TE Bvwg Erkenntnis 2020/3/31 W156 2229158-1

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Veröffentlicht am 31.03.2020
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Entscheidungsdatum

31.03.2020

Norm

AuslBG §12b
B-VG Art. 133 Abs4

Spruch

W156 2229158-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Alexandra Krebitz als Vorsitzende und die fachkundigen Laienrichter Mag. Peter Maska und Alexander Wirth als Beisitzer über die Beschwerde von M XXXX A XXXX , BA MA, Staatsangehörigkeit Türkei, vertreten durch Rechtsanwältin Mag. Nuray Tutus-Kirdere, gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice Wien Esteplatz (AMS) vom 28.11.2019, GZ: ABB-Nr. XXXX , mit dem der Antrag des türkischen Staatsangehörigen auf Zulassung als Schlüsselkraft gemäß § 12b Ziffer 2 AuslBG ("Studierende") abgewiesen wurde, nach Durchführung einer nicht öffentlichen Sitzung zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Bescheid vom 28.11.2019 wies das AMS den Antrag des türkischen Staatsangehörigen (im Folgenden: Beschwerdeführer) vom 10.09.2019 auf Zulassung als Schlüsselkraft gemäß § 12b Z 2 AuslBG bei XXXX . Handelsgesellschaft m.b.H. (im Folgenden: Arbeitgeberin) nach Anhörung des Regionalbeirates ab. Begründend führte das AMS zusammengefasst im Wesentlichen aus, dass die beabsichtigte Tätigkeit als Ladner nicht dem Ausbildungsniveau des abgeschlossenen Studiums entspreche und die angegebene Entlohnung nicht dem Mindestwert von € 2.349,00 für die Rot-Weiß-Rot-Karte als Studienabsolvent entspreche.

2. In der rechtzeitig erhobenen Beschwerde focht der Beschwerdeführer anwaltlich vertreten den Bescheid wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung und Aktenwidrigkeit an. Zur Aktenwidrigkeit wurde angeführt, dass die Arbeitgeberin in ihrer Stellungnahme vom 18.11.2019 die Entlohnung auf € 2.400,00 angehoben habe und angegeben habe, dass der Beschwerdeführer als Filialleiter eingesetzt werden solle.

3. Am 03.03.2020 legte das AMS die Beschwerde samt Verwaltungsakt und Stellungnahme zur Beschwerde dem Bundesverwaltungsgericht vor. In der Stellungnahme führte das AMS den Verfahrensablauf chronologisch an und ging in seiner Stellungnahme darauf ein, dass auch bei Beschäftigung als Filialleiter die Voraussetzungen als Schlüsselkraft nicht erfüllt seien, da der Antragsteller über keine hiefür erforderliche wirtschaftliche Ausbildung verfüge.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer verfügt über einen Abschluss als Bachelor of Arts (BA) des Bachelorstudiums Koreanologie an der Universität Wien vom 31.01.2018.

Am 10.09.2019 stelle er einen Zweckänderungsantrag auf Erteilung einer Rot-Weiß-Rot-Karte Studienabsolvent.

Bei der Arbeitgeberin handelt es sich um eine Bäckerei mit 41 Mitarbeiterinnen in Wien 14, davon 16 ausländische Mitarbeiter.

Die beantragte Tätigkeit soll die Filialleitung am Standort Naschmarkt mit einem monatlichen Bruttogehalt von 2.400,00 für 40 Wochenstunden umfassen.

Der Beschwerdeführer ist seit dem 13.06.2013 geringfügig bei der Arbeitgeberin beschäftigt.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergaben sich aus dem Verwaltungsakt.

Die Feststellungen konnten aufgrund der der vorgelegten Kopien von Urkunden getroffen werden.

Die Angaben zur Beschäftigung und dem Zweck des Unternehmens der Arbeitgeberin ergeben sich aus der Arbeitgebererklärung und ihren Modifizierungen bzw. Konkretisierungen im Laufe des Verfahrens.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zu A) Abweisung der Beschwerde

3.1.1. Maßgebliche Bestimmung/en des Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG):

Studienabsolventen

§ 12b Ziffer 2 Ausländerbeschäftigungsgesetz werden Ausländer zu einer Beschäftigung als Schlüsselkraft zugelassen, wenn sie ein Diplomstudium zumindest ab dem zweiten Studienabschnitt bzw. ein Masterstudium an einer inländischen Universität, Fachhochschule oder akkreditierten Privatuniversität absolviert und erfolgreich abgeschlossen haben und für die beabsichtigte Beschäftigung, die ihrem Ausbildungsniveau zu entsprechen hat, ein monatliches Bruttoentgelt erhalten, das mindestens dem ortsüblichen Entgelt inländischer Studienabsolventen mit einer vergleichbaren Tätigkeit und Berufserfahrung entspricht, jedenfalls aber mindestens 45 vH der monatlichen Höchstbeitragsgrundlage gemäß § 108 Abs. 3 ASVG zuzüglich Sonderzahlungen beträgt, und sinngemäß die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 mit Ausnahme der Z 1 erfüllt sind. Bei Studienabsolventen gemäß Z 2 entfällt die Arbeitsmarktprüfung im Einzelfall.

3.1.2. Für den Beschwerdefall bedeutet das:

In rechtlicher Hinsicht ist im Beschwerdefall strittig, ob die beabsichtigte Tätigkeit als Filialleiter dem Ausbildungsniveau des Beschwerdeführers entspricht.

Die einschlägigen Erläuterungen zur Regierungsvorlage (1077 der Beilagen der XXIV. GP) lauten:

"Für die Zulassung ausländischer Studienabsolventen (§ 12b Z 2) ist kein Punktesystem und - entsprechend der Sozialpartnereinigung - auch keine Arbeitsmarktprüfung im Einzelfall vorgesehen. Das erforderliche Mindestentgelt in der Höhe von 45 % der monatlichen ASVG-Höchstbeitragsgrundlage (= dzt. 1.890 Euro brutto/mtl.) soll sicherstellen, dass sie nur zu einer ihrer Qualifikation entsprechenden Beschäftigung und zu den gleichen Lohn- und Arbeitsbedingungen wie inländische Berufseinsteiger nach Abschluss eines Studiums beschäftigt werden und so ihr Qualifikationspotenzial bestmöglich genutzt wird. Die Regelung ist spätestens ein Jahr nach In-Kraft-Treten regelmäßig dahingehend zu überprüfen, ob im Hinblick auf den fortschreitenden Umstieg auf das Bologna-System auch Absolventen eines Bachelor-Studiums erfasst werden können."

Anders als sonstige Schlüsselkräfte, deren Antragsstellung in § 12b Ziffer 1 AuslBG geregelt ist, müssen ausländische Studienabsolvent/innen weder die Voraussetzungen der Anlage C erfüllen, noch ist vom Arbeitsmarktservice eine Arbeitsmarktprüfung durchzuführen.

Voraussetzung für die Zulassung als Schlüsselkraft gemäß § 12b Z2 AuslBG ist, dass die beantragte Beschäftigung des Studienabsolventen dem Qualifikationsniveau entspricht.

Im gegenständlichen Fall ist als beabsichtigte Tätigkeit "Filialleiter" im Lebensmittelhandel im Unternehmen der Arbeitgeberin, die eine Bäckerei betreibt, angegeben.

Filialleitung im Einzelhandel ist eine der Aufstiegsmöglichkeiten für Einzelhandelskaufleute. Der Beruf als Einzelhandelskaufmann/-frau wird in der Regel durch einen Lehrabschluss im Einzelhandel oder den Besuch von berufsbildenden Schulen (wie Handelsschule; Handelsakademie; Fachschule für wirtschaftliche Berufe; Höhere Lehranstalt für wirtschaftliche Berufe; sonstige berufsbildende Schulen mit kaufmännischen Ausbildungsinhalten), die vergleichbare Lehrinhalte wie die Lehre bieten, erlernt. Als Sonderformen (für Erwachsene), die auch als Weiterbildung für LehrabsolventInnen geeignet sind, sind z.B. die Handelsakademie für Berufstätige, ein Aufbaulehrgang für Handelsakademien, ein Kolleg an Handelsakademien, ein Aufbaulehrgang für wirtschaftliche Berufe oder ein Kolleg für wirtschaftliche Berufe zu erwähnen (vgl. https://www.berufslexikon.at/berufe/3398-Einzelhandelskaufmann~Einzelhandelskauffrau-Schwerpunkt_Feinkostfachverkauf).

Daraus lässt sich ableiten, dass für den Beruf als Einzelhandelskaufmann - auch in der Position als Filialleiter - keine universitäre Ausbildung von Nöten ist und daher die beabsichtigte Beschäftigung des Beschwerdeführers nicht als eine seiner universitären Qualifikation, somit seinem Ausbildungsniveau, entsprechende Beschäftigung zu bewerten ist.

3.3 Entfall der mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann das Verwaltungsgericht, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl Nr. 210/1958, noch Art 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl Nr. C 83 vom 30.03.2010 S 389 entgegenstehen.

In seinen Entscheidungen vom 10. Mai 2007, Nr. 7.401/04 (Hofbauer/Österreich 2), und vom 3. Mai 2007, Nr. 17.912/05 (Bösch/Österreich), hat der EGMR unter Hinweis auf seine frühere Judikatur dargelegt, dass der Beschwerdeführer grundsätzlich ein Recht auf eine mündliche Verhandlung vor einem Tribunal hat, außer es lägen außergewöhnliche Umstände vor, die eine Ausnahme davon rechtfertigen. Der EGMR hat das Vorliegen solcher außergewöhnlichen Umstände angenommen, wenn das Verfahren ausschließlich rechtliche oder "hoch-technische Fragen" ("exclusively legal or highly technical questions") betrifft, und im Zusammenhang mit Verfahren betreffend "ziemlich technische Angelegenheiten" ("rather technical nature of disputes") auch auf das Bedürfnis der nationalen Behörden nach zweckmäßiger und wirtschaftlicher Vorgangsweise, das angesichts der sonstigen Umstände des Falles zum Absehen von einer mündlichen Verhandlung berechtige, hingewiesen (vgl. auch die Entscheidung des EGMR vom 13. März 2012, Nr. 13.556/07, Efferl/Österreich; ferner etwa das hg. Erkenntnis vom 19. Dezember 2013, Zl. 2010/07/0111, mwN) (VwGH 19.03.2014, 2013/09/0159).

Der Beschwerdeführer hat die Durchführung einer mündlichen Verhandlung in der Beschwerde in eventu beantragt.

Das Bundesverwaltungsgericht erachtete die Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG jedoch nicht für erforderlich. Weder kann dem Grundsatz der materiellen Wahrheit und der Wahrung des Parteiengehörs im vorliegenden Fall durch eine mündliche Verhandlung besser und effizienter entsprochen werden, noch erscheint eine mündliche Verhandlung im Lichte des Art. 6 EMRK und Art. 47 GRC geboten (vgl. mwN Fister/Fuchs/Sachs, Das neue Verwaltungsgerichtsverfahren [2013], Anm. 5 zu § 24 VwGVG).

Vielmehr erschien der Sachverhalt zur Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Bescheides aus der Aktenlage geklärt.

In der vorliegenden Beschwerde wurden keine Rechts- oder Tatfragen von einer solchen Art aufgeworfen, dass deren Lösung eine mündliche Verhandlung erfordert hätte. Art 6 EMRK steht somit dem Absehen von einer mündlichen Verhandlung nicht entgegen.

Eine mündliche Verhandlung konnte somit gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG entfallen.

3.3. Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.

§ 12b Z2 AuslBG trifft eine klare Reglung (im Sinne der Entscheidung des OGH vom 22.03.1992, 5 Ob 105/90), weshalb keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung vorliegt.

Schlagworte

Ausbildung, Qualifikation, Rot-Weiß-Rot-Karte, Schlüsselkraft,
Studienabsolvent

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W156.2229158.1.00

Zuletzt aktualisiert am

23.06.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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