TE Vwgh Erkenntnis 1963/10/25 0748/63

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Veröffentlicht am 25.10.1963
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Gewerbesteuer

Norm

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GewStG §2 Z6

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden, Senatspräsidenten Dr. Wasniczek, und die Hofräte Dr. Schirmer, Dr. Schimetschek, Dr. Kaupp und Dr. Frühwald als Richter, im Beisein des Schriftführers, Finanzoberkommissars Dr. Walter, über die Beschwerde der LG in S, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (Berufungssenat) vom 11. März 1963, Zl. VI-2892/62, betreffend Gewerbesteuer 1960, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin ist Inhaberin einer "Kinder-Pension", deren Zöglinge ausschließlich durch die Gemeinde Wien eingewiesen werden. Der Betrieb wurde seitens des Finanzamtes zunächst als "gemeinnütziges Unternehmen" behandelt und nicht der Gewerbesteuer unterworfen, obschon die Beschwerdeführerin daraus bereits in den Jahren 1958 und 1959 Einkünfte von S 26.928,-- bzw. S 26,870,-- gezogen hatte. Als sie dann im Jahre 1960 neuerlich Einkünfte von S 28.044,-- erzielte, erblickte das Finanzamt in der "Kinder-Pension" der Beschwerdeführerin einen zu Erwerbszwecken geführten Betrieb und unterwarf die daraus erzielten Einkünfte der Gewerbesteuer.

Dagegen erhob die Beschwerdeführerin Berufung. Sie führte dabei aus, daß die von der Gemeinde Wien für die eingewiesenen Kinder gewährten Verpflegskosten auf dem Prinzip der Kostendeckung errechnet seien, sodaß von einem "Gewinn" keine Rede sein könne. Überdies handle es sich um einen gemeinnützigen Betrieb, da er der Jugendpflege bzw. Jugendfürsorge diene.

Die belangte Behörde gab der Berufung mit dem angefochtenen Bescheide keine Folge. Sie begründete ihre abweisende Entscheidung damit, daß die Befreiungsbestimmung des § 2 Z. 6 GewStG im vorliegenden Falle schon deshalb nicht Platz greife, weil sie nur für Körperschaften (Vermögensmassen) anwendbar sei, da nur solche eine "Satzung, Stiftung oder sonstige Verfassung" haben können und auch der Begriff "wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb" dem Unternehmen einer natürlichen Person fremd sei. Widme sich eine solche selbständig, nachhaltig und gegen Entgelt der Jugendfürsorge und Jugendpflege, so könne unter Umständen die Gewinnabsicht fraglich sein. Im vorliegenden Falle zeige jedoch schon ein Überblick über die Jahre 1957 bis 1959, daß die Beschwerdeführerin regelmäßig Überschüsse erzielt habe, sodaß auch in Zukunft mit der Erreichung zumindest bescheidener Gewinne zu rechnen sei. Daher sei das Vorliegen eines auf Gewinnerzielung gerichteten Betriebes zu bejahen.

Über die gegen diesen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde hat der Gerichtshof erwogen:

Gemäß § 2 Z. 6 GewStG 1953 sind von der Gewerbesteuer befreit: Unternehmen, die nach der Satzung, Stiftung oder sonstigen Verfassung und nach ihrer tatsächlichen Geschäftsführung ausschließlich und unmittelbar gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zwecken dienen. Unterhalten sie einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb, der über den Rahmen einer Vermögensverwaltung hinausgeht, so sind sie insoweit steuerpflichtig.

Die belangte Behörde schließt die Anwendung der Steuerbefreiung nach § 2 Z. 6 GewStG 1953 für den vorliegenden Fall zunächst schon deshalb aus, weil es sich hier nicht um ein von einer Körperschaft (Vermögensmasse), sondern von einer natürlichen Person betriebenes Unternehmen handelt, auf Unternehmen natürlicher Personen aber die genannte Befreiungsbestimmung nicht anwendbar sei. Dies ist richtig und entspricht der ständigen Auslegung dieser Gesetzesstelle, deren Wortlaut unverändert aus § 3 Z. 6 GewStG 1936 übernommen worden ist, der gleichfalls auf natürliche Personen nicht angewendet wurde (vgl. Abraham, Gewerbesteuerrecht, S. 155). Läßt doch schon der Hinweis des Gesetzes auf "Satzung, Stiftung oder sonstige Verfassung" klar erkennen, daß hier nur an juristische Personen gedacht werden kann. Weiters kann sich die Beschwerdeführerin nicht mit Erfolg darauf berufen, daß auch eine von einer natürlichen Person betriebene Kinderpension eine "Vermögensmasse" darstelle; denn hiebe konnte es sich allenfalls nur um ein Betriebsvermögen handeln, niemals um eine mit selbständiger Rechtspersönlichkeit ausgestattete "Vermögensmassen" im Sinne des § 2 Z. 2 des Körperschaftsteuergesetzes.

Auch vermag sich die Beschwerdeführerin nicht mit Erfolg auf einen Erlaß des Bundesministeriums für Finanzen vom 27. Oktober 1954, betreffend Durchführungsbestimmungen zum Gewerbesteuergesetz, zu stützen, da es sich bei diesem nicht im Bundesgesetzblatt publizierten Erlaß bloß um eine Dienstanweisung des Bundesministeriums für Finanzen an die ihm unterstehenden Behörden, nicht aber um eine allgemein verbindliche Rechtsnorm handelt, aus welcher die Beschwerdeführerin für sich einen Rechtsanspruch ableiten könnte.

Soweit jedoch die Beschwerdeführerin überhaupt bestreitet, eine mit Gewinnerzielungsabsicht verbundene Tätigkeit auszuüben, weil die Verpflegskostensätze für die seitens der Gemeinde Wien eingewiesenen Kinder "kostendeckend" kalkuliert seien, so übersieht sie, daß in dieser Berechnung offenbar auch ein auf ihre Tätigkeit als Leiterin der Kinderpension entfallender "Unternehmerlohn" mit einkalkuliert ist, weil sie ja sonst nicht wiederholt Gewinne von S 26.000,-- bis S 28.000,-- jährlich hätte erzielen können. Bei dieser Sachlage erübrigten sich auch zusätzliche Erhebungen darüber, daß die Verpflegskostensätze "nach dem Prinzip der Kostendeckung" errechnet worden seien.

Auch ist es unrichtig, wenn die Beschwerdeführerin behauptet, daß ein Gewinn nur dadurch entstanden sei, weil ihr Einkommen zusammen mit dem ihres Mannes, der Pensionsbezieher sei, zur Einkommensteuer veranlagt wurde. Denn bei den oben genannten Gewinnziffern handelt es sich ausschließlich um die gewerblichen Einkünfte der Beschwerdeführerin, nicht aber um die Rentenbezüge ihres Gatten. Weiters können auch - entgegen der Meinung der Beschwerdeführerin - die in dem Verpflegskostensatz inbegriffenen Vergütungen für die Benützung der Räumlichkeiten der Kinderpension nicht als Einkünfte aus Vermietung aus dem Gesamtentgelt herausgelöst werden; denn hier handelt es sich um eine im Rahmen des Pensionsbetriebes angefallene Vergütung, die infolge des nur subsidiären Charakters der Mieteinkünfte gemäß § 21 Abs. 4 EStG zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb gehört.

Schließlich verkennt die Beschwerdeführerin auch das Wesen einer bloßen Vermögensverwaltung, wenn sie für ihren Pensionsbetrieb die Qualifikation einer Vermögensverwaltung schon deshalb in Anspruch nehmen will, weil sie sich die für den Betrieb des Kinderheimes erforderlichen Lebensmittel durch Einkauf und nicht durch Eigenproduktion beschafft. Denn der steuerliche Begriff des Gewerbebetriebes ist keineswegs bloß auf die Eigenproduktion eingeschränkt, sondern umfaßt auch den Handel und die Dienstleistungsgewerbe.

Da somit sämtliche Einwendungen der Beschwerdeführerin die Richtigkeit des angefochtenen Bescheides nicht widerlegen konnten, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1952 als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 25. Oktober 1963

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1963:1963000748.X00

Im RIS seit

22.06.2020

Zuletzt aktualisiert am

22.06.2020
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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