TE OGH 2018/7/12 1R87/18y

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Veröffentlicht am 12.07.2018
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Das Oberlandesgericht Wien hat als Rekursgericht durch die Senatspräsidentin des Oberlandesgerichts Dr. Jesionek als Vorsitzende sowie die Richter des Oberlandesgerichts Mag. Schaller und Mag. Istjan, LL.M., in der Rechtssache der klagenden Partei Prof. Dr. M***** H*****, *****, vertreten durch Freimüller Obereder Pilz RechtsanwältInnen GmbH in Wien wider die beklagte Partei DDr. M***** B*****, *****, vertreten durch Mag. Stefan Traxler, Rechtsanwalt in Mödling, wegen Unterlassung, Widerruf und Veröffentlichung (Streitwert EUR 19.620,-- sA), über den Kostenrekurs der beklagten Partei (Rekursinteresse EUR 544,--) gegen das Versäumungsurteil des Handelsgerichts Wien vom 28.2.2018, 53 Cg 9/17w-16, in nicht öffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

         Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

         Die beklagte Partei hat ihre Rekurskosten selbst zu tragen.

         Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig.

Text

Begründung

Der Kläger begehrte, den Beklagten nach § 1330 ABGB zur Unterlassung und zum Widerruf bestimmter Äußerungen sowie zur Veröffentlichung des Widerrufs zu verpflichten. Mit der Klage verband er einen mit dem Unterlassungsbegehren inhaltsgleichen Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung. Der Beklagte beantragte die Abweisung des Sicherungsantrags und erstattete fristgerecht eine Klagebeantwortung.

Mit Beschluss vom 23.3.2017 wies das Erstgericht den Sicherungsantrag ab. Dagegen erhob der Kläger Rekurs und verzeichnete Rekurskosten von EUR 1.110,96. Eine Pauschalgebühr für das Rekursverfahren machte er im Kostenverzeichnis nicht geltend.

Mit Beschluss vom 18.7.2017, 1 R 49/17h, gab das Rekursgericht dem Rekurs Folge und änderte die angefochtene Entscheidung im Sinne einer Erlassung der beantragten einstweiligen Verfügung ab. Hinsichtlich der Kosten des Rechtsmittelverfahrens sprach das Rekursgericht aus, dass die Klägerin ihre Kosten vorläufig und der Beklagte seine Kosten endgültig selbst zu tragen habe.

Den vom Beklagten gegen diese Entscheidung erhobenen Revisionsrekurs wies der OGH mit Beschluss vom 21.12.2017, 6 Ob 166/17f, mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage zurück.

Am 5.2.2018 erklärte der Beklagte die Zurückziehung der Klagebeantwortung. Am 20.2.2018 stellte der Kläger den Antrag auf Erlassung eines Versäumungsurteils und legte ein Kostenverzeichnis über EUR 5.134,02. Darin enthalten waren u.a. „halbe Pauschalgebühren“ für das Rekursverfahren von EUR 544,--.

Mit der nur im Kostenpunkt angefochtenen Entscheidung erließ das Erstgericht das beantragte Versäumungsurteil und sprach dem Kläger Kosten von EUR 5.134,02 zu.

Gegen diese Kostenentscheidung richtet sich der rechtzeitige Rekurs des Beklagten mit dem Antrag auf Abänderung dahin, dass dem Kläger nur Kosten in Höhe von EUR 4.590,02 zugesprochen werden.

Der Kläger erstattete keine Rekursbeantwortung.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist nicht berechtigt.

Der Beklagte macht geltend, dem Kläger seien zu Unrecht Pauschalgebühren für den Rekurs zugesprochen worden. Er habe diese in seinem Rekurs nicht verzeichnet. Die Verzeichnung in der Kostennote vom 20.2.2018 sei zu spät erfolgt.

Gem § 393 Abs 1 EO werden einstweilige Verfügungen stets auf Kosten der antragstellenden Partei getroffen, unbeschadet eines ihr zustehenden Anspruchs auf Ersatz dieser Kosten. Dies bedeutet, dass die gefährdete Partei in den Fällen, in denen ihrem Antrag auf Erlassung der einstweiligen Verfügung Folge gegeben wird, die damit verbundenen Kosten vorläufig selbst zu tragen hat; sie kann sie aber, falls sie in der Hauptsache obsiegt, vom Gegner nachträglich ersetzt verlangen (Angst/Jakusch/Mohr EO15 § 393 E 1). Dies gilt auch für die Kosten eines erfolgreichen Rekurses (aaO E 8).

Die Frage, zu welchem Zeitpunkt der Kläger (gefährdete Partei) diese Kosten zu verzeichnen hat, wird in der Judikatur nicht einheitlich beantwortet (s aaO E 21 ff). König (Einstweilige Verfügung im Zivilverfahren5 Rz 6.119 ff) geht davon aus, dass die Kostenverzeichnung (und die Entscheidung darüber) erst nach (erfolgreichem) Abschluss des Hauptverfahrens erfolgen kann. Die Kosten der gefährdeten Partei sind nicht schon im eV-Antrag oder in einem allfälligen Rechtsmittel zu verzeichnen, sondern erst in einem späteren Kostenbestimmungsantrag bzw im Kostenverzeichnis des Hauptverfahrens. Auch Obermaier (Kostenhandbuch³ Rz 1.589) schließt aus der Bestimmung des § 393 Abs 1 EO, dass damit als Regelfall angeordnet wird, dass die im Sicherungsverfahren erfolgreiche gefährdete Partei ihre Kosten im Titelverfahren zu verzeichnen hat (§ 78 EO, § 54 Abs 1 ZPO).

Vergleichbar ist die vorliegende Konstellation jener beim Teil- und Teilanerkenntnisurteil, das nur einen so geringen Teil des prozessverfangenen Anspruchs betrifft, dass jedenfalls ein Kostenvorbehalt ergehen muss. Auch dazu wird vertreten, dass die dem § 54 Abs 1 ZPO unterstellte typische Situation, dass gleichzeitig mit der Entscheidung über die Hauptsache auch die Kostenentscheidung getroffen werden könnte, gar nicht vorliegt, sodass schon deshalb keine Pflicht zum Verzeichnen ausgelöst werden kann, zumal dies nur ein die Parteien und den Akt belastender Formalismus wäre (Obermaier, Kostenhandbuch5 Rz 1.64). Dies muss in der vorliegenden Konstellation umso mehr gelten. § 393 Abs 1 EO schließt eine inhaltliche Entscheidung über das Kostenbegehren der (erfolgreichen) gefährdeten Partei in der Rekursentscheidung im Provisorialverfahren von vornherein absolut aus. Ein Kostenzuspruch für einen Rekurs der gefährdeten Partei gegen die Abweisung eines Antrags auf einstweilige Verfügung ist stets (ohne relativierende Kriterien wie die Relation des Entscheidungsgegenstandes zum Streitgegenstand) frühestens mit der Entscheidung in der Hauptsache möglich. Eine frühere Kostenverzeichnung erfüllt keinen erkennbaren materiellen oder prozessualen Zweck.

Der Senat schließt sich daher jener Judikaturlinie an, wonach die gefährdete Partei die Kosten des Provisorialverfahrens nicht schon in diesem verzeichnen muss, sondern sie auch im Hauptverfahren verzeichnet werden können (OLG Innsbruck 2 R 328/94 ÖBl 1995, 141 und 158). Der Kläger hat daher die in das Kostenverzeichnis für das Hauptverfahren aufgenommenen Pauschalgebühren für den Rekurs im Provisorialverfahren rechtzeitig iSd § 78 EO iVm § 54 Abs 1 ZPO verzeichnet.

Dem Rekurs war daher ein Erfolg zu versagen.

Die Entscheidung über die Kosten des erfolglosen Rekurses gründet auf §§ 40, 50 ZPO.

Dass der Revisionsrekurs jedenfalls unzulässig ist, ergibt sich schon aus § 528 Abs 2 Z 3 ZPO.

 

Textnummer

EW0001028

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OLG0009:2018:00100R00087.18Y.0712.000

Im RIS seit

23.06.2020

Zuletzt aktualisiert am

29.06.2020
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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