TE Vwgh Beschluss 2020/4/17 Ra 2019/07/0107

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Veröffentlicht am 17.04.2020
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
81/01 Wasserrechtsgesetz

Norm

B-VG Art10 Abs1 Z10
B-VG Art102
VwGG §47 Abs5
VwGG §59
WRG 1959

Beachte


Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):
Ra 2019/07/0108
Ra 2019/07/0109

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Hinterwirth sowie die Hofräte Dr. N. Bachler, Dr. Lukasser, Mag. Haunold und Dr. Himberger als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Sinai, über die Revision der 1. E H in S, 2. A GmbH und 3. V KEG, beide in B, alle vertreten durch die Karbiener Rechtsanwalts KG in 4650 Lambach, Marktplatz 7, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom 20. August 2019, Zl. LVwG-551220/11/Wim/JoS-551222/4, betreffend Zurückweisung eines Antrags auf Festsetzung eines Beitrages nach § 44 WRG 1959 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landeshauptmann von Oberösterreich; mitbeteiligte Partei: Republik Österreich, Bundeswasserbauverwaltung in 4010 Gmunden, Stelzhamerstraße 13), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Das Kostenersatzbegehren der belangten Behörde wird abgewiesen.

Begründung

1        Die revisionswerbenden Parteien betreiben am Fluss A. jeweils näher bezeichnete Wasserkraftanlagen und gehören der „Interessentengemeinschaft S.“ an.

2        Mit Spruchpunkt I. des Bescheids der belangten Behörde vom 15. Juni 1951, Zl. Wa 35/4-1951, wurde der mitbeteiligten Partei die wasserrechtliche Bewilligung zum Neubau der W.-Gefällsstufe bei Flusskilometer 1,82 der A. an Stelle des durch ein Hochwasser zerstörten W.-Wehrs erteilt.

3        Unter Spruchpunkt II. wurden die Kosten der künftigen Erhaltung der W.-Gefällsstufe wie folgt festgelegt (Anonymisierung durch den Verwaltungsgerichtshof):

„ (...)

1)

Oberösterr. Landesstraßenverwaltung

2/10

2)

Interessentengemeinschaft S.

1/10

3)

Gemeinde W.

3/10

4)

Gemeinde S.

3/10

5)

Gemeinde F.

1/10“

4        Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 10. März 2016 wurde der mitbeteiligten Partei die wasserrechtliche Bewilligung zur Änderung von zwei bei Flusskilometer 2,20 und 2,77 der A. errichteten Sohlrampen durch Errichtung je einer Fischaufstiegshilfe zur Herstellung der Durchgängigkeit der A. erteilt.

5        Mit Bescheid vom 3. Jänner 2017 wurde der mitbeteiligten Partei dieselbe wasserrechtliche Bewilligung hinsichtlich einer bei Flusskilometer 1,66 der A. errichteten Sohlrampe erteilt.

6        Unterdessen beantragte die mitbeteiligte Partei mit Eingabe vom 22. August 2016 gemäß § 44 WRG 1959 die „Übernahme der Instandhaltung“ der Fischaufstiegshilfen „in Anlehnung“ an den im Bescheid der belangten Behörde vom 15. Juni 1951 festgelegten Kostenbeteiligungsschlüssel.

7        Mit Bescheid vom 14. September 2017 gab die belangte Behörde diesem Antrag statt und stellte fest, dass die Instandhaltungsverpflichtung entsprechend dem Bescheid der belangten Behörde vom 15. Juni 1951 auch für die mit Bescheiden der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 10. März 2016 und 3. Jänner 2017 bewilligten Änderungen der Sohlrampen bei Flusskilometer 1,66, 2,20 und 2,77 der A. durch Errichtung einer Fischaufstiegshilfe gelte.

8        Gegen diesen Bescheid erhoben die revisionswerbenden Parteien Beschwerde.

9        Mit dem angefochtenen Erkenntnis änderte das Verwaltungsgericht aus Anlass der Beschwerde den Spruch des Bescheids der belangten Behörde vom 14. September 2017 - nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung - wie folgt ab:

„Der gemäß § 44 WRG 1959 erfolgte Antrag der (mitbeteiligten Partei) vom 22. August 2016 auf Übernahme der Instandhaltung des - wie im Bescheid vom 15. Juni 1951 (...) festgelegten und - bestehenden Aufteilungsschlüssels wird als unzulässig zurückgewiesen.“

10       In der rechtlichen Beurteilung führte das Verwaltungsgericht aus, der Beurteilung der Zulässigkeit des verfahrenseinleitenden Antrags der mitbeteiligten Partei sei voranzustellen, dass es sich bei den mit Bescheiden der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 10. März 2016 und 3. Jänner 2017 wasserrechtlich bewilligten Änderungen der Sohlrampen bei Flusskilometer 1,66, 2,20 und 2,77 durch Errichtung von Fischaufstiegshilfen zur Herstellung der Durchgängigkeit der A. lediglich um Anpassungen an den Stand der Technik aufgrund (europa-)rechtlicher Vorschriften handle. Die durch die errichteten Fischaufstiegshilfen herbeigeführten Änderungen der Sohlrampen stünden demnach in untrennbarem Zusammenhang mit den bisher bestehenden Querbauwerken und bewirkten nicht, dass die Maßnahmen zur Fischdurchgängigkeit als eigenständige/abgetrennte Bestandteile bzw. isolierte Anlagen zu qualifizieren seien.

11       Mit Bescheid der belangten Behörde vom 15. Juni 1951 sei für die Erhaltung der „verfahrensgegenständlichen Anlage“ bereits ein Kostenbeteiligungsschlüssel festgelegt worden, welcher sich als ident mit jenem im nunmehr angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 14. September 2017 erweise.

12       Die Anwendung des § 44 WRG 1959 habe aber zur Voraussetzung, dass eine Beitragsverpflichtung bisher nicht bestehe und darum erst durch Bescheid dem Grunde und der Höhe nach festgestellt werden müsse. Da aber im gegebenen Fall bereits eine Verpflichtung zur Beteiligung an der Instandhaltung entsprechend dem mit Bescheid der belangten Behörde vom 15. Juni 1951 festgesetzten Kostenbeteiligungsschlüssel bestehe bzw. bestanden habe, seien die Voraussetzungen für eine dem Grunde und der Höhe nach neuerliche Festsetzung des Beteiligungsverhältnisses nicht gegeben. Der verfahrenseinleitende Antrag sei daher unzulässig gewesen.

13       Indem die belangte Behörde zu Unrecht von der Zulässigkeit des Antrags der mitbeteiligten Partei ausgegangen sei und in der Folge eine inhaltliche Entscheidung getroffen habe, habe sie ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit in Form der funktionellen Unzuständigkeit belastet. Diese Unzuständigkeit sei vom Verwaltungsgericht von Amts wegen aufzugreifen und der Spruch des Bescheids entsprechend zu korrigieren gewesen. Erhebungen zum konkreten Nutzen der revisionswerbenden Parteien aus den durchgeführten Maßnahmen hätten daher entfallen können.

14       Die ordentliche Revision erklärte das Verwaltungsgericht für nicht zulässig.

15       Dagegen richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

16       Die belangte Behörde erstattete eine Revisionsbeantwortung, in der sie die kostenpflichtige Zurück- bzw. Abweisung der Revision beantragt.

17       Auch die mitbeteiligte Partei erstattete eine Revisionsbeantwortung mit einem Zurück- bzw. Abweisungsantrag, jedoch ohne Aufwandersatzbegehren.

18       Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

19       Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

20       Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

21       In der Zulässigkeitsbegründung der vorliegenden Revision wird zunächst vorgebracht, das angefochtene Erkenntnis sei „aus mehreren Gründen rechtswidrig, weicht von der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ab und besteht - soweit ersichtlich - keine Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu Überbindung von Entscheidungen nach § 44 WRG aus der Vergangenheit auf in der Folge technisch völlig andere und sogar an anderer Stelle errichtete Bauten samt Zu- und Ergänzungsbauten (im konkreten Fall Fischaufstiegshilfen, deren Erhaltungskosten die vorherig bestehenden Sohlrampen um ein vielfaches übersteigen).“

22       Entfernt sich der Revisionswerber bei der Zulässigkeitsbegründung vom - durch die Aktenlage bestätigten - Sachverhalt, kann nach der hg. Rechtsprechung schon deshalb keine fallbezogene Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vorliegen (vgl. VwGH 25.10.2018, Ra 2018/07/0352, mwN).

23       Unzweifelhaft handelt es sich bei den gegenständlichen drei Sohlrampen, die bei Flusskilometer 1,66, 2,20 und 2,77 der A. errichtet wurden, um andere Anlagen als die mit Bescheid der belangten Behörde vom 15. Juni 1951 wasserrechtlich bewilligte, ursprünglich bei Flusskilometer 1,82 der A. vorgesehene W.-Gefällsstufe. In diesem Zusammenhang übersehen die revisionswerbenden Parteien jedoch den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Wels vom 2. August 1963, der auch Gegenstand der öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht war. Mit diesem Bescheid wurde der mitbeteiligten Partei die nachträgliche wasserrechtliche Bewilligung für die Errichtung der drei Sohlrampen „an Stelle“ der W.-Gefällsstufe erteilt. Darin sprach die Bezirkshauptmannschaft auch aus, dass Spruchpunkt I. des Bescheids der belangten Behörde vom 15. Juni 1951 „insofern als abgeändert bzw. durch die vorstehende Bewilligung ersetzt“ gelte und Spruchpunkt II. dieses Bescheids - somit der in diesem Bescheid festgesetzte Kostenbeteiligungsschlüssel - unverändert bleibe. Nach dem normativen Gehalt des Bescheids aus dem Jahr 1963 wurde der mit Bescheid des Jahres 1951 festgesetzte Kostenbeteiligungsschlüssel daher auf die bei Flusskilometer 1,66, 2,20 und 2,77 der A. errichteten Sohlrampen übertragen und galt somit nicht mehr für die - niemals errichtete - W.-Gefällsstufe.

24       Ausgehend davon hat das Verwaltungsgericht festgestellt, dass es sich bei den mit Bescheiden der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 10. März 2016 und 3. Jänner 2017 wasserrechtlich bewilligten Änderungen der drei Sohlrampen durch die Errichtung von Fischaufstiegshilfen lediglich um Anpassungen an den Stand der Technik handle und diese Änderung daher „in untrennbaren Zusammenhang“ mit den Sohlrampen stehe.

25       Die revisionswerbenden Parteien legen den Schwerpunkt ihrer Fragestellung darauf, dass es sich bei den Sohlrampen um „technisch völlig andere und an anderer Stelle errichtete Bauten“ gegenüber jener Anlage, die mit Bescheid der belangten Behörde vom 15. Juni 1951 bewilligt wurde, handle. Wie bereits erläutert, entfernen sie sich damit aber vom - durch die Aktenlage bestätigten - Sachverhalt, wonach die Sohlrampen bereits mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Wels vom 2. August 1963 nachträglich wasserrechtlich bewilligt wurden und der Kostenbeteiligungsschlüssel des Bescheids der belangten Behörde des Jahres 1951 auf diese Sohlrampen übertragen wurde. Das rechtliche Schicksal der Revision hängt daher nicht von der Lösung der in der Zulässigkeitsbegründung aufgeworfenen Rechtsfrage zu § 44 WRG 1959 ab.

26       Das weitere Zulässigkeitsvorbringen der vorliegenden Revision zur „Teilrechtskraft“ des Bescheids der belangten Behörde, zum Vorliegen eines „negativen Kompetenzkonflikts“ sowie zur „Verpflichtung einer nicht rechtsfähigen Person“ zur Beitragsleistung entspricht schon deshalb nicht den Anforderungen des § 28 Abs. 3 VwGG, weil nicht konkret - unter Angabe zumindest einer nach Datum und Geschäftszahl bezeichneten hg. Entscheidung - angegeben wird, von welcher „ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes“ bzw. welchen „allgemeinen Rechtsgrundsätzen“ das Verwaltungsgericht abgewichen sei (vgl. VwGH 19.11.2019, Ra 2019/07/0110, mwN).

27       In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher - in einem nach § 12 Abs. 2 VwGG gebildeten Senat - gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.

28       Die Vollziehung des WRG 1959 erfolgt in mittelbarer Bundesverwaltung. Kostenersatzanspruch im Sinn des § 47 Abs. 5 VwGG hätte daher der Bund. Da daneben kein Kostenersatzanspruch eines anderen Rechtsträgers vorgesehen ist, war der auf Zuerkennung an das Land Oberösterreich gerichtete Antrag der belangten Behörde abzuweisen (vgl. VwGH 27.11.2019, Ra 2017/05/0213, mwN).

Wien, am 17. April 2020

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2020:RA2019070107.L00

Im RIS seit

08.07.2020

Zuletzt aktualisiert am

14.07.2020
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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