TE Vwgh Erkenntnis 2020/4/28 Ra 2019/09/0001

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Veröffentlicht am 28.04.2020
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein
10/07 Verwaltungsgerichtshof
12/03 Entsendung ins Ausland
23/05 Sonstiges Exekutionsrecht
66/01 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz
67 Versorgungsrecht

Norm

ASVG §49 Abs3 Z1
AuslEG 1965 §1
AuslEG 1965 §3 Abs2
AuslEG 1965 §3 Abs3
AuslEG 1965 §3 Abs4
AuslEG 1965 §3 Abs9
HVG §24 Abs2
LPfG §1
VwGG §42 Abs2 Z1
VwRallg

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel, die Hofräte Dr. Doblinger, Dr. Hofbauer und Mag. Feiel sowie die Hofrätin Mag. Rossmeisel als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Hotz, über die außerordentliche Revision des A B in C, vertreten durch Mag. Klaus Mayer, Rechtsanwalt in 8141 Premstätten, Hauptstraße 131, EG, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 7. November 2018, W200 2001059-1/30E, betreffend Gewährung von Beschädigtenversorgung nach dem Heeresversorgungsgesetz (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Steiermark), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von 1.106,40 Euro binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Begründung

1 Zur Vorgeschichte wird auf VwGH 28.6.2017, Ra 2016/09/0114, verwiesen.

2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis änderte das Bundesverwaltungsgericht im zweiten Rechtsgang den verwaltungsbehördlichen Bescheid des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Steiermark vom 8. April 2013, dahin gehend ab, dass unter Spruchpunkt I. näher angeführte Gesundheitsschädigungen als Dienstbeschädigungen anerkannt wurden. Unter Spruchpunkt II. erkannte das Bundesverwaltungsgericht gestaffelt nach Zeiträumen eine Beschädigtenrente jeweils entsprechend einer näher bezifferten Minderung der Erwerbsfähigkeit samt den daraus resultierenden monatlichen Beträgen zu und erklärte die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig.

3 Nach Darstellung des Verfahrensganges stellte das Bundesverwaltungsgericht neben den näher dargestellten Dienstbeschädigungen die vom Revisionswerber während des Auslandseinsatzpräsenzdienstes erhaltenen Geldleistungen fest. 4 In seiner rechtlichen Beurteilung führte das Bundesverwaltungsgericht - im Revisionsverfahren ist lediglich die Ermittlung der Bemessungsgrundlage strittig - unter Bezugnahme auf die als relevant erachteten Rechtsvorschriften aus, dass hinsichtlich der Ermittlung der Bemessungsgrundlage das Verfahren rückaufgerollt und festgestellt worden sei, dass kein für die Errechnung der Bemessungsgrundlage heranziehbares Jahreseinkommen vorliege, weshalb § 24 Abs. 1 letzter Satz HVG zur Anwendung komme. Der Revisionswerber habe neben dem Grundgehalt auch eine Auslandseinsatzzulage bezogen. Gemäß § 49 Abs. 3 Z 1 ASVG gelte die Auslandseinsatzzulage nicht als Entgelt und somit nicht als Einkommen iSd § 24 Abs. 2 HVG. Für die Bemessungsgrundlage werde daher nur das Grundgehalt herangezogen und davon ausgehend die Beschädigtenrente ermittelt.

5 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.

6 Das Verwaltungsgericht legte die Verfahrensakten vor. Die belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht erstattete keine Revisionsbeantwortung.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

7 Gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes ist die Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

8 Bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist der Verwaltungsgerichtshof an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden (§ 34 Abs. 1a VwGG). Er hat die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 9 Unter diesem Gesichtspunkt macht der Revisionswerber geltend, das Bundesverwaltungsgericht sei von einer näher genannten Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach bei der Berechnung der Bemessungsgrundlage neben dem Grundgehalt auch die Auslandseinsatzzulage hinzuzurechnen sei, abgewichen. Indem das Verwaltungsgericht lediglich das Grundgehalt herangezogen habe, habe es das Erkenntnis mit Rechtswidrigkeit belastet. 10 Die Revision erweist sich bereits aus diesem Grund als zulässig und auch begründet:

11 Die im gegenständlichen Fall maßgeblichen Bestimmungen des § 24 Heeresversorgungsgesetz (HVG), BGBl. Nr. 27/1964, in der geltenden Fassung, lauten auszugsweise:

"§ 24.

(1) Bemessungsgrundlage bildet bei einem Beschädigten, der unselbständig erwerbstätig ist, ein Vierzehntel des Jahreseinkommens, das der Beschädigte vor dem Eintritt des schädigenden Ereignisses oder - wenn dies für ihn günstiger ist - vor dem Antritt der militärischen Dienstleistung erzielt hat. Fallen in den Zeitraum des letzten Jahres vor dem Eintritt des schädigenden Ereignisses oder vor dem Antritt der militärischen Dienstleistung Zeiten, in denen der Beschädigte infolge Erkrankung, Unfalls, Arbeitslosigkeit, Teilnahme an Förderungsmaßnahmen zur Erlangung eines Arbeitsplatzes nach dem Arbeitsmarktförderungsgesetz, BGBl. Nr. 31/1969, oder vorübergehender Kurzarbeit kein oder nicht das volle Arbeitseinkommen bezogen hat, so verlängert sich der Zeitraum um diese Zeiten; bei der Festsetzung der Bemessungsgrundlage bleiben diese Zeiten außer Betracht. Zeiten, in denen ein Beschädigter Grundwehrdienst oder Milizübungen oder die ersten sechs Monate des Ausbildungsdienstes geleistet hat, haben bei der Feststellung des Bemessungszeitraumes zur Gänze unberücksichtigt zu bleiben. Ergeben sich für den Beschädigten dadurch Härten, daß eine erstmalig aufgenommene Erwerbstätigkeit vor dem Eintritt des schädigenden Ereignisses oder vor dem Antritt der militärischen Dienstleistung noch nicht ein Jahr gedauert hat, so ist die Bemessungsgrundlage nach dem Jahresdurchschnittseinkommen festzusetzen, das eine Person gleichen Berufes unter gleichen Voraussetzungen üblicherweise erzielt.

(2) Als Einkommen gilt der Arbeitslohn. Unter Arbeitslohn sind die Geld- und Sachbezüge zu verstehen, auf die der Dienstnehmer (Lehrling) aus dem Dienst(Lehr)verhältnis Anspruch hat oder die er darüber hinaus auf Grund des Dienst(Lehr)verhältnisses vom Dienstgeber oder von einem Dritten erhält, einschließlich der Sonderzahlungen, wie zum Beispiel ein 13. oder 14. Monatsbezug, Weihnachts- oder Urlaubsgeld, Gewinnanteile oder Bilanzgeld. Als Arbeitslohn gelten nicht die im § 49 Abs. 3 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes angeführten Leistungen. Einkünfte in ausländischer Währung sind nach dem Durchschnitt der Mittelkurse für Devisen der Wiener Börse des Monates umzurechnen, in dem sie erzielt worden sind; der Umrechnung von Währungen, die an der Wiener Börse nicht notieren, sind die von der Oesterreichischen Nationalbank errechneten Werte zugrunde zu legen.

..."

12 Die maßgebliche Bestimmung des § 4 Auslandseinsatzgesetz 200

1 (AusLEG), BGBl. I Nr. 55/2001, in der geltenden Fassung, lautet

(auszugsweise):

"Besoldung

§ 4. (1) ...

(2) Soldaten, die Auslandseinsatzpräsenzdienst leisten, gebührt für die Dauer dieses Präsenzdienstes eine Geldleistung, die gebildet wird aus

1.

dem Grundbetrag und

2.

der Auslandseinsatzzulage

(3) ...

(4) Die Auslandseinsatzzulage gebührt unter Anwendung des Auslandszulagen- und -hilfeleistungsgesetzes (AZHG), BGBl. I Nr. 66/1999, mit der Maßgabe, dass Anspruchsberechtigte mit dem Dienstgrad Rekrut in die Zulagengruppe 1 nach § 3 Abs. 2 AZHG einzureihen sind."

13 Das Bundesverwaltungsgericht legte bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage nach § 24 Abs. 1 HVG nur das Grundgehalt des Revisionswerbers zu Grunde und stützte die Nichtberücksichtigung der Auslandseinsatzzulage darauf, dass es sich bei dieser um kein Entgelt iSd § 49 Abs. 3 Z 1 ASVG handle und daher nicht in die Berechnung einfließen könne.

14 Unter Entgelt sind gemäß § 49 Abs. 1 ASVG die Geld- und Sachbezüge zu verstehen, auf die der pflichtversicherte Dienstnehmer aus dem Dienstverhältnis Anspruch hat oder die er darüber hinaus auf Grund des Dienstverhältnisses vom Dienstgeber oder von einem Dritten erhält. Nach § 49 Abs. 2 leg. cit. sind Sonderzahlungen, also Bezüge im Sinne des Abs. 1, die in größeren Zeiträumen als den Beitragszeiträumen gewährt werden, wie zum Beispiel ein 13. oder 14. Monatsbezug, Weihnachts- oder Urlaubsgeld, Gewinnanteile oder Bilanzgeld, als Entgelt nur nach Maßgabe der Bestimmungen des § 54 und der sonstigen Bestimmungen des ASVG, in denen die Sonderzahlungen ausdrücklich erfasst werden, zu berücksichtigen.

15 Gemäß § 49 Abs. 3 Z 1 ASVG gelten nicht als Entgelt im Sinne des Abs. 1 und 2 "Vergütungen des Dienstgebers an den Dienstnehmer (Lehrling), durch welche die durch dienstliche Verrichtungen für den Dienstgeber veranlassten Aufwendungen des Dienstnehmers abgegolten werden (Auslagenersatz); hiezu gehören insbesondere Beträge, die den Dienstnehmern (Lehrlingen) als Fahrtkostenvergütungen einschließlich der Vergütungen für Wochenend(Familien)heimfahrten, Tages- und Nächtigungsgelder gezahlt werden, soweit sie nach § 26 des Einkommensteuergesetzes 19 88, BGBl. Nr. 400, nicht der Einkommensteuer(Lohnsteuer)pflicht unterliegen."

16 Diese Bestimmung nimmt nach ihrem ersten Halbsatz Auslagenersätze vom Entgeltbegriff nach dem ASVG aus und nennt in der Folge Beispiele für solche beitragsfreien Auslagenersätze. Allen ist gemeinsam, dass ein tatsächlich entstehender Aufwand - wenn auch allenfalls in pauschalierter Form - abgegolten wird (vgl. VwGH 17.10.2012, 2010/08/0184). Zur Frage, inwieweit nach § 49 Abs. 3 Z 1 ASVG Vergütungen des Dienstgebers an den Dienstnehmer als beitragsfrei zu behandeln sind, bedarf es entsprechender Feststellungen auf Grund überprüfbarer Nachweise darüber, in welchem Umfang ein Dienstnehmer tatsächlich Dienstreisen bzw. Nächtigungen vorgenommen hat (VwGH 2.9.2013, 2011/08/0360).

17 Daraus folgt, dass es sich bei den in § 49 Abs. 3 Z 1 ASVG aufgezählten Auslagenersätze immer um die Abgeltung eines tatsächlichen Aufwandersatzes und somit um einen Ausgleich für einen Mehraufwand seitens des Dienstnehmers handelt. 18 Aus dem klaren Gesetzeswortlaut, insbesondere aus der Wortfolge in § 4 Abs. 2 AuslEG, wonach die gebührende Geldleistung aus "dem Grundbetrag und der Auslandseinsatzzulage" gebildet werde, ergibt sich, dass es sich dabei um eine Gesamtgeldleistung für die Dauer des Präsenzdienstes handelt und die Zulage als solche somit einen fixen Gehaltsbestandteil darstellt. Die genannte Zulage wird daher gerade nicht für die Abgeltung eines tatsächlich entstandenen Mehraufwandes auf Seiten des Präsenzdieners - wie in § 49 Abs. 3 Z 1 ASVG zugrunde gelegt - ausbezahlt.

19 In der auch in der Revision zitierten Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes VwGH 22.4.1993, 92/09/0380 (zur damaligen Rechtslage ergangen), wurde bereits ausgesprochen, dass Wehrpflichtigen, die einen außerordentlichen Präsenzdienst im Sinne des § 1 AuslEG leisten, gemäß dem ersten Satz des § 3 Abs. 2 dieses Gesetzes für die Dauer dieses Präsenzdienstes eine Geldleistung gebühre, die aus dem Grundbetrag (Abs. 3) und der Auslandseinsatzzulage (Abs. 4) gebildet wird. Die nach Abs. 2 gebührende Geldleistung sei gemäß § 3 Abs. 9 AuslEG einem Arbeitseinkommen im Sinne des § 1 des Lohnpfändungsgesetzes 1985, BGBl. Nr. 450/1985, gleichgestellt.

20 Auch wenn diese Entscheidung die zum damaligen Zeitpunkt geltende Rechtslage angewendet hat, die der heutigen aber im Wesentlichen gleicht, ergibt sich daraus unzweifelhaft, dass der Grundbetrag und die Auslandseinsatzzulage das Gesamteinkommen bildet.

21 So hat auch der Oberste Gerichtshof bei der Beurteilung der Frage, ob eine Auslandseinsatzzulage die Unterhaltsbemessungsgrundl age erhöhen könne, wiederholt die Auffassung vertreten, dass die Auslandseinsatzzulage einen festen Gehaltsbestandteil darstelle, der mangels Ausgleichsfunktion für einen konkreten Mehraufwand ungekürzt in die Unterhaltsbemessungsgrundlage einzubeziehen sei (vgl. OGH 25.2.1999, 2 Ob 39/99w, RS0111748).

22 Zusammenfassend erweist sich die Rechtsauffassung des Bundesverwaltungsgerichts, die Auslandseinsatzzulage gemäß § 49 Abs. 3 Z 1 ASVG nicht als Entgelt und daher nicht als Einkommen iSd § 24 Abs. 2 HVG zu werten, als unzutreffend und es wird die Bemessungsrundlage im fortgesetzten Verfahren unter Berücksichtigung der Auslandseinsatzzulage neu zu ermitteln sein. 23 Das angefochtene Erkenntnis war somit mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet und daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

24 Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung. Ein Anspruch auf Ersatz einer vom Revisionswerber entrichteten Eingabegebühr gemäß § 24a VwGG besteht im Hinblick auf die nach § 8 Abs. 2 des Heeresentschädigungsgesetzes dafür bestehende Gebührenbefreiung nicht.

Wien, am 28. April 2020

Schlagworte

Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Bindung an den Wortlaut des Gesetzes VwRallg3/2/1Besondere Rechtsgebiete

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2020:RA2019090001.L00

Im RIS seit

01.07.2020

Zuletzt aktualisiert am

01.07.2020
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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