TE Lvwg Erkenntnis 2020/6/10 LVwG-2020/22/0627-2

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Veröffentlicht am 10.06.2020
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Entscheidungsdatum

10.06.2020

Index

40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

VStG §45 Abs1 Z2

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seinen Richter Dr. Triendl über die Beschwerde AA, geb. xx.xx.xxxx, Adresse 1, Z, v.d. Rechtsanwalt BB, Adresse 2, Y, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Y vom 10.02.2020, *** wegen einer Übertretung nach der GewO 1994

zu Recht:

1.   Der Beschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG eingestellt.

2.   Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.       Verfahrensgang

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde der Beschwerdeführerin zu Last gelegt, sie habe es als gewerberechtliche Geschäftsführerin der CC mit Sitz in Z, Adresse 3, welche Inhaberin der genehmigten Betriebsanlage in Z, Adresse 3 ist, zu verantworten, dass die Prüfbescheinigung iSd § 82b GewO 1994 trotz Aufforderung der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 27.8.2019 nicht innerhalb der von dieser bestimmten angemessenen Frist übermittelt wurde. Sie habe daher eine Verwaltungsübertretung nach § 368 iVm § 82b Abs 3 GewO 1994 begangen und wurde über sie gemäß § 368 GewO 1994 eine Geldstrafe in der Höhe von Euro 100 (Ersatzfreiheitsstrafe 24 Stunden) verhängt sowie ein anteiliger Beitrag zu den behördlichen Verfahrenskostenvorgeschrieben.

In der rechtzeitig dagegen erhobenen Beschwerde brachte die rechtsfreundlich vertretene Beschwerdeführerin zusammenfassend vor, die Beschwerdeführerin sei zum vorgeworfenen Tatzeitpunkt nicht mehr gewerberechtliche Geschäftsführerin gewesen.

Das Landesverwaltungsgericht Tirol richtete folgendes, mit 04.05.2020 datiertes, Schreiben an die belangte Behörde:

„Sehr geehrte Damen und Herren,

in der gegenständlichen Beschwerdeangelegenheit wurde die CC, Adresse 3, Z, mit Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 27.08.2019 ausdrücklich aufgefordert, bis spätestens 20.10.2019 eine den gesetzlichen Erfordernissen entsprechende Prüfbescheinigung erstellen zu lassen und der Behörde zu übermitteln.

Die belangte Behörde geht daher offenkundig davon aus, dass eine (regelmäßig wiederkehrende) Prüfbescheinigung über die Prüfung der genehmigten Betriebsanlage in Z, Adresse 3, iSd § 82b GewO 1994 noch nicht erstellt wurde.

Mit gegenständlich angefochtenem Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 10.02.2020, Zl ***, wurde der Beschwerdeführerin sodann zur Last gelegt, sie habe es als gewerberechtliche Geschäftsführerin der CC mit Sitz in Z, Adresse 3, welche Inhaberin der genehmigten Betriebsanlage in Z, Adresse 3 sei, zu verantworten, dass die Prüfbescheinigung iSd § 82b GewO 1994 trotz Aufforderung der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 27.08.2019 nicht innerhalb der von dieser bestimmten angemessenen Frist (20.10.2019) übermittelt worden sei. Die Beschwerdeführerin habe dadurch eine Verwaltungsübertretung gemäß § 368 iVm § 82b Abs 3 GewO 1994 begangen.

Nach einer ersten Prüfung der Beschwerdesache und vor dem Hintergrund der von der Behörde in ihrer Aufforderung zum Ausdruck gebrachten Annahme, vertritt das Landesverwaltungsgericht Tirol die vorläufige Auffassung, dass der Beschwerdeführerin im angefochtenen Straferkenntnis das falsche Delikt zur Last gelegt wurde.

Die Verletzung der Übermittlungspflicht gemäß § 82b Abs 3 GewO 1994 – die der Beschwerdeführerin zur Last gelegt wurde – setzt nämlich voraus, dass eine Prüfbescheinigung erstellt wurde. Eine nicht vorhandene Prüfbescheinigung kann denklogisch nicht übermittelt werden. Liegt jedoch keine Prüfbescheinigung vor, weil keine Prüfung durchgeführt wurde, ist der Inhaber der Betriebsanlage wegen Nichtdurchführung der Prüfung gemäß § 368 GewO 1994 zu bestrafen (vgl Ziermann, in Stolzlechner/Wendl/Bergthaler (Hrsg), Die gewerbliche Betriebsanlage4 (2016) Rz 392, mwH).

Die Behörde geht – wie erwähnt - offenkundig selbst davon aus, dass im vorliegenden Fall keine Prüfbescheinigung erstellt wurde. Eine Richtigstellung bzw Konkretisierung des vorliegenden Straferkenntnisses durch das erkennende Gericht käme einer (unzulässigen) Auswechslung der Tat gleich. Das Landesverwaltungsgericht Tirol beabsichtigt daher, das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das gegenständliche Verwaltungsstrafverfahren diesbezüglich einzustellen.

Zwecks Wahrung des Parteiengehörs wird Ihnen, zumal gegenständlich nicht beabsichtigt ist, eine mündliche Verhandlung durchzuführen, hiermit die Möglichkeit eingeräumt, dazu binnen einer Frist von 3 Wochen ab Erhalt dieses Schreibens eine Stellungnahme abzugeben. Wird keine Stellungnahme abgegeben, geht das Landesverwaltungsgericht Tirol davon aus, dass der oben dargelegten Rechtsansicht beigepflichtet wird.“

Dieses Schreiben wurde der belangten Behörde im Wege des ELAK am 4.5.2020 zugestellt und blieb bis heute unbeantwortet.

Beweis wurde weiters aufgenommenen durch Einsichtnahme in den behördlichen Akt. Weiters wurde ein Auszug aus dem Gewerberegister eingeholt und seitens der Gewerbebehörde die Auskunft erteilt, dass die Beschwerdeführerin, welche per 23.9.2019 zur gewerberechtlichen Geschäftsführerin bestellt wurde, nach wie vor aufrecht als gewerberechtliche Geschäftsführerin geführt wird.

II.      Erwägungen

Es besteht für das Landesverwaltungsgericht Tirol keine Veranlassung, von der im obenzitierten Schreiben vom 04.05.2020 dargelegten Rechtsansicht abzukehren. Auch die belangte Behörde hat sich dazu nicht geäußert und geht (nunmehr) offenkundig auch davon aus, dass die Bestrafung in der vorgeworfenen Art und Weise zu Unrecht erfolgt ist. Zumal – wie ebenfalls erwähnt - eine Richtigstellung bzw Konkretisierung des vorliegenden Straferkenntnisses durch das erkennende Gericht einer (unzulässigen) Auswechslung der Tat gleichkäme, war spruchgemäß zu entscheiden.

III.     Unzulässigkeit der ordentlichen Revision

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Die Zulässigkeit der ordentlichen Revision war daher auszuschließen.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diese Entscheidung kann binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, oder außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen, und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten.

Sie haben die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.

Landesverwaltungsgericht Tirol

Dr. Triendl

(Richter)

Schlagworte

Prüfbescheinigung
Falsche Tat
Einstellung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2020:LVwG.2020.22.0627.2

Zuletzt aktualisiert am

06.07.2020
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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