TE Bvwg Erkenntnis 2020/2/24 W195 2218738-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 24.02.2020
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Entscheidungsdatum

24.02.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §2 Abs1 Z13
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §46
FPG §50
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs2

Spruch

W195 2218738-1/7E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Vizepräsidenten Dr. Michael SACHS als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX StA. XXXX vertreten durch XXXX gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 05.04.2019, XXXX nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 03.02.2020 zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

I.1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF), ein Staatsangehöriger von Bangladesch, stellte am 31.01.2016 einen Antrag auf internationalen Schutz.

Im Rahmen einer am Tag der Antragstellung vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes erfolgten niederschriftlichen Erstbefragung gab der BF zu seinen Fluchtgründen an, da er in Bangladesch bei der Studentenpartei der Bangladesch National Party (im Folgenden: BNP) Mitglied gewesen sei und die jetzige Regierung sie verfolge, habe er sein Herkunftsland verlassen. Die Regierungspartei verfolge und misshandle die Mitglieder der BNP. Die Polizei sei bei Mitgliedern der BNP zuhause erschienen und hätte versucht, diese festzunehmen: An einem solchen Tag, als nach dem BF gesucht worden wäre, sei er nicht zuhause gewesen. Ein Freund des BF sei bereits getötet, ein anderer ins Gefängnis gebracht worden - diese seien nicht mehr gefunden worden. Der BF habe Angst um sein Leben.

I.2. Am 20.11.2017 wurde der BF vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) niederschriftlich einvernommen.

Dabei aufgefordert, seine persönlichen Fluchtgründe darzulegen, führte der BF aus, in seiner privaten Universität dürfe man keiner politischen Tätigkeit nachgehen. Es sei dort nicht wie bei den öffentlichen Universitäten, an denen eine politische Aktivität dazugehöre. Am 31.03.2014 seien in XXXX Wahlen gewesen, bei der der Chairman gewählt worden sei. Diese Wahl habe ein Angehöriger der Jamaat-E-Islam gewonnen. Diese Partei gehöre auch der BNP an. Weil diese Partei der Partei des BF angehöre, hätte er mit seinen Kommilitonen einen Festmarsch abgehalten. Die Anhänger der Awami League (im Folgenden: AL) und die Polizei hätten sie angegriffen. Auch die Polizei habe da mitgemacht. Es seien dabei sehr viele von ihnen verletzt worden. Unter anderem sei ein Freund des BF dabei erschossen worden. Einige seien von der Polizei mitgenommen worden. Auch ein anderer Freund des BF sei zum XXXX 2017 nicht auffindbar gewesen und er sei dann angeschossen worden. Am nächsten Tag sei er dann im Krankenhaus verstorben. Nach diesem Vorfall, als sie von der Polizei angegriffen worden seien, sei er nach XXXX gegangen. Sein Vater möge die Politik nicht, wie sie in der Umgebung der Familie praktiziert werde. Deshalb habe er immer zum BF gesagt, er solle sich nicht mit der Politik befassen. Aber seine Familie, vor allem Onkeln und Cousins, seien alle politisch tätig gewesen. Der BF sei von klein auf in einer Umgebung aufgewachsen, in der jeder in der Politik tätig gewesen sei. Sein Onkel, der aufgrund seiner politischen Einstellung das Land verlassen habe, habe nach Bangladesch kommen wollen, um seine Tochter zu verheiraten. Das sei im Mai 2014 gewesen, als er von den Parteigegnern bedroht worden sei. Sie hätten gesagt, sobald er in Bangladesch wäre, würden sie ihn umbringen. Da der BF der Älteste in seinem Haus gewesen sei, sei er zur Polizei in XXXX gegangen, um wegen dieser Drohungen eine Anzeige zu erstatten. Am 09.05.2014 sei diese Tochter verheiratet worden. Vor der Hochzeit sei nichts passiert. Nach der Hochzeit habe es einen Anschlag von AL-Mitgliedern gegeben. Sie seien zu vielen nachhause gekommen und hätten die Leute sogar im Haus umgebracht. Am XXXX seien sogar die AL-Leute mit der Polizei gekommen und hätten zwei bis dreihundert Häuser in der Union zerstört. Als sie zur Polizei gegangen seien und sich beschwert hätten, warum sogar die Polizei bei der Zerstörung dabei gewesen sei, hätten sie Falschanzeigen bekommen. Es sei eine sehr schlimme Zeit gewesen. Seine Verwandten und der BF hätten sich verstecken müssen. Sein Onkel hatte sich sogar in einem Boot versteckt, weil er keinen Platz mehr gefunden hätte.

Der BF sei die ganze Zeit mit seinem Onkel versteckt gewesen. Eines Tages habe ihn seine Mutter telefonisch kontaktiert und sie hätten sich einen Ort ausmachen können, bei dem sie dem BF Geld habe geben wollen. Sein Onkel habe sich währenddessen rasieren lassen. Polizisten in Zivil hätten seinen Onkel dann mitgenommen. Der BF habe große Angst bekommen und sei zum XXXX geflohen und sei dort einen Monat lang geblieben. Danach sei er zu seiner Cousine, die in XXXX wohne, gegangen und sei dort ungefähr vier oder fünf Monate geblieben. Seine Cousine sei zu ihrer Mutter nachhause gegangen, um dort das Kind zur Welt zu bringen. Der BF habe seine Cousine nach XXXX begleitet. Als dort sein Cousin Polizei in Zivil mitgenommen worden sei, habe der BF gewusst, dass er das Land verlassen müsse, um in Sicherheit leben zu können. Deshalb habe sein Vater und die Familie die Reise organisiert und der BF habe seine Heimat verlassen. Die Polizei fände durch Mobile-Tracking und anderen Hilfsmitteln jeden, den sie wolle.

Der BF wurde zur Abstandnahme von der Darlegung der Fluchtgründe seines Onkels und zur Schilderung der eigenen Fluchtgründe aufgefordert.

Im Jahr 2014, als der BF seine Mutter besuchen gegangen sei, sei er zum Bazar gegangen, um dort einzukaufen, obwohl seine Mutter den BF daran hindern habe wollen, weil gewisse Unruhen nach wie vor dort geherrscht hätten. Dort sei der BF von der Polizei mitgenommen worden, bei der sein Schwager der Arzt sei, welcher ihn durch eine Lüge herausgebracht habe. Denn er habe nicht gesagt, wer der BF sei, denn sobald sie erfahren hätten, aus welcher Familie der BF stamme, hätten sie ihn nie frei gelassen.

Der BF habe versucht, an vielen Orten in Bangladesch zu leben. Er habe sich aber nirgendwo sicher gefühlt. Seine Familie könne nicht mehr zuhause leben. Seine Familie werde laufend bedroht und angegriffen. Deshalb lebe zB. sein jüngerer Bruder bei einer Verwandten, um seine Prüfung bei der Schule abgeben zu können. Es würden auch oft Häuser verbrannt in Bangladesch.

Das größte Problem für den BF sei es gewesen, dass er nicht mehr auf die Uni gehen habe können. Geld sei nicht das Problem, seine Familie schicke ihm Geld. Das wichtigste für den BF sei gewesen, dass er eine Ausbildung machen habe können. Wäre ihm das möglich gewesen, hätte er das Land nicht verlassen.

Bei der Partei sei der BF Generalsekretär gewesen. Als solcher habe er Versammlungen und Demonstrationen organisiert. Sodann wurde er zu den Inhalten und Zielen der BNP befragt, wozu er angab (sprachliche Unzulänglichkeiten im Original): "F: Warum sympathisieren Sie ausgerechnet für diese Partei? A: Ich fand von klein auf die Ziele der BNP Partei und die Einstellung der Menschen die die BNP unterstützten sehr gut. Meine ganze Familie unterstützt die BNP Partei. Viele sind für die BNP tätig. F: Was sind die Ziele der BNP Partei? A: Der Fortschritt des Landes und gerechte Arbeit für alle. Bildung für alle in Bangladesch. Den Straßenbau und die Infrastruktur zu verbessern. Auch in Bezug auf Sicherheit. Bangladesch ist ein Land mit vielen Flüssen und hat dadurch sehr große Schwierigkeiten und die BNP Partei möchte das verbessern. F:

Was sind die Ziele ihrer Partei? A: Die Bildung für alle zu ermöglichen die Werte der BNP Partei zu festigen. Auch dass alle gute Sachen machen und keine Straftaten begehen. Bei Bildung für alle wird auch gemeint, dass sie den armen Studenten Hilfe anbieten und darauf achten, dass alle die Möglichkeit haben zur Schule zu gehen. F: Wodurch unterscheidet sich diese Partei insbesondere hinsichtlich der Ziele von der AL League in ihrem Land? A: Die AL Partei handelt gegen die Anhänger von der BNP Partei. Viele Führer der BNP Partei wurden weggebracht und sind unauffindbar. Andere wurden erschossen. Anmerkung: Der ASt. wird unterbrochen. Die Frage wird wiederholt und ihm erklärt, dass dieser die Unterschiede bei den inhaltlichen Zielen zwischen den beiden Parteien erklären soll.

F: Wodurch unterscheidet sich diese Partei insbesondere hinsichtlich der Ziele von der AL League in ihrem Land? A: Sie haben kein Ziel bezüglich des Fortschrittes des Landes. Seit 2008 sind sie an der Macht und haben sogar demokratische Wahlen abgeschafft. Sie sind einfach so an der Macht. F: Bei welcher (landesweiten) Wahl ist Ihre Partei zuletzt angetreten? A: Am 31. Dezember 2008 waren die letzten Wahlen. Von 365 Sitzen hat die BNP 62 Sitze bekommen. Das war im

Jahr 2008. ... F: Beobachten Sie das Geschehen in Ihrer Partei auch

seit ihrer Ankunft in Österreich, Wenn ja, auf welche Art und Weis informieren Sie sich und was können Sie darüber berichten? A: Ja, ich schaue ab und an Nachrichten was die Partei macht. Ich sehe in den Nachrichten wie meine Partei nicht mehr diese Veranstaltungen und Vorträge bringen darf. Sie dürfen keine Demonstrationen erlaubt. Die Anhänger der BNP Partei sind nicht mehr sicher. Nicht einmal mehr in deren Häuser. Sogar der Sohn von der Parteivorsitzenden ist in England und hat dort Asyl bekommen. F: Wer war der oberste Vorsitzende ihrer Partei im Land zum Zeitpunkt Ihrer Ausreise? A:

Der Name der Vorsitzenden ist BEGUM Khalida Zia. Aufforderung:

Beschreiben Sie die Einheit/den Teil der Partei für die Sie tätig waren. Wie viel Mitglieder hatte dieser? Wer war der Leiter? Wer Ihre Mitarbeiter? A: Delwor Hossain war der Vizepräsident. Jobayer Rana war ein Mitglied. Mohammad Mohin war von der Union der Sekretär. Mohammed Mithu Chowdury, er war von der Union der Präsident. Mohammed Shihab Uddin war auch ein Sekretär. SI Mirza Sumon war auch ein Sekretär. Es waren dort 91 Personen Mitglieder.

F: Wie viele Mitglieder hat diese Partei in ganz Bangladesch? A: Ich kann nicht genau sagen wie viele es gibt. Meines Wissens sind die Hälfte der Einwohner BNP Mitglieder."

Aufgefordert, zu schildern, was genau am 31.03.2014 vorgefallen sei, führte der BF aus, es sei der Tag, an dem gewählt worden sei und die BNP gewonnen habe, gewesen. Sie hätten viele Süßigkeiten, die sie verteilt und auch selbst gegessen hätten. Sie seien in Feierstimmung und ca. 200 Personen gewesen. Viele von der Chatra Dal und von der BNP seien dabei gewesen. Sie seien an einem Bazar vorbeigekommen bei dem einige Mitglieder, ca. 30 bis 40 Personen, der AL gesessen seien. Diese seien plötzlich bewaffnet mit verschiedenen Gewehren, Schwertern und Cocktails auf sie zugekommen und hätten sie angegriffen. Es hätte nicht lange gedauert, dann sei die Polizei gekommen. Diese sei einfach auf sie losgegangen und hätte die AL-Leute unterstützt. Plötzlich habe ein Polizist geschossen und dieser habe den Freund des BF erschossen. Ein anderer Freund sei mit ein paar anderen festgenommen worden, welcher heuer erschossen worden sei.

Auch der BF sei bei dem Angriff verletzt worden.

Aufgefordert, detailliert zu beschreiben, wie sich die Polizei an dem Angriff beteiligt habe, führte der BF folgendes aus (Fehler im Original): "In meinem Land ist es sehr üblich, dass die Polizei immer die Regierungspartei unterstützt und für diese handelt. Die AL Leute müssen die Polizei gerufen haben und Ihnen gesagt haben, dass Sie angegriffen werden oder die Polizei hat einfach intuitiv gehandelt. Auf jeden Fall hat die Polizei uns als Schuldige behandelt und uns angegriffen."

Danach sei der BF nach XXXX gegangen. Dort sei er zwei Monate gewesen. In dieser Zeit habe sich der Vorfall zugetragen, als der BF nach Bangladesch habe zurückkommen wollen, bedroht worden sei und der BF zur Polizei gegangen sei.

Sodann wurden dem BF noch einige Fragen zur Konkretisierung seines Vorbringens gestellt.

I.3. Am 28.03.2019 wurde der BF neuerlich niederschriftlich einvernommen. Dabei wurde er insbesondere zu seiner Situation in Österreich, vorgelegten Urkunden, seinen Verhältnissen in Bangladesch befragt und ihm wurde das aktuelle Länderinformationsblatt zu Bangladesch vorgehalten

I.4. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 05.04.2019, XXXX wies das BFA den Antrag des BF auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Bangladesch (Spruchpunkt II.) ab. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 wurde dem BF nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.). Darüber hinaus wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung nach Bangladesch gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt V.) und ausgesprochen, dass gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt VI.).

Die Abweisung des Antrages auf internationalen Schutz bezüglich des Status eines Asylberechtigten begründete das BFA im Wesentlichen damit, der BF habe eine Verfolgung in Bangladesch nicht glaubhaft machen können, weswegen dem BF nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit die Gefahr, aus den in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen verfolgt zu werden, drohe. Unter Berücksichtigung der individuellen (persönlichen) Umstände des BF sei nicht davon auszugehen, dass der BF im Falle einer Rückkehr in sein Heimatland in eine ausweglose Situation gerate, weswegen auch keine Anhaltspunkte für die Gewährung subsidiären Schutzes vorliegen würden. Ebenso wenig lägen Anhaltspunkte für die Erteilung einer "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" vor und zudem würden die öffentlichen Interessen an einem geordneten Vollzug des Fremdenwesens gegenüber den privaten Interessen des BF an einem Verbleib im Bundesgebiet überwiegen, weswegen eine Rückkehrentscheidung zu erlassen sei. Die Abschiebung des BF sei als zulässig zu bewerten.

I.5. Mit Schriftsatz vom 08.05.2019 wurde dieser Bescheid des BFA seitens des - durch XXXX vertretenen - BF wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung und Verletzung von Verfahrensvorschriften zur Gänze angefochten.

Neben Wiedergabe des bisherigen Verfahrensverlaufes und der behaupteten Fluchtgründe führt die Beschwerde im Wesentlichen aus, das BFA habe seine Ermittlungspflicht verletzt. Es habe auf Basis einer unrichtigen Beweiswürdigung unrichtige Feststellungen getroffen. Das BFA habe das Parteivorbringen ignoriert. Durch die Behauptung, die Dokumente seien verfälscht, unterlasse das BFA ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren und unterstelle dem BF ohne Ermittlungen strafrechtlich relevantes Verhalten. Aus der fehlerhaften Beweiswürdigung resultiere eine unrichtige rechtliche Beurteilung. Hätte das BFA ein ordnungsgemäßes Verfahren geführt, hätte es dem BF Asyl bzw. subsidiären Schutz erteilt. Die Interessenabwägung zu Spruchpunkt III. sei mangelhaft und das BFA hätte auf Basis einer zutreffenden Interessenabwägung zu dem Ergebnis kommen müssen, dass dem BF zumindest ein "humanitärer Aufenthaltstitel" zuerkannt werden hätte müssen.

Es wurden die Anträge gestellt, eine mündliche Verhandlung anzuberaumen, dem BF Asyl zu gewähren, in eventu, dem BF den Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, in eventu, zu erkennen, dass die Rückkehrentscheidung auf Dauer für unzulässig erklärt werde in eventu, den Bescheid zur Gänze zu beheben und zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung das BFA zurückzuverweisen.

I.6. Mit Schreiben vom 09.05.2019 legte das BFA die Beschwerde und die Akten des Verwaltungsverfahrens dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.

I.7. Mit Schreiben vom 14.01.2020 wurde zur Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht geladen und damit dem BF auch das aktuelle Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Bangladesch zur allfälligen Stellungnahme bis längstens im Rahmen der für den 03.02.2020 angesetzten mündlichen Beschwerdeverhandlung, übermittelt.

I.8. Am 03.02.2020 führte das Bundesverwaltungsgericht in Anwesenheit eines Dolmetschers für die Sprache Bengali und des ausgewiesenen Rechtsvertreters des BF eine öffentliche mündliche Beschwerdeverhandlung durch, im Zuge derer der BF ausführlich u.a. zu seinen Fluchtgründen, seinen Rückkehrbefürchtungen, seinen Familienverhältnissen und seinen Lebensverhältnissen in Österreich befragt wurde.

Der - grundsätzlich gesunde - BF gab zu seinen Familienverhältnissen an, dass seine Familie, Eltern und Geschwister, in Bangladesch leben und er regelmäßigen Kontakt zu ihnen habe.

Hinsichtlich seines Namens konnte der BF nicht restlos aufklären, welchen Namen er zu seiner Geburt hatte bzw. wieso es zu einem Namensunterschied zu seinem Vater gekommen sei. Selbst seine Mutter würde nicht wissen, wie er richtig hieße.

Seine Eltern würden vom Grundstücksverkauf leben und sie hätten mittelmäßigen Wohlstand; sein Vater lebe - seit XXXX - derzeit im Gefängnis, weil er aus Angst vor einer falschen Anzeige um Schutz bei Gericht angesucht habe. Der Vater habe sich 2019 in "Schutzhaft" begeben, weil er Angst habe, entführt oder erschossen zu werden, weil der Onkel des BF 2017 entführt worden sei. Er habe dies auch gemacht, "damit auf dem Papier der Beweis da ist, dass er nun in Haft ist". Aus der Schutzhaft würde er jedoch nicht kommen, weil es "ja Anzeigen gegen ihn" gäbe und "sobald er eine Freilassung gegen Kaution nicht bewilligt bekommt, wird er nicht freigelassen".

Nachgefragt, weshalb nicht auch der BF in "Schutzhaft" gegangen sei, teilte dieser mit, dass er ja nicht wusste, ob gegen ihn eine Anzeige vorläge. Dies zu erfragen sei jedoch zu gefährlich gewesen. Einen Anwalt hätte er damit nicht betrauen können, weil es auch zu gefährlich gewesen wäre, zu einem Anwalt zu gehen.

Kinder oder eine Beziehung habe der BF in Österreich nicht. Freunde und Arbeitskollegen habe er durch seine Arbeit erworben. Er mache derzeit eine Ausbildung zum Koch und erhalte dafür 863 Euro.

Seinen Lehrvertrag habe er am 1. Juni 2017 erhalten. Anfänglich habe er einen der Lehrdauer entsprechenden Dreijahresvertrag gehabt, aber weil er länger für Deutsch gebraucht habe, sei es nunmehr auf vier Jahre hinaufgesetzt worden. Er sei in den ersten zwei Monaten nicht in die Schule gegangen. Der Chef habe gedacht, dass der BF zwischenzeitig mit weniger Bezahlung beschäftigt werden könne. Im März 2021 würde nunmehr die Lehre enden.

Eine Konversation mit dem BF in deutscher Sprache war in der Verhandlung möglich, obwohl der Sprachwortschatz leicht begrenzt war und die Antwort nicht mit vollen Sätzen erfolgte. Letztlich musste man den Antworten mit einer gewissen Aufmerksamkeit begegnen, um sie zu verstehen.

Zu seinen Fluchtgründen befragt führte der BF langatmig und zusammenhanglos verschiedene Vorkommnisse aus, die einzelne Familienmitglieder betrafen. So sei sein Onkel entführt worden, sein Vater fürchte sich vor Verfolgung und seinem Bruder habe man ein Bein abnehmen müssen. Er sei Mitglied und stellvertretender Vorsitzender der BNP, konkret der Chattro Dal, in XXXX , gewesen; es hätte 91 Mitglieder - in einem Gebiet, in dem 500.000 Menschen leben - gegeben.

Konkreter Anlass für die Auseinandersetzungen wäre ein lokaler Wahlerfolg seiner Partei gewesen, welcher zu einem Siegesumzug geführt hätte, der von Anhängern der Awami League und in weiterer Folge von der Polizei gestört worden sei. Die Mitglieder seiner Partei hätten fliehen müssen und habe sich der BF am Bein verletzt. Er sei dann an mehreren Plätzen in Bangladesch untergetaucht, weil er ja nicht mehr weiter lernen konnte, bevor er sich entschlossen habe, das Land zu verlassen.

Er selbst würde mittlerweile durch Anzeigen verfolgt, die auf das Jahr 2014 datiert seien, welche er jedoch erst jetzt - vor dem Verhandlung Anfang Februar 2020 - zur Kenntnis erhalten hätte. Eine deutschsprachige beglaubigte Übersetzung legte der mit finanziellem Einkommen ausgestatte BF nicht vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

II.1. Feststellungen:

II.1.1. Zur Person des BF, seinen Familienverhältnissen und seinen

Lebensumständen in Österreich:

Der volljährige BF ist Staatsangehöriger von Bangladesch und der Volksgruppe der Bengalen sowie der sunnitischen Glaubensgemeinschaft zugehörig. Seine Muttersprache ist Bengali (gleichlautende Angaben in Erstbefragung AS 13 sowie bei Einvernahme vom beim BFA AS 165).

Der BF ist im Bezirk XXXX geboren und aufgewachsen (AS 13, 165). Zuletzt hat er in XXXX gewohnt (AS 15, 166). Er hat in seinem Heimatland für zehn Jahre die Schule besucht und vor seiner Ausreise drei Jahre eine Universität besucht (AS 13).

Der BF ist ledig (AS 165) und hat keine Kinder (AS 167). In Bangladesch halten sich der Vater, die Mutter, zwei Brüder, zwei Schwestern sowie eine Tante des BF auf (AS 165). Zwischen dem BF und seinen Verwandten besteht aufrechter regelmäßiger Kontakt.

Der BF ist im Jänner 2016 nicht legal in das Bundesgebiet eingereist.

Der BF macht seit 01.06.2017 die dreijährige Lehre zum Koch. da er seine Lehre nicht kontinuierlich fortsetzte, würde diese nunmehr voraussichtlich bis 20.03.2021 dauern. Der Bescheid des AMS vom XXXX ermöglicht eine Arbeitsbewilligung (Lehrling/Auszubildender) bis 14.06.2020. Der BF erhält für seine Tätigkeit € 863,-. Eine Hemmung der Ausreiseverpflichtung in Folge gesetzlicher Bestimmungen liegt mangels Anwendungsbereich (durch verzögerte Ausbildung) nicht vor.

Der BF ist in Österreich kein Mitglied in einem Verein (AS 179, 397) und engagierte sich während seines bisherigen Aufenthaltes nicht ehrenamtlich.

Der BF verfügt über Deutschkenntnisse im geringeren Umfang. Er ist strafrechtlich unbescholten.

Der BF ist gesund.

II.1.2. Zum Fluchtvorbringen des BF:

Nicht festgestellt werden kann eine konkrete Verfolgung des BF in Bangladesch.

Festgestellt wird, dass der BF versucht an Hand von Geschichten anderer Familienmitglieder eine Verfolgung seiner Person zu konstruieren.

Festgestellt wird, dass der BF eine behauptete Anzeige aus dem Jahr 2014 erst im Jahr 2020 erhalten haben will und damit seine Flucht aus 2016 erklären möchte.

Festgestellt wird, dass aus den Erzählungen des BF keine konkret gegen ihn gerichtete Verfolgung ableitbar ist. Eine politische Verfolgung gegen den BF, der behauptet, stellvertretender Vorsitzender der Chattro Dal mit 91 Mitgliedern gewesen zu sein in einem Gebiet, welches eine halbe Million Menschen umfasst, kann auch mangels geeigneter Schilderungen nicht festgestellt werden.

Nicht festgestellt werden kann, dass gegen den BF Anzeigen eingebracht wurden, insbesondere, weil vom BF keine derartigen beglaubigten Anzeigen vorgelegt wurden. Es ist dem mit Einkommen ausgestatteten BF zumutbar derartige Dokumente in deutscher Sprache übersetzt vorzulegen.

Es wird ebenfalls nicht festgestellt, dass die Polizei den BF aus politischen Gründen attackiert hat und hat der BF selbst angegeben, innerhalb weniger Stunden aus einem Polizeigewahrsam entlassen worden zu sein. Es wird somit nicht festgestellt, dass der BF auf seine Person bezogene in Bangladesch behördlichen oder privaten Verfolgungshandlungen ausgesetzt war.

Im Falle einer Rückkehr nach Bangladesch wird der BF eine Lebensgrundlage vorfinden. Im Falle einer Rückkehr kann der BF allfälligen Behelligungen durch Niederlassung in anderen Landesteilen entgehen.

II.1.3. Zur maßgeblichen Lage in Bangladesch:

Politische Lage:

Bangladesch - offizielle Bezeichnung Volksrepublik Bangladesch (People' s Republic of Bangladesh / Ga?aprajatantri Ba?lades) ist seit 1991 eine parlamentarische Demokratie (GIZ 12.2018a). Das Land befindet sich größtenteils in der Deltaebene, die durch die Mündung der Flüsse Ganges und Brahmaputra in den Golf von Bengalen (Indischer Ozean) gebildet wird. Nachbarstaaten sind Indien (Westen, Norden und Osten) und Myanmar (Südosten). Die Hauptstadt ist Dhaka (ca. 20 Millionen Einwohner). Auf einer Fläche von ca. 148.000 km² (CIA 21.2.2019) leben etwa 159 bis 165 Millionen Einwohner (CIA 21.2.2019; vgl. GIZ 1.2019, AA 12.2018a). Bangladesch ist mit 1.127 Einwohnern pro Quadratkilometer der am dichtest besiedelte Flächenstaat der Welt (zum Vergleich: Österreich 104 Einwohner pro km²) (WPR o.D.; vgl. AA 12.2018a).

Das Staatsoberhaupt ist der Präsident, der vom Parlament alle fünf Jahre gewählt wird. Eine einmalige Wiederwahl ist möglich. Er übt größtenteils zeremonielle Funktionen aus, während die Macht in den Händen des Premierministers als Regierungschef liegt. Dieser wird von der stärksten im Parlament vertretenen Partei nominiert und vom Präsidenten formell ernannt. Der Premierminister ernennt die Regierungsmitglieder, die vom Präsidenten bestätigt werden. Nach Ende der fünfjährigen Legislaturperiode bildet der Präsident unter seiner Führung eine unabhängige Übergangsregierung, deren verfassungsmäßige Aufgabe es ist, innerhalb von 90 Tagen die Voraussetzungen für Neuwahlen zu schaffen (ÖB 12.2018; vgl. GIZ 12.2018a). Zusätzlich obliegt dem Premierminister die Kontrolle der Geheimdienste, der Streitkräfte und der paramilitärischen Einheiten (GIZ 12.2018a).

Das Parlament (National Parliament oder Jatiya Sangsad) besteht aus einer Kammer mit 300, in Einzelwahlkreisen auf fünf Jahre direkt gewählten, Abgeordneten (ÖB 12.2018) mit zusätzlichen 50 Sitzen, die nur für Frauen reserviert sind (AA 27.10.2017; vgl. GIZ 12.2018). Diese werden nicht direkt durch eine Wahl vergeben, sondern die Parteien, die es ins Parlament schaffen, nominiert (GIZ 12.2018a). Das Parlament tagt nicht während der Amtszeit der Übergangsregierung. Das Mehrheitswahlrecht führt zu stabilen Mehrheiten im Parlament und hat die Herausbildung der Bangladesch Nationalist Party (BNP) und der Awami League (AL) als dominierende und konkurrierende Parteien begünstigt. Während die konservative BNP Verbündete bei den islamistischen Parteien wie der Jamaat-e-Islami (JI) hat, bekommt die AL traditionell Unterstützung von linken und säkularen Parteien, wie der Arbeiterpartei, der liberaldemokratischen Partei, der national-sozialen Partei Jatiyo Samajtantrik Dal und jüngst auch von der Jatiya Partei, unter dem ehemaligen Militärdiktator Hossain Mohammad Ershad (ÖB 12.2018).

Das politische Leben wird seit 1991 durch die beiden größten Parteien, die "Awami League" (AL) und "Bangladesh Nationalist Party" (BNP) bestimmt. Klientelismus und Korruption sind weit verbreitet. Gewerkschaften, Studentenorganisationen, Polizei und Verwaltung sind parteipolitisch durchdrungen (AA 12.2018). Beide Parteien haben keine demokratische interne Struktur und werden von Familien geführt, die Bangladesch seit der Unabhängigkeit geprägt haben (FH 1.2018).

Seit 2009 ist Sheikh Hasina von der Awami League (AL) Premierministerin (GIZ 12.2018a; vgl. ÖB 12.2018). Im Jänner 2019 wurde Sheikh Hasina für ihre vierte Amtszeit, die dritte Amtszeit in Folge, als Premierministerin angelobt. Im Februar 2019 gab sie bekannt, dass sie nach dieser Amtszeit an die "junge Generation" übergeben wolle (DW 14.2.2019).

Bei den elften bangladeschischen Parlamentswahlen vom 30.12.2018 erzielte die "Große Allianz" um die regierende AL einen Erdrutschsieg mit 96 % der Stimmen und 289 der 300 zur Wahl stehenden Parlamentssitze (Guardian 30.12.2018; vgl. BN24 31.12.2018, DT 27.1.2019, DS 10.1.2019), wobei in zwei Wahlkreisen aufgrund von Gewalt (DS 10.1.2019) bzw. dem Tod eines Kandidaten Nachwahlen notwendig waren (DT 27.1.2019).

Es gibt Berichte über Wahlmanipulation. Die Opposition verurteilte die Wahl als "Farce" und fordert die Annullierung des Ergebnisses und Neuwahlen. Die Regierungspartei weist die Manipulationsvorwürfe und Neuwahlforderungen zurück und nennt die Wahl "völlig frei und unabhängig" (BBC 31.12.2018). In einer vorläufigen Bewertung erklärten Wahlbeobachter der SAARC (South Asian Association for Regional Cooperation), dass die Wahl "viel freier und fairer" ablief als die vorherigen (Hindu 1.1.2019). Bereits im Vorfeld der Wahl kam es zu Gewalt zwischen rivalisierenden Anhängern und zu harten Vorgehen der Regierung (BBC 31.12.2018; vgl. Hindu 1.1.2019). Von Oktober bis Anfang Dezember 2018 fanden wiederholt Fälle willkürlicher Verhaftungen und Inhaftierungen von Demonstranten und politischen Oppositionellen sowie von Gewalttaten und Einschüchterungen durch Mitglieder der Studenten- und Jugendabteilung der Regierungspartei statt. (HRW 13.12.2018). Am Wahltag waren rund 600.000 Sicherheitskräfte, darunter Armee und paramilitärische Truppen, im Einsatz, um die Gewalt einzudämmen (Guardian 30.12.2018). Am Wahltag wurden mindestens 17 Menschen bei Zusammenstößen zwischen Anhängern der regierenden Partei und der Opposition getötet (Reuters 1.1.2019).

2014 trat die BNP aus Protest gegen Verfahrensfehler bei der Organisation der Wahlen nicht zur Wahl an und forderte die Bevölkerung, ihre eigenen Parteimitglieder und Wähler zu einem Generalstreik (Hartal) auf. Eine der wichtigsten BNP-Vertreter der Opposition war und ist die ehemalige Premierministerin und amtierende BNP-Parteivorsitzende Khaleda Zia. Sie wurde im Februar 2018 wegen Veruntreuung zu einer Haftstrafe von fünf Jahren verurteilt (GIZ 12.2018a) und durfte bei den Parlamentswahlen am 30.12.2018 nicht als Kandidatin antreten (DT 8.12.2018). Die oppositionelle BNP hat aufgrund ihrer starken gesellschaftlichen Verankerung das Potential, durch Generalstreiks großen außerparlamentarischen Druck zu erzeugen (GIZ 12.2018a).

Infolge der Dominanz der AL und der fehlenden innerparteiischen Demokratie hat de facto die exekutive Spitze das ausschließliche Sagen bei Gesetzesentwürfen. Wie schon die Vorgängerregierungen baut auch die gegenwärtige AL-Regierung ihre Netzwerke in Verwaltung, Rechtswesen und Militär aus. Verschärfend kommt hinzu, dass die BNP als vormals größte Oppositionspartei nach ihrem Wahlboykott am 5.1.2014 überhaupt nicht mehr im Parlament vertreten war (GIZ 12.2018a) und bei den Parlamentswahlen am 30.12.2018 nur sechs Mandate erzielen konnte (BI 31.12.2018; vgl. DS 10.1.2019).

Durch Verfassungsänderung von Juni 1988 wurde der Islam zur Staatsreligion erklärt, bei gleichzeitiger verfassungsrechtlicher Verankerung des Rechts auf friedliche Ausübung anderer Religionen. Auch Säkularismus ist Staatsprinzip und genießt Verfassungsrang (AA 27.10.2017). Die verfassungsändernde Mehrheit der AL im Parlament führt zu einer enormen Machtkonzentration. Gesetzesinitiativen schränken den Spielraum der Zivilgesellschaft weiter ein. Die derzeitige Regierung hat es sich zum Ziel gemacht, Verbrechen des Unabhängigkeitskrieges von 1971 juristisch aufzuarbeiten. Angeklagt sind damalige Kollaborateure der pakistanischen Streitkräfte, von denen viele bis zur letzten innerparteilichen Wahl in führenden Positionen der islamistischen JI waren. Die Prozesse und (häufig Todes-) Urteile öffnen alte Wunden und führen zu gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen säkularen und islamistischen Kräften (AA 12.2018).

Bei den am 30.12.2015 in 234 Stadtbezirken durchgeführten Kommunalwahlen in Bangladesch ist die regierende AL in 176 Bezirken als Siegerin hervorgegangen (NETZ 2.1.2016). Die kommenden Kommunalwahlen werden an fünf verschiedenen Wahltagen zwischen 10.3. und 18.6.2019 stattfinden (bdnews24 3.2.2019). Am ersten Wahltermin wurden in den 78 Upazilas eine geringe Wahlbeteiligung beobachtet. Die Wahl wird von der BNP und einigen anderen Parteien boykottiert (DS 10.3.2019).

Der Verwaltungsaufbau von Bangladesch ist zentralstaatlich: Das Land ist in acht Regionen (Divisions), 64 Bezirke (Districts), 501 Landkreise bzw. Großstädte (Upazilas / City Corporations), 4.876 Gemeindeverbände (Union Councils / Municipalities) und circa 87.000 Dorfgemeinden gegliedert (AA 12.2018; vgl. ÖB 12.2018). Im Gebiet der Chittagong Hill Tracts gilt eine besondere Verwaltung, die der lokalen (indigenen), nicht-bengalischen Bevölkerung verstärkte Mitwirkungsmöglichkeiten einräumen soll (ÖB 12.2018).

Quellen:

* AA - Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (12.2018):

Bangladesch - Innenpolitik,

https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/bangladesch-node/-/206322, Zugriff 7.3.2019

* AA - Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (27.10.2017):

Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch (Stand: Oktober 2017).

* BBC (31.12.2018): Bangladesh election: PM Sheikh Hasina wins landslide in disputed vote,

https://www.bbc.com/news/world-asia-46718393, Zugriff 7.3.2019

* bdnews24 (3.2.2019): 87 Upazila councils go to election on Mar 10 in first phase,

https://bdnews24.com/bangladesh/2019/02/03/87-upazila-councils-go-to-election-on-mar-10-in-first-phase, Zugriff 7.3.2019

* BI - Bangla Insider (31.12.2018): final results of 11th parliamentary elction of Bangladesh 2018, https://en.banglainsider.com/bangladesh/4469/FINAL-RESULTS-OF-11th-PARLIAMENTARY-ELECTION-OF-BANGLADESH-2018, Zugriff 3.1.2019

* BN24 - Bangla News 24 (31.12.2018): Grand alliance wins 288 seats, https://www.banglanews24.com/english/national/article/73191/Grand-alliance-wins-288-seats, Zugriff 7.3.2019

* DS - Daily Star, the (10.1.2019): BNP's Sattar bags B'baria-2, https://www.thedailystar.net/bangladesh-national-election-2018/bangladesh-re-election-3-centres-brahmanbaria-2-constituency-going-peacefully-1685053, Zugriff 11.3.2019

* DS - Daily Star, the (10.3.2019): First phase upazila polls end, counting starts,

https://www.thedailystar.net/country/news/election-78-upazilas-begins-1712992, Zugriff 11.3.2019

* DT - Dhaka Tribune (27.1.2019): Ruling party's Dr Younus Ali Sarker wins Gaibandha 3

by-polls,https://www.dhakatribune.com/bangladesh/election/2019/01/27/voting-in-gaibandha-3-by-polls-underway, Zugriff 11.3.2019

* DT - Dhaka Tribune (8.12.2018): EC rejects Khaleda Zia's candidature by majority decision, https://www.dhakatribune.com/bangladesh/election/2018/12/08/khaleda-zia-s-appeal-remains-pending, Zugriff 7.3.2019

* DW - Deutsche Welle (14.2.2019): Bangladesh PM Sheikh Hasina hints at last term as prime minister, https://www.dw.com/en/bangladesh-pm-sheikh-hasina-hints-at-last-term-as-prime-minister/a-47513555, Zugriff 7.3.2019

* FH - Freedom House (1.2018): Freedom in the World 2018 - Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/1442339.html, Zugriff 28.2.2019

* GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (12.2018a): Bangladesch - Geschichte & Staat, https://www.liportal.de/bangladesch/geschichte-staat/, Zugriff 7.3.2019

* GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (1.2019): Bangladesch - Überblick, https://www.liportal.de/bangladesch/ueberblick/, Zugriff 11.3.2019

* Guardian, The (30.12.2018): Bangladesh PM Hasina wins thumping victory in elections opposition reject as 'farcical', https://www.theguardian.com/world/2018/dec/30/bangladesh-election-polls-open-after-campaign-marred-by-violence, Zugriff 7.3.2019

* Hindu, The (1.1.2019): Hasina's triumph: on Bangladesh election results,

https://www.thehindu.com/opinion/editorial/hasinas-triumph/article25874907.ece, Zugriff 7.3.2019

* NETZ - Partnerschaft für Entwicklung und Gerechtigkeit e.V. (2.1.2016): Bangladesch Aktuell, http://bangladesch.org/bangladesch/aktuell/detailansicht/news/detail/News/kommunalwahlen/cHash/781fa29261a9302cfb84107680f22794.html, Zugriff 7.3.2019

* ÖB DEL - Österreichische Botschaft Neu Delhi (12.2018):

Asylländerbericht Bangladesch [Arbeitsversion].

* Reuters (1.1.2019): Western powers call for probe into Bangladesh election irregularities, violence, https://www.reuters.com/article/us-bangladesh-election/western-powers-call-for-probe-into-bangladesh-election-irregularities-violence-idUSKCN1OV1PK, Zugriff 7.3.2019

* RW - Human Rights Watch (13.12.2018): Bangladesh: Crackdown as Elections Loom, https://www.ecoi.net/de/dokument/1454483.html, Zugriff 7.3.2019

* WPR - World Population Review (o.D.): World Countries by Population Density 2019,

http://worldpopulationreview.com/countries/countries-by-density/. Zugriff 7.3.2019

Sicherheitslage:

Der Hass zwischen den politischen Parteien, insbesondere Awami League und die Bangladesch National Party, ist für den größten Teil an Gewalt im Land verantwortlich (ACLED 9.11.2018; vgl. FH 1.2018). Beide Parteien sind - gemeinsam mit unidentifizierten bewaffneten Gruppen - in Vandalismus und gewalttätige Auseinandersetzungen verwickelt und greifen auch friedliche Zivilisten an (ACLED 9.11.2018).

Von nichtstaatlichen Akteuren (insbesondere Opposition, Islamisten, Studenten) geht nach wie vor in vielen Fällen Gewalt aus. Die öffentliche Sicherheit ist fragil. Das staatliche Gewaltmonopol wird durchbrochen. Es kommt häufig zu Morden und gewalttätigen Auseinandersetzungen aufgrund politischer (auch innerparteilicher) oder krimineller Rivalitäten. Eine Aufklärung erfolgt selten. Politische Auseinandersetzungen werden von allen Lagern - mit einem teilweise massiven Aufgebot an Menschen und unter Rekrutierung von Studenten- und Jugendorganisationen - auf der Straße ausgetragen (AA 27.10.2017). Spontane Streiks und Kundgebungen können jederzeit stattfinden (BMEIA 14.12.2018; vgl. AA 25.2.2019), dabei können Kämpfe zwischen Sicherheitsbehörden und Demonstranten, Brandstiftung, Gewalt und Vandalismus unvorhergesehen auftreten (UKHO 28.2.2019).

Gewalt gegen Zivilisten oder staatliche Kräfte durch Rebellen macht einen relativ kleinen Anteil an allen Gewaltereignissen aus. Es gibt radikale islamistische Gruppen wie die Mujahideen Bangladesh (JMB) und Ansarullah Bangla Team (ABT). Sowohl der Islamische Staat (IS) und Al Qaeda in the Indian Subcontinent (AQIS) geben an, in Bangladesch aktiv zu sein, was von der Regierung jedoch dementiert wird (ACLED 9.11.2018). Im März 2017 kam es zu drei Selbstmordattentaten mit Todesfolge, zu denen sich der Islamische Staat bekannte (BMEIA 14.12.2018, vgl. USDOS 20.4.2018).

Extremistische Gruppen führen Angriffe auf Angehörige vulnerabler Gruppen durch (USDOS 20.4.2018; vgl. AI 22.2.2017; AA 27.10.2017). In vielen Fällen ist nicht eindeutig differenzierbar, ob religiöse Motive oder säkulare Interessen, wie z. B. Racheakte oder Landraub, Grund für die Vorfälle sind. In vielen Fällen wird den Sicherheitsbehörden vorgeworfen, nicht oder zu spät reagiert zu haben, vereinzelt sogar an Gewaltakten aktiv teilgenommen zu haben (AA 27.10.2017).

In der Division Chittagong, insbesondere im Gebiet der Chittagong Hill Tracts (Bezirke Rangamati, Khagrachari und Bandarban) kommt es zu bewaffneten Unruhen und kriminellen Übergriffen (BMEIA 14.12.2018; vgl. AA 25.2.2019; UKHO 28.2.2019). Im Juni 2017 griff eine aufgebrachte Menschenmenge indigene Bewohner der Stadt Langadu im Bezirk Rangamati Hill an und tötete dabei mindestens eine Person. Außerdem wurden Hunderte Häuser niedergebrannt. Berichten zufolge unternahmen Polizisten und Soldaten nichts, um die indigenen Bewohner zu schützen (AI 23.5.2018). Im südöstlichen Verwaltungsbezirk Cox's Bazar der Division Chittagong, hat es zuletzt in bzw. in der Nähe von Flüchtlingslagern vereinzelt gewalttätige Zwischenfälle gegeben. Am 21. Februar 2019 wurden dabei auch ausländische Journalisten angegriffen (AA 25.2.2019).

An der Grenze zu Indien kommt es gelegentlich zu Schusswechseln zwischen indischen und bangladeschischen Grenzwächtern. Regelmäßig werden Menschen getötet, die versuchen, illegal die Grenze zu überqueren (UKHO 28.2.2019).

In der Monsunzeit von Mitte Juni bis Mitte Oktober muss mit Überschwemmungen gerechnet werden, im südlichen Landesdrittel von Oktober bis November und Mitte April bis Mitte Mai grundsätzlich auch mit Wirbelstürmen (AA 25.2.2019). Regelmäßig wiederkehrende Überschwemmungen sowie die Erosion von Flussufern führen zu einer umfangreichen Binnenmigration (AA 27.10.2017). Die Kriminalität hat ist hoch, insbesondere Raubüberfälle (BMEIA 14.12.2018).

Quellen:

* AA - Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (25.2.2019):

Bangladesch: Reise- und Sicherheitshinweise, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/bangladesch-node/bangladeschsicherheit/206292, Zugriff 27.2.2019

* AA - Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (27.10.2017):

Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch (Stand: Oktober 2017).

* ACLED - Armed Conflict Location & Event Data Project (9.11.2018):

The Anatomy of Violence in Bangladesh, https://www.acleddata.com/2018/11/09/the-anatomy-of-violence-in-bangladesh/, Zugriff 6.3.2019

* AI - Amnesty International (23.5.2018): Bangladesch 2017/18, https://www.amnesty.de/jahresbericht/2018/bangladesch, Zugriff 5.3.2019

* BMEIA - Bundesministerium Europa, Integration und Äußeres (14.12.2018): Bangladesch - Reiseinformation, https://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/land/bangladesch/, Zugriff 6.3.2019

* FH - Freedom House (1.2018): Freedom in the World 2018 - Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/1442339.html, Zugriff 28.2.2019

* ÖB - Österreichische Botschaft Neu Delhi (12.2018):

Asylländerbericht Bangladesch [Arbeitsversion].

* UKHO - UK Home Office (28.2.2019): Foreign travel advice Bangladesh - Safety and security, https://www.gov.uk/foreign-travel-advice/bangladesh/safety-and-security, Zugriff 6.3.2019

* USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430114.html, Zugriff 27.2.2019

Rechtsschutz/Justizwesen:

Das Gerichtssystem besteht aus zwei Instanzen, den untergeordneten Gerichten (Magistrates, Session- und District Judges) und dem Obersten Gerichtshof. Beide verhandeln Zivil- und Strafrechtssachen. Das Rechtssystem beruht weitgehend auf dem englischen "Common Law". Der Oberste Gerichtshof besteht aus zwei Abteilungen, dem "High Court", der Verfassungsfragen verhandelt und als Berufungsinstanz zu den erstinstanzlichen Gerichten fungiert, sowie dem "Appellate Court", dessen Entscheidungen für alle übrigen Gerichte bindend sind. Die Richter beider Abteilungen werden gemäß der Verfassung vom Präsidenten ernannt (ÖB 12.2018).

Die Unabhängigkeit der Richter wird von der Verfassung garantiert. In der Praxis unterstellt allerdings eine schon lange geltende temporäre Bestimmung der Verfassung die erstinstanzlichen Richter der Exekutive. Auch ihre Ernennung und Remuneration ist Sache der Exekutive. Demgegenüber haben die Richter des Obersten Gerichtshofs des Öfteren ihre Unabhängigkeit demonstriert und gegen die Regierung entschieden (ÖB 12.2018). Gemäß einer Verfassungsänderung hat das Parlament seit 2014 das Recht, oberste Richter abzusetzen (USDOS 20.4.2018).

Auf Grundlage mehrerer Gesetze ("Public Safety Act", "Law and Order Disruption Crimes Speedy Trial Act", "Women and Children Repression Prevention Act", "Special Powers Act") wurden Sondertribunale errichtet, die Fälle innerhalb eines festgesetzten Zeitrahmens erledigen müssen. Es fehlen allerdings Vorschriften für den Fall, dass sie dieser Verpflichtung nicht nachkommen. Diese "Speedy Trial" Tribunale haben Medienberichten zufolge in den vergangenen Jahren ca. 200 Personen zum Tode verurteilt (ÖB 12.2018).

Wie die meisten Beobachter von Bangladesch übereinstimmend angeben, stellen Korruption, Ineffizienz der Justiz, gezielte Gewalt gegen Richter und ein gewaltiger Rückstau an offenen Fällen große Probleme dar (ÖB 12.2018). Gerichtsverfahren sind durch eine überlange Verfahrensdauer geprägt, was viele Angeklagten bei der Inanspruchnahme ihres Rechts auf ein faires Verfahren hindert. Weiters kommt es zu Zeugenbeeinflussung und Einschüchterung von Opfern (USDOS 20.4.2018; vgl. FH 1.2018). Strafanzeigen gegen Mitglieder der regierenden Partei werden regelmäßig zurückgezogen (FH 1.2018). Die schiere Zahl der gegen die politische Opposition eingeleiteten Klagen im Vorfeld zur 11. Parlamentswahl vom 30.12.2018, deutet auf ein ungehindertes Spielfeld und die Kontrolle der Regierungspartei über die Justiz- und Sicherheitsinstitutionen hin (FIDH 9.1.2019).

Zwei Drittel aller Streitfälle erreichen nicht das formelle Justizsystem, sondern werden von informellen Dorfgerichten oder bedeutenden Persönlichkeiten der lokalen Gemeinschaften entschieden. Diese behandeln meist Fälle betreffend Familienrecht, Unterhalt, Zweitehen, Mitgiftstreitigkeiten und Landeigentum. Obwohl diese "Gerichte" eine durch Tradition legitimierte, schnellere und günstigere Alternative zu ordentlichen Gerichten darstellen, sind sie hinsichtlich der Einflussnahmemöglichkeiten durch lokal bedeutsame Persönlichkeiten sowie der gesellschaftliche Stellung von Frauen nicht unproblematisch. Die islamische Scharia ist zwar nicht formell als Gesetz eingeführt, spielt aber insbesondere in den Bereichen des Zivilrechts (Erbschaft, Grunderwerb, Heirat und Scheidung etc.) eine große Rolle (ÖB 12.2018).

Quellen:

* FH - Freedom House (1.2018): Freedom in the World 2018 - Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/1442339.html, Zugriff 28.2.2019

* FIDH - International Federation for Human Rights (Hg.) (9.1.2019):

Joint statement [by AHRC - Asian Human Rights Commission; ANFREL - Asian Network for Free Elections; GNDEM - Global Network of Domestic Election Monitors; FIDH - International Federation for Human Rights; CMEV - Centre for Monitoring Election Violence, Sri Lanka] on the undemocratic electoral environment in Bangladesh, https://www.fidh.org/en/region/asia/bangladesh/joint-statement-on-the-undemocratic-electoral-environment-in, Zugriff 6.3.2019

* ÖB - Österreichische Botschaft Neu Delhi (12.2018):

Asylländerbericht Bangladesch [Arbeitsversion].

* USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430114.html, Zugriff 27.2.2019

Allgemeine Menschenrechtslage:

Bangladesch hat bisher mehrere UN Menschenrechtskonventionen ratifiziert, ist diesen beigetreten oder hat sie akzeptiert (ÖB 12.2018; vgl. UNHROHC o.D.). Die Verfassung von Bangladesch in der seit 17. Mai 2004 geltenden Fassung listet in Teil III, Artikel 26 bis 47A, einen umfassenden Katalog an Grundrechten auf. Artikel 102 aus Teil VI, Kapitel 1 der Verfassung regelt die Durchsetzung der Grundrechte durch die High Court Abteilung des Obersten Gerichtshofes. Jeder Person, die sich in ihren verfassungsmäßigen Grundrechten verletzt fühlt, steht der direkte Weg zum "High Court" offen. Die "National Human Rights Commission" wurde im Dezember 2007 unter dem "National Human Rights Commission Ordinance" von 2007 eingerichtet, hat aber noch keine nennenswerte Aktivität entfaltet (ÖB 12.2018).

Teils finden Menschenrechtsverletzungen auch unter Duldung und aktiver Mitwirkung der Polizei und und anderer Sicherheitskräfte statt (GIZ 12.2018a). Dazu zählen außergerichtliche Tötungen, Verschwinden lassen von Personen, willkürliche Festnahmen und Verhaftungen und Folter (USDOS 20.4.2018). Im Jahr 2017 sollen nach Angaben der bangladeschischen Menschenrechtsorganisation Odhikar 117 Personen durch Sicherheitskräfte getötet, 13 Personen dabei zu Tode gefoltert bzw. geprügelt worden sein (Odhikar 12.1.2018). Die Regierung verhaftete laut neuesten Berichten bis zu 2000 Mitglieder der RABs wegen diverser Vergehen. Obwohl die RABs in den letzten Jahren hunderte Tötungen bzw. mutmaßliche Morde verübt haben, kam es noch zu keiner Verurteilung wegen außergerichtlicher Tötungen, Folter oder willkürlicher Verhaftungen (ÖB 12.2018, siehe auch Abschnitt 5).

Zu den bedeutendsten Menschenrechtsproblemen zählen weiters, auch aufgrund des Fehlens von Rechenschaftspflicht, Einschränkungen der Bürgerrechte inklusive der Rede- und Pressefreiheit, der Aktivitäten von NGOs, ein Mangel an Freiheit, um an politischen Prozessen teilzunehmen, Korruption, Gewalt und Diskriminierung basierend auf Geschlecht, Religion, Kaste, Stamm, inklusive indigener Personen, sexueller Orientierung und Genderidentität. Auch Menschenhandel, Einschränkungen der Arbeitnehmerrechte und schlimme Formen der Kinderarbeit sind weiterhin ernsthafte Probleme (USDOS 20.4.2018).

Die meisten NGOs können uneingeschränkt arbeiten, jedoch werden Gruppen, die als übermäßig regierungskritisch gelten, überwacht und schikaniert und ihnen werden regelmäßig notwendige behördliche Genehmigungen verweigert (FH 1.2018; für mehr Informationen zu NGOs siehe Abschnitt 8).

Im April brachte die EU während der jährlichen bilateralen Menschenrechtskonsultationen ihre Besorgnis über Berichte über außergerichtliche Tötungen und gewaltsames Verschwindenlassen zum Ausdruck und forderte von der Regierung das Problem der Gewalt und Belästigung von Gewerkschaftern anzugehen (HRW 17.1.2019).

Das Gesetz verbietet Diskriminierung von Menschen mit Behinderungen, es wird jedoch nicht effektiv durchgesetzt. Fälle von Diskriminierung und gesellschaftlicher Gewalt gegen religiöse und ethnische Minderheiten sowie von Menschen aufgrund ihrer sexuellen Orientierung bestehen fort (USDOS 20.4.2018). Das Informations- und Kommunikationstechnologiegesetz (Information and Communication Technology Act - ICT Act) wird angewandt, um Oppositionelle und Mitglieder der Zivilgesellschaft wegen Delikten von Verleumdung und Blasphemie juristisch zu verfolgen (USDOS 20.4.2018; vgl. FH 1.2018).

Die Regierung unternimmt Anstrengungen den "Prevention and Suppression of Human Trafficking Act (PSHTA)" von 2012 umzusetzen, erreicht aber noch nicht die Minimalstandards zur Verhinderung von Menschenhandel. Für 2017 hat die Regierung 778 Fälle von Menschenhandel gemeldet, wobei ein Vergleich mit den Jahren davor nicht möglich ist. Verurteilungen sind selten, da nicht ausreichend Ressourcen für die Ermittlungen in allen Fällen bereitgestellt werden. Für Frauen und Kinder, die Opfer von Menschenhandel waren, stellt die Regierung für maximal fünf Tage Unterkunft in Schutzhäusern zur Verfügung. NGOs kritisieren, dass die Unterstützung nicht ausreichend ist und die Gefahr neuerlich Opfer zu werden hoch ist. NGOs unterstützen männliche Opfer, bieten jedoch keine Unterkunft an (USDOS 28.6.2018).

Quellen:

* FH - Freedom House (1.2018): Freedom in the World 2018 - Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/1442339.html, Zugriff 28.2.2019

* GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (12.2018a): Bangladesch, Geschichte & Staat, https://www.liportal.de/bangladesch/geschichte-staat, Zugriff 5.3.2019

* HRW - Human Rights Watch (17.1.2019): World Report 2019 - Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/2002245.html, Zugriff 27.2.2019

* ÖB - Österreichische Botschaft Neu Delhi (12.2018):

Asylländerbericht Bangladesch [Arbeitsversion].

* Odhikar (12.1.2018): Bangladesh Annual Human Rights Report 2017, http://odhikar.org/wp-content/uploads/2018/01/Annual-HR-Report-2017_English.pdf, Zugriff 1.3.2019

* UNHROHC- United Nations Human Rights Office of the High Commissioner (o.D.): View the ratification status by country or by treaty - Bangladesh,

http://tbinternet.ohchr.org/_layouts/TreatyBodyExternal/Treaty.aspx?CountryID=37&Lang=EN, Zugriff 5.3.2019

* USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430114.html, Zugriff 27.2.2019

* USDOS - US Department of State (28.6.2018): Trafficking in Persons Report 2018 - Country Narratives: A-C, S 89ff, https://www.state.gov/documents/organization/282800.pdf, Zugriff 28.2.2019

Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit, Opposition:

Die Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit wird von der Verfassung garantiert, von der Regierung für oppositionelle politische Parteien jedoch beschnitten. Proteste und Demonstrationen müssen vorab genehmigt werden und die Regierung hat das Recht Versammlungen von mehr als vier Personen zu verbieten (USDOS 20.4.2018; vgl. AA 27.10.2017).

Es sind Fälle bekannt geworden, in denen politischen Gruppen, unter dem Vorwand der Gefährdung der öffentlichen Sicherheit gemäß § 144 Strafprozessgesetz, die Versammlungsfreiheit abgesprochen wurde (AA 27.10.2017). Bei politischen Versammlungen oder Demonstrationen kann es zu gewalttätigen Übergriffen seitens rivalisierender Parteiaktivisten oder der Sicherheitskräfte kommen (ÖB 12.2018). Die Regierung beendete in verschiedenen Fällen verbotene Versammlungen gewaltsam (AA 27.10.2017). Im Jahr 2017 wurden mehrere Versammlungen von verschiedenen politischen Parteien verboten und angegriffen (Odhikar 12.1.2018). Durch Verhaftungen von Parteiaktivisten versucht die Regierung Kundgebungen zu verhindern. Oft werden Demonstranten bei Zusammenstößen mit Sicherheitskräften verletzt, gelegentlich sogar getötet (FH 1.2018).

Die Gründung von Gewerkschaften wurde aufgrund einer Gesetzesreform 2015 erleichtert, jedoch sehen sich Gewerkschaftsführer Entlassungen und körperlicher Einschüchterung ausgesetzt. Ebenso sehen sich Arbeitsrechts-Organisationen, wie "Bangladesh Center for Workers' Solidarity" Belästigung ausgesetzt. Beschwerden wegen unsicherer Arbeitsbedingungen, besonders in der Bekleidungsindustrie, führen immer wieder zu Protesten. Im Zuge eines wochenlangen Streiks im Dezember 2016 wurden hunderte Arbeiter entlassen und zahlreiche Gewerkschaftsführer inhaftiert (FH 1.2018).

Die Regierung scheint in ihrer Macht gefestigt und es gibt politische Stabilität. Diese Stabilität wird jedoch durch häufige Zusammenstöße mit Oppositionsanhängern sowie durch Fraktionskämpfe innerhalb der Parteien auf lokaler Ebene bedroht. Die großen politischen Parteien haben starke Organisationsstrukturen in deren Basis und können über ihre Vorfeldorganisationen wie Studenten- und Berufsverbindungen mobilisieren. Alle politischen Parteien zeigen Tendenzen zu Klientelismus, der mithilft, die Parteibasen intakt zu halten. Politische Polarisierung, durch Nepotismus charakterisiert, führt zu einer Volatilität im Wahlverhalten. Parteien wie Jamaat Islami haben ideologische Verbindungen zu ihren Kadern und können diesen durch ihr umfangreiches wirtschaftliches Netzwerk Arbeitsplätze verschaffen (BTI 2018).

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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