TE Vwgh Erkenntnis 1998/3/17 96/04/0282

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 17.03.1998
beobachten
merken

Index

L71069 Marktordnungen Wien;
40/01 Verwaltungsverfahren;
50/01 Gewerbeordnung;

Norm

GewO 1994 §368 Z13;
MO Wr 1991 §67 Abs1;
MO Wr 1991 §85 Z19;
VStG §44a Z1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte DDr. Jakusch und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Urban, über die Beschwerde des P in W, vertreten durch Dr. F, Rechtsanwalt, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 17. Oktober 1996, Zl. UVS-04/G/20/00389/96, betreffend Übertretung der GewO 1994, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.920,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG ergangenen Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 17. Oktober 1996 wurde dem Beschwerdeführer zur Last gelegt, er habe es als gewerberechtlicher Geschäftsführer der A-GmbH zu verantworten, daß diese Gesellschaft in der Zeit vom 23. Jänner 1996 bis 16. März 1996 ihr durch Bestandvertrag zugewiesene, näher beschriebene Marktstände auf dem Großmarkt W, "teilweise einer Dritten", nämlich einer näher bezeichneten Gesellschaft, entgegen den Bestimmungen der Wiener Marktordnung und zwar ohne die erforderliche Bewilligung der Bestandgeberin erwirkt zu haben, überlassen habe. Er habe dadurch § 85 Z. 19 i. V.m. § 67 Abs. 1 der Wiener Marktordnung i.V.m. § 368 Z. 13 GewO 1994 verletzt, weshalb über ihn eine Geldstrafe von S 2.500,-- (60 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt wurde. Hiezu wurde im wesentlichen ausgeführt, es stehe auf Grund des Ermittlungsverfahrens fest, daß von den der A-GmbH in Bestand gegebenen Marktständen aus von einer anderen Gesellschaft als der Bestandnehmerin Geschäfte abgeschlossen worden seien; die dafür erforderliche Weitergabe des Marktplatzes durch die Bestandnehmerin stelle eine Übertretung der genannten Normen dar.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor, verzichtete aber auf die Erstattung einer Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer erachtet sich - seinem gesamten Vorbringen zufolge - durch den angefochtenen Bescheid im Recht, der ihm zur Last gelegten Verwaltungsübertretung nicht schuldig erkannt und dafür auch nicht bestraft zu werden, verletzt.

Die Beschwerde erweist sich schon aus folgenden Gründen als berechtigt:

Gemäß § 368 Z. 13 GewO 1994 begeht eine Verwaltungsübertretung, wer die gemäß § 293 erlassenen Marktordnungen nicht einhält.

Gemäß § 85 Z. 19 der Verordnung des Magistrats der Stadt Wien, mit der für die Wiener Märkte eine Marktordnung erlassen wird (Marktordnung 1991), Amtsblatt der Stadt Wien Nr. 30/1991, begeht eine Verwaltungsübertretung, wer entgegen § 67 Abs. 1 den ihm zugewiesenen oder in Bestand gegebenen Marktplatz oder Markteinrichtung einem Dritten überläßt.

Gemäß § 67 Abs. 1 Wiener Marktordnung 1991 berechtigen Bestandverträge gemäß § 51 oder § 52 nur jene Personen, an die der Marktplatz oder die Markteinrichtung vergeben wurde. Sie sind nicht übertragbar.

Gemäß § 44a Z. 1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten.

Um den Erfordernissen der zuletzt genannten Gesetzesstelle zu entsprechen, hat der Spruch eines Straferkenntnisses die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu beschreiben, daß die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale möglich ist und die Identität der Tat unverwechselbar feststeht. Damit die Identität der Tat in diesem Sinne unverwechselbar feststeht, ist es einerseits geboten, im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorzuwerfen, daß der Beschuldigte in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um diesen Vorwurf zu widerlegen, und andererseits muß der Spruch geeignet sein, den Beschuldigten (Bestraften) davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden (vgl. die bei Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens5 (1996), 976 f, referierte hg. Judikatur).

Diesem Erfordernis entspricht der Spruch des angefochtenen Bescheides schon deshalb nicht, weil der bloße Vorwurf, bestimmte Marktstände "teilweise" einem (bestimmten) Dritten "überlassen" zu haben, in keiner Weise Inhalt und Umfang der vorgeworfenen Überlassung zum Ausdruck bringt, der gegen den Beschwerdeführer erhobene Tatvorwurf diesen also keineswegs davor schützt, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

Schon aus diesem Grund erweist sich der angefochtene Bescheid als mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet, sodaß er - ohne auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen - gemäߧ 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Das Stempelgebühren betreffende Mehrbegehren war abzuweisen, weil die Vollmacht im gegenständlichen Beschwerdeverfahren nicht vorgelegt wurde, der insoweit geltend gemachte Aufwand aus Anlaß der vorliegenden Beschwerde daher auch nicht entstanden ist und die Vorlage des angefochtenen Bescheides in dreifacher Ausfertigung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung nicht erforderlich war.

Schlagworte

"Die als erwiesen angenommene Tat" Begriff Tatbild Beschreibung (siehe auch Umfang der Konkretisierung) Spruch der Berufungsbehörde

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1996040282.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten