TE Vwgh Erkenntnis 2020/5/27 Ro 2019/09/0009

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Veröffentlicht am 27.05.2020
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein
10/07 Verwaltungsgerichtshof
40/01 Verwaltungsverfahren
60/03 Kollektives Arbeitsrecht
63/07 Personalvertretung
68/01 Behinderteneinstellung

Norm

ArbVG §67 Abs1
ArbVG §69 Abs4
ArbVG §69 Abs8
AVG §56
AVG §66 Abs4
BEinstG §22a
BEinstG §22a Abs7
BEinstG §22b
PVG 1967 §22
PVG 1967 §9
PVGO 1968 §1
PVGO 1968 §1 Abs1
PVGO 1968 §16
PVGO 1968 §3
PVGO 1968 §5
PVGO 1968 §6
VwGG §42 Abs2 Z1
VwGVG 2014 §28 Abs2
VwGVG 2014 §28 Abs3
VwRallg

Beachte


Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):
Ro 2019/09/0010

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel sowie die Hofräte Dr. Doblinger, Dr. Hofbauer, Mag. Feiel und die Hofrätin Mag. Schindler als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Hotz, über die Revisionen der 1. Personalvertretungsaufsichtsbehörde beim Bundesministerium für öffentlichen Dienst und Sport in Wien (protokolliert zu Ro 2019/09/0009), und 2. A B in C, vertreten durch die Stögerer Preisinger Rechtsanwälte OG in 1070 Wien, Mariahilfer Straße 76/2/23 (protokolliert zu Ro 2019/09/0010), gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 12. Juni 2019, W128 2176135-1/4E, betreffend eine Angelegenheit nach dem Bundes-Personalvertretungsgesetz (mitbeteiligte Partei: Dienststellenausschuss bei der Justizanstalt Klagenfurt für den Exekutivdienst in Klagenfurt am Wörthersee, vertreten durch Dr. Martin Riedl, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Franz-Josefs-Kai 5; weitere Partei: Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlicher Dienst und Sport), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der zweitrevisionswerbenden Partei Aufwendungen in der Höhe von € 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1        Mit Schreiben vom 10. Mai 2017 an die Personalvertretungsaufsichtsbehörde (nun: beim Bundesministerium für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport - belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht; in der Folge: erstrevisionswerbende Partei) beantragte die Zweitrevisionswerberin, seit 1. Dezember 2016 gewählte Behindertenvertrauensperson für die Bediensteten des Exekutivdienstes einer Justizanstalt, die Überprüfung der Geschäftsführung des Dienststellenausschusses dieser Justizanstalt für den Exekutivdienst auf deren gesetzliche Richtigkeit und Aufhebung aller nach ihrer Wahl zur Behindertenvertrauensperson gefasster Beschlüsse, weil die Einberufung zu den Sitzungen des Dienststellenausschusses nicht fristgerecht und entsprechend der Bestimmungen der Bundes-Personalvertretungs-Geschäftsordnung erfolgt sei, sodass sie als Behindertenvertrauensperson keine Möglichkeit gehabt habe, mit beratender Stimme an den Debatten teilzunehmen, sowie Sorge dafür zu tragen, dass sich der Dienststellenausschuss künftig an die Bundes-Personalvertretungs-Geschäftsordnung halte und die Behindertenvertrauensperson nicht in der Ausübung ihrer gesetzlichen Tätigkeit behindere.

2        Begründend brachte die Zweitrevisionswerberin zu ihrem Antrag zusammengefasst ferner vor, dass sie bislang keine ordnungsgemäße Einladung zu den Sitzungen des Dienststellenausschusses erhalten habe, ihr keine Protokolle zur Einsicht und der Postein- und -auslauf nicht zur Kenntnis gebracht worden sei. Mit ihr sei kein - zur Erfüllung ihrer Aufgaben als Behindertenvertrauensperson notwendiges - Gespräch geführt und ihr keine Möglichkeit gegeben worden, ihre Meinung zu den einzelnen Tagesordnungspunkten abzugeben. Zudem seien nicht alle Tagesordnungspunkte auf den zu spät eingelangten bzw. nicht zugestellten Einladungen ersichtlich oder bloß pauschal angeführt gewesen. Zu kurzfristigen, telefonisch einberufenen Sitzungen des Dienststellenausschusses sei die Behindertenvertrauensperson nicht beigezogen worden. Von diesen habe sie erst im Nachhinein erfahren.

3        Mit Bescheid vom 28. September 2017 sprach die erstrevisionswerbende Partei über diesen Antrag der Zweitrevisionswerberin wie folgt ab:

„1.Insoweit sich der Antrag gegen die rechtswidrige Abhaltung der DA-Sitzungen vom 17. Jänner, 5. April, 20. April sowie 12. Juni 2017, die mangelnde Information der BVP durch Verweigerung der Übermittlung der Sitzungsprotokolle trotz Aufforderung und die mangelnde Information der BVP über den Ein- und Auslauf des DA richtet, wird dem Antrag wegen gesetzwidriger Geschäftsführung des DA stattgegeben.

2.Insoweit sich der Antrag auf die Aufhebung aller seit der Wahl der BVP gefassten Beschlüsse des DA richtet, wird ihm teilweise stattgegeben und werden die Beschlüsse des DA zu TOP 1 seiner Sitzung vom 17. Jänner 2017, zu TOP 1 seiner Sitzung vom 5. April 2017, zu TOP 1 seiner Sitzung vom 20. April 2017 und zu TOP 1 seiner Sitzung vom 12. Juni 2017 mangels Gesetzmäßigkeit ihres Zustandekommens als rechtswidrig aufgehoben.

3.Insoweit sich der Antrag darauf richtet, dafür zu sorgen, dass der DA in Ansehung der Rechte der BVP künftig gesetzmäßig vorgeht, wird er mangels Zuständigkeit der PVAB zurückgewiesen.“

4        Über die gegen Spruchpunkte 1. und 2. dieses Bescheids erhobene Beschwerde des Dienststellenausschusses sprach das Bundesverwaltungsgericht mit dem angefochtenen Erkenntnis ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung wie folgt ab:

„Der bekämpfte Bescheid wird hinsichtlich seiner Spruchpunkte 1 und 2 aufgehoben.“

5        Die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG erklärte das Verwaltungsgericht für zulässig.

6        Nach Darstellung des Verfahrensgangs traf das Bundesverwaltungsgericht dazu nachstehende Feststellungen (Anonymisierung durch den Verwaltungsgerichtshof):

„Der Kopf des bekämpften Bescheides lautet: ‚Die Personalvertretungsaufsichtsbehörde (PVAB) hat durch ihre Mitglieder (...) über den Antrag [der Zweitrevisionswerberin] für die Bediensteten des Exekutivdienstes der Justizanstalt (JA) (...), die Geschäftsführung des Dienststellenausschusses der JA (...) für den Exekutivdienst (DA) im Zusammenhang mit der Behinderung der Ausübung der Funktion der Antragstellerin als Behindertenvertrauensperson auf ihre Gesetzmäßigkeit zu prüfen, alle nach der Wahl der Behindertenvertrauensperson gefassten Beschlüsse des DA aufzuheben und Sorge dafür zu treffen, dass der DA künftig gesetzmäßig vorgeht, gemäß § 41 Abs. 1 und 2 des Bundes-Personalvertretungsgesetzes, BGBl. Nr. 133/1967, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 119/2016, entschieden: [...]

Die [Zweitrevisionswerberin] wurde am 01.12.2016 in der JA (...) zur Behindertenvertrauensperson (BVP) und BI X als ihr Stellvertreter gewählt.

Zur Sitzung des DA vom 17. Jänner 2017 (Tagesordnung Urlaubsvorplanung Juli, August, September 2017; Allfälliges) wurden die [Zweitrevisionswerberin] und ihr Stellvertreter BI X mit Schreiben vom 16. Jänner 2017 eingeladen. Beide nahmen an dieser DA-Sitzung nicht teil.

Zur Sitzung des DA vom 5. April 2017 (Tagesordnungspunkte Interessentensuche Justizwachekommandant; Allfälliges) wurden die Mitbeteiligte und ihr Stellvertreter mit E-Mail vom 28. März 2017, 13.22 Uhr, eingeladen. Weder die BPV noch ihr Stellvertreter nahmen an dieser Sitzung teil.

Zur Sitzung des DA vom 20. April 2017 (Tagesordnungspunkte Besetzung II. Abteilung Abteilungskommandant Stellvertreter; Allfälliges) wurde der Stellvertreter des BPV mit E-Mail vom 18. April 2017, 14:48 Uhr, eingeladen. Die BPV und ein DA-Mitglied wurden zu dieser DA-Sitzung nicht eingeladen, weil sich beide selbst um die ausgeschriebene Funktion beworben hatten. Der Stellvertreter der [Zweitrevisionswerberin] nahm an dieser DA-Sitzung nicht teil.

Zur Sitzung des DA vom 12. Juni 2017 (Tagesordnungspunkte Besetzung Stellv. Justizwachekommandant; Antrag Rollenverteilungen Laufwerkszugriffe; Allfälliges) wurden die [Zweitrevisionswerberin] und ihr Stellvertreter mit E-Mail vom 7. Juni 2017, 07:59:13 Uhr, eingeladen. Beide nahmen an dieser Sitzung nicht teil.

Auch wenn festzustellen war, dass weder die [Zweitrevisionswerberin] noch ihr Stellvertreter in die gemeinsame Terminplanung für die DA-Sitzungen eingebunden wurden, erfolgte jedoch in jedem Fall eine dem Termin ein bis zwei Tage vorausgehende Information an die [Zweitrevisionswerberin] bzw. ihren Stellvertreter.

Weder die [erstrevisionswerbende Partei] noch die [Zweitrevisionswerberin] haben zu den angeführten Sitzungen dargelegt, inwieweit Interessen von begünstigt behinderten Dienstnehmern betroffen waren und woraus sich konkret eine rechtswidrige Geschäftsführung durch die Nichtteilnahme der [Zweitrevisionswerberin] ergab. Es konnte auch nicht festgestellt werden, dass die Teilnahme der [Zweitrevisionswerberin] zu einer anderen Beschlussfassung geführt hätte. In keinem Fall wurde der [Zweitrevisionswerberin] die Teilnahme an einer Sitzung des DA oder die Einsicht in Unterlagen verwehrt.“

7        Rechtlich bejahte das Verwaltungsgericht nach Wiedergabe maßgeblicher gesetzlicher Bestimmungen das Vorliegen eines Bescheids im Hinblick auf dessen Bezeichnung als solchen und weil aus der Erledigung zweifelsfrei hervorgehe, dass die Personalvertretungsaufsichtsbehörde über den Antrag der Zweitrevisionswerberin die Geschäftsführung des Dienststellenausschusses der genannten Justizanstalt für den Exekutivdienst überprüft und mit den Spruchpunkten 1 bis 3 normative Anordnungen getroffen habe.

8        Der nach § 22a Abs. 1 Behinderteneinstellungsgesetz (BEinstG) zu wählenden Behindertenvertrauensperson komme zwar das Recht zu, an allen Sitzungen des Dienststellenausschusses mit beratender Stimme teilzunehmen. Das ändere jedoch nichts daran, dass sie nicht Mitglied dieses Organs sei. Dass - wie die erstrevisionswerbende Partei meine - bei Verhinderung der Behindertenvertrauensperson und ihres Stellvertreters der Dienststellenausschuss in einer Sitzung keine Angelegenheiten behandeln dürfe, die die Interessen Behinderter berühre, lasse sich weder aus dem Behinderteneinstellungsgesetz, dem Bundes-Personalvertretungsgesetz oder der Bundes-Personalvertretungs-Geschäftsordnung ableiten. Der Behindertenvertrauensperson müssten auch nicht dieselben Rechte im Ausschuss zukommen wie den (übrigen) Personalvertretern, verfüge diese gemäß § 22a Abs. 8 lit. d BEinstG doch nur über eine beratende Stimme. Die Bestimmungen der Bundes-Personalvertretungs-Geschäftsordnung (PVGO) dienten der ordnungsgemäßen Einberufung und damit der Sicherstellung der Beschlussfähigkeit der Organe der Personalvertretung. Sie richteten sich daher an deren Mitglieder und nicht an andere Organe der Personalvertretung, wie die Behindertenvertrauensperson. Anders als § 67 Abs. 1 Arbeitsverfassungsgesetz (ArbVG) sähen die hier anzuwendenden Normen auch keine Verpflichtung des Vorsitzenden vor, die Behindertenvertrauensperson gleichzeitig mit den Mitgliedern einzuladen. Daraus folgerte das Bundesverwaltungsgericht, dass nur ein Recht der Behindertenvertrauensperson auf Teilnahme an den Sitzungen des Dienststellenausschusses bestehe, aber keine Verpflichtung des Dienststellenausschusses, diese einzuladen.

9        Im angefochtenen Bescheid sei die Feststellung einer gesetzwidrigen Geschäftsführung und die Aufhebung von Beschlüssen alleine auf die nicht gemäß § 1 PVGO erfolgte Einladung gestützt worden. Da jedoch die Behindertenvertrauensperson bzw. ihr Stellvertreter von jeder Sitzung im Vorfeld gleichzeitig mit den Mitgliedern des Dienststellenausschusses verständigt worden seien, liege keine (absichtliche) Behinderung vor, die jedenfalls zu einer Gesetzwidrigkeit der Geschäftsführung führen würde. Da auch nicht aufgezeigt habe werden können, dass durch die gefassten Beschlüsse konkrete Interessen in irgendeiner Form verletzt worden seien, sei eine gesetzwidrige Geschäftsführung zu verneinen. Im Fall der Verhinderung an der Teilnahme stünden der Behindertenvertrauensperson auch andere Möglichkeiten zur Verfügung, sich beratend zu den Themen der Tagesordnung zu äußern.

10       Ebenso verneinte das Bundesverwaltungsgericht eine mangelnde Information der Zweitrevisionswerberin durch Verweigerung der Übermittlung der Sitzungsprotokolle trotz Aufforderung und deren mangelnde Information über den Ein- und Auslauf des Dienststellenausschusses. Nach § 16 Abs. 1 PVGO sei das Protokoll nicht zu versenden, sondern vom Schriftführer in der nächsten Sitzung vor dem Bericht über den Ein- und Auslauf zu verlesen. Darüber hinaus habe die Behindertenvertrauensperson zur Erfüllung ihres Mandats selbst alles Erforderliche zu unternehmen und autonom die maßgeblichen Kontakte herzustellen und Einsicht in die Protokolle oder den Schriftverkehr zu nehmen. Dass solche Bemühungen, abgesehen von der nicht gemäß den Bestimmungen der Bundes-Personalvertretungs-Geschäftsordnung erfolgten Einladung zu den Sitzungen des Dienststellenausschusses unterbunden oder auch nur behindert worden wäre, habe die Zweitrevisionswerberin nicht vorgebracht.

11       Zum Absehen von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung führte das Verwaltungsgericht aus, dass der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt aus der Aktenlage geklärt gewesen sei und eine mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht habe erwarten lassen.

12       Die Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG begründete es mit dem Fehlen von Rechtsprechung insbesondere zur Einladungs- bzw. Teilnahmeverpflichtung der Behindertenvertrauensperson zu den bzw. an den Sitzungen der Personalvertretungsorgane sowie der mit dem Budgetbegleitgesetz 2011, BGBl. I Nr. 111/2010, in § 22a Abs. 1 BEinstG für diese vorgesehenen Organeigenschaft.

13       Gegen dieses Erkenntnis richten sich die Revisionen der im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht belangten Behörde (erstrevisionswerbende Partei) und der Behindertenvertrauensperson (Zweitrevisionswerberin) wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Der Dienststellenausschuss (mitbeteiligte Partei) und der Bundesminister für öffentlichen Dienst und Sport erstatteten Revisionsbeantwortungen.

14       Der Verwaltungsgerichtshof hat über die wegen ihres sachlichen und persönlichen Zusammenhangs zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbundenen Revisionen erwogen:

15       Die Revisionen erweisen sich aus den in der Zulassungsbegründung vom Bundesverwaltungsgericht angeführten Rechtsfragen als zulässig. Sie sind auch begründet:

16       Die maßgeblichen Bestimmungen des Bundes-Personalvertretungsgesetz (PVG), BGBl. Nr. 133/1967, in der hier noch anzuwendenden Fassung BGBl. I Nr. 102/2018, lauten (auszugsweise):

„Aufgaben der Personalvertretung

§ 2. (1) Die Personalvertretung ist nach Maßgabe der Bestimmungen dieses Bundesgesetzes berufen, die beruflichen, wirtschaftlichen, sozialen, kulturellen und gesundheitlichen Interessen der Bediensteten zu wahren und zu fördern. Sie hat in Erfüllung dieser Aufgaben dafür einzutreten, dass die zugunsten der Bediensteten geltenden Gesetze, Verordnungen, Verträge, Dienstordnungen, Erlässe und Verfügungen eingehalten und durchgeführt werden.

(2) Die Personalvertretung hat sich bei ihrer Tätigkeit von dem Grundsatze leiten zu lassen, den Bediensteten unter Bedachtnahme auf das öffentliche Wohl zu dienen. Sie hat dabei auf die Erfordernisse eines geordneten, zweckmäßigen und wirtschaftlichen Dienstbetriebes Rücksicht zu nehmen.

(3) Der Aufgabenbereich anderer gesetzlicher und auf freiwilliger Mitgliedschaft beruhender Berufsvereinigungen (zB Gewerkschaft Öffentlicher Dienst) wird durch dieses Bundesgesetz nicht berührt.

Organe der Personalvertretung

§ 3. (1) Organe der Personalvertretung sind nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen:

a)   die Dienststellenversammlung,

b)   der Dienststellenausschuss (Vertrauenspersonen),

...

(2) Der Wirkungsbereich der Dienststellenversammlung und des Dienststellenausschusses (Vertrauenspersonen) erstreckt sich auf die Bediensteten der Dienststelle im Sinne dieses Gesetzes (§ 4), bei der der Dienststellenausschuss errichtet ist.

...

Dienststellenausschüsse

§ 8. (1) In jeder Dienststelle, der mindestens 20 Bedienstete angehören, ist ein Dienststellenausschuss zu wählen.

...

§ 9. (1) Der Dienststellenausschuss ist zur Erfüllung aller jener im § 2 umschriebenen Aufgaben berufen, die nicht ausdrücklich anderen Einrichtungen der Personalvertretung vorbehalten sind. Dabei sind beabsichtigte Maßnahmen vor ihrer Durchführung mit dem Ziel einer Verständigung gemäß § 10 rechtzeitig und eingehend mit dem Dienststellenausschuss zu verhandeln. In diesem Sinne obliegt dem Dienststellenausschuss insbesondere die Mitwirkung:

...

Geschäftsführung des Dienststellenausschusses

§ 22. (1) ...

(2) Die Sitzungen des Dienststellenausschusses sind von der Vorsitzenden oder vom Vorsitzenden und im Falle ihrer oder seiner Verhinderung von ihrem Stellvertreter oder ihrer Stellvertreterin oder seiner Stellvertreterin oder seinem Stellvertreter einzuberufen und vorzubereiten. Sie oder er hat den Dienststellenausschuss innerhalb zweier Wochen einzuberufen, wenn es unter Angabe des Grundes wenigstens von einem Viertel der Mitglieder verlangt wird. Im Falle der Verhinderung der oder des Vorsitzenden und ihrer Stellvertreterin oder ihres Stellvertreters oder seiner Stellvertreterin oder seines Stellvertreters und im Falle ihrer Säumigkeit sind die Sitzungen des Dienststellenausschusses von dem an Lebensjahren ältesten Mitglied des Dienststellenausschusses und im Falle der Verhinderung oder Säumigkeit dieses Mitgliedes vom jeweils nächstältesten Mitglied des Dienststellenausschusses einzuberufen und vorzubereiten.

(3) Das zu einer Sitzung des Dienststellenausschusses einberufene Mitglied des Dienststellenausschusses hat an ihr teilzunehmen. Ein Mitglied des Dienststellenausschusses, das verhindert ist, seine Funktion auszuüben, kann sich durch ein Ersatzmitglied im Sinne des § 21 Abs. 4 vertreten lassen. Mitglieder, die drei aufeinanderfolgenden Sitzungen ohne genügenden Entschuldigungsgrund fernbleiben, können vom Dienststellenausschuss, dem sie angehören, ausgeschlossen werden. Dieser Beschluss bedarf der Zweidrittelmehrheit der abgegebenen Stimmen.

(4) Der Dienststellenausschuss ist beschlussfähig, wenn mindestens die Hälfte seiner Mitglieder anwesend ist. Der Dienststellenausschuss beschließt, soweit in diesem Bundesgesetz nichts anderes bestimmt ist, mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen. Bei Stimmengleichheit ist die Meinung angenommen, für die die oder der Vorsitzende gestimmt hat, sofern sie oder er der stimmenstärksten Wählergruppe angehört.

...

(7) Die näheren Bestimmungen über die Geschäftsführung sind durch Verordnung zu erlassen.

...

ABSCHNITT IV

Aufsicht über die Personalvertretung

Personalvertretungsaufsichtsbehörde

§ 39. (1) Beim Bundesministerium für öffentlichen Dienst und Sport ist die Personalvertretungsaufsichtsbehörde (in der Folge „Aufsichtsbehörde“ genannt) einzurichten.

...

§ 41. (1) Der Aufsichtsbehörde obliegt die Aufsicht über die Personalvertretungsorgane, welche insbesondere die Sorge um die Gesetzmäßigkeit der Geschäftsführung der Organe der Personalvertretung umfasst. Die Aufsicht erfolgt von Amts wegen oder auf Antrag einer Person oder eines Organs der Personalvertretung, die oder das die Verletzung ihrer oder seiner Rechte durch rechtswidrige Geschäftsführung behauptet. Bescheide und Verordnungen der Organe der Personalvertretung unterliegen nicht der Aufsicht.

(2) Die Aufsichtsbehörde ist bei Handhabung ihres Aufsichtsrechts insbesondere berechtigt, erforderliche Auskünfte von den betroffenen Personalvertretungsorganen einzuholen, rechtswidrige Beschlüsse der Personalvertretungsorgane aufzuheben und ein Personalvertretungsorgan aufzulösen, wenn es seine Pflichten dauernd verletzt. Die Aufhebung von Beschlüssen und die Auflösung eines Personalvertretungsorgans erfolgt durch Bescheid.

(3) Die betroffenen Personalvertretungsorgane haben der Aufsichtsbehörde die verlangten Auskünfte umgehend zu erteilen. Bei diesen Auskünften gilt die Verschwiegenheitspflicht gemäß § 26 nicht.

...

Verfahrensvorschriften

§ 41c. (1) Auf das aufsichtsbehördliche Verfahren gemäß § 41 Abs. 1 bis 3 ist das AVG anzuwenden.

...“

17       Die zu beachtenden Bestimmungen der Bundes-Personalvertretungs-Geschäftsordnung (PVGO), BGBl. Nr. 35/1968, in der hier noch anzuwendenden Fassung BGBl. II Nr. 143/2014 lauten (auszugsweise):

„Einberufung der Sitzungen

§ 1. (1) Die Personalvertretungsausschüsse (Dienststellen-, Fach- und Zentralausschüsse) sind unter Angabe von Zeit und Ort sowie der Tagesordnung schriftlich und so rechtzeitig einzuberufen (§ 22 Abs. 2 des Bundes-Personalvertretungsgesetzes), daß die Mitglieder der Personalvertretungsausschüsse die Verständigung spätestens 48 Stunden vor der Sitzung erhalten. Die Einberufung auf elektronischem Weg ist einer schriftlichen Einberufung gleichzuhalten.

(2) Ohne Einhaltung der im Abs. 1 genannten Frist oder mündlich (telefonisch) einberufene Sitzungen des Personalvertretungsausschusses gelten als ordnungsgemäß einberufen, wenn der Einberufung sämtliche Ausschußmitglieder Folge leisten oder die Abwesenden die Zustimmung zur Abhaltung der Sitzung nachweisbar erklärt haben.

...

Tagesordnung

§ 5. (1) Die Tagesordnung der Sitzung eines Personalvertretungsausschusses ist von dem die Sitzung einberufenden Mitglied des Ausschusses (§ 22 Abs. 2 des Bundes-Personalvertretungsgesetzes) festzulegen. Jedes Mitglied ist berechtigt, Punkte auf die Tagesordnung setzen zu lassen.

(2) Die Tagesordnung ist vom Vorsitzenden nach Eröffnung der Sitzung und Feststellung der Beschlußfähigkeit des Ausschusses zu verlesen. Eine Ergänzung der Tagesordnung darf der Personalvertretungsausschuß nur vor dem Eingehen in die Tagesordnung beschließen.

§ 6. Nach der Verlesung und eventuellen Ergänzung der Tagesordnung im Sinne des § 5 und nach der Genehmigung des Protokolles der letzten Sitzung (§ 16) sind dem Ausschuß die seit der letzten Sitzung eingelangten Schriftstücke und die vom Personalvertretungsausschuß abgefertigten Schriftstücke (Ein- und Auslauf) zur Kenntnis zu bringen.

...

§ 16. (1) Das Protokoll ist von der Schriftführerin oder vom Schriftführer bei der nächsten Sitzung des Personalvertretungsausschusses vor dem Bericht über die ein- und ausgehenden Schriftstücke (§ 6) zu verlesen.

(2) Anträge auf Berichtigung oder Ergänzung des Protokolles sind unmittelbar nach Verlesung des Protokolles zu stellen. Über sie ist sogleich abzustimmen.

(3) Das Protokoll bedarf der Genehmigung durch den Personalvertretungsausschuß. Es ist vom Schriftführer und vom Vorsitzenden der Sitzung, in der es genehmigt wurde, zu unterfertigen.

(4) Den Mitgliedern des Personalvertretungsausschusses ist jederzeit Einsicht in das Protokoll zu gewähren.

...“

18       Das Behinderteneinstellungsgesetz (BEinstG), BGBl. Nr 22/1970 idF BGBl. I Nr. 32/2018, lautet (auszugsweise):

„Behindertenvertrauenspersonen

§ 22a. (1) Sind in einem Betrieb dauernd mindestens fünf begünstigte Behinderte (§ 2 Abs. 1 und 3) beschäftigt, so sind von diesen nach Maßgabe der nachfolgenden Bestimmungen Behindertenvertrauenspersonen (Stellvertreter) als Organ zu wählen. Sind in einem Betrieb dauernd mindestens 15 begünstigte Behinderte beschäftigt, so sind für die Behindertenvertrauensperson zwei Stellvertreter zu wählen. Sind in einem Betrieb dauernd mindestens 40 begünstigte Behinderte beschäftigt, so sind für die Behindertenvertrauensperson drei Stellvertreter zu wählen. Die Stellvertreter können im Auftrag der Behindertenvertrauensperson Aufgaben im Sinne der Abs. 7 und 8 auch im Falle der Anwesenheit der Behindertenvertrauensperson wahrnehmen. Erforderlichenfalls kann eine Geschäftsordnung erlassen werden.

...

(7) Die Behindertenvertrauensperson (Stellvertreter) ist berufen, die wirtschaftlichen, sozialen, gesundheitlichen und kulturellen Interessen der begünstigten Behinderten im Einvernehmen mit dem Betriebsrat wahrzunehmen. Die Behindertenvertrauensperson ist befugt, einmal jährlich eine Versammlung aller begünstigten Behinderten des Betriebes einzuberufen. Hat die Behindertenvertrauensperson einen Stellvertreter mit dieser Aufgabe betraut, so hat dieser die Einberufung vorzunehmen. Der Betriebsrat ist verpflichtet, der Behindertenvertrauensperson bei der Wahrnehmung der besonderen Belange der begünstigten Behinderten beizustehen und die erforderlichen Auskünfte zu erteilen.

(8) Die Behindertenvertrauensperson (Stellvertreter) ist insbesondere berufen,

a)   auf die Anwendung der Bestimmungen dieses Bundesgesetzes hinzuwirken und darüber zu wachen, dass die Vorschriften, die für das Arbeitsverhältnis begünstigter Behinderter gelten, eingehalten werden;

b)   über wahrgenommene Mängel dem Betriebsrat, dem Betriebsinhaber und erforderlichenfalls den zum Schutz der Arbeitnehmer geschaffenen Stellen Mitteilung zu machen und auf die Beseitigung dieser Mängel hinzuwirken;

c)   Vorschläge in Fragen der Beschäftigung, der Aus- und Weiterbildung, beruflicher und medizinischer Rehabilitationsmaßnahmen zu erstatten und auf die besonderen Bedürfnisse von behinderten Arbeitnehmern hinzuweisen;

d)   an allen Sitzungen des Betriebsrates und des Betriebsausschusses sowie von Ausschüssen des Betriebsrates nach § 69 Abs. 4 ArbVG mit beratender Stimme teilzunehmen, es sei denn ein Stellvertreter wurde mit der Wahrnehmung dieser Aufgabe betraut.

...

Behindertenvertretung im öffentlichen Dienst

§ 22b. Für die Dienststellen des Bundes, der Länder und Gemeinden, die nicht unter die Bestimmungen des Arbeitsverfassungsgesetzes fallen, gelten unter Zugrundelegung der gesetzlichen Vorschriften über die Personalvertretung die Bestimmungen des § 22a mit der Maßgabe, dass die Tätigkeitsdauer fünf Jahre beträgt.“

19       Im vorliegenden Fall hat die vor dem Verwaltungsgericht belangte Behörde - soweit im Revisionsverfahren noch von Belang - dem „Antrag wegen gesetzwidriger Geschäftsführung des Dienststellenausschusses“ der Zweitrevisionswerberin insoweit er sich gegen die rechtswidrige Abhaltung der Sitzungen des Dienststellenausschusses am 17. Jänner, 5. April, 20. April und 12. Juni 2017, deren mangelnde Information durch Verweigerung der Übermittlung der Sitzungsprotokolle trotz Aufforderung und deren mangelnde Information über den Ein- und Auslauf des Dienststellenausschusses richtete, „stattgegeben“ (Spruchpunkt 1.) und die Beschlüsse des Dienststellenausschusses zu TOP 1 seiner Sitzung vom 17. Jänner 2017, zu TOP 1 seiner Sitzung vom 5. April 2017, zu TOP 1 seiner Sitzung vom 20. April 2017 und zu TOP 1 seiner Sitzung vom 12. Juni 2017 mangels Gesetzmäßigkeit ihres Zustandekommens als rechtswidrig aufgehoben (Spruchpunkt 2.).

20       Mit dem angefochtenen Erkenntnis sprach das Bundesverwaltungsgericht über die Beschwerde des Dienststellenausschusses aus, dass dieser Bescheid hinsichtlich seiner Spruchpunkte 1 und 2 „aufgehoben“ werde.

21       Dazu ist bereits vorweg das Folgende auszuführen: Ist die Voraussetzung des § 28 Abs. 2 Z 1 VwGVG erfüllt, hat das Verwaltungsgericht (sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist) „in der Sache selbst“ zu entscheiden. Dies bedeutet, dass das Verwaltungsgericht über den Inhalt der vor der Verwaltungsbehörde behandelten Rechtsache abspricht, wobei sie entweder die Beschwerde gegen den verwaltungsbehördlichen Bescheid abweist oder dieser durch seine Entscheidung Rechnung trägt. Das Verwaltungsgericht hat somit nicht nur die gegen den verwaltungsbehördlichen Bescheid eingebrachte Beschwerde, sondern auch die Angelegenheit zu erledigen, die von der Verwaltungsbehörde zu entscheiden war (vgl. VwGH 25.9.2019, Ra 2018/09/0211). Das Verwaltungsgericht darf auch über die Beschwerde einer Gegenpartei einen seiner Ansicht nach rechtswidrigen Bescheid, der über einen Antrag einer anderen Partei erlassen wurde, nicht ersatzlos beheben. Es hat vielmehr auch aufgrund einer solchen Beschwerde gemäß § 28 Abs. 2 oder 3 VwGVG in der Sache selbst zu entscheiden, also über den Antrag entweder durch Zurückweisung oder aber inhaltlich abzusprechen, sofern nicht die Voraussetzungen des § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG vorliegen. Andernfalls wäre nämlich der Antrag zwar noch nicht erledigt, eine neuerliche Entscheidung der Verwaltungsbehörde jedoch ausgeschlossen (vgl. VwGH 19.6.2018, Ro 2015/06/0009, unter Hinweis auf VwGH 25.3.2015, Ro 2015/12/0003, ua).

22       Im vorliegenden Fall hätte das Bundesverwaltungsgericht daher den angefochtenen Bescheid nicht hinsichtlich seiner ersten beiden Spruchpunkte bloß „aufheben“ dürfen. Es hätte vielmehr entweder über den Antrag zu entscheiden und diesen abzuweisen - für den Fall, dass er als unberechtigt angesehen wurde - oder zurückzuweisen - bei Unzulässigkeit des Antrags - gehabt oder - bei Vorliegen der dafür normierten Voraussetzungen - die Sache an die Behörde zurückzuverweisen gehabt.

23       In der Sache selbst ging das Bundesverwaltungsgericht davon aus, dass für den Dienststellenausschuss keine Verpflichtung bestehe, die Behindertenvertrauensperson zu den Sitzungen zu laden und der Behindertenvertrauensperson im Fall der Verhinderung an der Teilnahme auch andere Möglichkeiten zur Verfügung stünden, sich beratend zu den Themen der Tagesordnung zu äußern.

Diese Ansicht ist aus folgenden Erwägungen verfehlt:

24       Die im öffentlichen Dienst gemäß § 22b BEinstG anwendbare Bestimmung des § 22a BEinstG sieht die Einrichtung von Behindertenvertrauenspersonen (Stellvertreter) als Organ der Personalvertretung auf Dienststellenebene vor. Diese sind berufen, die wirtschaftlichen, sozialen, gesundheitlichen und kulturellen Interessen der begünstigten Behinderten im Einvernehmen mit dem Betriebsrat wahrzunehmen. Einerseits ist der Betriebsrat verpflichtet, der Behindertenvertrauensperson bei der Wahrnehmung der besonderen Belange der begünstigten Behinderten beizustehen und die erforderlichen Auskünfte zu erteilen (§ 22a Abs. 7 BEinstG), während andererseits diese (unter anderem) berufen ist, an allen Sitzungen des Betriebsrats und des Betriebsausschusses sowie von Ausschüssen des Betriebsrats gemäß § 69 Abs. 4 ArbVG mit beratender Stimme teilzunehmen, es sei denn ein Stellvertreter wurde mit dieser Aufgabe betraut (Abs. 8 leg. cit.). Nach dem hier anwendbaren Bundes-Personalvertretungsgesetz kommt dem Dienststellenausschuss die Wahrnehmung der vergleichbaren Aufgaben der Interessensvertretung zu (§ 9 PVG). Er entspricht insoweit dem nach dem Arbeitsverfassungsgesetz einzurichtenden Betriebsrat.

25       Aus diesen Bestimmungen lässt sich das Recht der Behindertenvertrauensperson ableiten, an den Sitzungen des Dienststellenausschusses mit beratender Stimme teilzunehmen, um die Interessen von begünstigten Behinderten zu vertreten.

26       Nach § 1 Abs. 1 PVGO sind die Personalvertretungsausschüsse unter Angabe von Zeit und Ort sowie der Tagesordnung schriftlich und so rechtzeitig einzuberufen, dass deren Mitglieder die Verständigung spätestens 48 Stunden vor der Sitzung erhalten.

27       Dem Bundesverwaltungsgericht ist zwar darin zuzustimmen, dass die Bestimmung des § 1 Abs. 1 PVGO ihrem Wortlaut nach ausschließlich auf die Mitglieder der Personalvertretungsausschüsse abstellt. Anders als § 67 Abs. 1 ArbVG sieht die genannte Bestimmung auch nicht ausdrücklich vor, dass eine Behindertenvertrauensperson gleichzeitig mit den - dort: „rechtzeitig unter Bekanntgabe der Tagesordnung“ zu ladenden - Mitgliedern einzuladen wäre. Daraus lässt sich eine vom Gesetzgeber beabsichtigte Ungleichbehandlung der Behindertenvertrauensperson - wo eine solche gewählt wurde - gegenüber den Mitgliedern des Dienststellenausschusses jedoch nicht ableiten.

28       Vielmehr verlangt schon der Umstand, dass die Behindertenvertrauensperson berechtigt ist, an den Sitzungen des Dienststellenausschusses mit beratender Stimme teilzunehmen und sie von diesem anzuhören ist, dass sie hinsichtlich der Einladung zu den Sitzungen wie ein Mitglied behandelt wird. Dies bedeutet, dass die Behindertenvertrauensperson nach den gleichen Bestimmungen zu den Sitzungen des Dienststellenausschusses zu laden ist wie dessen stimmberechtigte Mitglieder. Der Verwaltungsgerichtshof schließt sich insoweit daher der bereits in diesem Sinn ergangenen Rechtsprechung der vormaligen Personalvertretungs-Aufsichtskommission an (siehe etwa PVAK 22.11.1983, A 15-PVAK/83; 19.3.1997, A 58-PVAK/96).

29       Eine rechtmäßige Sitzung eines Dienststellenausschusses setzt - bei Vorhandensein einer Behindertenvertrauensperson und im Hinblick auf diese - daher voraus, dass die Behindertenvertrauensperson entweder zur Sitzung erschienen ist, zu dieser ordnungsgemäß geladen wurde oder trotz nicht rechtzeitiger Ladung der Abhaltung der Sitzung in ihrer Abwesenheit ausdrücklich zugestimmt hat. Weder der Umstand, dass alle (übrigen) Mitglieder des Dienststellenausschusses trotz unzureichender Ladung erschienen sind, noch ein Schweigen der nicht ordnungsgemäß geladenen und der Sitzung ferngebliebenen Behindertenvertrauensperson können eine rechtswidrige Einberufung der Sitzung sanieren. Die vom Verwaltungsgericht angestellte hypothetische Erwägung, ob die Teilnahme der Behindertenvertrauensperson an den Sitzungen zu einem anderen Ergebnis geführt hätte, ist jedenfalls nicht angezeigt. Andererseits vermag das Fernbleiben einer ordnungsgemäß geladenen Behindertenvertrauensperson auch nicht die Behandlung von Tagesordnungspunkten durch den Dienststellenausschuss zu verhindern, selbst wenn von diesen Interessen begünstigter Behinderter betroffen sein sollten.

30       Das Bundesverwaltungsgericht hätte daher - im Hinblick auf das konkrete Tatsachenvorbringen der Zweitrevisionswerberin - nach mündlicher Verhandlung konkrete Feststellungen zum Zeitpunkt, dem Inhalt und den näheren Umständen der Ladung der Behindertenvertrauensperson zu den einzelnen Sitzungen und insbesondere zum Zugang der Ladungen an diese zu treffen gehabt. Erst an Hand dieser Feststellungen ist eine Beurteilung der Rechtmäßigkeit der einberufenen Sitzungen des Dienststellenausschusses und der darin gefassten Beschlüsse möglich. Des Weiteren wäre dafür eine Auseinandersetzung mit den in den Sitzungen behandelten Themen erforderlich gewesen, setzt der verfahrensgegenständliche Antrag, um erfolgreich sein zu können, doch überdies voraus, dass zumindest abstrakt Rechte begünstigter Behinderter oder der Behindertenvertrauensperson verletzt worden sein konnten (siehe in diesem Sinn auch PVAK 16.10.1996, A 36-PVAK/96).

31       Zur Frage der Übermittlung von Protokollen und der Information über den Ein- und Auslauf des Dienststellenausschusses fehlt es an belastbaren Feststellungen (siehe jedoch § 6 PVGO, wonach die Information über die eingelangten und abgefertigten Schriftstücke grundsätzlich in der Sitzung erfolgt; vgl. aber auch die - hier noch nicht anwendbare - mit BGBl. II Nr. 230/2019 [PVGO-PVWO-Novelle 2019] erfolgte Novellierung von § 1 Abs. 1 und § 16 Abs. 5 PVGO).

32       Das angefochtene Erkenntnis war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen vorrangig wahrzunehmender inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufzuheben.

33       Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014. Das Mehrbegehren war abzuweisen, sind doch gemäß § 41h Abs. 2 PVG Revisionen an den Verwaltungsgerichtshof in Personalvertretungsangelegenheiten nach diesem Bundesgesetz von der Entrichtung der Eingabengebühr nach § 24a VwGG befreit.

Wien, am 27. Mai 2020

Schlagworte

Anspruch auf bescheidmäßige Erledigung und auf Zustellung, Recht der Behörde zur Bescheiderlassung Feststellungsbescheide Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Bindung an den Wortlaut des Gesetzes VwRallg3/2/1 Besondere Rechtsgebiete Verfahrensbestimmungen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2020:RO2019090009.J00

Im RIS seit

10.07.2020

Zuletzt aktualisiert am

10.07.2020
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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