TE Lvwg Erkenntnis 2020/6/29 LVwG-2020/37/0895-5

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Veröffentlicht am 29.06.2020
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Entscheidungsdatum

29.06.2020

Index

L66507 Flurverfassung Zusammenlegung landw Grundstücke Flurbereinigung Tirol

Norm

FlVfLG Tir 1996 §3
FlVfLG Tir 1996 §17
FlVfLG Tir 1996 §74
VwGVG §24
VwGVG §28
VwGVG §31

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol fasst/erkennt durch seinen Richter Dr. Hirn über die Beschwerde des AA, Adresse 1, Z, vertreten durch BB, CC und DD, Rechtsanwälte in Y, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 12.03.2020, Zl ***, betreffend ein Zusammenlegungsverfahren nach dem Tiroler Flurverfassungslandesgesetz 1996 (mitbeteiligte Parteien: die Gemeinde Z, EE, FF und die Zusammenlegungsgemeinschaft GG; belangte Behörde: Tiroler Landesregierung als Agrarbehörde), den

I.

Beschluss:

1.       Die Beschwerde des AA, Adresse 1, Z, vertreten durch BB, CC und DD, Rechtsanwälte in Y, gegen die Spruchteile A.) und B.) des Bescheides der Tiroler Landesregierung vom 12.03.2020, Zl ***, werden mangels Parteistellung als unzulässig zurückgewiesen.

2.       Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

II.

zu Recht:

1.       Die Beschwerde gegen Spruchteil C.) des Bescheides der Tiroler Landesregierung vom 12.03.2020, Zl ***, wird als unbegründet abgewiesen.

2.       Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.       Verfahrensgang:

1.       Verfahren bei der belangten Behörde:

Mit Verordnung vom 25.10.2000, Zl ***, wurde das Verfahren zur Zusammenlegung der landwirtschaftlichen Grundstücke im Bereich „GG“ in der GB *** Z eingeleitet. Der Besitzstandsausweis und Bewertungsplan erfolgte mit rechtskräftigem Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 23.07.2014, Zl ***.

Zwecks Erschließung der Hofstelle EE, Gst Nr **1, GB *** Z, und des neu geplanten Wasserbassins der Gemeinde Z im Nordosteck des Gst Nr **1, GB *** Z, hat die Tiroler Landesregierung mit rechtskräftigem Bescheid vom 12.07.2019, Zl ***, im Eigentum des FF und der Gemeinde Z stehende Grundstücke nachträglich als in Anspruch genommene Grundstücke in das Zusammenlegungsverfahren GG einbezogen.

Mit Spruchteil A.) „Agrarrechtliche Bewilligung“ hat die Tiroler Landesregierung als Agrarbehörde den Plan der gemeinsamen Maßnahmen und Anlagen (Teil II) für die Zusammenlegung „GG“ im Sinne und nach Maßgabe des generellen Projektes der Abteilung Bodenordnung des Amtes der Tiroler Landesregierung, bestehend aus dem Technischen Bericht vom 29.07.2019 sowie dem Lageplan (M 1:1000) vom 24.07.2019, jeweils Zl ***, erlassen (Spruchpunkt I.), der Zusammenlegungsgemeinschaft „GG“ die Durchführung sowie die Errichtung der im generellen Projekt der gemeinsamen Maßnahmen und Anlagen dargestellten Maßnahmen und deren Erhaltung bis zur Übergabe an einen Erhaltungspflichtigen vorgeschrieben (Spruchpunkt II.) und die Eigentümer der für die Durchführung des Planes der gemeinsamen Maßnahmen und Anlagen, Teil II, berührten Grundstücke verpflichtet, die Inanspruchnahme ihrer Grundstücke zu dulden (Spruchpunkt III.).

Mit den Spruchpunkten I. und II. des Spruchteiles B.) hat die Tiroler Landesregierung als Agrarbehörde der Zusammenlegungsgemeinschaft „GG“ unter Vorschreibung von Nebenstimmungen die naturschutzrechtliche Bewilligung für die im generellen Projekt der gemeinsamen Maßnahmen und Anlagen, Teil II, der Abteilung Bodenordnung vom 29.07.2019, Zl ***, näher beschriebenen Maßnahmen erteilt. Mit Spruchpunkt III. des Spruchteiles B.) des Bescheides vom 12.03.2020, Zl ***, hat die Tiroler Landesregierung als Agrarbehörde JJ (KK – Büro für Ökologie und Naturschutz, Adresse 2, X) die Aufgabe der ökologischen Bauaufsicht für die naturschonende Ausgestaltung des generellen Projektes der gemeinsamen Maßnahmen und Anlagen, Teil II, der Abteilung Bodenordnung vom 29.07.2019, Zl ***, übertragen.

Mit Spruchteil C.) des Bescheides vom 12.03.2020, Zl ***, hat die Tiroler Landesregierung als Agrarbehörde die Einwendungen des rechtsfreundlich vertretenen AA als Eigentümer der Liegenschaft EZ ***, GB *** Z, gemäß § 74 Abs 3 TFLG 1996 mangels Parteistellung als unzulässig zurückgewiesen.

Gegen diesen Bescheid hat AA, Adresse 1, Z, vertreten durch BB, CC und DD, Rechtsanwälte in Y, mit Schriftsatz vom 06.05.2020 Beschwerde erhoben und beantragt, „den angefochtenen Bescheid dahingehend abzuändern, dass das eingereichte Projekt zurückgewiesen, in eventu abgewiesen wird;“ hilfsweise wird beantragt, den angefochtenen Bescheid aufzuheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an die belangte Behörde zurückzuverweisen.

Der rechtsfreundlich vertretene Beschwerdeführer weist darauf hin, dass er unter anderem Eigentümer des Gst Nr **2, GB *** Z, sei, über das der „derzeitige Interessentschaftsweg“ führe. Die geplante Wegtrasse werde in diesen öffentlichen Interessentschaftsweg eingebunden, sodass er zwangsläufig als Eigentümer des Gst Nr **2, GB *** Z, betroffen sei. Der rechtsfreundlich vertretene Beschwerdeführer hebt zudem hervor, er habe das Recht des Viehtriebes, der Beförderung der Alperfordernisse und Produkte und des Fahrens auf den Gste Nrn **3, **4 und **5 in EZ ***, GB *** Z, sichergestellt. Mit dem angefochtenen Bescheid werde aber diese Wegtrasse aufgelöst. Zusammengefasst heißt es in der Beschwerde (vgl Seite 7 f):

„Der angefochtene Bescheid greift in unzulässiger Weise in mein Eigentumsrecht sowie in meine Dienstbarkeitsrechte ein. Ich bin Eigentümer des Gst Nr **2. Wenngleich dieses Grundstück formal nicht in das Zusammenlegungsverfahren einbezogen wurde, so bin ich doch genauso betroffen, wie wenn das Grundstück miteinbezogen worden wäre. Das Projekt sieht vor, dass eine Hoferschließung für FF und EE vorgenommen würde. Die beiden Höfe sind bereits erschlossen und brauchen daher von Vornherein keine andere Erschließung. Aber selbst wenn man an eine Erschließung denkt, ist die Anbindung zum öffentlichen Wegenetz zu überprüfen und auch zu klären, ob diese Anbindung zulässig ist und eine Ausdehnung des damit verbundenen Verkehrs den betroffenen Grundeigentümer zumutbar ist beziehungsweise ob insoweit eine Einwilligung vorliegt. Diese liegt hinsichtlich meiner Person nicht vor. Es ist jegliche Ausweitung des Verkehrs in meinem Hofbereich zu vermeiden. Vielmehr ist endlich der Weg außerhalb des Hofes zu verlegen. […] Wie schon ausgeführt wurde, ist die zukünftige Zufahrt zum Wasserbassin der Gemeinde kein Thema, weil es diesen Hochbehälter nicht geben wird. Die Verbesserung der Agrarstruktur ist nicht erkennbar. Auch das Ziel der Schaffung und Erhaltung einer leistungsfähigen und umweltverträglichen Landwirtschaft als Berechtigung für die Bescheiderlassung wird nicht erfüllt. Wie schon ausgeführt wurde, verfügen beide Höfe über eine ausreichende Erschließung. Eine Verbesserung ist weder geboten noch erforderlich. Umso weniger mit öffentlichen Mitteln in einer Größenordnung von € 300.000,00 oder mehr. Wenn etwas ‚Sinnvolles‘ geschaffen werden soll, geht das nur im Zusammenhang mit der von mir geforderten Verlegung des Weges (Interessentschaftsweg) außerhalb des Hofbereiches und Anbindung an den mit dem Bescheid neu geschaffenen ‚Teilweg‘. Ohne Zugeständnis einer Parteistellung und gesetzlicher Ermächtigung ist ein Eingriff in Eigentumsrechte nicht zulässig und verfassungswidrig. Das übersieht die belangte Behörde bei ihrer Bescheiderlassung und Argumentation. Gleiches gilt für die Beseitigung der bestehenden Dienstbarkeitsrechte und Dienstbarkeitstrassen für die seit Jahrzehnten eingeräumten Rechte des Viehtriebes, der Beförderung der Alperfordernisse und Produkte und des Fahrens, insbesondere auf Gst **4. Dem gegenüber verfügt der Bescheid die Rekultivierung dieses Bereiches und nimmt mir damit die Möglichkeit, den bestehenden Weg für die eingeräumten Rechte in Anspruch zu nehmen. Dafür gibt es keine Rechtsgrundlage. Es handelt sich um einen verfassungswidrigen Eingriff in meine Privatrechte und damit in mein Eigentumsrecht.“

Zudem moniert der rechtsfreundlich vertretene Beschwerdeführer, der Bescheid sei ohne Antrag ergangenen (Seite 6 f der Beschwerde).

Mit Schriftsatz vom 11.05.2020, Zl ***, hat die Tiroler Landesregierung den Gegenstandsakt mit dem Ersuchen um Entscheidung über die Beschwerde gegen den Bescheid vom 12.03.2020, Zl ***, dem Landesverwaltungsgericht Tirol vorgelegt.

2.   Verfahren vor dem Landesverwaltungsgericht Tirol:

Über Ersuchen des Landesverwaltungsgerichtes Tirol haben sich die belangte Behörde im Schriftsatz vom 18.05.2020, Zl ***, die Gemeinde Z im Schriftsatz vom 19.05.2020 und EE im Schriftsatz vom 24.05.2020 zum Vorbringen des rechtsfreundlich vertretenen Beschwerdeführers geäußert. Zu den Stellungnahmen der belangten Behörde, der Gemeinde Z und der EE hat sich der rechtsfreundlich vertretene Beschwerdeführer im Schriftsatz vom 03.06.2020 geäußert.

II.      Sachverhalt:

Der verfahrensgegenständliche, auf im Eigentum des FF stehenden Grundstücken der Liegenschaft EZ *** verlaufende GA-Weg 9 beginnt beim Hof des FF und erschließt bei hm 3,20 den Hof „MM“ der EE, Gst Nr **1, GB *** Z. Von dort führt der GA-Weg 9 Richtung Osten und bindet in den bestehenden Weg (Gst Nr **5, GB *** Z) bis zur Umfangsgrenze (W9, hm 6,80) des Zusammenlegungsgebietes ein. Dies soll in der Folge auch eine künftige Anbindung an den der Walderschließung dienenden Weg ? Gst Nr **6, GB *** Z ? und des im Eigentum des LL stehenden Gst Nr **7, GB *** Z, dienen. Allenfalls wird auch das neu geplante Wasserbassin der Gemeinde Z auf den Gste Nrn **8 und **1, beide GB *** Z, damit erschlossen.

Die GA-Wege 9 und 10 haben eine Breite von 3,50 m und eine Länge von 680 lfm (660 und 20 lfm). Die Verbindung bis zur Hoferschließung wird asphaltiert, der restliche Weg erhält eine wassergebundene Decke.

Der geplante GA-Weg 9 mündet im Norden direkt in den bestehenden Weg der Gemeinde Z. Bei diesem Weg handelt es sich um das Gst Nr **9, EZ ***, GB *** Z [öffentliches Gut (Straßen und Wege)].

Die alten Erschließungswege werden, soweit sie über die Gste Nrn **4, **10, **8 und **1, alle GB *** Z, verlaufen, rekultiviert. Sie sind in dem, dem angefochtenen Bescheid zugrundeliegenden Plan gelb umrandet dargestellt.

Das im Eigentum des Beschwerdeführers stehende, in EZ ***, GB *** Z, vorgetragene Gst Nr **2 wird von dem geplanten GA-Weg 9 und 10 nicht berührt. Durch den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 12.07.2019, Zl ***, wurde dieses Grundstück auch nicht nachträglich in das Zusammenlegungsverfahren GG einbezogen.

Zugunsten des im Eigentum des Beschwerdeführers stehenden Gst Nr **11, EZ ***, GB *** Z, besteht das Recht des Viehtriebes, der Beförderung der Alperfordernisse und Produkte und des Fahrens auf den Gste Nrn **3, **4, **5 und **12, alle GB *** Z.

III.     Beweiswürdigung:

Die ? außer Streit stehende ? Beschreibung des GA-Weges W9 und W10 stützt sich auf die Angaben im generellen Projekt der Abteilung Bodenordnung des Amtes der Tiroler Landesregierung, bestehend aus dem Technischen Bericht vom 29.07.2019 und dem Lageplan vom 24.07.2019, jeweils Zl ***, das dem angefochtenen Bescheid zugrunde liegt. Dem generellen Projekt ist auch zu entnehmen, in welchem Umfang die bestehenden Erschließungswege aufgelassen und rekultiviert werden sollen.

Die Anbindung des geplanten GA-Weges 9 an das öffentliche Straßennetz hat die belangte Behörde im Schriftsatz vom 18.05.2020, Zl ***, nachvollziehbar erläutert.

Der rechtsfreundlich vertretene Beschwerdeführer bestreitet nicht, dass das in seinem Eigentum stehende Gst Nr **2, GB *** Z, nicht in das Zusammenlegungsgebiet einbezogen ist. Laut seinem Vorbringen wird das in seinem Eigentum stehende Gst Nr **2, GB *** Z, dadurch betroffen, dass unter anderem über diese Grundfläche die Verbindung des geplanten GA-Weges 9 und 10 mit dem öffentlichen Gut hergestellt wird (vgl dazu die Darlegungen in Kapitel 2.2. der „Erwägungen“ der gegenständlichen Entscheidung).

Die zugunsten des Gst Nr **11, EZ ***, GB *** Z, eingeräumte Dienstbarkeit ergibt sich aus dem vom rechtsfreundlich vertretenen Beschwerdeführer vorgelegten Grundbuchsauszug.

IV.      Rechtslage:

1.    Tiroler Flurverfassungslandesgesetz 1996:

Die entscheidungswesentlichen Bestimmungen des Tiroler Flurverfassungslandesgesetzes 1996 (TFLG 1996), LGBl Nr 74/1996 in den Fassungen LGBl Nr 70/2014 (§§ 3 und 17) und LGBl Nr 26/2017 (§ 74) lauten samt Überschriften auszugsweise wie folgt:

㤠3

Einleitung des Verfahrens

(1) Die Agrarbehörde hat das Zusammenlegungsverfahren nach Anhören der Landwirtschaftskammer von Amts wegen mit Verordnung einzuleiten.“

[…]“

㤠17

Gemeinsame Maßnahmen und Anlagen

(1) Im Zusammenlegungsverfahren sind die erforderlichen bodenverbessernden, gelände- oder landschaftsgestaltenden Maßnahmen, wie Kultivierungen, Erdarbeiten, Aufforstungen und dergleichen, durchzuführen und die Anlagen zu errichten, die zur zweckmäßigen Erschließung und Bewirtschaftung der Abfindungsgrundstücke notwendig sind oder sonst den Zweck der Zusammenlegung fördern und einer Mehrheit von Parteien dienen, wie Wege, Brücken, Gräben, Entwässerungs-, Bewässerungs- und Bodenschutzanlagen; dazu gehören überdies Maßnahmen zur Auflockerung der Ortslage und die Verlegung von Hofstellen in die Feldflur. Hiebei können Straßen und Wege sowie andere Anlagen und Objekte umgestaltet, umgelegt oder aufgelassen werden. Erforderlichenfalls sind zum Ausgleich nachteiliger Auswirkungen des Vorhabens auf die Umwelt naturnahe Strukturelemente, wie Heckenstreifen, Feldgehölze, Feldraine, Böschungen, Retentionsflächen und dergleichen, zu schaffen.

[…]

(4) Die Agrarbehörde hat nach Anhören der Landwirtschaftskammer über die gemeinsamen Maßnahmen und Anlagen ein generelles Projekt zu erstellen und dieses mit dem Ausschuß der Zusammenlegungsgemeinschaft im Hinblick darauf zu beraten, ob es den Zielsetzungen des Abs. 1 entspricht, der erforderliche Kostenaufwand in einem angemessenen Verhältnis zum erzielbaren Erfolg steht und ob es den Parteien wirtschaftlich zugemutet werden kann, die Kosten zu tragen. Außerdem sind die Behörden zu hören, die außerhalb eines Zusammenlegungsverfahrens für derartige Maßnahmen zuständig sind. Das generelle Projekt über die gemeinsamen Maßnahmen und Anlagen kann auch in Teilen für bestimmte Gebiete oder für bestimmte Maßnahmen und Anlagen erstellt werden.

(5) Das Ergebnis der Ermittlungen nach Abs. 4 ist als Plan der gemeinsamen Maßnahmen und Anlagen zu erlassen. Dieser Bescheid hat

a)   einen Lageplan mit der generellen Darstellung der im Zusammenlegungsverfahren zum Ausbau vorgesehenen Anlagen (Wege, Gräben usw.) und zur Ausführung gelangenden Maßnahmen (Bodenverbesserungen usw.) zu enthalten,

b)   die Eigentümer der Grundstücke, die für die Durchführung der gemeinsamen Maßnahmen oder für die Errichtung der gemeinsamen Anlagen herangezogen werden müssen, zu verpflichten, die Inanspruchnahme dieser Grundstücke zu dulden, und

c)   der Zusammenlegungsgemeinschaft die Durchführung der gemeinsamen Maßnahmen sowie die Errichtung der gemeinsamen Anlagen und deren Erhaltung bis zur Übergabe an die Erhaltungspflichtigen vorzuschreiben.

[…]“

㤠74

Parteien, Beteiligte

(1) Parteien des Zusammenlegungs- oder Flurbereinigungsverfahrens sind:

a)   die Eigentümer der Grundstücke, die der Zusammenlegung oder Flurbereinigung unterzogen werden;

b)   die Zusammenlegungs- oder Flurbereinigungsgemeinschaft;

c)   die Gebietskörperschaften und Unternehmen, zu deren Gunsten ein Enteignungsrecht für Maßnahmen im allgemeinen öffentlichen Interesse (§ 1 Abs. 2 lit. b) an den in das Verfahren einbezogenen Grundstücken besteht;

d)   Siedlungsträger nach dem Tiroler landwirtschaftlichen Siedlungsgesetz 1969, LGBl. Nr. 49.

[…]

(3) Parteien in einem Verfahren nach § 17 sind die Zusammenlegungsgemeinschaft und die Eigentümer der Grundstücke, die für die Durchführung der gemeinsamen Maßnahmen oder für die Errichtung der gemeinsamen Anlagen herangezogen werden müssen.

[…]

(8) Im Übrigen kommt Personen eine Parteistellung nur insoweit zu, als ihnen in diesem Gesetz Rechte eingeräumt oder Pflichten auferlegt werden.

[…]“

2.   Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz:

Die entscheidungswesentlichen Bestimmungen des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes (VwGVG), BGBl I Nr 33/2013 in den Fassungen BGBl I Nr 138/2017 (§§ 24 und 28) und
BGBl I Nr 57/2018 (§ 31), lauten samt Überschriften auszugsweise wie folgt:

„Verhandlung

§ 24. (1) Das Verwaltungsgericht hat auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

(2) Die Verhandlung kann entfallen, wenn

1.   der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben oder die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig zu erklären ist oder

[…]

(4) Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegenstehen.“

„Erkenntnisse

§ 28. (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

[…]“

„Beschlüsse

§ 31. (1) Soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist, erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss.

[…]“

V.       Erwägungen:

1.       Zur Rechtzeitigkeit:

Gemäß § 7 Abs 4 VwGVG beträgt die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid der Behörde vier Wochen.

Der angefochtene Bescheid wurde dem Beschwerdeführer zuhanden seiner Rechtsvertreter am 18.03.2020 zugestellt. Gemäß § 1 Abs 1 des am 22.03.2020 in Kraft getretenen Verwaltungs-rechtlichen COVID-19-Begleitgesetzes – COVID-19-VwBG, BGBl I Nr 16/2020 in der Fassung BGBl I Nr 24/2020 hat die Beschwerdefrist neu zu laufen begonnen und gilt bei deren Berechnung der 01.05.2020 als der Tag, in den der Zeitpunkt oder das Ereignis fällt, wonach sich der Anfang der Frist richten soll. Die Beschwerde des rechtsfreundlich vertretenen AA vom 06.05.2020 ist am 08.05.2020 und damit gemäß der eben zitierten Bestimmung innerhalb der Beschwerdefrist bei der Agrarbehörde eingelangt.

2.       In der Sache:

2.1.    Zum fehlenden Antrag und zur behaupteten Parteistellung des Beschwerdeführers:

Der rechtsfreundlich vertretene Beschwerdeführer hat unter anderem vorgebracht, der angefochtene Bescheid sei ohne entsprechenden Antrag ergangen.

Dazu hält das Landesverwaltungsgericht Tirol Folgendes fest:

Gemäß § 3 Abs 1 TFLG 1996 hat die Agrarbehörde das Zusammenlegungsverfahren von Amts wegen mit Verordnung einzuleiten. Die Einleitung des Zusammenlegungsverfahrens setzt somit einen Antrag nicht voraus.

Gemäß § 17 Abs 4 TFLG 1996 hat die Agrarbehörde über die gemeinsamen Maßnahmen und Anlagen ein generelles Projekt zu erstellen. Das Vorliegen eines Antrages ist für die Erstellung eines generellen Projektes durch die Agrarbehörde nach der eben zitieren Bestimmung nicht erforderlich.

Der rechtsfreundlich vertretene Beschwerdeführer bringt im Wesentlichen vor, er sei Partei des mit dem angefochtenen Bescheid abgeschlossenen Verfahrens. Auch wenn das in seinem Eigentum stehende Gst Nr **2, GB *** Z, formal in das Verfahren nicht einbezogen werde, sei es dadurch betroffen, weil über diese Grundfläche die Verbindung mit dem öffentlichen Gut hergestellt werde. Zudem verweist er auf die ihm zugunsten des in seinem Eigentum stehenden Gst Nr **11, GB *** Z, eingeräumte Dienstbarkeit an den bestehenden Erschließungswegen, die nunmehr rekultiviert werden sollen.

Dazu hält das Landesverwaltungsgericht Tirol Folgendes fest:

§ 74 Abs 3 TFLG 1996 bildet eine Sonderregelung zur Parteistellung im Verfahren über den Plan der gemeinsamen Maßnahmen und Anlagen. Parteien in einem derartigen Verfahren sind ausschließlich die Zusammenlegungsgemeinschaft und die Eigentümer der Grundstücke, die für die Durchführung einer gemeinsamen Maßnahme oder für die Errichtung der gemeinsamen Anlage herangezogen werden müssen. Nach dem klaren Wortlaut räumt die eben zitierte Bestimmung eine Sonderparteistellung nur jenen Grundeigentümern ein, deren Grundstücke für die Errichtung der konkreten gemeinsamen Anlage herangezogen werden müssen. Dies trifft auf das im Eigentum des Beschwerdeführers stehende Gst Nr **2, GB *** Z, nicht zu.

Zudem mündet der über das Gst Nr **4 verlaufende (derzeitige) Erschließungsweg in das Gst Nr **3, das an das Gst Nr **13, alle GB *** Z, anschließt und damit die Verbindung mit dem öffentlichen Wegenetz herstellt. Durch die Errichtung des GA-Weges 9 ergibt sich folglich keine Änderung im Hinblick auf die Anbindung an das öffentliche Wegenetz.

Aus dem Dienstbarkeitsrecht an den Gste Nrn **3, **4, **5 und **12, alle GB *** Z, zugunsten eines im Eigentum des Beschwerdeführers stehenden Grundstückes lässt sich ebenfalls nicht dessen Parteistellung in dem, dem angefochtenen Bescheid vorangegangenen Verfahren begründen. Die Sonderregelung des § 74 Abs 3 TFLG 1996 räumt ? wie bereits dargestellt ? ausschließlich jenen Grundeigentümern Parteistellung ein, deren Grundstücke für die Errichtung der konkreten gemeinsamen Anlage herangezogen werden müssen (vgl VwGH 20.12.1994, 92/07/0118). Dienstbarkeitsberechtigten vermittelt diese Bestimmung keine Parteistellung. Eine solche vermag auch § 74 Abs 8 TFLG 1996 nicht zu begründen, weil diese Vorschrift gegenüber der die Parteistellung im Verfahren über den Plan der gemeinsamen Maßnahmen und Anlagen speziell regelnden Bestimmung des § 74 Abs 3 TFLG 1996 zurückzutreten hat (vgl VwGH 20.12.1994, 92/07/0118).

Zudem ist eines der Ziele des Zusammenlegungsverfahrens, die Rechtsverhältnisse in einem Zusammenlegungsgebiet neu zu regeln. Gemäß § 26 Abs 1 zweiter Satz TFLG 1996 hat die Agrarbehörde Gunstdienstbarkeiten ausdrücklich aufrecht zu erhalten oder neu zu begründen, wenn sie im öffentlichen Interesse oder aus wirtschaftlichen Gründen notwendig sind. Eine dementsprechende Auseinandersetzung hat auch mit der zugunsten des im Eigentum des Beschwerdeführers stehenden Gst Nr **11, GB *** Z, eingeräumten Dienstbarkeit an den Gste Nrn **3, **4, **5 und **12, alle GB *** Z, stattzufinden. Gemäß dem, dem angefochtenen Bescheid zugrundeliegenden generellen Projekt wird der bestehende Erschließungsweg allerdings nur insoweit rekultiviert, als dieser über die Gste Nrn **4, **8 und **1, alle GB *** Z, verläuft. Der auf dem Gst Nr **5 bestehende Weg bildet einen Teilabschnitt des neu geplanten GA-Weges.

2.2.    Entfall der mündlichen Verhandlung:

Der rechtsfreundlich vertretene Beschwerdeführer hat in seinem Rechtsmittel ausdrücklich die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt. Ungeachtet eines Parteienantrags kann das Landesverwaltungsgericht Tirol bei Vorliegen der im § 24 Abs 4 VwGVG umschriebenen Voraussetzungen von einer mündlichen Verhandlung absehen. Zu dieser Bestimmung hielt der Verwaltungsgerichtshof bereits wiederholt fest, dass der Gesetzgeber als Zweck einer mündlichen Verhandlung die Klärung des Sachverhaltes und die Einräumung von Parteiengehör sowie darüber hinaus die mündliche Erörterung einer nach der Aktenlage strittigen Rechtsfrage zwischen den Parteien und dem Gericht vor Augen hatte. Zweck einer Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht ist grundsätzlich nicht nur die Klärung des Sachverhaltes und die Einräumung von Parteiengehör zu diesem, sondern auch das Rechtsgespräch und die Erörterung der Rechtsfragen. Der Verwaltungsgerichtshof hat in diesem Zusammenhang auf das Urteil vom 19.02.1998 im Fall Jacobsson gegen Schweden (NR. 2), Zahl 8/1997/792/1993, par. 49 (ÖJZ 1998, 4), hingewiesen, in welchem der Entfall einer mündlichen Verhandlung als gerechtfertigt angesehen wurde, weil angesichts der Beweislage vor dem Gerichtshof und angesichts der Beschränkung der zu entscheidenden Fragen „das Vorbringen des Beschwerdeführers nicht geeignet war, irgendeine Tatsachen- oder Rechtsfrage aufzuwerfen, die eine mündliche Verhandlung erforderlich machte“. Der Verwaltungsgerichtshof hat in solchen Fällen eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich erachtet, wenn der entscheidungsrelevante Sachverhalt geklärt ist und die Rechtsfragen durch die bisherige Rechtsprechung beantwortet sind und in der Beschwerde keine Rechts- oder Tatfragen von einer solchen Art aufgeworfen werden, deren Lösung eine mündliche Verhandlung erfordert hätte. Zusammenfassend ist demnach festzuhalten, dass gemäß § 24 Abs 1 VwGVG auf Antrag eine mündliche Verhandlung durchzuführen ist, die der Erörterung der Sach- und Rechtslage sowie der Erhebung der Beweise dient. Als Ausnahme von dieser Regel kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Antrages gemäß § 24 Abs 4 VwGVG von der Durchführung einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt. Bei konkreten sachverhaltsbezogenen Vorbringen des Beschwerdeführers ist eine mündliche Verhandlung durchzuführen (vgl VwGH 16.12.2019, Ra 2018/03/0066 – 0068, mit zahlreichen Hinweisen auf die Judikatur).

Das Landesverwaltungsgericht Tirol hatte im konkreten Fall die Rechtmäßigkeit der von der Agrarbehörde mit Spruchteil C.) des Bescheides vom 12.03.2020, Zl ***, verfügte Zurückweisung der Einwendungen des rechtsfreundlich vertretenen Beschwerdeführers mangels Parteistellung zu prüfen.

Der für diese Rechtsfrage relevante Sachverhalt ? Verlauf des geplanten GA-Weges und Auflassung genau bezeichneter Teilabschnitte des derzeit bestehenden Erschließungsweges ? steht außer Streit. Keines der vom geplanten GA-Weg betroffenen Grundstücke steht im Eigentum des Beschwerdeführers. Dieser ist als Eigentümer des Gst Nr **11, GB *** Z, Dienstbarkeitsberechtigter an den innerhalb des Zusammenlegungs-gebietes liegenden Gste Nrn **3, **4 und **5, alle GB *** Z. Ausgehend von diesem eindeutigen Sachverhalt ist die Frage der Parteistellung anhand des klaren Wortlautes des § 74 Abs 3 TFLG 1996 zu beurteilen, zu der die Entscheidung des VwGH vom 20.12.1994, 92/07/0118, ergangen ist.

Im gegenständlichen Verfahren ist somit der entscheidungsrelevante Sachverhalt geklärt, die Rechtsfrage der Parteistellung des rechtsfreundlich vertretenen Beschwerdeführers ist anhand der eindeutigen Bestimmung des § 74 Abs 3 TFLG 1996 zu klären, zu der ein einschlägiges Erkenntnis des Höchstgerichtes vorliegt.

Es liegen daher die Voraussetzungen für das Absehen einer mündlichen Verhandlung gemäß § 24 Abs 4 VwGVG vor.

2.3.    Ergebnis:

Der rechtsfreundlich vertretene Beschwerdeführer ist nicht Partei des dem angefochtenen Bescheid vorangegangenen Verfahrens gemäß § 17 TFLG 1996. Die von der Agrarbehörde verfügte Zurückweisung der Einwendungen des rechtsfreundlich vertretenen Beschwerdeführers mangels Parteistellung als unzulässig [vgl Spruchpunkt C.)] ist somit nicht rechtswidrig. Die Beschwerde gegen Spruchteil C.) des Bescheides vom 12.03.2020, Zl ***, war daher als unbegründet abzuweisen [vgl Spruchpunkt II./1. der gegenständlichen Entscheidung]. Aufgrund der fehlenden Parteistellung des rechtsfreundlich vertretenen Beschwerdeführers war dessen Beschwerde gegen die Spruchteile A.) und B.) des Bescheides der Agrarbehörde vom 12.03.2020, Zl ***, als unzulässig zurückzuweisen [vgl Spruchpunkte I./1. der gegenständlichen Entscheidung].

Wie bereits im Kapitel 2.2. ausgeführt, lagen die Voraussetzungen vor, um trotz eines Antrages auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung von einer solchen abzusehen.

VI.      Zur Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die rechtliche Beurteilung stützt sich auf den klaren Wortlaut der anzuwendenden Bestimmung des § 74 Abs 3 TFLG 1996. Zudem weicht das Landesverwaltungsgericht Tirol nicht von der einschlägigen Entscheidung des VwGH vom 20.12.1994, 92/07/0118, ab. Das Absehen von der beantragten mündlichen Verhandlung hat das Landesverwaltungsgericht Tirol im Einklang mit der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 16.12.2019, Ra 2018/03/0066 – 0068, begründet.

Dementsprechend erklärt das Landesverwaltungsgericht Tirol in den Spruchpunkten I./2. und II./2. der gegenständlichen Entscheidung die ordentliche Revision für nicht zulässig.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diese Entscheidung kann binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, oder außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten.

Es besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.

Landesverwaltungsgericht Tirol

Dr. Hirn

(Richter)

Schlagworte

Zusammenlegung;
Plan der gemeinsamen Maßnahmen und Anlagen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2020:LVwG.2020.37.0895.5

Zuletzt aktualisiert am

15.07.2020
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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