TE Vwgh Beschluss 2020/4/28 Ra 2019/14/0617

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Veröffentlicht am 28.04.2020
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
19/05 Menschenrechte
41/02 Passrecht Fremdenrecht

Norm

AsylG 2005 §35 Abs1
AsylG 2005 §60 Abs2
B-VG Art133 Abs4
MRK Art8
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel, den Hofrat Mag. Eder und die Hofrätin Mag. Schindler als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Schweinzer, in der Revisionssache der A B, vertreten durch Mag. Sofya Usmanova, Rechtsanwältin in 1220 Wien, Donau-City-Straße 7, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 11. November 2019, W144 2221250-1/2E, betreffend Erteilung eines Einreisetitels nach § 26 FPG iVm § 35 AsylG 2005 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Österreichische Botschaft Kairo), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Die Revisionswerberin ist eine Staatsangehörige Eritreas. Am 10. Oktober 2018 stellte sie bei der Österreichischen Botschaft Kairo einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels nach § 35 Abs. 1 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005), den sie damit begründete, dass ihrem Ehemann (Bezugsperson) mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 17. Dezember 2014 der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden sei.

2 Mit Bescheid vom 24. März 2019, bestätigt durch Beschwerdevorentscheidung vom 29. Mai 2019, wies die Österreichische Botschaft Kairo diesen Antrag ab. Begründend führte die Botschaft aus, das BFA habe mitgeteilt, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz nicht wahrscheinlich sei. Es lägen die Voraussetzungen nach § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 AsylG 2005 nicht vor. Weiters erscheine die Einreise der Revisionswerberin aus Gründen des Art. 8 EMRK nicht geboten. Die Revisionswerberin habe im Verfahren zudem kein gültiges Reisedokument vorgelegt, weshalb die Erteilung eines Visums ausgeschlossen sei.

3 Am 29. Mai 2019 stellte die Revisionswerberin gemäß § 15 VwGVG einen Vorlageantrag an das Bundesverwaltungsgericht (BVwG).

4 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das BVwG die Beschwerde als unbegründet ab und sprach aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei. Begründend verwies das BVwG unter anderem darauf, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 2 Z 1 und 3 AsylG 2005 nicht erfüllt seien. Die Erteilung eines Einreisetitels sei auch nicht aufgrund des Art. 8 EMRK geboten.

5 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

6 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 7 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 8 Die Revision bringt zu ihrer Zulässigkeit vor, das BVwG habe im Zusammenhang mit der Annahme des Nichtvorliegens einer "ortsüblichen Unterkunft", der Einkommenssitution der Bezugsperson sowie im Zusammenhang mit der Interessenabwägung im Sinn des Art. 8 EMRK gegen seine Ermittlungspflichten verstoßen. Das BVwG habe auch keine Überlegungen zur "Gefahrensituation betreffend die Revisionswerberin" angestellt. Unter Berücksichtigung der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes und des Verfassungsgerichtshofes ergebe sich, dass sowohl formelle als auch materielle Rechtsfragen vorlägen, deren Lösung über den Einzelfall hinaus von Bedeutung sei.

9 Da der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 34 Abs. 1a zweiter Satz VwGG die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG nur im Rahmen der dafür in der Revision gemäß § 28 Abs. 3 VwGG gesondert vorgebrachten Gründe zu überprüfen hat, ist er weder verpflichtet, solche anhand der übrigen Revisionsausführungen gleichsam zu suchen, noch berechtigt, von Amts wegen erkannte Gründe, die zur Zulässigkeit der Revision hätten führen können, aufzugreifen. Dementsprechend erfolgt nach der Rechtsprechung die Beurteilung der Zulässigkeit der Revision durch den Verwaltungsgerichtshof ausschließlich anhand des Vorbringens in der Zulassungsbegründung. In der gesonderten Zulassungsbegründung ist konkret darzulegen, in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht bzw. konkret welche Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof uneinheitlich oder noch gar nicht beantwortet hat. Lediglich pauschale Behauptungen erfüllen diese Voraussetzungen nicht (vgl. VwGH 20.2.2020, Ra 2020/14/0069, mwN).

10 Werden Verfahrensmängel - wie hier Ermittlungsmängel - als Zulassungsgründe ins Treffen geführt, muss auch schon in der abgesonderten Zulässigkeitsbegründung die Relevanz dieser Verfahrensmängel dargetan werden, weshalb also bei Vermeidung des Verfahrensmangels in der Sache ein anderes, für den Revisionswerber günstigeres Ergebnis hätte erzielt werden können. Die Relevanz der geltend gemachten Verfahrensfehler ist in konkreter Weise, also fallbezogen, darzulegen (vgl. VwGH 15.4.2019, Ra 2019/01/0119, mwN; 19.6.2019, Ra 2018/01/0379, mwN).

11 Eine Relevanzdarlegung im Sinn der genannten Rechtsprechung ist der Zulässigkeitsbegründung aber nicht zu entnehmen. Die Revision zeigt mit ihrem bloß allgemein gehaltenen Vorbringen weder auf, welche konkreten Ermittlungen notwendig gewesen bzw. konkret welche weiteren Umstände zu erheben gewesen wären, noch was diese am Verfahrensergebnis hätten ändern können. 12 In der Revision werden sohin keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.

Wien, am 28. April 2020

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2020:RA2019140617.L00

Im RIS seit

16.06.2020

Zuletzt aktualisiert am

16.06.2020
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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