Hochbau-Restmassen aus der Anlage der mit der Revisionswerberin im Konzernverbund stehenden U GmbH. Seit Mitte des Jahres 2006 sei die U GmbH dem ÖBRV angeschlossen. Sie sei - bei im Vergleich zu den Vorjahren vollständig unverändertem Anlagengeschehen - registriert und zertifiziert, wobei der produzierte Recycling-Sand immer mit der Qualitätsklasse „B“ zertifiziert gewesen sei. Das Recyclingmaterial sei in keinem der Kieswerke vor dem Einbau chemischen Analysen unterzogen worden. Vor dem Einbau des Materials sei keine Beweissicherung im Hinblick auf Umweltparameter erfolgt. Es sei im Einbauzeitpunkt nicht festgestellt worden, welche Qualität das Material tatsächlich gehabt habe. Bis Mitte des Jahres 2006 sei vor dem Einbau des Materials überhaupt keine Qualitätssicherung erfolgt. Ab diesem Zeitpunkt sei lediglich hinsichtlich der Qualitätsklasse „B“ qualitätsgesichertes Material eingebaut worden.

8        Als Fahrbahndecke fungiere bei der Zufahrtsstraße zum Kieswerk T eine Schotterschicht, welche vor der bestimmungsgemäßen Verwendung für den Werksverkehr aufgebracht und von diesem auch entsprechend verdichtet, aber weder mit Hilfe von Zement (Beton) noch von Bitumen (Asphalt) verfestigt worden sei.

9        Hinsichtlich der Zufahrtsstraße zum Kieswerk K fungiere als Fahrbahndecke auf einer Länge von 230 m eine Schotterschicht, welche ebenfalls vor der bestimmungsgemäßen Verwendung für den Werksverkehr aufgebracht und von diesem auch entsprechend verdichtet, aber weder mit Hilfe von Zement (Beton) noch von Bitumen (Asphalt) verfestigt worden sei. Die restlichen 470 m der Zufahrtsstraße seien seit 2007 asphaltiert.

10       Betreffend die Zufahrtsstraße zum Kieswerk T sei aufgrund des geringen Grundwasserflurabstandes aus geohydrologischer Sicht von einem „sensiblen Gebiet“ im Sinne des Begriffsverständnisses des BAWP 2006 auszugehen. Hinsichtlich des Kieswerkes K sei hingegen von einem „weniger sensiblen Gebiet“ im Sinne des BAWP 2006 auszugehen.

11       Das bei der Errichtung der Zufahrtsstraßen verwendete Recyclingmaterial sei von der Revisionswerberin erst nachträglich auf seine Qualität untersucht worden. Betreffend Kieswerk T seien am 8. März 2011 durch die Umweltlabor B GmbH Proben entnommen worden; laut Prüfbericht vom 6. April 2011 sei das Material mit Qualitätsklasse „A“ bezeichnet worden. Im Jänner 2016 sei eine Überprüfung durch die S GmbH erfolgt. Das geprüfte Material habe hinsichtlich der Parameter für die Bestimmung der Umweltverträglichkeit die Grenzwerte für die Qualitätsklasse „B“ eingehalten. Betreffend Kieswerk K seien am 7. April 2011 durch die Umweltlabor B GmbH Proben entnommen worden; laut Prüfbericht sei das Material mit Qualitätsklasse „B“ bezeichnet worden. Im Jahr 2016 sei eine Überprüfung durch die S GmbH erfolgt. Laut dem Prüfbericht habe bzw. hätten eine Probe des geprüften Materials hinsichtlich der Parameter für die Bestimmung der Umweltverträglichkeit die Grenzwerte für die Qualitätsklasse „A“ eingehalten, zwei weitere Proben jene der Qualitätsklasse „B“.

12       Im Rahmen der rechtlichen Beurteilung führte das Verwaltungsgericht im Wesentlichen aus, bei den aus der Anlage der U GmbH stammenden Recyclingmaterialien handle es sich um Altstoffe im Sinne des § 2 Abs. 4 Z 1 AWG 2002. Die Aufbereitung der Baurestmassen durch die U GmbH habe noch nicht das Abfallende der Baurestmassen herbeigeführt; dieses werde erst durch deren unmittelbaren Einsatz als Baustoff bewirkt. Das Abfallende habe daher frühestens mit dem Einbau - unter der Prämisse, dass es sich hiebei auch um eine zulässige Verwendung gehandelt habe - eintreten können. Damit sei Spruchpunkt 1 des angefochtenen Bescheides rechtsrichtig.

13       Die Verfüllung von Abfällen zur Schaffung eines technisch erforderlichen Unterbaus für einen Verkehrsweg erfülle eine konkrete bautechnische Funktion im Zusammenhang mit einer übergeordneten Baumaßnahme. Hinsichtlich der Verwendung der Materialien zur Errichtung und Sanierung der Zufahrtsstraßen in beiden Kieswerken seien die notwendigen behördlichen Bewilligungen und Anzeigen vorgelegen.

14       Voraussetzung für die Ausnahme von der Beitragspflicht sei insbesondere, dass durch ein Qualitätssicherungssystem gewährleistet sei, dass eine gleichbleibende Qualität gegeben sei.

15       Hinsichtlich der eingebauten Materialien habe seit dem Jahr 2006 ein entsprechendes Qualitätssicherungssystem bei der Anlage der U GmbH bestanden. Da sämtliche eingebaute Materialien von dieser Anlage stammten, sei ab 2006 vor dem Einbau der Materialien eine Qualitätssicherung vorgelegen. Die Zertifizierung bzw. Registrierung der mineralischen Hochbau-Restmassen und des Recycling-Sandes sei aber jeweils nur für die Qualitätsklasse „B“ vorgelegen. Nur die Verwendung dieser Qualität habe damit garantiert werden können. Durch nachträgliche Beprobungen, die einen Nachweis des Vorliegens einer höheren Qualität erbrächten, könne nichts für das Vorliegen eines Qualitätssicherungssystems iSd § 3 Abs. 1a Z 6 ALSAG gewonnen werden.

16       Hinsichtlich der Beurteilung der erforderlichen Qualität des verwendeten Recyclingmaterials gelte es weiters zu beachten, dass dabei auf den im Beurteilungszeitraum (Einbauzeitraum) geltenden Stand der Technik abzustellen sei.

17       Im Kieswerk T sei das Material sowohl ungebunden als auch ohne Deckschicht (ohne Beton- oder Asphaltdeckschicht) verwendet worden. Unabhängig davon, ob es sich um ein sensibles oder weniger sensibles Gebiet handelte, hätte daher jedenfalls Material der Qualitätsklasse „A“ eingebaut werden müssen. Das von der Revisionswerberin verwendete Material sei jedoch nur hinsichtlich Qualitätsklasse „B“ qualitätsgesichert gewesen. Insoweit könne nicht vom Bestehen einer systematischen Qualitätssicherung im erforderlichen Ausmaß ausgegangen werden. Im Übrigen handle es sich hier um ein sensibles Gebiet, sodass bei einem Einbau „ungebunden ohne Deckschicht“ nur Material der gesicherten Qualitätsklasse „A+“ zulässig gewesen wäre.

18       Betreffend Kieswerk K liege ein „weniger sensibles Gebiet“ vor. Ein Teil des Materials sei auf einem Straßenabschnitt aufgebracht worden, der seit 2007 asphaltiert sei. Diesbezüglich sei daher von einer „Deckschicht“ auszugehen; es liege eine Verwendung „ungebunden mit Deckschicht“ vor. Diesfalls sei auch die Verwendung von Hochbau-Recyclingmaterial der Qualitätsklasse „B“ nach dem Stand der Technik zulässig gewesen. Im Übrigen seien die Materialien aber auch hier auf einem Straßenabschnitt aufgebracht worden, der als Fahrbahndecke nur eine Schotterschicht aufweise. Insoweit liege eine Anwendung des Recyclingmaterials in der Form „ungebunden ohne Deckschicht“ vor. Auch in weniger sensiblen Gebieten dürfe entsprechend dem zum Einbauzeitpunkt geltenden Stand der Technik nur Material der gesicherten Qualitätsklassen „A+“ oder „A“ eingebaut werden. Da wiederum nur eine Qualitätssicherung für die Klasse „B“ vorgelegen sei, sei die Verwendung nicht entsprechend dem Stand der Technik erfolgt.

19       Soweit das Recyclingmaterial im Kieswerk K unter einer mit Asphalt verfestigten Fahrbahndecke eingebracht worden sei, habe das Material gefahrlos eingebaut werden können. Insoweit liege zwar ebenfalls eine beitragspflichtige Tätigkeit vor, allerdings sei aufgrund der Erfüllung der Voraussetzungen des Ausnahmetatbestandes des § 3 Abs. 1a Z 6 ALSAG für sie kein Altlastenbeitrag zu entrichten. Insoweit sei der angefochtene Bescheid daher abzuändern, im Übrigen aber zu bestätigen gewesen.

20       Gegen dieses Erkenntnis - soweit der Beschwerde nicht Folge gegeben wurde - wendet sich die Revision.

21       Nach Einleitung des Vorverfahrens hat die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie eine Revisionsbeantwortung (ohne Begehren von Aufwandersatz) eingebracht. Die belangte Behörde hat erklärt, von einer Revisionsbeantwortung abzusehen. Der Bund, vertreten durch das Zollamt, hat sich am Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof nicht beteiligt.

22       Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

23       Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. Ein derartiger Beschluss ist in jeder Lage des Verfahrens zu fassen (§ 34 Abs. 3 VwGG).

24       Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

25       Zunächst ist darauf zu verweisen, dass sich die Revisionswerberin in den ihr gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 und 3 ALSAG zukommenden Rechten als verletzt erachtet. Demnach ist die Feststellung der Abfalleigenschaft (§ 10 Abs. 1 Z 1 ALSAG) nicht Gegenstand der Revision.

26       Zur Zulässigkeit wird in der Revision geltend gemacht, das angefochtene Erkenntnis weiche von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (Hinweis auf VwGH 18.12.2014, 2012/07/0054) ab, wonach es darauf ankomme, dass der entsprechende Abfall „gefahrlos eingebaut werden konnte“. Dabei könne der Bundes-Abfallwirtschaftsplan zwar als objektiviertes, generelles Gutachten herangezogen werden, sei aber durch ein fachliches Gegengutachten widerlegbar. Im vorliegenden Fall sei eine derartige Widerlegung erfolgt. Es gebe keine Rechtsprechung zur Frage, ob es im Lichte der Anforderungen des Qualitätssicherungssystems nach § 3 Abs. 1a Z 6 ALSAG auch dann beitragsbefreiend wirken könne, Abfälle zur Herstellung von Fahrstraßen zu verwenden, wenn diese Materialien vor dieser Verwendung qualitätsgesichert worden seien, wenngleich diese Materialen der Qualitätsklasse „B“ zuzuordnen seien. Schließlich liege ein relevanter Begründungsmangel vor, wenn das Bundesfinanzgericht zum Ergebnis gelangt sei, dass eine Deckschicht aus Kies nicht ausreichend sei.

27       Mit diesem Vorbringen wird eine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht dargetan.

28       Voraussetzung für die von der Revisionswerberin angestrebte Beitragsfreiheit ist u.a. das Vorliegen eines Qualitätssicherungssystems, das eine gleichbleibende Qualität des zur Verfüllung verwendeten Materials gewährleistet (§ 3 Abs. 1a Z 6 ALSAG). Ein Qualitätssicherungssystem lag nach den Sachverhaltsannahmen des Verwaltungsgerichtes - wie auch im angefochtenen Erkenntnis dargelegt - zum Zeitpunkt der Einbringung des Materials zwar vor, wurden doch sämtliche eingebauten Materialien von der konzernverbundenen U GmbH bezogen; dieses Material wurde aber stets (nur) mit der Qualitätsklasse „B“ zertifiziert.

29       Die Einsatzmöglichkeit von Baurestmassen hängt von der konkreten und kontaminationsbedingten Qualität des jeweiligen Materials ab. Dazu kann auf die Kriterien des BAWP 2006 zurückgegriffen werden (vgl. VwGH 23.10.2014, Ra 2014/07/0031, VwSlg. 18955/A, mwN). Von der Qualität der Baurestmassen hängt die Altlastenbeitragspflicht ab (vgl. VwGH 24.9.2015, 2013/07/0113). Es entspricht der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass Regelungen im BAWP 2006 (u.a.) technische Vorschriften darstellen, die den Charakter eines Regelwerks mit der Wirkung eines objektivierten, generellen Gutachtens haben, das gegebenenfalls durch ein fachliches Gegengutachten widerlegt werden kann (vgl. VwGH 20.2.2014, 2011/07/0180, VwSlg. 18784/A, und neuerlich 23.10.2014, Ra 2014/07/0031).

30       Nach den - im angefochtenen Erkenntnis geschilderten - Darlegungen im BAWP 2006 sind in einem hydrogeologisch sensiblen Gebiet (abgesehen von der Möglichkeit als Zuschlagsstoff) nur Materialien der Qualitätsklassen „A+“ oder „A“ geeignet. Da betreffend die Zufahrtsstraße der Kiesgrube T von einem sensiblen Gebiet auszugehen ist, kann die Verwendung von qualitätsgesichertem Material der Qualitätsklasse „B“ unabhängig davon, ob eine Deckschicht vorliegt, nicht zur Beitragsfreiheit führen.

31       In einem hydrogelogisch weniger sensiblen Gebiet (Zufahrtsstraße der Kiesgrube K) ist hingegen auch Material der Qualitätsklasse „B“ geeignet, dies aber nur in gebundener Form oder ungebunden mit Deckschicht.

32       Entgegen dem Revisionsvorbringen wurden diese gutachterlichen Darlegungen zu umweltverträglichen Einsatzmöglichkeiten von Recyclingmaterialien aus dem BAWP 2006 im Verfahren nicht widerlegt. Diese Annahmen entsprechen im Übrigen auch der von der Revisionswerberin vorgelegten schriftlichen Stellungnahme eines Sachverständigen (Beilagen 9 und 19 zur Beschwerde: Die Qualitätsklasse B darf nicht ungebunden ohne Deckschicht, sondern nur in gebundener Form mit/ohne Deckschicht oder ungebunden mit Deckschicht verwendet werden).

33       Dass das verwendete Material im vorliegenden Fall „ungebunden“ war, ist unstrittig. Strittig ist lediglich, ob eine (ausreichende) „Deckschicht“ vorhanden ist.

34       Das Verwaltungsgericht geht gestützt auf die Darlegungen der im Rahmen der Beschwerdeverhandlung aufgenommenen Sachverständigenbeweise davon aus, dass als „Deckschicht“ nur eine mit Hilfe von Bitumen (Asphaltdecke) oder Zement (Betondecke) verfestigte Schicht geeignet sei, da nur diese eine ausreichende Sicherheit gegen das Eindringen von Niederschlagswässern und damit gegen die Möglichkeit des Auswaschens von Schadstoffen aus den Recyclingbaustoffen biete. Eine - wie von der Revisionswerberin erstellte - Deckschicht aus Schotter und Kies erfülle diese Voraussetzung nicht. Zwar werde eine Kiesdeckschicht durch den regen Werksverkehr derart verdichtet, dass Niederschlagswässer nicht mehr nach unten durchsickern könnten. Durch diese Fahrbewegungen werde jedoch nicht die gesamte Straßenbreite im gleichen Ausmaß verdichtet; dies selbst unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die Fahrbewegungen nicht immer exakt in einer „Fahrrinne“ stattfänden. Auch wenn demnach eine Verschleißschicht aus sandigen Kiesen relativ rasch zu einer „praktisch dichten Haut“ führe, könne nicht die gleiche Wirkung erzielt werden wie mit einer das gesamte Material gleichmäßig schützenden Beton- oder Asphaltschicht.

35       Diese Sachverhaltsannahme wird in der Revision bekämpft, die Revision kann aber nicht aufzeigen, dass diese Sachverhaltsannahme mit die Zulässigkeit der Revision begründenden Verfahrensmängeln behaftet sei. Das Verwaltungsgericht konnte diese Sachverhaltsannahme auf die Darlegungen der im Rahmen der Beschwerdeverhandlung vernommenen Sachverständigen stützen. Insbesondere vom Sachverständigen A wurde darauf verwiesen, dass durch die Fahrbewegungen die Oberfläche weitgehend wasserundurchlässig werde. Es werde keine 100%ige Dichtheit, aber eine weitgehende Wasserundurchlässigkeit im Bereich der Fahrrinnen, welche über die Breite eines Lkw-Reifens hinausgehen könnten, erreicht. Wenn das Verwaltungsgericht daraus gefolgert hat, dass somit eine Dichtheit nicht über die gesamte Straßenbreite erreicht werden konnte, so erscheint dies nicht unschlüssig. Auch aus den (mündlichen und schriftlichen) Darlegungen der von der Revisionswerberin beigezogenen Sachverständigen geht nicht hervor, dass die durch den Werksverkehr erzielte Dichtheit die gesamte Straßenbreite betreffen würde. Wenn hiezu in der Revision eingewandt wird, eine mit einer Kiesdeckschicht versehene Straße werde an allen Stellen gleich stark befahren wie eine mit einer Betondeckschicht versehene Straße, so ist aber zu berücksichtigen, dass die Dichtheit der Betondeckschicht -anders als jene der Kiesdeckschicht - nicht (erst) durch das Befahren bewirkt wird.

36       In der Revision werden sohin keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 9. Juni 2020

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020130015.L00

Im RIS seit

17.07.2020

Zuletzt aktualisiert am

17.07.2020
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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