TE Lvwg Erkenntnis 2020/3/19 VGW-105/014/9387/2019

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Veröffentlicht am 19.03.2020
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Entscheidungsdatum

19.03.2020

Index

50/01 Gewerbeordnung

Norm

GewO 1994 §13 Abs1
GewO 1994 §87 Abs1 Z1
GewO 1994 §91 Abs2

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seine Richterin Dr. Findeis über die Beschwerde der A. Kft gegen den Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt …, vom 3.7.2019, Zahl …, betreffend Entziehung der Gewerbeberechtigung, nach durchgeführter mündlicher Verhandlung am 20.11.2019, fortgesetzt am 23.1.2020, zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

B E G R Ü N D U N G

Der Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt …, entzog mit Bescheid vom 3.7.2019, Zahl …, gemäß § 91 Abs. 2 iVm § 87 Abs. 1 Z 1 iVm § 13 Abs. 1 GewO 1994 der A. Kft, Rechtsform: Ausländische Rechtsform, Firmenbuchnummer: …, die Berechtigung zur Ausübung des Gewerbes: Platten- und Fliesenleger verbunden mit Keramiker (verbundenes Handwerk) im Standort Wien, B.-gasse.

Begründend führte die belangte Behörde nach Wiedergabe der gesetzlichen Bestimmungen der §§ 91 Abs. 2 GewO 1994, 87 Abs. 1 Z 1 GewO 1994 und 13 Abs. 1 GewO 1994, des Schuldspruches des Urteils des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 21.9.2018, …, betreffend C. D. (= vertretungsbefugtes Organ der A. Kft), wegen Abgabenhinterziehung und nach § 33 Abs. 1 FinStrG, der zu einer Geldstrafe von 170.000 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 6 Monate) verurteilt wurde und der Stellungnahme des rechtsfreundlichen Vertreters der Beschwerdeführerin vom 28.1.2019, aus, dass C. D. kraft dessen Funktion ein maßgebender Einfluss auf den Betrieb der Geschäfte der A. kft. zustehe.

Hinsichtlich der Eigenart der strafbaren Handlungen sei im vorliegenden Fall davon auszugehen, dass das gegenständliche Gewerbe Gelegenheit zur Begehung der gleichen oder ähnlichen Straftaten biete. Aus der geplanten, wohlüberlegten, systematischen Vorgangsweise, dem langen Zeitraum und der Höhe des entstandenen Schadens sowie auch die Zusammenarbeit mit amtsbekannten Scheinfirmen sei trotz der von C. D. mittlerweile zur Gänze getilgten Abgaben ein Persönlichkeitsbild zu gewinnen, dass die Begehung der gleichen oder ähnlichen Straftat bei Ausübung des Gewerbes befürchten lasse.

Die der gerichtlichen Verurteilung zugrunde liegende Tat sei in einem Alter begangen worden, in dem die Charakterbildung eines Menschen abgeschlossen sei.

Mit Verfahrensanordnung vom 21.2.2019 sei die Gewerbeinhaberin aufgefordert worden, Herrn C. D. binnen einer Frist von 2 Monaten ab Zustellung, als Person mit maßgebendem Einfluss auf den Betrieb der Geschäfte der Gesellschaft (als vertretungsbefugtes Organ) zu entfernen und dies der Behörde nachzuweisen. Der Beschwerdeführervertreter habe zwar mit E-Mail vom 9.5.2019 einen aktuellen Firmenbuchauszug übermittelt, aus dem hervorgehe, dass nunmehr Ing. E. F. die inländische Zweigniederlassung selbstständig vertrete und nicht mehr C. D., dies ändere jedoch nichts an der Tatsache, dass Herr D. nach wie vor als vertretungsbefugtes Organ der Gewerbeinhaberin im Firmenbuch geführt werde und dieser noch immer als Person mit maßgebendem Einfluss fungiere. Damit sei der Verfahrensanordnung nicht entsprochen worden, weshalb mit Gewerbeentziehung vorzugehen gewesen sei.

Dagegen richtet sich die vorliegende, rechtzeitig erhobene Beschwerde der A.. Im Wesentlichen bemängelt die Beschwerdeführerin, dass ihr Geschäftsführer nicht persönlich angehört worden sei. Die belangte Behörde hätte sich nur dann ein ausreichendes Bild von dessen Charakter machen können, wenn sie ihn tatsächlich gehört und kennen gelehrt hätte; der bloße Hinweis auf das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien reiche nicht aus, um sich daraus ein Persönlichkeitsbild zu “gewinnen“. Auch hätte es einer näheren Erörterung bedurft, weshalb, ungeachtet der günstigen Prognose durch das Strafgericht, die (weiteren) gesetzlichen Voraussetzungen für die Entziehung der Gewerbeberechtigung im Sinne des § 87 GewO erfüllt seien bzw. erfüllt worden seien. Selbst das Landesgericht für Strafsachen Wien habe ausdrücklich als mildernd ausgeführt, dass ein bisher ordentlicher Lebenswandel vorgelegen sei, dass sämtliche Abgaben zum Zeitpunkt des Urteilsspruchs bereits bezahlt worden seien sowie das lange Zurückliegen der Tat. Bei richtiger rechtlicher Beurteilung des Sachverhaltes und Berücksichtigung der Zeitpunkte der vorgeworfenen strafbaren Handlungen hätte die belangte Behörde zum Ergebnis gelangen müssen, dass angesichts des Verstreichens von fast einem Jahrzehnt nach Begehung der strafbaren Handlungen, gerade nur ein solches Persönlichkeitsbild des Geschäftsführers zu gewinnen sei, dass die Begehung der gleichen oder ähnlichen Straftat bei Ausübung des Gewerbes nicht dabei befürchten lasse, sondern geradezu ausschließe. Auch bedürfe es nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes bei Vorliegen besonderer Umstände (hier: Tatzeitpunkt) besonderer näherer Erörterung und inhaltlicher Begründung, weshalb die belangte Behörde ungeachtet der positiven Prognose durch das Strafgericht die weiteren gesetzlichen Voraussetzungen für die Entziehung der Gewerbeberechtigung erfüllt erachtet. Es sei daher, wie bereits zum Anfechtungspunkt Mangelhaftigkeit des Verfahrens ausgeführt, ohne entsprechende detaillierte Würdigung des lange zurückliegenden Tatzeitraumes, der ausreichenden Würdigung des seit dem damaligen Zeitpunkt bereits bestehenden Wohlverhaltens des Geschäftsführers, insbesondere aber auch ohne seiner Einvernahme nicht möglich, die von Verwaltungsgerichtshof entwickelten Grundsätze in Zusammenhang mit der Würdigung von Umständen, die im Strafverfahren ausreichend erörtert worden sein, die Entziehung der Gewerbeberechtigung zu begründen.

Beweis wurde erhoben durch Verlesung des Akteninhaltes (Akt der belangten Behörde, Akt des Verwaltungsgerichtes und Kopienakt des Landesgerichts für Strafsachen Wien …) und durch Einvernahme des Herrn D. anlässlich der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht Wien am 23.1.2020.

Folgender Sachverhalt steht als erwiesen fest:

Herr C. D. war seit 14.11.2003 einziges vertretungsbefugtes Organ der Beschwerdeführerin, Rechtsform: Korlatolt felelössegü tarsasag; Personalstatut: nach ungarischem Recht, Sitz: G..

 

Das Landesgericht für Strafsachen Wien erkannte C. D. mit Urteil vom 21.9.2018, GZ: …, rechtskräftig schuldig, als für die Wahrnehmung der abgabenrechtlichen Obliegenheiten verantwortliches Organ der Beschwerdeführerin vorsätzlich, in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung einer nicht bloß geringfügigen abgabenrechtlichen Vorteil zu verschaffen

A./ unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- oder Wahrheitspflicht bewirkt, dass durch die Abgabe unrichtiger Körperschaftsteuererklärungen Abgaben, die bescheidmäßig festzusetzen sind, zu niedrig geführt festgesetzt wurden, nämlich am 3.3.2009 Körperschaftssteuer für 2007 in Höhe von 49.631,90 Euro, am 20.11.2009, Körperschaftsteuer für 2008 in Höhe von 34.651,06 Euro, am 14.3.2011 Körperschaftssteuer für 2009 in Höhe von 53.739,90 Euro und am 14.2.2012 Körperschaftssteuer für 2010 in Höhe von 42.191,68 Euro

B./ eine Verkürzung selbstzuberechnender Abgaben, nämlich Kapitalertragsteuer für verdeckte Gewinnausschüttungen durch die Aufnahme von Deckungsrechnungen in das Rechenwerk der Beschwerdeführerin und darauffolgende Entnahme von Barbeträgen, in Höhe von insgesamt 177.552,24 Euro für den Zeitraum 3/2007 bis 10/2010 zu den jeweiligen Fälligkeitszeitpunkten, nämlich eine Woche nach dem Zufluss der jeweiligen Beträge, bewirkt, indem er ihre Einbehaltung, Anmeldung und Abfuhr unterlassen hat, und zwar Kapitalertragsteuer

für 2007 in Höhe von insgesamt 49.631,90 Euro und zwar

am                   KEST          Zufluss am

27.3.2007   656,19   20.3.2007

25.4.2007  773,25    18.4.2007

8.6.2007  880,93    1.6.2007

3.7.2007  2.051,96  26.6.2007

6.7.2007  1.283,00  29.6.2007

12.7.2007  2.596,00  5.7.2007

17.7.2007  482,63    10.7.2007

30.7.2007  1.354,00  23.7.2007

3.8.2007  4.583,50  27.7.2007 

4.9.2007  4.202,00  28.8.2007

11.9.2007  4.337,00  4.9.2007

17.9.2007  1.842,65  10.9.2007

24.9.2007  3.796,00  17.9.2007

28.9.2007  1.656,00  21.9.2007

3.10.2007  2.165,00  26.9.2007

9.10.2007  1,832,00  2.10.2007

23.10.2007  1.719,00  16.10.2007

24.10.2007  1.789,00  17.10.2007

29.10.2007  145,00    2.10.2007

30.10.2007  1.749,00  23.10.2007

1.11.2007  1.410,50  25.10.2007

7.11.2007  1.518,00  31.10.2007

5.12.2007  450,00    28.11.2007

10.12.2007  540,00    3.12.2007

11.12.2007  1.570,30  4.12.2007

13.12.2007  693,00    6.12.2007

21.12.2007  598,00    14.12.2007

24.12.2007  1.228,00  17.12.2007

25.12.2007  1.730,00  18.12.2007

für 2008 in Höhe von insgesamt 32.476,00 Euro und zwar

am                   KEST          Zufluss am

22.1.2008  745,88    15.1.2008

31.1.2008  1.138,00  24.1.2008

4.2.2008  753,75    28.1.2008

5.2.2008  1.485,00  29.1.2008

6.2.2008  414,00    30.1.2008

7.2.2008  1.176,00  31.1.2008

22.2.2008  1.336,50  15.2.2008

27.2.2008  1.215,00  20.2.2008

19.3.2008  1.638,00  12.3.2008

25.3.2008  1.147,50  18.3.2008

11.4.2008  838,13    4.4.2008

30.4.2008  1.170,00  23.4.2008

13.5.2008  945,00    6.5.2008

3.6.2008  247,40    27.5.2008

17.6.2008  1.145,25  10.6.2008

24.6.2008  1.618,88  17.6.2008

3.7.2008  918,00    26.6.2008

21.7.2008  1.430,38  14.7.2008

5.8.2008  1.180,00  29.7.2008

18.8.2008  889,88    11.8.2008

26.8.2008  875.25    19.8.2008

4.9.2008  765,00    28.8.2008

19.9.2008  810,50    12.9.2008

7.10.2008  771,25    30.9.2008

23.10.2008  961,25    16.10.2008

6.11.2008  1.170,00  30.10.2008

14.11.2008  1.310,63  7.11.2008

5.12.2008  720,00    28.11.2008

17.12.2008  951,75    10.12.2008

24.12.2008  1.470,25  17.12.2008

26.12.2008  1.237,50  19.12.2008

für 2009 in Höhe von insgesamt 53.517,75 und zwar

am                   KEST          Zufluss am

30.1.2009  1.171,13  23.1.2009

6.2.2009  990,00    30.1.2009

25.2.2009  720,00    18.2.2009

5.3.2009  666,00    26.2.2009

9.3.2009  2.845,50  2.3.2009

12.3.2009  968,00    5.3.2009

23.3.2009  1.131,75  16.3.2009

6.4.2009  1.627,25  30.3.2009

22.4.2009  699,75    15.4.2009

1.5.2009  1.684,00  24.4.2009

5.5.2009  1.156,50  28.4.2009

13.5.2009  1.768,50  6.5.2009

15.5.2009  1.125,00  8.5.2009

18.5.2009  996,25    11.5.2009

26.5.2009  1.426,50  19.5.2009

4.6.2009  1.131,75  28.5.2009

16.6.2009  824,63    9.6.2009

22.6.2009  225,00    15.6.2009

2.7.2009  1.870,88  25.6.2009

8.7.2009  923,00    1.7.2009

17.7.2009  910,13    10.7.2009

21.7.2009  524,00    14.7.2009

22.7.2009  1.616,00  15.7.2009

31.7.2009  301,50    24.7.2009

6.8.2009  1.802,00  30.7.2009

17.8.2009  814,00    10.8.2009

24.8.2009  1.600,88  17.8.2009

26.8.2009  435,00    19.8.2009

2.9.2009  1.850,00  26.8.2009

3.9.2009  1.462,00  27.8.2009

4.9.2009  1.125,00  28.8.2009

7.9.2009  1.275,75  31.8.2009

21.9.2009  1.121,63  14.9.2009

30.9.2009  855,00    23.9.2009

7.10.2009  977,63    30.9.2009

21.10.2009  922,50    14.10.2009

28.10.2009  1.870,88  21.10.2009

6.11.2009  1.051,88  30.10.2009

19.11.2009  1.175,63  12.11.2009

26.11.2009  1.066,50  19.11.2009

4.12.2009  1.260,00  27.11.2009

7.12.2009  1.554,75  30.11.2009

21.12.2009  1.293,75  14.12.2009

24.12.2009  1.220,63  17.12.2009

30.12.2009  1.479,38  23-12-2009

für 2020 in Höhe von insgesamt 41,926,59 Euro und zwar

am                   KEST          Zufluss am

25.1.2010  1.024,88  18.1.2010

1.2.2010  668,24    25.1.2010

5.2.2010  1.687,50  29.1.2010

11.2.2020  970.88    4.2.2010

24.2.2010  924,75    17.2.2010

5.3.2010  1.418,63  26.2.2010

10.3.2010  960,00    3.3.2010

11.3.2010  423,00    4.3.2010

23.3.2010   1.877,85  16.3.2010

24.3.2010  1.192,00  17.3.2010

1.4.2010  836,00    25.3.2010

5.4.2010  1.062,70  29.3.2010

6.4.2010  2.496,70  30.3.2010

8.4.2010  1.119,00  1.4.2010

15.4.2010  488,00    8.4.2010

20.4.2010  1.376,13  13.4.2010

21.4.2010  941,50    14.4.2010

26.4.2010  1.425,00  19.4.2010

28.4.2010  426,38    21.4.2010

29.4.2010  1.023,00  22.4.2010

30.4.2010  735,16    23.4.2010

3.5.2010  1.558,10  26.4.2010

7.5.2010  519,75    30.4.2010

14.5.2010  684,00    7.5.2010

19.5.2010  515,42    12.5.2010

27.5.2010  5.578,00  20.5.2010

3.6.2010  491,66    27.5.2010

4.6.2010  2.146,37  28.5.2010

7.6.2010  379,54    31.5.2010

9.6.2010  227,00    2.6.2010

14.6.2010  138,94    7.6.2010

15.6.2010  453,63    8.6.2010

17.6.2010  617,00    10.6.2010

21.6.2010  184,50    14.6.2010

22.6.2010  820,00    15.6.2010

28.6.2010  1.687,22  21.6.2010

29.6.2010  416,50    22.6.2010

5.7.2010  550,69    28.6.2010

19.7.2010  482,50    12.7.2010

29.7.2010  322,00    22.7.2010

6.8.2010  496,00    30.7.2010

6.10.2010  269,44    29.9.2010

7.10.2010  311.06    30.9.2010

C./ unter Verletzung der Verpflichtung zur Führung von dem § 76 des Einkommensteuergesetzes 1988 sowie dazu ergangener Verordnungen entsprechenden Lohnkonten eine Verkürzung von Lohnsteuer, Dienstgeberbeiträgen zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen samt Zuschlägen zum Dienstgeberbeitrag für den Zeitraum 01/2007 bis 12/2010, und zwar jeweils am 15. des Folgemonats, bewirkt und dies nicht nur für möglich, sondern für gewiss gehalten, und zwar

Lohnsteuer für 2007 in Höhe von 41.110,30 Euro

Dienstgeberbeiträge zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen für 2007 in Höhe von 9.249,82 Euro

Zuschläge zu den Dienstgeberbeiträgen für 2007 in Höhe von 822,21 Euro

Lohnsteuer für 2008 in Höhe von 4.213,00 Euro

Dienstgeberbeiträge zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen für 2008 in Höhe von 947,93 Euro

Zuschläge zu den Dienstgeberbeiträgen für 2008 in Höhe von 84,26 Euro

Lohnsteuer für 2009 in Höhe von 14.399,00 Euro

Dienstgeberbeiträge zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen für 2009 in Höhe von 3.239,78 Euro

Zuschläge zu den Dienstgeberbeiträgen für 2009 in Höhe von 287,98 Euro

Lohnsteuer für 2010 in Höhe von 25.811,20 Euro

Dienstgeberbeiträge zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen für 2010 in Höhe von 5.807,52 Euro

Zuschläge zu den Dienstgeberbeiträgen für 2010 in Höhe von 516,22 Euro.

Der strafbestimmende Wertbetrag betrug daher 585.217,29 Euro.

Wegen Begehung zu A./ und B./ von Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs. 1 FinStrG und zu C./ von Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs. 2 lit. b FinStrG wurde über C. D. eine Geldstrafe von 170.000 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 6 Monate) verhängt, wobei 85.000 Euro unter Setzung einer Probezeit von 3 Jahren bedingt nachgesehen wurden.

Für den bedingt nachgesehenen Teil wurde eine Ersatzfreiheitstrafe von 3 Monaten festgesetzt und für den unbedingten Teil der Ersatzfreiheitsstrafe ebenfalls 3 Monate. Das Strafgericht stellte zu A./ und B./ fest, dass der Erstangeklagte H. überhöhte Rechnungen an die Beschwerdeführerin gelegt hatte, die einzig und allein dazu dienten, dass die Beschwerdeführerin erhöhte Ausgaben buchhalterisch verzeichnen konnte. Sowohl der Erstangeklagte H. als auch C. D. wussten aufgrund ihrer Stellung in ihren Unternehmen, dass die verzeichneten Leistungen so nicht erbracht wurden. Aufgrund der Tatsache, dass der Erstangeklagte die Rechnungen übergeben und C. D., der die Rechnungen in die Buchhaltung übernahm, ergab sich der Vorsatz, Abgaben zu hinterziehen.

Die Verurteilung hinsichtlich Faktum C./ erging, weil die erzielten Umsätze nur aufgrund von Subunternehmern möglich waren. Die Beschwerdeführerin führte ihre Bauleistungen nicht selbst durch, sondern bediente sich dazu nahezu ausschließlich vier näher genannter Subfirmen. Dabei handelte es sich um Scheinfirmen, die im Zeitpunkt der Rechnungslegungen durchwegs über kein bzw. kaum angemeldetes Personal verfügten, deren Geschäftsführer im Inland nicht greifbar waren und die – nach dem Geschäftsführerwechsel – zu malversierenden Subfirmen herabgesunken waren. Sämtliche Rechnungen wurden bar beglichen. Die Scheinrechnungen wurden dazu verwendet, Betriebsausgaben geltend zu machen, die tatsächlich nicht erfolgt waren. Insbesondere wurden Schwarzarbeiter beschäftigt, die in Wahrheit der Beschwerdeführerin zuzurechnen waren. Zur Verschleierung wurden Scheinrechnungen zur Deckung der Bezahlung von Arbeitskräften verwendet, die nicht bei der Sozialversicherung angemeldet waren und für die keine Lohnabrechnungen entrichtet wurden. Durch die Malversationen wurde die Körperschaftsteuer verkürzt. Wie sich aus dem äußeren Geschehensablauf ergab, war C. D. als Geschäftsführer dieser Umstand bekannt. Das Strafgericht berücksichtigte, dass Herr D. die Abgaben zur Gänze bezahlt hat. Mildernd beurteilte das Strafgericht den bisher ordentliche Lebenswandel des C. D. sowie das lange Zurückliegen der Tat und den Umstand, dass die Abgaben bezahlt wurden. Erschwerend wurde das Zusammentreffen von Finanzvergehen gewertet.

Mit Verfahrensanordnung vom 21.2.2019, zugestellt am 1.3.2019, wurde die Beschwerdeführerin gemäß § 91 Abs. 2 GewO 1994 aufgefordert, C. D. binnen einer Frist von zwei Monaten ab Zustellung des Schreibens als Person mit maßgebenden Einfluss auf den Betrieb der Geschäfte (als vertretungsbefugtes Organ) zu entfernen und dieses der Behörde nachzuweisen. Der Verfahrensanordnung vom 21.2.2019 wurde nicht innerhalb der zweimonatigen Frist entsprochen.

Diese Feststellungen gründen sich auf den Protokollsvermerk und die gekürzte Urteilsausfertigung des LG für Strafsachen Wien vom 21.9.2018, …, das Schreiben der belangten Behörde vom 21.2.2019, dessen Zustellnachweis, und auf den Firmenbuchauszug vom 19.7.2019, worin Herr C. D. weiterhin als einziges vertretungsbefugtes Organ der Beschwerdeführerin aufscheint.

Herrn C. D. kam für den verfahrensrelevanten Zeitraum als einzig zur Vertretung berufenes Organ der Beschwerdeführerin ein maßgebender Einfluss auf den Betrieb deren Geschäfte zu.

Rechtlich ergibt sich Folgendes:

Nach § 87 Abs. 1 Z 1 GewO 1994 ist die Gewerbeberechtigung von der Behörde zu entziehen, wenn auf den Gewerbeinhaber die Ausschlussgründe gemäß § 13 Abs. 1 oder 2 zutreffen und nach der Eigenart der strafbaren Handlung und nach der Persönlichkeit des Verurteilten die Begehung der gleichen oder einer ähnlichen Straftat bei Ausübung des Gewerbes zu befürchten ist.

Ist der Gewerbetreibende eine juristische Person oder eine eingetragene Personengesellschaft und beziehen sich die im § 87 angeführten Entziehungsgründe oder der in § 85 Z 2 angeführte Endigungsgrund sinngemäß auf eine natürliche Person, der ein maßgebender Einfluss auf den Betrieb der Geschäfte zusteht, so hat die Behörde (§ 361) dem Gewerbetreibenden gemäß § 91 Abs. 2 GewO 1994 eine Frist bekanntzugeben, innerhalb der der Gewerbetreibende diese Person zu entfernen hat. Hat der Gewerbetreibende die genannte natürliche Person innerhalb der gesetzten Frist nicht entfernt, so hat die Behörde die Gewerbeberechtigung zu entziehen.

Liegt der Sitz einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung im Ausland, so ist die Gesellschaft nach § 107 Abs. 1 GmbH-Gesetz durch die Geschäftsführer zur Eintragung in das Firmenbuch anzumelden, wenn sie eine inländische Zweigniederlassung hat. Abhängig von deren Personalstatut können bzw. müssen solche Gesellschaften für den gesamten Geschäftsbetrieb der inländischen Zweigniederlassung mindestens eine Person bestellen, die zur ständigen gerichtlichen und außergerichtlichen Vertretung der Gesellschaft befugt ist und ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat; eine Beschränkung des Umfangs ihrer Vertretungsmacht ist Dritten gegenüber unwirksam (vgl. § 107 Abs. 2 GmbH-Gesetz).

Der ständige Vertreter wird durch den Bestellungsakt der ausländischen Gesellschaft zu einem solchen nicht zum Organ der Gesellschaft, sondern nur zu deren rechtsgeschäftlichem Vertreter (vgl Frauenberger-Pfeiler in WK-GmbHG, Rz 71 zu § 107-114, sowie VwGH vom 26.4.2017, Ra 2017/17/0201 mit Hinweis auf 16.3.2016, Ra 2014/05/0002, zur im Wesentlichen gleichlautenden Bestimmung des § 254 Aktiengesetz, mit zahlreichen weiteren Hinweisen). Dass Ing. E. F. seit 27.3.2019 als ständiger Vertreter für den gesamten Geschäftsbetrieb der inländischen Zweigniederlassung selbständig vertretungsbefugt war, ändert daher nichts daran, dass C. D. weiterhin alleiniges vertretungsbefugtes Organ der Beschwerdeführerin verblieb. Dass im Beschwerdeverfahren ein Gesellschaftsvertrag (samt deutscher Übersetzung vom 2.7.2019) vorgelegt wurde, wonach Frau K. D. nunmehr Mehrheitsgesellschafterin der Beschwerdeführerin sei und zur alleinigen Geschäftsführerin bestimmt worden sei, darauf ist schon deshalb nicht näher einzugehen, da Änderungen im maßgebenden Sachverhalt nach Ablauf der dem Gewerbetreibenden gesetzten behördlichen Frist unbeachtlich sind (vgl. VwGH 29.6.2017, Ra 2017/04/0059 mit Hinweis auf 17.2.2016, Ra 2016/04/0012, mwN).

Natürliche Personen sind nach § 13 Abs. 1 Z 1 lit. b und Z 2 GewO 1994 von der Ausübung eines Gewerbes ausgeschlossen, wenn sie von einem Gericht wegen einer sonstigen [d.h. nicht in Abs. 1 Z 1 lit. a aufgezählten] strafbaren Handlung zu einer drei Monate übersteigenden Freiheitsstrafe oder zu einer Geldstrafe von mehr als 180 Tagessätzen verurteilt worden sind und die Verurteilung nicht getilgt ist. Bei Geldstrafen, die nicht in Tagessätzen bemessen sind, ist die Ersatzfreiheitsstrafe maßgebend.

Die Gewerbebehörde kann bei ihrer Entscheidung die rechtskräftige strafgerichtliche Verurteilung nicht in Frage stellen und hat bei ihrer Prognose daher in Bindung an die rechtskräftige Verurteilung von den festgestellten Tathandlungen auszugehen (vgl. VwGH 28.9.2011, 2010/04/0134, mwN). Allerdings sind für das gewerbebehördliche Entziehungsverfahren gerichtliche Aussprüche über die bedingte Strafnachsicht nicht von Relevanz.

Im Beschwerdefall ist unstrittig, dass C. D. wegen mehrfacher Finanzvergehen gerichtlich zu einer - nicht in Tagessätzen bemessenen - Geldstrafe verurteilt wurde und die verhängte Ersatzfreiheitsstrafe drei Monate übersteigt, wobei die Verurteilung nicht getilgt ist. Somit liegt der Ausschlussgrund gemäß § 13 Abs. 1 Z 1 lit. b und Z 2 GewO 1994 vor.

Für den Entziehungstatbestand des § 87 Abs. 1 Z 1 GewO 1994 ist es - zusätzlich - erforderlich, dass die Gewerbebehörde auf Grundlage des Verhaltens in der Vergangenheit eine begründete und nachvollziehbare Prognose dahingehend anzustellen hat, ob zu befürchten ist, dass die betroffene Person nach der Eigenart der strafbaren Handlung und nach ihrer Persönlichkeit gleiche oder ähnliche Straftaten bei Ausübung des Gewerbes begehen wird.

Unter dem Aspekt der Eigenart der strafbaren Handlung ist, wie der einschlägigen Rechtsprechung zu entnehmen ist, zunächst die Eignung des in Rede stehenden Gewerbes für die Begehung gleicher oder ähnlicher (iSv gegen die gleichen Rechtsgüter gerichteter) Straftaten zu bewerten. Nicht relevant ist, ob die der ausschlussbegründenden Verurteilung zu Grunde liegende Straftat bei oder im Zusammenhang mit der Ausübung des betreffenden oder eines sonstigen Gewerbes verübt wurde, ob das Motiv der Tat im Zusammenhang mit der Ausübung eines Gewerbes stand, oder ob der betreffende Sachverhalt in gleicher Konstellation auch im Zusammenhang mit der (weiteren) Gewerbeausübung auftreten kann (vgl. VwGH 18.5.2016, Ra 2016/04/0046; VwGH 29.4.2014, 2013/04/0026, mwV). Auch kommt es nicht darauf an, ob das Gewerbe „klassisch“ für die Begehung gleicher oder ähnlicher Straftaten geeignet ist oder diesbezüglich eine erhöhte Gefahrensituation aufweist (vgl. VwGH 8.5.2002, 2001/04/0043).

Das gegenständliche Gewerbe bietet Gelegenheit zur Begehung gleicher oder ähnlicher Straftaten. Dies zeigt sich umso deutlicher, als das gerichtlich geahndete Delikt – wie im vorliegenden Fall – auch tatsächlich im Zusammenhang mit der Ausübung des selben Gewerbes gestanden hat, wie sich aus der Aussage des Angeklagten D. in der Hauptverhandlung am 11.6.2018 (HV-Protokoll, Seite 36) ergibt.

Positiv zu berücksichtigen ist, dass der Schaden wiedergutgemacht wurde (vgl. Urteilsbegründung: „Die Abgaben wurden zur Gänze von D. bezahlt“). Schwer wiegt allerdings die vorsätzliche Begehung der gegenständlichen Finanzdelikte über einen langen Zeitraum, zumal die Verkürzung der Abgaben nicht aus finanzieller Not geschah. Daher könne auch die vor der Verurteilung bestehende Unbescholtenheit des C. D. kein allzu gewichtiges Argument für eine positive Persönlichkeitsprognose bilden. Das Wohlverhalten seit der Verurteilung beträgt

1 1/3 Jahre, jenes seit der letzten Tathandlung noch während des Ermittlungsverfahrens "unter den Augen" des Finanzamtes "gelegen", sodass diesem mehrjährigen Zeitraum insgesamt kein allzu großes Gewicht beigemessen werden kann.

Im Beschwerdefall ist darauf Bedacht zu nehmen, dass der gesetzliche Grenzwert von mindestens drei Monaten um drei Monate überschritten wurde, somit sich auf fast das Doppelte beläuft. Der Verwaltungsgerichtshof hat zu der im Hinblick auf die zu erstellende Prognose ausgeführt, dass die Überlegungen des Gerichtes bei der Anwendung der bedingten Strafnachsicht gemäß § 43 Abs. 1 StGB nicht schematisch außer Betracht bleiben können. Vielmehr bedarf es bei Vorliegen besonderer Umstände im Entziehungsverfahren näherer Erörterungen, weshalb ungeachtet der günstigen Prognose durch das Strafgericht die (weiteren) gesetzlichen Voraussetzungen für die Entziehung der Gewerbeberechtigung nach § 87 Abs. 1 Z 1 GewO 1994 erfüllt sind. Solche nach dieser Rechtsprechung besonderen Umstände für eine Berücksichtigung der bedingten Strafnachsicht kamen allerdings im Beschwerdefall nicht zu Tage.

Die der gerichtlichen Verurteilung zugrunde liegenden Delikte des Herrn D. (geb. 1972) wurden in einem Alter begangen, indem die Charakterbildung eines Menschen längst abgeschlossen ist. Bei seinen Taten, die über einen fünfjährigen Zeitraum gesetzt wurden, handelt es sich offenkundig nicht um einzelne Versehen, sondern um eine systematische und nachhaltige Nichtbeachtung von grundlegenden - jeden Unternehmer treffenden – Pflichten, die ein beträchtliches Ausmaß an krimineller Energie erkennen lassen und ein eindeutiges Indiz dafür sind, dass er keine entsprechend positive und nachhaltige Einstellung zu den rechtlich geschützten Werten entwickelt hat. Hinzukommt, dass die strafbaren Handlungen auch in Ausübung des zu entziehenden Gewerbes gesetzt wurden.

C. D. war weder im strafgerichtlichen Verfahren geständig, noch ließ er im Zuge des gegenständlichen Verfahrens tatsächliche Einsicht erkennen, vielmehr hinterließ er im Zuge seiner persönlichen Einvernahme bei dem erkennenden Verwaltungsgericht den Eindruck, dass er (lediglich) die nunmehrigen Rechtsfolgen bedaure. In der Beschwerde und in der hg. Verhandlung stellte Herr D. die rechtskräftige festgestellten Tathandlungen anders bzw. und für ihn in einem günstigerem Licht dar. Daraus lässt sich auch nicht erkennen, dass die gerichtliche Verurteilung eine gravierende Umkehr in der Einstellung des Verurteilten bewirkt hat.

 

Aufgrund der gesetzten Straftaten in der Vergangenheit und des daraus zu gewinnenden Persönlichkeitsbildes besteht im Hinblick auf die Persönlichkeit des Verurteilten die Befürchtung, er werde die gleiche oder eine ähnliche Straftat bei Ausübung des Gewerbes begehen. Der Zeit des Wohlverhaltens nach der Tat (hier: 8 Jahre), kommt in Ansehung der kurzen Zeit nach Rechtskraft der strafgerichtlichen Verurteilung (noch keine 1 1/3 Jahre) und unter dem Aspekt, dass die Probezeit noch nicht abgelaufen ist, eine zu geringe Bedeutung zu, um eine günstige Prognose dahingehend zu begründen, dass die Befürchtung der Begehung der gleichen oder ähnlichen Straftat bei der Ausübung des Gewerbes gar nicht besteht.

Da die Beschwerdeführerin dem Auftrag der Gewerbebehörde, C. D. aus seiner Funktion als Person mit maßgebendem Einfluss auf den Betrieb der Geschäfte (als vertretungsbefugtes Organ) zu entfernen, nicht nachgekommen ist, erweist sich die Entziehung der Gewerbeberechtigung im Sinne des § 91 Abs. 2 GewO 1994 als rechtmäßig.

Gegen dieses Erkenntnis ist die ordentliche Revision nicht zulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt: Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Überdies liegen auch keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Entziehung der Gewerbeberechtigung; Ausschlussgrund; Prognose; Geschäftsführer; Abberufung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2020:VGW.105.014.9387.2019

Zuletzt aktualisiert am

10.06.2020
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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