TE Vwgh Erkenntnis 1956/4/6 2086/54

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Veröffentlicht am 06.04.1956
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Index

33 Bewertungsrecht

Norm

BewG 1955 §14 Abs1
BewG 1955 §17 Abs2

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Rat Dr. Ondraczek und die Räte Dr. Wasniczek, Dr. Schirmer, Dr. Dorazil und Dr. Schimetschek als Richter, im Beisein des Ministerialsekretärs Dr. Heinzl als Schriftführer, über die Beschwerde des KS in O gegen den Bescheid der Berufungskommission bei der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich vom 2. Juni 1954, Zl. 3/11-BK-1953, betreffend Vermögen und Besatzungskostenbeitrag vom Vermögen für 1950 bzw. 1951 zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Der Beschwerdeführer hatte eine Liegenschaft samt Gastgewerbebetrieb laut Notariatsakt vom 30. Oktober 1948 den Eheleuten A. gegen Bezahlung eines Kaufschillings und Leistung eines Naturalausgedinges verkauft. Ein Teil des Kaufpreises wurde bei Kaufabschluß bar erlegt, der Rest sollte von den Käufern ganz oder in Raten jeweils nach halbjähriger, nur dem Verkäufer zustehender Kündigung gezahlt werden. Der Kaufschillingsrest war nach dem Wert einer erstklassigen Milchkuh am Zahlungstag (unter Annahme eines Preises einer solchen von 2.000 S am Tage des Vertragsabschlusses) zu entrichten. Im Verfahren zur Veranlagung der Vermögensteuer gab der Beschwerdeführer am 22. April 1952 anläßlich seiner Vernehmung an, er habe auf seine Kaufpreisrestforderung nicht verzichtet noch sonst irgendwie seine Rechte einschränken lassen. Darauf nahm das Finanzamt zum 1. Jänner 1950 eine Neuveranlagung des Beschwerdeführers zur Vermögensteuer vor. Dabei setzte es die Kaufpreisrestforderung mit dem doppelten Betrage und das Recht auf das Naturalausgedinge nach § 17 Abs. 2 des Bewertungsgesetzes mit den üblichen Mittelpreisen des Verbauchsortes an. Der Beschwerdeführer berief. Für die Bewertung der Sachbezüge sei nicht der Wortlaut des Kauf- und Übergabsvertrages, sondern dessen tatsächliche Durchführung entscheidend. Der Beschwerdeführer habe aber an Stelle der vertraglich bestimmten Leistungen die Gewährung der "freien Station" vereinbart, die nach dem Erlaß des Bundesministerium für Finanzen vom (gemeint veröffentlicht am) 9. Mai 1952, Amtsblatt der Österreichischen Finanzverwaltung Nr. 110/1952 zu bewerten sei. Die erwähnte Vereinbarung habe bereits am 1. Jänner 1950 gegolten. Der Beschwerdeführer habe auch auf eine Aufwertung seiner Restforderung verzichtet. Schließlich habe die Wertsicherung erst am Zahlungstage wirksam werden können. Es sei deshalb unzulässig, den Wert der Forderung bereits zum 1. Jänner 1950 auf das Zweifache zu erhöhen. Auf fernmündliche Anfrage des Finanzamtes gab der Beschwerdeführer schriftlich bekannt, daß der von ihm behauptete Verzicht auf die Aufwertung und die Umwandlung des Ausgedinges in die "freie Station" nur mündlich vereinbart worden seien. Die Berufungskommission hat die Berufung als unbegründet abgewiesen. In der vertraglichen Vereinbarung einer Wertsicherungsklausel sei ein besonderer Umstand gelegen, der nach § 14 Abs. 1 des Bewertungsgesetzes (unter Berücksichtigung der bei der zuständigen Bezirksbauernkammer erhobenen Preise für eine erstklassige Milchkuh) die Bewertung der Restforderung mit dem doppelten Betrage rechtfertige. Dem behaupteten mündlichen Verzicht auf eine Wertsicherung komme im Hinblick auf die Möglichkeit, die Rechte aus dem Notariatsakt jederzeit geltend zu machen keine Bedeutung zu. Übrigens habe der Beschwerdeführer kurze Zeit vor Einbringung des Rechtsmittels beim Finanzamt erklärt, weder auf die Restforderung noch auf Rechte aus dem Vertrag verzichtet zu haben. Sein gegenteiliges Vorbringen in der Berufung sei deshalb nicht glaubwürdig. Der vom Beschwerdeführer bezogene Erlaß des Bundesministeriums für Finanzen betreffe die Bewertung der Naturalbezüge für die Zwecke der Einkommen- und Umsatzsteuer der nicht buchführenden Landwirte, gelte aber nicht für die Veranlagung der Vermögensteuer. Nach § 17 Abs. 2 des Bewertungsgesetzes seien vielmehr die üblichen Mittelpreise des Verbraucherortes maßgebend. Sie seien dem Merkblatt für die Besteuerung von Sachbezügen beim Steuerabzug vom Arbeitslohn zu entnehmen. Der vom Beschwerdeführer behauptete Verzicht auf vertraglich vereinbarte Sachbezüge sei ebenfalls im Hinblick auf die Möglichkeit, den Anspruch aus dem Notariatsakt geltend zu machen, belanglos.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Die Wertsicherungsklausel sei erst am Zahlungstag wirksam. Es könne deshalb eine Aufwertung der Kaufpreisrestforderung zu einem früheren Stichtag nicht vorgenommen werden, übrigens habe der Beschwerdeführer rechtsverbindlich auf eine Wertsicherung verzichtet. Einer Änderung des Notariatsaktes habe es hiezu nicht bedurft. Selbst wenn der Beschwerdeführer beim Finanzamt eine den Verzicht und die Einschränkung vetraglicher Rechte ausschließende Erklärung abgegeben habe, ändere dies nichts daran, daß zwischen den Parteien der erwähnte Verzicht tatsächlich mündlich vereinbart worden sei. Da der Sohn des Beschwerdeführers nicht aus im Krieg zurückgekehrt sei und der Beschwerdeführer keine näheren Verwandten habe, sei es verständlich, daß er auch seine Rechte auf die anderen im Notariatsakt niedergelegten Naturalleistungen auf das Recht der Wohnung und Verköstigung eingeschränkt habe. Diese Sachleistungen seien aber nach dem erwähnten Erlaß des Bundesministeriums für Finanzen zu bewerten.

Der Vetwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:

Nach § 4 Abs. 1 des Vermögensteuergesetzes, DRGBl. I S. 1052/19340 (VStG.) ist bei einer Veranlagung zur Vermögensteuer das Vermögen unbeschränkt Steuerpflichtiger mit dem Wert anzusetzen, der nach den §§ 73 - 77 des Bewertungsgesetzes, DRGBl. I S. 1035/1934, (BewG) ermittelt worden ist. Dieses Gesetz zählt im § 67 Z. 1 verzinsliche und unverzinsliche Kapitalforderungen jeder Art, soweit sie nicht unter die hier nicht anwendbare Bestimmung der Z. 2 fallen, zum steuerpflichtigen sonstigen Vermögen. Kapitalforderungen sind nach § 14 Abs. 1 BewG grundsätzlich mit dem Nennwert anzusetzen, wenn nicht besondere Umstände einen höheren oder geringeren Wert begründen. Für die Bewertung sind die am Stichtag, also im vorliegenden Falle am 1. Jänner 1950, herrschenden Umstände maßgebend. Nun läßt sich nicht ernstlich bestreiten, daß eine Wertsicherungsvereinbarung insbesondere in der Zeit einer noch nicht gefestigten Währung ein besonderer Umstand ist, der eine vom Nennwert abweichende Bewertung einer Forderung rechtfertigt. So wendet auch der Beschwerdeführer gegen die Feststellung des Wertes seiner Kaufpreisrestforderung auf Grund der zum 1. Jänner 1950 durchgeführten Erhebung bei der zuständigen Bezirksbauernkammer nichts ein. Er macht aber geltend, daß die Wertsicherung erst bei der Zahlung wirksam werden sollte. Dies ist jedoch ohne rechtliche Bedeutung, weil für die Bewertung nicht der Tag der Fälligkeit - abgesehen von den hier nicht vorliegenden Fällen des § 14 Abs. 3 und 4 BewG. - sondern der Bewertungsstichtag maßgebend ist. Eine nach diesem Stichtag eingetretene Wertänderung - sei es eine Minderung oder Erhöhung des Wertes - ist auf die Bewertung zum Stichtag ohne Einfluß. Dieser Grundsatz gilt nicht allein für Kapitalforderungen, sondern für alle Vermögenswerte. Deshalb sind die Einwendungen der Beschwerde, die auf die Möglichkeit einer späteren Wertminderung im Zeitpunkte der Bezahlung der Forderung verweisen, unbegründet. Was den vom Beschwerdeführer behaupteten Verzicht auf die Weitsicherung anlangt, ist dem Standpunkt der Beschwerde insoweit beizupflichten, als auch eine schriftliche Vereinbarung durch eine mündliche außer Kraft gesetzt oder geändert werden kann. Die belangte Behörde hat sich aber nicht allein auf die Tatsache, berufen, so eine Richtigstellung des seinerzeit abgeschlossenen notariellen Vertrages unterblieben ist, sondern auch auf eine Erklärung des Beschwerdeführers, derzufolge er auf das Recht der Aufwertung nicht verzichtet und auch sonst seine aus dem schriftlichen Vertrag entspringenden Rechte nicht eingeschränkt hat. Die Feststellung wird von der Beschwerde nicht bestritten. Es muß daher der freien Beweiswürdigung der Behörde überlassen bleiben, ob sie der erwähnten vor dem Finanzamt abgegebenen Erklärung des Beschwerdeführers mehr Glauben schenken will als einer später in der Berufung aufgestellten zweckdienlichen Behauptung. Jedenfalls kann darin, daß die Behörde bei der gegebenen Sachlage den Verzicht des Beschwerdeführers als nicht erwiesen angenommen hat, keine denkfolgewidrige Schlußfolgerung erblickt werden.

Hinsichtlich der Bewertung des Anspruches auf Sachbezüge beruft sich der Beschwerdeführer auf eine Einschränkung seiner vertraglichen Rechte und auf die im Erlaß des Bundesministeriums für Finanzen vom 18. April 1952, Amtsblatt der ÖFV. Nr. 110, vorgesehene Bewertung der "freien Station". Der belangten Behörde kann aber auch hier nicht entgegengetreten werden, wenn sie den Behauptungen des Beschwerdeführers, er habe seine Ansprüche auf die Gewährung der freien Station eingeschränkt, keinen Glauben geschenkt hat. Denn auch auf diesen Teil des Vorbringens des Beschwerdeführers trifft die Wertung der vom Beschwerdeführer selbst im Veranlagungsverfahren abgegebenen Erklärung, "er habe in keiner Weise seine Rechte einschränken lassen", zu. Abgesehen davon kann der Beschwerdeführer aus einem Erlaß des Bundesministeriums für Finanzen, der nicht ordnungsgemäß kundgemacht ist und deshalb nicht als Rechtsverordnung gilt, keine vor dem Verwaltungsgerichtshof verfolgbaren Rechte ableiten. Überdies betrifft dieser Erlaß nicht die Vermögensteuer, sondern die Einkommensteuer und Umsatzsteuer der nicht buchführenden Landwirte. Schließlich handelt es sich bei den im Notariatsakt vereinbarten Sachbezügen um Leistungen, gegen deren Bewertung nach den Richtliniensätzen für Sachbezüge landwirtschaftlicher Arbeitnehmer keine Bedenken bestehen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 9. Jänner 1952, Slg. Nr. 517/F). Da der angefochtene Bescheid mithin auch die Bestimmung des § 17 Abs. 2 BewG nicht verletzt, mußte die gegen ihn erhobene Beschwerde nach § 42 Abs. 1 VwGG 1952 als unbegründet abgewiesen werden.

Wien, am 6. April 1956

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1956:1954002086.X00

Im RIS seit

29.06.2020

Zuletzt aktualisiert am

29.06.2020
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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