TE Vfgh Erkenntnis 2020/6/26 E248/2019 ua

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Veröffentlicht am 26.06.2020
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Index

82/02 Gesundheitsrecht allgemein

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Verordnung
B-VG Art10 Abs1
B-VG Art18 Abs2
B-VG Art89 Abs2
B-VG Art102
B-VG Art133 Abs1 Z3
Tabak- und Nichtraucherinnen- bzw NichtraucherschutzG §9
TabakgebührenV §2
VfGG §7 Abs1

Leitsatz

Keine Verletzung in verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten durch die Vorschreibung einer pauschalierten Jahresgebühr für die Überwachung von Tabak- und verwandten Erzeugnissen; keine unsachliche Aufteilung der individuellen Kosten durch Heranziehung der Höhe der Verkaufszahlen für die Zurechnung der Gesamtkosten auf die einzelnen Kostenträger iSd Äquivalenzprinzips; Festlegung des verhältnismäßigen Säumniszuschlags von 2% der Jahresgebühr (noch) gesetzlich gedeckt; kein Verstoß gegen das System der mittelbaren Bundesverwaltung durch Übertragung der Überwachung der Einhaltung von produktbezogenen Bestimmungen an den Bundesminister für Gesundheit; Frage der Zuständigkeit des erkennenden BVwG vom VwGH zu entscheiden

Spruch

I. Die beschwerdeführenden Parteien sind durch die angefochtenen Erkenntnisse weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt worden.

II. Die Beschwerden werden abgewiesen und die zur Zahl E248/2019 protokollierte Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung darüber abgetreten, ob die beschwerdeführende Partei durch das angefochtene Erkenntnis in einem sonstigen Recht verletzt worden ist.

Begründung

Entscheidungsgründe

I. Sachverhalt, Beschwerden und Vorverfahren

1. Mit Bescheiden der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz (nunmehr: Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz; belangte Behörde) vom 2. Mai bzw 13. April 2018 wurden die beschwerdeführenden Parteien gemäß §9 Abs9 Tabak- und Nichtraucherinnen- bzw Nichtraucherschutzgesetz – TNRSG iVm §2 Abs3, 5 und 6 der Verordnung der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen hinsichtlich der Festlegung einer kostendeckenden Jahresgebühr für die Überwachung von Tabakerzeugnissen und verwandten Erzeugnissen und von kostendeckenden Gebühren für die Zulassung neuartiger Tabakerzeugnisse – TabGebV verpflichtet, über die Österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit GmbH (AGES) pauschalierte Jahresgebühren für die Überwachung von Tabak- und verwandten Erzeugnissen, jeweils zuzüglich eines Bearbeitungsbetrages iHv € 25,– und eines Säumniszuschlages von 2 % der Jahresgebühr, binnen 14 Tagen ab Zustellung der Bescheide zu bezahlen. Den Bescheiden waren Schreiben der AGES vom 23. November 2017 vorangegangen, mit denen die Jahresgebühr nach unterlassener Selbstberechnung durch die beschwerdeführenden Parteien gemäß §2 Abs4 TabGebV jeweils festgesetzt, der Bearbeitungsbetrag vorgeschrieben und die beschwerdeführenden Parteien unter Hinweis auf die sonst zuzüglich des Säumniszuschlages erfolgende behördliche Vorschreibung aufgefordert wurden, diese binnen 14 Tagen zu bezahlen.

2. Den gegen diese Bescheide erhobenen Beschwerden gab das Bundesverwaltungsgericht nach Durchführung mündlicher Verhandlungen mit Erkenntnissen vom 10. Dezember 2018 insoweit Folge, als es in den Sprüchen der bekämpften Bescheide die Vorschreibung des Bearbeitungsbetrages und des Säumniszuschlages entfallen ließ:

2.1. Begründend führte das Bundesverwaltungsgericht aus, dass Hersteller bzw Importeure, die Tabak- oder verwandte Erzeugnisse in Verkehr bringen, gemäß der auf Grundlage des §9 Abs9 TNRSG erlassenen TabGebV (§2 Abs1) verpflichtet seien, eine pauschalierte Jahresgebühr für die Kontrolltätigkeiten gemäß §9 TNRSG zu entrichten. Die beschwerdeführenden Parteien vertrieben die fraglichen Produkte in Österreich und seien somit – unter Rückgriff auf die Begriffsdefinition des Art2 Z37 der Richtlinie 2014/40/EU zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Herstellung, die Aufmachung und den Verkauf von Tabakerzeugnissen und verwandten Erzeugnissen und zur Aufhebung der Richtlinie 2001/37/EG, wonach "Hersteller" jede natürliche oder juristische Person sei, die ein Produkt herstelle bzw entwickle oder herstellen lasse und dieses Produkt unter ihrem eigenen Namen oder ihrer eigenen Marke vermarkte – Hersteller im Sinne dieser Bestimmungen.

2.2. Dem Vorbringen der beschwerdeführenden Parteien, §9 Abs9 TNRSG lasse offen, ob der Hersteller oder der Importeur Adressat der Gebührenregelung sei, sei zu entgegnen, dass im Falle einer Verpflichtung mehrerer Personen eine Solidarhaftung zum Tragen komme und ein Auswahlermessen zur Anwendung gelange. Die beschwerdeführenden Parteien hätten die jeweiligen Verkaufsmengendaten der von ihnen in Österreich vertriebenen Produkte je Marke und Art gemäß §8 Abs9 TNRSG gemeldet, auf deren Basis die (Selbst-)Berechnung der pauschalierten Jahresgebühr vorzunehmen sei (§9 Abs9 TNSRG iVm §2 Abs1 bis 3 TabGebV). Der Hinweis der beschwerdeführenden Parteien, dass für die Hersteller bzw Importeure zwar eine Meldeverpflichtung bestehe, der Gesetzgeber jedoch keine Zahlungsverpflichtung vorgesehen habe, gehe ins Leere. Grundlage der Jahresgebühr sei das sogenannte Verkaufsmengendatenmodell. Es gebe keine Hinweise darauf, dass jemand anderer als die Hersteller bzw Importeure zur Zahlung dieser mengenbezogenen Gebühr heranzuziehen sei, zumal die Meldung von Verkaufsmengendaten durch diese sonst Dritte in einem unbestimmten Ausmaß verpflichten würde. Dergleichen könne aber nicht der Wille des Gesetzgebers gewesen sein.

2.3. Auch der Einwand, dass die Kontrolltätigkeiten im Interesse der Allgemeinheit gelegen seien und daher keine Zahlungspflicht für die Hersteller bzw Importeure bestehe, überzeuge nicht. Es bestünden keine verfassungsrechtlichen Bedenken dahingehend, dass Kontrolltätigkeiten und damit verbundene Kosten innerhalb eines bestimmten Marktsegmentes nicht auch von den wesentlichen Akteuren dieses Marktes gemeinsam getragen werden sollten. Vergleichbare Beispiele aus anderen Wirtschaftsbereichen hätten bisher ebenso wenig zu verfassungsrechtlichen Bedenken geführt.

2.4. Weiters würden die beschwerdeführenden Parteien insofern irren, als sie vermeinten, dass die Jahresgebühr mehr oder minder eine Abrechnung tatsächlich erfolgter Einzelkontrolltätigkeiten der AGES gegenüber den von ihnen vertriebenen Produkten betreffe und sie daraus den Anspruch erheben könnten, eine genauere Abrechnung über die erbrachten Leistungen der AGES zu erhalten. Der Hinweis auf die "Kostendeckung" in §9 Abs9 TNRSG beziehe sich auf den gesamten Betrieb der dort bezogenen Kontrolltätigkeiten. Einzelnachweise seien mit der Vorschreibung einer pauschalierten Jahresgebühr gerade nicht vorgesehen. Die Vorschreibung einer derartigen generellen Gebühr mit verwaltungsvereinfachendem Charakter werde nicht von vornherein als verfassungswidrig angesehen. Auch deren Angemessenheit sei vor dem Hintergrund des vom Gesetzgeber vorgesehenen Anpassungsmodelles nicht von vornherein in Zweifel zu ziehen.

2.5. Der Umstand, dass die beschwerdeführenden Parteien ihren Sitz nicht in Österreich hätten, hindere eine Vorschreibung durch die belangte Behörde nicht, da die Leistungspflicht lediglich darauf abstelle, ob die für die Bemessung der Jahresgebühr relevanten Produkte für den inländischen Markt hergestellt oder auf diesem vertrieben werden sollten.

2.6. Verfassungsrechtliche Bedenken in Bezug auf die Anwendung des §9 Abs9 TNRSG bzw des §2 TabGebV und hinsichtlich des Grades der Bestimmtheit der angewendeten Bestimmungen könnten insgesamt nicht erkannt werden. Sowohl der Adressatenkreis als auch der Leistungsumfang seien in ausreichendem Maß determiniert: Gemäß §2 Abs2 und 3 TabGebV habe die Berechnung und Entrichtung der pauschalierten Jahresgebühr auf Basis der vom Hersteller bzw Importeur jährlich bis zum 31. Mai des Folgejahres gemeldeten Verkaufsmengendaten des Vorjahres je Marke und Art bis 30. Juni des Folgejahres zu erfolgen. Die von den beschwerdeführenden Parteien zu entrichtenden Jahresgebühren ergäben sich sodann aus den Gebührensätzen der Anlage zur TabGebV.

2.7. Gemäß §2 Abs6 TabGebV wären zusätzlich ein pauschaler Bearbeitungsbetrag iHv € 25,– und ein Säumniszuschlag von 2 % der Jahresgebühr zu entrichten. Für die Vorschreibung eines Bearbeitungsbetrages bzw eines Säumniszuschlages fehle jedoch jede gesetzliche Grundlage im TNRSG, "sodass die diesbezüglichen Regelungen der TabGebV unangewendet bleiben [müssten]". Deren Vorschreibung habe daher zu entfallen; die Sprüche der bekämpften Bescheide seien insoweit zu korrigieren.

3. Gegen diese Entscheidungen richten sich die vorliegenden, auf Art144 B-VG gestützten Beschwerden, in denen die Verletzung in näher bezeichneten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten sowie in Rechten wegen Anwendung rechtswidriger genereller Normen behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung der angefochtenen Erkenntnisse, in der zu E248/2019 protokollierten Beschwerde in eventu die Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, beantragt werden:

3.1. Begründend wird in der zu E269/2019 protokollierten Beschwerde zunächst mit Blick auf das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter gemäß Art83 Abs2 B-VG die Unzuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes vorgebracht. Dieses sei grundsätzlich nur für Beschwerden gegen Bescheide zuständig, die in unmittelbarer Bundesverwaltung ergangen seien. Eine einfachgesetzliche Bestimmung im Sinne des Art131 Abs4 Z2 litc B-VG, die in der vorliegenden Angelegenheit das Bundesverwaltungsgericht ausdrücklich für zuständig erkläre, sei nicht ersichtlich. Da der bekämpfte Bescheid der belangten Behörde in mittelbarer Bundesverwaltung, wenn auch durch den Bundesminister als oberstes Organ, erlassen worden sei, sei das Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung über die Beschwerde unzuständig gewesen und hätte diese von Amts wegen an das Verwaltungsgericht Wien weiterleiten müssen (§3 Abs3 VwGVG iVm §6 AVG).

3.2. In der zu E248/2019 protokollierten Beschwerde wird mit Blick auf das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander gemäß ArtI Abs1 BVG zur Durchführung des internationalen Übereinkommens über die Beseitigung aller Formen rassischer Diskriminierung, BGBl 390/1973, das Unterlassen einer tragfähigen Begründung durch das Bundesverwaltungsgericht behauptet. Die Ausführungen im angefochtenen Erkenntnis, wonach keine Bedenken gegen die angewendeten Bestimmungen des TNRSG bzw der TabGebV bestünden, ließen eine konsequente und nachvollziehbare Begründung in wesentlichen Punkten vermissen. Zu beanstanden sei insbesondere, dass das Bundesverwaltungsgericht im Hinblick auf den Bearbeitungsbetrag bzw den Säumniszuschlag, die genauso wie der Adressatenkreis der Jahresgebühr erst in der TabGebV geregelt würden, selbst das Fehlen einer gesetzlichen Grundlage konzediert, aber nur in Bezug auf jene die entsprechenden Konsequenzen gezogen habe.

Mit Blick auf das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Unversehrtheit des Eigentums gemäß Art5 StGG und Art1 1. ZPEMRK wird weiters behauptet, dass der beschwerdeführenden Partei eine Zahlungsverpflichtung auferlegt werde, ohne dass dafür eine hinreichende gesetzliche Grundlage bestehe. Die Vorschreibung sei unverhältnismäßig, weil sie sich einseitig an einzelne Marktteilnehmer richte und diese zur Finanzierung von Aufgaben heranziehe, die jedenfalls zum überwiegenden Teil im öffentlichen Interesse des Gesundheitsschutzes lägen. Hinzu komme, dass die Jahresgebühr durch die alleinige Heranziehung der Verkaufszahlen des Vorjahres an keine taugliche bzw sachgerechte Bemessungsgrundlage anknüpfe.

3.3. Weitgehend übereinstimmend werden in beiden Beschwerden schließlich Bedenken gegen §9 Abs9 TNRSG und §2 TabGebV vorgebracht und angeregt, der Verfassungsgerichtshof möge die Bestimmungen von Amts wegen prüfen und als verfassungs- bzw gesetzwidrig aufheben. Im Wesentlichen wird dazu Folgendes ausgeführt:

§9 Abs9 TNRSG verstoße gegen das Bestimmtheitsgebot gemäß Art18 B-VG, weil weder der Adressat der Gebührenverpflichtung noch die Höhe der Gebühr oder der mit ihr konkret zu deckende Aufwand im Gesetz hinreichend determiniert seien. An keiner Stelle des Gesetzes sei von einer konkreten Zahlungspflicht der Hersteller bzw Importeure die Rede, während durch deren alternative Verpflichtung in §2 Abs1 TabGebV der Verwaltung ein unklares Auswahlermessen eingeräumt werde. Auch enthielten das Gesetz und die Materialien keine klaren Vorgaben für die konkrete Bemessung der Jahresgebühr bzw dazu, welche Kontrolltätigkeiten, insbesondere in welcher Quantität, abzudecken seien. Es fehle an einer Regelung, in welchem Umfang, in welcher Dichte oder in welchem Intervall Kontrollen vorzunehmen seien. Die Gebührenhöhe hänge lediglich davon ab, wie häufig die AGES selbst – nach freiem Ermessen – entsprechende Kontrollen veranlasse, wobei keine gesetzliche Höchstgrenze eingezogen worden sei (vgl VfSlg 17.326/2004, 13.309/1992). Der TabGebV fehle es damit an einer gesetzlichen Grundlage. Sowohl die Festlegung des Adressatenkreises als auch die Abgrenzung und Bestimmung des zu deckenden Aufwandes erfolge erst durch den Verordnungsgeber, womit dieser eine verfassungswidrige Blankettvollmacht in Anspruch nehme.

Die TabGebV entspreche damit in ihrem §2 nicht den gesetzlichen Vorgaben, soweit das Gesetz überhaupt solche enthalte. Die TabGebV sei auf Grund von Verfahrensfehlern im Rahmen der Verordnungserlassung gesetzwidrig zustande gekommen, weil der Verordnungsgeber dem rechtsstaatlich gebotenen Elementarerfordernis der Ermittlung der sachlich erforderlichen Grundlagen, hier insbesondere des für die Bemessung von Gebühren gesetzlich vorgegebenen tatsächlichen Aufwandes, nicht nachgekommen sei. Eine nachvollziehbare und transparente Herleitung der in der TabGebV enthaltenen pauschalierten Gebührensätze fehle. Auch habe die mündliche Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht ergeben, dass die festgelegten Pauschalsätze nichts mit dem tatsächlichen Aufwand der AGES zu tun hätten und der für das Jahr 2017 ausgewiesene Gesamtaufwand um mehr als das Doppelte überhöht gewesen sei. Weder aus den Materialien noch in der mündlichen Verhandlung hätten sich Hinweise ergeben, auf welchen Parametern bzw Annahmen jene Schätzung konkret beruhte, insbesondere wie sich die Kosten auf die jeweiligen Kontrolltätigkeiten und Produkte aufschlüsselten und welche Anzahl von Kontrollen eingerechnet worden sei. Das vom Verfassungsgerichtshof entwickelte Kostendeckungs- bzw Äquivalenzprinzip gebiete jedoch, dass die gesamten Erträge der Einnahmen nicht höher sein dürften als die gesamten der Einrichtung für die Erbringung der Leistungen tatsächlich anfallenden Kosten (vgl VfSlg 14.474/1996 ua).

Ferner widersprächen sowohl die gesetzliche Vorgabe des §9 Abs9 TNRSG, wonach die Jahresgebühr "auf Basis der Verkaufszahlen von verwandten Erzeugnissen und Tabakerzeugnissen des vorangegangenen Wirtschaftsjahres" festzulegen sei, als auch deren Durchführung in §2 Abs2 TabGebV dem Gebot der Sachlichkeit, weil die Verkaufszahlen als Bemessungsgrundlage für den tatsächlichen Aufwand der AGES im Hinblick auf den jeweiligen Hersteller bzw Importeur gänzlich untauglich seien und zu keiner sachgerechten Verteilung des Aufwandes auf die Verpflichteten führe (vgl VfSlg 17.326/2004): Zwischen dem Umsatz der einzelnen Erzeugnisse und dem tatsächlichen finanziellen Aufwand für Kontrolltätigkeiten bestehe weder rechtlich noch faktisch ein aufwandsrelevanter Zusammenhang. Der Aufwand hänge vielmehr von der Anzahl der Produktkategorien ab. Auch eine Quersubventionierung von klassischen zu alternativen Tabakprodukten sei aber sachlich nicht gerechtfertigt. Im Sinne einer objektiven und sachlichen Gebührenbemessung wäre etwa gesetzlich darauf abzustellen gewesen, welcher Aufwand, allenfalls auch pauschaliert, einem Verpflichteten angesichts seines individuellen Produktportfolios zuzurechnen sei, oder ein konkret leistungsbasierter Kostenansatz, etwa Stundensätze, zu wählen gewesen. Zumindest ergänzend wäre nicht nur zwischen Produktenkategorien, sondern auch zwischen verschiedenen Kontrolltätigkeiten zu unterscheiden gewesen. Durch das unsachliche Anknüpfungskriterium der Verkaufszahlen verletze die Gebührenregelung das dem Gleichheitsgrundsatz immanente allgemeine Sachlichkeitsgebot und überdies die verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte der beschwerdeführenden Parteien auf Unversehrtheit des Eigentums und auf Freiheit der Erwerbsbetätigung.

Schließlich lägen die fraglichen Kontrolltätigkeiten überwiegend im Interesse der Allgemeinheit, nämlich des Gesundheits- und Verbraucherschutzes, weshalb den mit der Jahresgebühr verpflichteten Herstellern bzw Importeuren keine spezifische Gegenleistung der AGES gegenüberstehe. Kontrolltätigkeiten durch staatliche Stellen lägen – anders als "In-house"-Untersuchungen zur Sicherstellung der produktrechtlichen Zulassungs- und Vertriebsvoraussetzungen – nicht mehr im unmittelbaren Interesse der Hersteller bzw Importeure. Die Kosten dafür seien bis zur Erlassung der TabGebV auch von der öffentlichen Hand getragen worden. Es sei sachlich nicht gerechtfertigt, die Finanzierung solcher Tätigkeiten ausschließlich privaten Marktteilnehmern aufzuerlegen, wenn auch ein Interesse der Allgemeinheit daran bestehe. Vor diesem Hintergrund handle es sich bei der in Rede stehenden pauschalierten Jahresgebühr nicht um eine Gebühr im abgabenrechtlichen Sinn, sondern um eine versteckte Steuer, die neben dem Sachlichkeitsgebot auch das Recht der beschwerdeführenden Parteien auf Unversehrtheit des Eigentums verletze.

4. Das Bundesverwaltungsgericht und die belangte Behörde haben die Gerichts- und Verwaltungsakten vorgelegt, von der Erstattung von Gegenschriften bzw Äußerungen aber abgesehen.

II. Rechtslage

Die in den vorliegenden Fällen maßgebliche Rechtslage stellt sich wie folgt dar:

1. Die maßgeblichen Bestimmungen des Tabak- und Nichtraucherinnen- bzw Nichtraucherschutzgesetzes – TNRSG, BGBl 431/1995, idF BGBl I 22/2016 lauten auszugsweise:

"Erhebung von verwendeten Inhaltsstoffen und Kondensat-(Teer-), Nikotin- und Kohlenmonoxidgehalt

§8. (1) – (8) […]

(9) Die Herstellerin bzw der Hersteller oder die Importeurin bzw der Importeur hat dem Bundesministerium für Gesundheit jährlich bis zum 31. Mai des Folgejahres die Verkaufsmengendaten je Marke und Art (in Stück und Kilogramm bzw Milliliter) des Vorjahres zu melden.

(10) […]

[…]

Kontrolle

§9. (1) Die Bundesministerin oder der Bundesminister für Gesundheit hat die Einhaltung der §§4 bis 4c, 8 bis 8c und 10 bis 10f durch besonders geschulte Organe mit einschlägigen Kenntnissen der Warenkunde und der einschlägigen Rechtsvorschriften zu überwachen. Die Bundesministerin oder der Bundesminister für Gesundheit kann sich dabei der Mitwirkung der Österreichischen Agentur für Gesundheit- und Ernährungssicherheit GmbH bedienen und insbesondere Kontrollorgane aus dem Kreis der Beschäftigten der Agentur bestellen.

(2) Jede Herstellerin bzw jeder Hersteller bzw jene natürliche oder juristische Person, welche das betreffende Produkt in Österreich in Verkehr bringt, hat der Österreichischen Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit GmbH einmal pro Jahr auf Verlangen Exemplare jedes Produktes zum Zwecke der behördlichen Überprüfung zu übersenden.

(3) Die Kontrollorgane sind darüber hinaus befugt, Betriebe von Herstellerinnen bzw Herstellern oder Importeurinnen bzw Importeuren von Tabakerzeugnissen und verwandten Erzeugnissen und sonstige Betriebe, durch die Tabakerzeugnisse und verwandte Erzeugnisse in Verkehr gebracht werden, zu besichtigen, Produktions- und Vertriebszwecken dienende Aufzeichnungen einzusehen sowie Proben von Tabakerzeugnissen und verwandten Erzeugnissen in einem zur Überprüfung erforderlichen Ausmaß zu ziehen.

(4) Diese Amtshandlungen sind außer bei Gefahr im Verzug während der Betriebszeiten durchzuführen. Die Kontrollorgane haben darauf Bedacht zu nehmen, dass jede nicht unbedingt erforderliche Störung oder Behinderung des Betriebes vermieden wird.

(5) Die Betriebsinhaberinnen bzw Betriebsinhaber haben den Kontrollorganen Zutritt zum Betrieb zu gewähren und ihre Überprüfungstätigkeit zu gestatten.

(6) Eine gemäß Abs3 entnommene Probe ist, soweit dies der Natur nach möglich ist und dadurch nicht ihre einwandfreie Beurteilung gefährdet wird, in zwei gleiche Teile zu teilen, welche amtlich zu verschließen sind. Ein Teil der Probe ist, soweit dies zur Durchführung eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens erforderlich ist, der amtlichen Prüfung zuzuführen, der zweite Teil verbleibt zu Beweiszwecken bei der Betriebsinhaberin bzw dem Betriebsinhaber. Der Betriebsinhaberin bzw dem Betriebsinhaber ist eine Bestätigung über die Probenziehung auszufolgen. Diese Bestätigung ist gebührenfrei.

(7) Bei Nichtübereinstimmung der Probe mit den Angaben der Herstellerin bzw des Herstellers oder der Inverkehrbringerin bzw des Inverkehrbringers trägt die Herstellerin bzw der Hersteller oder die Importeurin bzw der Importeur die Kosten.

(8) Für die entnommene amtliche Probe ist auf Verlangen der bzw des Verfügungsberechtigten eine Entschädigung vom Bund zu leisten, sofern der Wert der Probe 150 € – bezogen auf den Einstandswert der Ware – übersteigt. Die Entschädigung entfällt, wenn es auf Grund dieser Probe zu einer Bestrafung oder Verurteilung gekommen oder auf den Verfall der betreffenden Ware erkannt worden ist. Eine Entschädigung für Gegenproben ist ausgeschlossen.

(9) Die Bundesministerin bzw der Bundesminister für Gesundheit hat im Einvernehmen mit der Bundesministerin bzw dem Bundesminister für Finanzen durch Verordnung eine kostendeckende Jahresgebühr auf Basis der Verkaufszahlen von verwandten Erzeugnissen und Tabakerzeugnissen des vorangegangen Wirtschaftsjahres unter Berücksichtigung des tatsächlichen finanziellen Aufwands für Kontrolltätigkeiten aus dem Vorjahr und des voraussichtlichen finanziellen Aufwands für Kontrolltätigkeiten angemessen und marktkonform festzulegen. Vor Erlassung einer Verordnung ist der Wirtschaftskammer Österreich Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Diese Gebühr deckt die nach Maßgabe dieses Bundesgesetzes und der auf dessen Grundlage erlassenen Verordnungen zu erfüllenden Aufgaben, insbesondere hinsichtlich Meldetätigkeiten, Kontrolltätigkeiten, Datenanalyse und -bewertung, Laboruntersuchungen, Risikobewertung und Bewertung von Studien. Nicht von der Jahresgebühr miterfasst sind die Kosten für die Zulassung gemäß §10a.

(10) Die Jahresgebühr wird auf der Homepage der Österreichischen Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit GmbH veröffentlicht. Die Evaluierung als Grundlage für die Anpassung findet erstmals mit 31. August 2018 statt und ist jährlich wiederkehrend unter Berücksichtigung des tatsächlichen finanziellen Aufwands für Kontrolltätigkeiten aus dem Vorjahr durchzuführen. Die erstmalige Errechnung der Jahresgebühr ist von den Herstellerinnen bzw Herstellern oder Importeurinnen bzw Importeuren aufgrund nachgewiesener Verkaufszahlen des Vorjahres zu ermitteln und an die Österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit GmbH zu übermitteln.

Amtliche Untersuchung

§10. (1) Gemäß §9 entnommene Proben sind, soweit dies zur Durchführung eines ordentlichen Ermittlungsverfahrens erforderlich ist, insbesondere darauf zu untersuchen, ob

1. sie den §§4 und 4a und den auf ihrer Grundlage erlassenen Verordnungen entsprechen,

2. bei der Herstellung der gemäß §4b erlassenen Verordnung entsprochen wurde,

3. den Anforderungen der §§8a bis 8c, sowie 10a bis 10f entsprochen wurde, und

4. die Packungen der Tabakerzeugnisse und verwandten Erzeugnisse den Anforderungen der §§5 bis 6 entsprechen.

 

(2) Das Bundesministerium für Gesundheit hat mit der Begutachtung und Untersuchung von Tabakerzeugnissen und verwandten Erzeugnissen gemäß Abs1

1. die Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit GmbH, oder

2. vergleichbare inländische oder ausländische Einrichtungen, die jene Anforderungen erfüllen, die der ISO 17025:2005 entsprechen,

zu beauftragen.

(3) Keine der in Abs2 genannten Einrichtungen darf im Besitz oder unter direkter oder indirekter Kontrolle der Tabakindustrie stehen.

[…]

Gebühren

§10g. Gebühren gemäß der §§9 Abs9 und 10a Abs7 Z1 fließen der Österreichischen Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit GmbH zu."

2. Die maßgeblichen Bestimmungen der Verordnung der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen hinsichtlich der Festlegung einer kostendeckenden Jahresgebühr für die Überwachung von Tabakerzeugnissen und verwandten Erzeugnissen und von kostendeckenden Gebühren für die Zulassung neuartiger Tabakerzeugnisse – TabGebV, BGBl II 43/2017, lauten:

"Geltungsbereich

§1. Diese Verordnung regelt gemäß §9 Abs9 des Tabak- und Nichtraucherinnen- bzw Nichtraucherschutzgesetzes (TNRSG), BGBl Nr 431/1995, die Festlegung einer kostendeckenden Jahresgebühr, die angemessen und marktkonform auf Basis der Verkaufszahlen des vorangegangenen Wirtschaftsjahres von Tabakerzeugnissen und verwandten Erzeugnissen gemäß §1 TNRSG unter Berücksichtigung des tatsächlichen finanziellen Aufwands für Kontrolltätigkeiten aus dem Vorjahr und des voraussichtlichen finanziellen Aufwands des laufenden Finanzjahres zu entrichten ist, sowie nähere Bestimmungen über kostendeckende Gebühren für das Zulassungsverfahren von neuartigen Tabakerzeugnissen gemäß §10a Abs7 Z1 TNRSG.

Pauschalierte Jahresgebühr

§2. (1) Herstellerinnen bzw Hersteller oder Importeurinnen bzw Importeure, die Tabakerzeugnisse oder verwandte Erzeugnisse in Verkehr bringen, haben eine pauschalierte Jahresgebühr zu entrichten. Diese Jahresgebühr ist gemäß §9 Abs10 TNRSG von diesen selbst zu berechnen und die Berechnung einschließlich der zu Grunde gelegten aufgeschlüsselten Verkaufsmengendaten und eindeutigen produktspezifischen Identifikationsnummern an die Österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit GmbH jährlich bis spätestens 15. Juni elektronisch zu übermitteln.

(2) Basis für die Berechnung der pauschalierten Jahresgebühr sind die gemäß §8 Abs9 TNRSG von der Herstellerin bzw dem Hersteller oder der Importeurin bzw dem Importeur dem Bundesministerium für Gesundheit und Frauen jährlich bis zum 31. Mai des Folgejahres gemeldeten Verkaufsmengendaten je Marke und Art(abhängig vom Produkt in Stück oder Kilogramm oder Milliliter) des Vorjahres.

(3) Die pauschalierte Jahresgebühr ist von der Herstellerin bzw dem Hersteller oder der Importeurin bzw dem Importeur bis spätestens 30. Juni nach der Meldung gemäß Abs2 nach den Gebührensätzen gemäß Anlage zu dieser Verordnung an die Österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit GmbH zu entrichten. Erstmals ist die Jahresgebühr für das Jahr 2017 auf Basis der Verkaufsmengendaten des Jahres 2016, welche bis 31. Mai 2017 zu melden sind, bis spätestens 30. Juni 2017 zu entrichten.

(4) Wurde die Selbstberechnung unterlassen oder erscheint diese nicht schlüssig und wird die Selbstberechnung nach Aufforderung durch die Österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit GmbH nicht nachgeholt bzw schlüssig abgeändert, ist die pauschalierte Jahresgebühr durch die Österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit GmbH festzusetzen.

(5) Wird die so festgesetzte pauschalierte Jahresgebühr auch nach einmaliger Mahnung nicht entrichtet, ist sie der Herstellerin bzw dem Hersteller oder der Importeurin bzw dem Importeur durch die Bundesministerin bzw den Bundesminister für Gesundheit und Frauen vorzuschreiben.

(6) Erfolgt die Entrichtung der pauschalierten Jahresgebühr nicht oder nicht fristgerecht, so ist ein Säumniszuschlag von 2 % des aushaftenden Betrages zusätzlich zur Jahresgebühr zu entrichten. Für die Einbringung von nicht entrichteten pauschalierten Jahresgebühren hat die Österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit GmbH überdies einen pauschalen Bearbeitungsbetrag in Höhe von 25,– Euro einzuheben. Für die Vorschreibung des Zuschlages und des Bearbeitungsbetrages findet Abs5 sinngemäß Anwendung.

(7) Die nicht oder nur zum Teil entrichtete Gebühr ist in Bezug auf den noch aushaftenden Fehlbetrag durch die Bundesministerin bzw den Bundesminister für Gesundheit und Frauen im Verwaltungsweg einzubringen.

(8) Durch die pauschalierte Jahresgebühr sind folgende Leistungen abgedeckt:

1. Inspektions- und Kontrolltätigkeiten, Untersuchungen und Begutachtungen der bei Inspektions- und Kontrolltätigkeiten entnommenen Proben, Datenanalysen und Bewertungen sowie Risikobewertungen von Tabakerzeugnissen und verwandten Erzeugnissen im Zuge der Marktüberwachung gemäß §§9 und 10d TNRSG;

2. Entgegennahme, Speicherung, Handhabung, Analyse und Veröffentlichung der gemäß §§8, 8a, 8c und 10b TNRSG zu übermittelnden Informationen.

(9) Von der pauschalierten Jahresgebühr nicht umfasst sind Kosten für:

1. Zulassungen gemäß §10a TNRSG;

2. zusätzliche amtliche Kontrollen und Untersuchungen, die aufgrund von Verstößen gegen Bestimmungen des TNRSG notwendig werden. Diese sind nach tatsächlichem Aufwand zu verrechnen.

[…]

Anlage

Pauschalierte Jahresgebühr für Tabakerzeugnisse und verwandte Erzeugnisse:

Die pauschalierte Jahresgebühr beträgt für die einzelnen Erzeugnisse:

Tabakerzeugnis oder verwandtes Erzeugnis

Verpackung

Inhalt

Gebührenhöhe

Zigaretten

Packung

je angefangenen

20 Stk.

0,275 Cent

Tabake zum Selbstdrehen

Packung

je angefangenen

40 g

0,4 Cent

Zigarren

Stück

1 Stk.

0,2 Cent

Zigarillos

Packung

je angefangenen

20 Stk.

0,4 Cent

Liquids von
e-Zigaretten

Kartuschen,

Nachfüllbehälter,

Einwegverdampfer

je angefangenen

10 ml

0,4 Cent

Wasserpfeifentabake

Packung

je angefangenen

40 g

0,4 Cent

tabakfreie Füllungen für Wasserpfeifen

Packung

je angefangenen

40 g

0,4 Cent

Pfeifentabake

Packung

je angefangenen

40 g

0,4 Cent

Kautabake (bis 19. Mai 2017)/Schnupftabake

Packung

je angefangenen

40 g

0,4 Cent"

III. Erwägungen

1. Die – zulässigen, in sinngemäßer Anwendung der §§187 und 404 ZPO iVm §35 Abs1 VfGG zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbundenen – Beschwerden sind nicht begründet.

2. Der Verfassungsgerichtshof hegt aus Anlass der Beschwerdefälle keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen §9 Abs9 TNRSG. Ebenso wenig sind beim Verfassungsgerichtshof aus Anlass der Beschwerdefälle Bedenken bezüglich der Gesetzmäßigkeit des §2 TabGebV entstanden.

2.1. Nach der Bundesverfassung (Art18 Abs2 B-VG) sind Verordnungen nur "auf Grund der Gesetze" zu erlassen. Das heißt, dass eine Verordnung bloß präzisieren darf, was in den wesentlichen Konturen bereits im Gesetz selbst vorgezeichnet wurde (s etwa VfSlg 11.639/1988 und die dort zitierte Vorjudikatur sowie VfSlg 14.895/1997). Soll ein Gesetz mit Durchführungsverordnung vollziehbar sein, müssen daraus also alle wesentlichen Merkmale der beabsichtigten Regelung ersehen werden können (Prinzip der Vorausbestimmung des Verordnungsinhaltes durch das Gesetz: VfSlg 4644/1964, 4662/1964, 5373/1966, 7945/1976); eine bloße formalgesetzliche Delegation, die der Verwaltungsbehörde eine den Gesetzgeber supplierende Aufgabe zuweist, stünde mit Art18 Abs1 (und 2) B-VG in Widerspruch (s zB  VfSlg 4072/1961, 14.512/1996 und 16.902/2003 sowie VfSlg 17.476/2005).

Die Grenze zwischen einer noch ausreichenden materiellen Bestimmtheit des Gesetzes und einer formalen Delegation wird in einzelnen Fällen nicht immer leicht zu bestimmen sein. Entscheidungskriterium ist hier stets die Frage, ob die im Verordnungsweg getroffene (Durchführungs-)Regelung auf ihre inhaltliche Gesetzmäßigkeit überprüft werden kann (s zB VfSlg 1932/1950, 2294/1952, 4072/1961, 11.859/1988).

Dabei sind in Ermittlung des Inhalts des Gesetzes alle zur Verfügung stehenden Auslegungsmöglichkeiten auszuschöpfen: Nur wenn sich nach Heranziehung aller Interpretationsmethoden immer noch nicht beurteilen lässt, was im konkreten Fall rechtens ist, verletzt die Bestimmung die in Art18 B-VG statuierten rechtsstaatlichen Erfordernisse (vgl VfSlg 8395/1978, 11.639/1988, 14.644/1996, 15.447/1999 und 16.137/2001).

2.2. Der Gleichheitsgrundsatz bindet auch den Gesetzgeber (s etwa VfSlg 13.327/1993, 16.407/2001). Er setzt ihm insofern inhaltliche Schranken, als er verbietet, sachlich nicht begründbare Regelungen zu treffen (vgl zB VfSlg 14.039/1995, 16.407/2001). Innerhalb dieser Schranken ist es dem Gesetzgeber jedoch von Verfassungs wegen durch den Gleichheitsgrundsatz nicht verwehrt, seine politischen Zielvorstellungen auf die ihm geeignet erscheinende Art zu verfolgen (s etwa VfSlg 16.176/2001, 16.504/2002). Ob eine Regelung zweckmäßig ist und das Ergebnis in allen Fällen als befriedigend empfunden wird, kann nicht mit dem Maß des Gleichheitssatzes gemessen werden (zB VfSlg 14.301/1995, 15.980/2000 und 16.814/2003).

2.3. Zur Regelung der Gebührenerhebung gemäß §9 Abs9 TNRSG und §2 TabGebV:

2.3.1. Der Verfassungsgerichtshof hat zum Äquivalenzprinzip im Zusammenhang mit öffentlichen Abgaben, insbesondere Benützungsgebühren, mehrfach die Auffassung vertreten, dass es Art18 Abs2 B-VG zuwiderläuft, wenn die Höhe einer von den Abgabepflichtigen insgesamt zu entrichtenden Abgabe einzig und allein davon abhängt, wie hoch der aus der Abgabe zu deckende Aufwand vom zuständigen Organ angesetzt wird, da durch eine solche Regelung der Verwaltung eine verfassungswidrige Blankettvollmacht erteilt würde (vgl VfSlg 17.326/2004 mwN). Legt der Gesetzgeber keine Höchstgrenze und auch sonst keine hinreichenden Bestimmungsgründe für den Aufwand der Behörde, der durch eine Abgabe abzugelten ist, fest und lässt er dem Verordnungsgeber sowohl hinsichtlich des durch die Verwaltungsaufgabe bewirkten direkten Personal- und Sachaufwandes der Behörde als auch hinsichtlich des dadurch verursachten Anteiles an den Allgemeinkosten der Verwaltung für die Abgabe einen zu großen Gestaltungsspielraum, so widerspricht die gesetzliche Ermächtigung Art18 Abs2 B-VG (vgl VfSlg 13.309/1992). Dieser Maßstab kann auf den hier vorliegenden Fall übertragen werden (wobei es sich bei der in Rede stehenden Jahresgebühr nicht um eine öffentliche Abgabe im Sinne des F-VG handelt; vgl 2.4.).

2.3.2. Die Regelung des §9 Abs9 TNRSG, wonach "eine kostendeckende Jahresgebühr auf Basis der Verkaufszahlen von verwandten Erzeugnissen und Tabakerzeugnissen des vorangegangenen Wirtschaftsjahres unter Berücksichtigung des tatsächlichen finanziellen Aufwands für Kontrolltätigkeiten aus dem Vorjahr und des voraussichtlichen finanziellen Aufwands für Kontrolltätigkeiten angemessen und marktkonform festzulegen" ist, ist einem Verständnis zugänglich, dass damit angeordnet wird, dass der Verordnungsgeber bei Erlassung der TabGebV nach den Grundsätzen des Äquivalenzprinzips vorzugehen hat (vgl VfSlg 14.474/1996 mwN). Auch die Materialien bestätigen dies, soweit ausgeführt wird, dass bei der mit den Kontrolltätigkeiten betrauten AGES Kosten anfallen, "welche mit den noch extra festzulegenden Gebühren kostendeckend gegenfinanziert werden" sollen (ErläutRV 1056 BlgNR 25. GP, 2 und 6). Damit wird sichtlich auf ein Verständnis des Begriffes der Kostendeckung im Sinne einer Kostenäquivalenz abgestellt.

2.3.3. Vor diesem Hintergrund liegt nach dem Dafürhalten des Verfassungsgerichtshofes im vorliegenden Fall kein Widerspruch zu Art18 Abs2 B-VG vor, zumal die zu besorgenden Kontrollaufgaben in §9 und den dort verwiesenen Bestimmungen des TNRSG hinreichend bestimmt sind. §9 Abs9 TNRSG legt zwar keine Höchstgrenze für die durch die TabGebV festzusetzende pauschalierte Jahresgebühr fest. Der durch die Gebühr abzudeckende Aufwand ist aber mit den jährlichen Kosten für die "nach Maßgabe dieses Bundesgesetzes und der auf dessen Grundlage erlassenen Verordnungen zu erfüllenden Aufgaben, insbesondere hinsichtlich Meldetätigkeiten, Kontrolltätigkeiten, Datenanalyse und -bewertung, Laboruntersuchungen, Risikobewertung und Bewertung von Studien", hinreichend konkret umschrieben. Während der jährlich einmalige Anlass der Überprüfungen gemäß §9 Abs2 TNRSG aus dem Gesetz ablesbar ist, ergibt sich aus diesem nicht explizit, wie oft amtswegige Kontrollen gemäß §9 Abs3 TNRSG stattzufinden haben. Die aus diesen Kontrollen erwachsenden Kosten hängen damit grundsätzlich davon ab, wie häufig sie veranlasst werden. Dabei ist jedoch das Kriterium der Angemessenheit der Gebührenfestlegung in §9 Abs9 TNRSG zu berücksichtigen. In diesem Sinne hat der Verfassungsgerichtshof in seiner Judikatur nicht nur den Standpunkt eingenommen, das Äquivalenzprinzip gebiete, dass die gesamten Erträge der Einnahmen nicht höher sein dürfen als die gesamten der Einrichtung für die Erbringung der Leistungen erwachsenden Aufwendungen, sondern auch, dass die Leistungen zu angemessenen Gebühren zur Verfügung gestellt werden müssen (vgl VfSlg 14.474/1996 mwN, 16.048/2000). Im Übrigen besteht eine Bindung an das Effizienzprinzip der Bundesverfassung, wonach der Bundesminister unter Mitwirkung der AGES die ihm übertragenen Aufgaben sparsam, wirtschaftlich und zweckmäßig zu besorgen hat (vgl Art126b Abs5 B-VG).

Schließlich droht im vorliegenden Fall auch nicht, dass die Gesamtkosten der Einrichtung willkürlich auf die einzelnen Leistungstypen umgelegt werden, zumal auch diese Zuordnung hinreichend determiniert sein muss und überdies dem Erfordernis der Sachlichkeit zu entsprechen hat (vgl VfSlg 14.473/1996, 16.048/2000). Das Äquivalenzprinzip erfordert dabei nicht, dass für jede einzelne Leistung oder Leistungstype eine Gebühr bemessen wird, die die individuellen Kosten eben dieser Leistung oder Leistungstype abdeckt, und dass als Verteilungsschlüssel für die Zurechnung der Gesamtkosten auf die einzelnen Kostenträger die Höhe der durch die Einzelleistungen jeweils verursachten direkten Kosten herangezogen werden muss (vgl VfSlg 14.473/1996, 16.048/2000). Im Sinne einer Gesamtbetrachtung des Kostenaufkommens können auch Typisierungen vorgenommen werden, solange eine nicht unsachliche Aufteilung der individuellen Kosten erfolgt. In diesem Sinne kann – wie in der TabGebV in Anknüpfung an §9 Abs9 TNRSG erfolgt – auch an die jeweiligen Verkaufszahlen des Vorjahres angeknüpft und können pauschalierte Gebührensätze für einzelne Produktkategorien festgelegt werden (vgl §2 Abs2 und 3 iVm der Anlage zur TabGebV).

2.3.4. Aus verfassungsrechtlicher Sicht bestehen demnach keine Bedenken hinsichtlich der Ausgestaltung der in Rede stehenden pauschalierten Jahresgebühr. Es ist davon auszugehen, dass das System des §2 TabGebV der gesetzlichen Ermächtigung des §9 Abs9 TNRSG entspricht, zumal eine hinreichende Determinierung des Verordnungsgebers erfolgt ist und dadurch, dass für die Zurechnung der Gesamtkosten auf die einzelnen Kostenträger die Höhe der Verkaufszahlen herangezogen wird, auch eine nicht unsachliche Aufteilung der individuellen Kosten im Sinne des Äquivalenzprinzips gegeben ist (vgl VfSlg 14.473/1996, 16.048/2000).

2.3.5. §2 Abs6 TabGebV ordnet zusätzlich die Vorschreibung eines Säumniszuschlages von 2 % der Jahresgebühr sowie eines pauschalen Bearbeitungsbetrages iHv € 25,– an, falls die Entrichtung der pauschalierten Jahresgebühr nicht oder nicht fristgerecht nach Selbstberechnung durch den Hersteller bzw Importeur (§2 Abs1 bis 3 TabGebV) oder nach Festsetzung durch die AGES (§2 Abs4 TabGebV) erfolgt. Eine ausdrückliche gesetzliche Grundlage hiefür findet sich im TNRSG nicht. Die Materialien verweisen lediglich auf vergleichbare Regelungen in §12a Abs7 und 9 des Gesundheits- und Ernährungssicherheitsgesetzes – GESG (vgl Erläuterungen zur TabGebV, 2).

Beim Verfassungsgerichtshof sind jedoch auch insoweit keine Bedenken ob der Gesetzmäßigkeit des §2 Abs6 TabGebV entstanden, zumal der Festlegung eines verhältnismäßigen Säumniszuschlages von 2 % der Jahresgebühr bzw einer geringfügigen pauschalen Bearbeitungsgebühr iHv € 25,– (noch) eine hinreichende Verbindung mit der gesetzlichen Grundlage in §9 Abs9 TNRSG zugesonnen werden kann. Diese Kosten fließen – vergleichbar mit der Vorschreibung von Verzugszinsen bzw Kosten für die Abdeckung zusätzlichen Verwaltungsaufwandes in anderen Bereichen der Rechtsordnung, wogegen grundsätzlich keine verfassungsrechtlichen Bedenken bestehen (vgl zB VfSlg 9924/1984, 16.101/2001, 16.566/2002) – gleichsam in die Kalkulation der in Rede stehenden pauschalierten Jahresgebühr ein.

2.4. Zur kompetenzrechtlichen Lage und zur Zuständigkeit des Bundesministers:

2.4.1. Das TNRSG unterfällt in erster Linie dem Kompetenztatbestand "Gesundheitswesen" (inklusive der Sanitätspolizei) gemäß Art10 Abs1 Z12 B-VG. Gesetzgebung und Vollziehung fallen primär dem Bund zu (vgl VfSlg 3650/1959, 7582/1975, 8035/1977; s. auch ErläutRV 163 BlgNR 19. GP, 8 ff. zur Stammfassung des Tabakgesetzes,

Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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