TE Bvwg Erkenntnis 2019/11/26 W128 2187955-1

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Veröffentlicht am 26.11.2019
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Entscheidungsdatum

26.11.2019

Norm

B-VG Art. 133 Abs4
PrivSchG §5

Spruch

W128 2187955-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Michael FUCHS-ROBETIN als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX gegen den Bescheid des Stadtschulrates für Wien (nunmehr Bildungsdirektion für Wien) vom 04.12.2017, Zl. 600.902092/0001-RPS/2017, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer zeigte am 06.11.2017 die Verwendung von XXXX (Genannter) als Privatlehrer für den Unterrichtsgegenstand " XXXX " im Schulversuch " XXXX für Kinder mit XXXX Religionsbekenntnis" an der privaten Neuen Mittelschule des Vereins " XXXX , an.

2. Mit Bescheid vom 04.12.2017 untersagte die belangte Behörde die angezeigte Verwendung und führte dazu begründend aus, dass, davon ausgehend, dass der Genannte selbstständig den Unterricht in dem durch einen Schulversuch genehmigten Unterrichtsgegenstand XXXX unterrichten soll, gemäß § 5 Abs. 4 iVm § 5 Abs. 1 lit. d PrivSchG die Beherrschung der Sprache Deutsch zumindest auf dem Niveau B2 des gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen (GERS) erforderlich sei. Ein Absehen von deutschen Sprachkenntnissen zumindest auf dem Niveau B2 des gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen (GERS) sei nicht möglich.

3. Mit Schreiben vom 30.12.2017 erhob der Beschwerdeführer rechtzeitig die gegenständliche Beschwerde. In der Begründung wird ausgeführt, dass für die Gestaltung des Unterrichts der Lehrer zusätzlich zu pädagogisch-didaktischen Kompetenzen, perfekte Kenntnisse der XXXX Sprache wie auch eine religiöse Ausbildung benötige. Er sei für die Umsetzung des Schulkonzepts notwendig und er besuche auch einen Deutschkurs. Es werde daher um Verlängerung der Frist für die Erbringung des Nachweises über Deutschkenntnisse auf dem Niveau B2 bis 31.08.2018 ersucht.

4. Am 26.02.2018 legte die belangte Behörde die Beschwerde dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor, ohne von der Möglichkeit einer Beschwerdevorentscheidung Gebrauch zu machen.

5. Mit Schreiben vom 10.10.2019 forderte das Bundesverwaltungsgericht den Beschwerdeführer auf, einen aktuellen Nachweis über die Deutschkenntnisse des Genannten vorzulegen.

6. Am 07.11.2019 übermittelte der Beschwerdeführer ein Zertifikat über die bestandene Prüfung über das Niveau B1 vom 22.03.2018 und teilte mit, der Genannte bereite sich derzeit auf die Prüfung B2 vor und werde voraussichtlich bis Ende des Jahres (2019) ein B2-Zertifikat vorweisen können. Er könne sehr gut auf Deutsch kommunizieren und konzentriere sich in der Vorbereitung auf die Vervollständigung seiner Schreibkenntnisse.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Verein XXXX betreibt am Standort XXXX, eine private Neue Mittelschule mit Öffentlichkeitsrecht (gesetzlich geregelte Schulartbezeichnung).

Der am 06.11.2017 zur Verwendung als Lehrer für den Unterrichtsgegenstand " XXXX " im Schulversuch " XXXX für Kinder mit XXXX Religionsbekenntnis" angezeigte, XXXX ist israelischer Staatsbürger. XXXX leitet den Unterricht eigenständig und untersteht nicht als "Native Speaker" den Anweisungen einer anderen Lehrkraft.

XXXX kann zum Zeitpunkt der gegenständlichen Entscheidung Deutschkenntnisse auf dem Niveau B1 des gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen (GERS) nachweisen.

Die maßgeblichen Deskriptoren des Europäischen Referenzrahmens für Sprachen (GERS) lauten wie folgt:

B1: Mittelmaß

* Kann die Hauptpunkte verstehen, wenn klare Standardsprache verwendet wird und wenn es um vertraute Dinge aus Arbeit, Schule, Freizeit usw. geht.

* Kann die meisten Situationen bewältigen, denen man auf Reisen im Sprachgebiet begegnet.

* Kann sich einfach und zusammenhängend über vertraute Themen und persönliche Interessengebiete äußern.

* Kann über Erfahrungen und Ereignisse berichten, Träume, Hoffnungen und Ziele beschreiben und zu Plänen und Ansichten kurze Begründungen oder Erklärungen geben.

B2: gutes Mittelmaß

* Kann die Hauptinhalte komplexer Texte zu konkreten und abstrakten Themen verstehen; versteht im eigenen Spezialgebiet auch Fachdiskussionen.

* Kann sich so spontan und fließend verständigen, dass ein normales Gespräch mit Muttersprachlern ohne größere Anstrengung auf beiden Seiten gut möglich ist.

* Kann sich zu einem breiten Themenspektrum klar und detailliert ausdrücken, einen Standpunkt zu einer aktuellen Frage erläutern und die Vor- und Nachteile verschiedener Möglichkeiten angeben.

C1: fortgeschrittene Kenntnisse

* Kann ein breites Spektrum anspruchsvoller, längerer Texte verstehen und auch implizite Bedeutungen erfassen.

* Kann sich spontan und fließend ausdrücken, ohne öfter deutlich erkennbar nach Worten suchen zu müssen.

* Kann die Sprache im gesellschaftlichen und beruflichen Leben oder in Ausbildung und Studium wirksam und flexibel gebrauchen.

* Kann sich klar, strukturiert und ausführlich zu komplexen Sachverhalten äußern und dabei verschiedene Mittel zur Textverknüpfung angemessen verwenden.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zum verfahrensmaßgeblichen Sachverhalt ergeben sich aus dem Verwaltungsakt, dem Verfahren vor der belangten Behörde und der Beschwerde. Der Sachverhalt ist aktenkundig, unstrittig und deshalb erwiesen. Das Zertifikat des Genannten über die bestandene Prüfung über das Niveau B1 vom 22.03.2018 wurde vom Beschwerdeführer übermittelt und ist unbedenklich und wird daher als richtig angesehen.

Die Deskriptoren des Europäischen Referenzrahmens für Sprachen wurden der Studie "DIE UMSETZUNG DES GEMEINSAMEN EUROPÄISCHEN

REFERENZRAHMENS FÜR SPRACHEN IN DEN EUROPÄISCHEN BILDUNGSSYSTEMEN"

des Europäischen Parlaments entnommen

(http://www.europarl.europa.eu/RegData/etudes/etudes/join/2013/495871/IPOL-CULT_ET%282013%29495871_DE.pdf, abgerufen am 26.11.2019).

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

3.2. Zu A)

3.2.1. § 5 Privatschulgesetz (PrivSchG), BGBl. Nr. 244/1962, idF BGBl. I Nr. 35/2019 lautet (auszugsweise):

"§ 5. Leiter und Lehrer.

(1) Für die pädagogische und schuladministrative Leitung der Privatschule ist ein Leiter zu bestellen,

a) der die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt,

b) der die Eignung zum Lehrer in sittlicher und gesundheitlicher Hinsicht aufweist,

c) der die Lehrbefähigung für die betreffende oder eine verwandte Schulart oder eine sonstige geeignete Befähigung nachweist,

d) der in der deutschen Sprache Sprachkenntnisse nach zumindest dem Referenzniveau C 1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen entsprechend der Empfehlung des Ministerkomitees des Europarates an die Mitgliedsstaaten Nr. R (98) 6 vom 17. März 1998 zum Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen für Sprachen - GER nachweisen kann und

e) in dessen Person keine Umstände vorliegen, die nachteilige Auswirkungen auf das österreichische Schulwesen erwarten lassen.

Das Erfordernis gemäß lit. d wird auch durch einen Nachweis von zumindest gleichwertigen Sprachkenntnissen erfüllt. Lit. d gilt nicht für Personen gemäß § 1 Z 2 der Ausländerbeschäftigungsverordnung, BGBl. II Nr. 609/1990 in der Fassung der Verordnung BGBl. II Nr. 257/2017 sowie für Schulen, die keine gesetzlich geregelte Schulartbezeichnung führen oder durch deren Besuch gemäß § 12 des Schulpflichtgesetzes 1985, BGBl. Nr. 76/1985, die allgemeine Schulpflicht nicht erfüllt werden kann oder die nach dem vom zuständigen Bundesminister erlassenen oder genehmigten Organisationsstatut nicht auf die Erlangung eines Zeugnisses über den erfolgreichen Besuch einer Schulstufe oder einer Schulart (Form bzw. Fachrichtung einer Schulart) oder nicht auf den Erwerb der mit der erfolgreichen Ablegung einer Reifeprüfung, Reife- und Diplomprüfung, Diplomprüfung oder Abschlussprüfung verbundenen Berechtigungen abzielen.

[...]

(4) Die an der Schule verwendeten Lehrer haben ebenfalls die in Abs. 1 genannten Bedingungen zu erfüllen.

(5) Die zuständige Schulbehörde kann von dem Erfordernis der österreichischen Staatsbürgerschaft (Abs. 1 lit. a und Abs. 4) Nachsicht erteilen, wenn die Verwendung im Interesse der Schule gelegen ist und öffentliche Interessen der Nachsichterteilung nicht entgegenstehen.

(6) Die Bestellung des Leiters und der Lehrer sowie jede nach den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes maßgebende Veränderung in deren Person ist vom Schulerhalter der zuständigen Schulbehörde unverzüglich anzuzeigen, welche die Verwendung des Leiters oder Lehrers innerhalb eines Monats ab dem Einlangen der Anzeige zu untersagen hat, wenn die Bedingungen der vorstehenden Absätze nicht erfüllt sind. Darüber hinaus hat die zuständige Schulbehörde die Verwendung eines Leiters oder Lehrers zu untersagen, wenn die in den vorstehenden Absätzen genannten Bedingungen später wegfallen, sowie hinsichtlich des Leiters auch dann, wenn er die ihm nach Abs. 3 obliegenden Aufgaben nicht ausreichend erfüllt.

[...]"

Gemäß § 1 Z 2 Ausländerbeschäftigungsverordnung, BGBl. Nr. 609/1990, idF BGBl. II Nr. 263/2019, sind vom Geltungsbereich des Ausländerbeschäftigungsgesetzes ausgenommen: das ausländische Lehrpersonal hinsichtlich seiner pädagogischen Tätigkeiten einschließlich der Betreuung der Vorschulstufen ab dem dritten Lebensjahr an der Internationalen Schule in Wien, an der Amerikanischen Internationalen Schule in Wien, an der Danube International School, an der Graz International and Bilingual School, an der Linz International School Auhof, an der Anton-Bruckner-International-School, an der American International School Salzburg, an der Vienna Elementary School, an der Vienna European School, an der Amadeus International School Vienna, an der Japanischen Internationalen Schule in Wien und an der International School Carinthia.

3.2.2. Das Bundesverwaltungsgericht hat grundsätzlich die Sach- und Rechtslage in seinem Entscheidungszeitpunkt anzuwenden (siehe VwGH vom 25.06.2019, Ra 2019/10/0012). Gegenständlich stützte die belangte Behörde die Untersagung des Genannten - der auch nicht unter die Ausnahmebestimmungen des § 5 Abs. 1 Schlusssatz PrivSchG fällt, da es sich nicht um einen "Native Speaker" handelt, und die, nicht in § 1 Z 2 Ausländerbeschäftigungsverordnung aufgezählte, Schule eine gesetzlich geregelte Schulartbezeichnung führt - auf seine mangelnden Deutschkenntnisse. Der vom Beschwerdeführer beantragte Aufschub des Nachweises ist gesetzlich nicht vorgesehen. Mit dem mit 01.09.2018 in Kraft getretenen Bildungsreformgesetz 2017 BGBl. 138/2017 erfuhren "im Sinne der Gewährleistung eines qualitätsvollen Unterrichts die in § 5 genannten Anforderungen eine Erweiterung um den Nachweis der vorhandenen Sprachkompetenz auf Kompetenzniveau C 1 im Sinne des Gemeinsamen Referenzrahmens für Sprachen. Damit sollen alle Lehrkräfte über die gesicherte Sprachkompetenz auf Niveau C 1 in der Unterrichtssprache verfügen" (siehe EB zu IA 2254/A XXV. GP S. 161).

3.2.3. Der Genannte verfügt zum entscheidungsmaßgeblichen Zeitpunkt über einen Nachweis seiner Sprachkompetenz in Deutsch auf dem Kompetenzniveau B 1. Damit verfügt er weder über einen Nachweis des Kompetenzniveaus B 2, welches die belangte Behörde vor der gesetzlichen Normierung einer Sprachkompetenz im Rahmen des Bildungsreformgesetzes 2017, BGBl. I Nr. 138/2017, im Sinne des § 5 Abs. 1 idF, BGBl. I Nr. 56/2016, als erforderlich erachtete, noch über einen nunmehr gesetzlich geforderten Nachweis im Sinne des § 5 Abs. 1 lit. d PrivSchG idF BGBl. I Nr. 35/2019.

Das Gesetz räumt den Behörden hier auch keinen Spielraum ein und setzt die mit C 1 normierten (aus den Deskriptoren näher ersichtlichen) Sprachkenntnisse für die Ausübung des Berufes von Lehrpersonen an Schulen, an denen die Schulpflicht erfüllt werden kann, als unerlässlich fest.

Die belangte Behörde hat die Verwendung des Genannten somit zu Recht untersagt.

3.2.4. Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG Abstand genommen werden, da der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt aus der Aktenlage geklärt ist und eine mündliche Erörterung die weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt. Abgesehen davon ist das Schulrecht nicht von Art. 6 EMRK und auch nicht von Art. 47 GRC erfasst (vgl. VfGH 10.03.2015, E 1993/2014, sowie VwGH 23.05.2017, Ra 2015/10/0127).

3.3. Zu B) Zulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, weil die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, weil es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu den aufgeworfenen Rechtsfragen fehlt.

Schlagworte

Deutschkenntnisse, Nachweismangel, Privatlehrer, Revision zulässig

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W128.2187955.1.00

Zuletzt aktualisiert am

23.06.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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