TE Lvwg Erkenntnis 2020/5/18 LVwG-2020/25/0833-2

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Veröffentlicht am 18.05.2020
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Entscheidungsdatum

18.05.2020

Index

50/01 Gewerbeordnung

Norm

GewO 1994 §340 Abs1
GewO 1994 §340 Abs3

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seinen Richter Dr. Hohenhorst über die Beschwerde der AA-GmbH, Adresse 1, Z, vertreten durch BB, Adresse 1, Z, vom 12.03.2020, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Z vom 11.02.2020, ***, betreffend Verfahren nach § 340 Abs 3 GewO 1994,

zu Recht:

1.       Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

2.       Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.       Verfahrensgang:

Im bekämpften Bescheid stellte die Bezirkshauptmannschaft Z gem § 340 Abs 1 und 3 GewO 1994 fest, dass die gesetzlichen Voraussetzungen zur Ausübung des von der AA-GmbH am 13.12.2019 angemeldeten Gewerbe „Überlassung von Arbeitskräften gem § 94 Z 72 GewO 1994“ im Standort Z, Adresse 1, nicht vorliegen. Gem § 340 Abs 3 GewO wurde die Ausübung des angemeldeten Gewerbes untersagt.

Dagegen richtet sich die fristgerechte und zulässige Beschwerde, in welcher die AA-GmbH durch ihren Vertreter im Wesentlichen vorbringt, dass CC die fachliche Qualifikation habe und damit die Zugangsvoraussetzungen gem § 1 Abs 2 erfülle. Er habe eine Fachausbildung/Fachmatura als Klimatechniker und sei zudem Inhaber und Geschäftsführer der portugiesischen DD-GmbH. Vorgelegt wurde dazu der Befähigungsnachweis des portugiesischen Institutes für Arbeit und Berufsausbildung samt Ausbildungsplan in portugiesischer Sprache und deutscher Übersetzung. Herr C erfülle damit die in § 1 Abs 1 und 2 normierten Zugangsvoraussetzungen der Arbeitskräfteüberlassungs-Verordnung.

Auf Aufforderung durch das Verwaltungsgericht konkretisierte die Beschwerdeführerin ihr Vorbringen dahingehend, dass Herr C im Sinn des § 1 Abs 1 Z 1 lit d der Arbeitskräfteüberlassungs-Verordnung eine Befähigungsprüfung oder Lehrabschluss in einem kaufmännischen Beruf aufweise, da seine schulische und kaufmännische Ausbildung einer Lehrabschlussprüfung in einem kaufmännischen Lehrberuf gleichzusetzen sei. Bezüglich § 1 Abs 2 letzter Satz dieser Verordnung erfülle Herr C die Voraussetzungen, da er geschäftsführender Gesellschafter mit mindestens fünf Mitarbeitern der portugiesischen
DD-GmbH sei.

II.      Sachverhalt:

Am 13.12.2019 meldete die AA-GmbH bei der Bezirkshauptmannschaft Z das Gewerbe „Überlassung von Arbeitskräften gem § 94 Z 72 GewO 1994“ im Standort Z, Adresse 1 an. Als gewerberechtlicher Geschäftsführer wurde CC, geb **.**.****, angezeigt.

CC ist alleiniger Gesellschafter und seit 13.07.2019 handelsrechtlicher Geschäftsführer der
AA-GmbH in Z, Adresse 1. Betreffend die fachliche Qualifikation von Herrn C zum Gewerbe „Überlassung von Arbeitskräften“ nach § 94 Z 72 GewO 1994 wurden seitens der Antragstellerin bzw Beschwerdeführerin folgende Zeugnisse vorgelegt:

-    Abschlusszeugnis der Klasse 10 der Gemeinschaftshauptschule EE, Y, vom 09.06.1988 (Sekundärabschluss I, Fachoberschulreife, Berechtigung zum Besuch der Gymnasialoberstufe)

-    Befähigungsnachweis des Instituts für Arbeit und Berufsausbildung in X, Portugal, vom 30.12.1993 für die Tätigkeit „Techniker für Klimatechnik (M/F)“

-    Portugiesischer Handelsregisterauszug der Einpersonengesellschaft mit beschränkter Haftung „DD“, deren Geschäftsführer CC ist.

Weiters vorgelegt wurde der diesbezügliche Gesellschaftsvertrag vom 08.01.2016. Der Gegenstand der Gesellschaft besteht laut Gesellschaftsvertrag in: „Baugewerbe und öffentliche Bauaufträge. Handel, Import und Export von Kraftfahrzeugen und dazugehörige Teile und Zubehör.“ Laut Handelsregisterauszug besteht der Gesellschaftszweck in: „Baugewerbe einschließlich sämtlicher Arbeiten zur Entausstattung von Gebäuden. Öffentliche Bauaufträge. Verleih von Fahrzeugen. Groß- und Einzelhandel für Baumaterial, -ausrüstungen und –geräte.“

III.     Beweiswürdigung:

Dieser Sachverhalt ergibt sich aus den Dokumenten, die im Akt der belangten Behörde vorhanden sind.

IV.      Rechtslage:

Im gegenständlichen Fall sind die Bestimmungen der Verordnung des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit über die Zugangsvoraussetzungen für das reglementierte Gewerbe der Überlassung von Arbeitskräften (Arbeitskräfteüberlassungs-Verordnung), BGBl II/92/2003, maßgeblich, welche folgendermaßen lautet:

„Auf Grund des § 18 Abs. 1 der Gewerbeordnung 1994, BGBl. Nr. 194, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 111/2002, wird verordnet:

.

§ 1

Zugangsvoraussetzungen

§ 1. (1) Die fachliche Qualifikation zum Gewerbe der Überlassung von Arbeitskräften (§ 94 Z 72 GewO 1994) wird durch folgende Belege erbracht:

1.       Zeugnisse über

a)       den erfolgreichen Abschluss einer der folgenden Studienrichtungen: Rechtswissenschaften, Soziologie, Sozialwirtschaft, Statistik, Volkswirtschaft, Betriebswirtschaft, Handelswissenschaften, Wirtschaftspädagogik, angewandte Betriebswirtschaft, internationale Betriebswirtschaft, Wirtschaftsingenieurwesen – Bauwesen, Wirtschaftsingenieurwesen – Maschinenbau, Wirtschaftsingenieurwesen – Technische Chemie oder eines fachlich einschlägigen Fachhochschul-Studienganges und jeweils eine mindestens einjährige fachliche Tätigkeit (Abs. 2) oder

b)       den erfolgreichen Abschluss einer Handelsakademie oder deren Sonderformen oder einer Höheren Lehranstalt für wirtschaftliche Berufe oder deren Sonderformen oder einer Höheren Lehranstalt für Tourismus oder der Höheren Lehranstalt für Betriebstechnik bzw. der Höheren Lehranstalt für Wirtschaftsingenieurwesen oder einer Höheren Lehranstalt für elektronische Datenverarbeitung und Organisation oder einer Höheren Lehranstalt für Bautechnik – Ausbildungszweig Bauwirtschaft, jeweils einschließlich deren Sonderformen oder eines Lehrganges gemäß § 40a AHStG in der geltenden Fassung, jeweils mit Schwerpunkt Betriebswirtschaftslehre und jeweils eine mindestens eineinhalbjährige fachliche Tätigkeit (Abs. 2) oder

c)       den erfolgreichen Abschluss einer nicht unter Z 2 fallenden berufsbildenden höheren Schule oder einer allgemein bildenden höheren Schule oder deren Sonderformen und jeweils eine mindestens zweijährige fachliche Tätigkeit (Abs. 2) oder

d)       den erfolgreichen Abschluss einer Handelsschule oder der Sonderform der Handelsschule gemäß § 61 Abs. 1 lit. a des Schulorganisationsgesetzes in der geltenden Fassung oder einer mindestens dreijährigen Fachschule für wirtschaftliche Berufe oder einer Hotelfachschule oder die erfolgreiche Ablegung einer Meisterprüfung, einer Befähigungsprüfung oder der Lehrabschlussprüfung in einem kaufmännischen Lehrberuf und jeweils eine mindestens zweijährige fachliche Tätigkeit (Abs. 2) und

2.       das Zeugnis über die erfolgreich abgelegte Befähigungsprüfung.

(2) Als fachliche Tätigkeit im Sinne des Abs. 1 gilt eine hauptberufliche Tätigkeit als Angestellter in leitender Stellung im Personalbereich oder als Werkstätten- oder Betriebsleiter mit mindestens 20 Mitarbeitern mit eigener Personalverantwortung oder als selbstständiger Unternehmer oder geschäftsführender Gesellschafter mit mindestens fünf Mitarbeitern.

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§ 2

Übergangsbestimmung

§ 2. Zeugnisse über erfolgreich abgelegte Prüfungen, die gemäß der Verordnung BGBl. Nr. 324/1988 sowie Zeugnisse über abgelegte Prüfungen, die gemäß der Verordnung BGBl. Nr. 507/1996 erworben worden sind, gelten als Zeugnisse über die erfolgreich absolvierte Ausbildung gemäß § 1.“

V.       Erwägungen:

Die Beschwerdeführerin legte hinsichtlich des angezeigten gewerberechtlichen Geschäftsführers CC weder ein Zeugnis über den erfolgreichen Abschluss einer der in der lit a des § 1 Abs 1 Z 1 der Arbeitskräfteüberlassungs-Verordnung genannten Studienrichtungen vor, noch über den erfolgreichen Abschluss einer Handelsakademie oder einer höheren Lehranstalt im Sinn der lit b, noch über einen solchen einer berufsbildenden höheren Schule oder einer allgemein bildenden höheren Schule im Sinn der lit c. Dafür wäre ein entsprechendes Matura- (Abitur)zeugnis von Nöten gewesen. Für Herrn C konnte lediglich ein Sekundärabschluss I vorgelegt werden, der ihm die Berechtigung zum Besuch einer gymnasialen Oberstufe erteilt. Dieser Sekundärabschluss I stellt keinen Abschluss einer höheren Schule oder höheren Lehranstalt dar.

Wenn Herr C ein Zeugnis im Sinn der lit a bis c vorgelegt hätte, bedürfte es dazu noch der Bescheinigung einer fachlichen Tätigkeit nach Abs 2. Diese bildet eine hauptberufliche Tätigkeit als Angestellter in leitender Stellung im Personalbereich oder als Werkstätten- oder Betriebsleiter für mindestens 20 Mitarbeiter in eigener Personalverantwortung oder als selbstständiger Unternehmer oder geschäftsführender Gesellschafter mit mindestens fünf Mitarbeitern. Wenn sich die Beschwerdeführerin offenbar in Bezug auf die Geschäftsführertätigkeit des Herrn C in seiner Einpersonengesellschaft „DD“ auf die Erfüllung letzterer Voraussetzung beruft, hat sie nicht bescheinigt, dass diese Gesellschaft mindestens fünf Mitarbeiter beschäftigt, obwohl sie im Schreiben des Landesverwaltungsgerichts Tirol vom 05.05.2020 dazu aufgefordert wurde, allfällige ihr Vorbringen stützende weitere Belege vorzulegen.

Das vorgelegte Abschlusszeugnis der Klasse 10 der Hauptschule stellt auch keinen erfolgreichen Abschluss einer Handelsschule oder mindestens dreijährigen Fachschule für wirtschaftliche Berufe oder einer Hotelfachschule oder über die erfolgreiche Ablegung einer Meisterprüfung im Sinn der lit d dar. Die Beschwerdeführerin nimmt zu dieser Litera für Herrn C das Vorhandensein einer Befähigungsprüfung oder Lehrabschlussprüfung in einem kaufmännischen Lehrberuf in Anspruch. Als kaufmännische Lehrberufe sind die Lehrberufe Buchhändler, Bürokaufmann, Drogist, Einzelhandelskaufmann, Fotokaufmann, Großhandelskaufmann, Hotel- und Gastgewerbeassistent, Industriekaufmann, Musikalienhändler, Pharmazeutisch-kaufmännischer Assistent, Reisebüroassistent, Speditionskaufmann, Immobilienkaufmann, Versicherungskaufmann und Waffen- und Munitionshändler anzusehen. Die Befähigungsprüfung bzw Lehrabschlussprüfung im Fach „Techniker für Klimatechnik (M/F)“ fällt unter keinen dieser kaufmännischen Lehrberufe, womit auch dieser Beleg nicht die Qualifikation zum Gewerbe der Überlassung von Arbeitskräften erbringen kann; dort wäre dann noch eine zweijährige fachliche Tätigkeit nach Abs 2 zu bescheinigen.

Aufgrund des Umstandes, dass die von der Antragstellerin vorgelegten Zeugnisse des CC keinen der in § 1 Abs 1 Z 1 der Arbeitskräfteüberlassungs-Verordnung geforderten Schulabschlüsse bescheinigen, fällt hinsichtlich der dazu noch erforderlichen fachlichen Tätigkeit nach Abs 2 das Fehlen des Nachweises, dass die DD-GmbH mindestens fünf Mitarbeiter beschäftigt, nicht mehr ins Gewicht.

Die von der Beschwerdeführerin vorgelegten Zeugnisse des angezeigten gewerberechtlichen Geschäftsführers CC sind nicht geeignet, dessen fachliche Qualifikation im Sinn der Arbeitskräfteüberlassungs-Verordnung zu belegen, weshalb die bekämpfte erstinstanzliche Entscheidung zu bestätigen war.

VI.      Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diese Entscheidung kann binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, oder außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten.

Es besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.

Landesverwaltungsgericht Tirol

Dr. Hohenhorst

(Richter)

Schlagworte

Gewerbeanmeldung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2020:LVwG.2020.25.0833.2

Zuletzt aktualisiert am

10.06.2020
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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