TE Vwgh Erkenntnis 1998/3/18 96/09/0121

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Veröffentlicht am 18.03.1998
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof
40/01 Verwaltungsverfahren
41/02 Passrecht Fremdenrecht
60/04 Arbeitsrecht allgemein
62 Arbeitsmarktverwaltung

Norm

AufG 1992 §1 Abs1
AufG 1992 §12
AufG 1992 §12 Abs1
AufG 1992 §13 Abs1
AufG 1992 §13 Abs3
AufG 1992 §4 Abs3
AufG 1992 §7
AuslBG §4 Abs3 Z7 idF 1992/475
AVG §37
VwGG §42 Abs2 Z3 litb
VwGG §42 Abs2 Z3 litc

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Blaschek, Dr. Rosenmayr und Dr. Bachler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Loibl, über die Beschwerde der Gemeinde Alberschwende, vertreten durch Dr. Wilfried Ludwig Weh, Rechtsanwalt in Bregenz, Wolfeggstraße 1, gegen den Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Vorarlberg vom 22. Februar 1996, Zl. III-6702/1546451, betreffend Nichterteilung einer Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsges etz, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Das Arbeitsmarktservice hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die beschwerdeführende Partei beantragte am 5. Jänner 1996 beim Arbeitsmarktservice Bregenz die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) für den Ausländer MM für die berufliche Tätigkeit als Diplomkrankenpfleger. Die Staatsangehörigkeit dieses Ausländers wurde im Antrag mit "Restjugoslawien" bezeichnet.

Diesen Antrag wies das Arbeitsmarktservice Bregenz mit Bescheid vom 12. Jänner 1996 gemäß § 4 Abs. 3 Z. 7 und § 4 Abs. 7 AuslBG (den letztgenannten Versagungsgrund in Zusammenhalt mit der Kundmachung des Bundesministers für Arbeit und Soziales über die Bundeshöchstzahl 1996, BGBl. Nr. 763/1995, und der Bundeshöchstzahlenüberziehungsverordnung) ab.

Dagegen erhob die beschwerdeführende Partei Berufung. Sie brachte darin - soweit für das Beschwerdeverfahren noch relevant - unter anderem vor, der beantragte Ausländer stamme aus Bosnien. Ein nach § 12 Aufenthaltsgesetz "bleibeberechtigter Bosnier" sei im Sinne des AuslBG auch aufenthaltsberechtigt. Die Stellung als "Kriegsflüchtling" könne der Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung nicht entgegenstehen.

Mit Schreiben vom 14. Februar 1996 verständigte die belangte Behörde die beschwerdeführende Partei im Berufungsverfahren davon, ihre Ermittlungen hätten ergeben, daß der Antrag des beantragten Ausländers auf Ausstellung einer Aufenthaltsberechtigung abgelehnt und bisher keine Aufenthaltsbewilligung ausgestellt worden sei. Der beantragte Ausländer sei daher nicht zum Aufenthalt in Österreich nach dem Aufenthaltsgesetz berechtigt.

Die beschwerdeführende Partei nahm zu diesem Vorhalt mit Schriftsatz vom 21. Februar 1996 im wesentlichen dahingehend Stellung, daß der beantragte Ausländer aus dem Raum Kalesija (in Bosnien) stamme (in diesem Zusammenhang wurde auch auf einen Bericht in der Ausgabe 6/96 der periodischen Druckschrift "News" verwiesen). Die von der Bezirkshauptmannschaft Bregenz erteilte Auskunft sei irreführend; diese habe nämlich nicht über den Status des beantragten Ausländers als "Bosnienflüchtling" abgesprochen, sondern lediglich über seinen Antrag auf Erteilung einer "normalen" Aufenthaltsbewilligung. Die Frage, ob ein Fremder ein vorübergehendes Aufenthaltsrecht im Sinne des § 12 Abs. 1 Aufenthaltsgesetz in Verbindung mit nach dieser Bestimmung ergangenen Verordnungen habe, könne nicht durch ein Schreiben der Sicherheitsdirektion geklärt werden.

Mit dem im Instanzenzug ergangenen, nunmehr angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 22. Februar 1996 wurde die Berufung der beschwerdeführenden Partei gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 4 Abs. 3 Z. 7 AuslBG abgewiesen. Die belangte Behörde änderte den Spruch des erstinstanzlichen Bescheides dahingehend ab, daß die Ablehnung des Antrages auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung für den "ausländischen Staatsangehörigen" MM (ausschließlich) auf die Gesetzesstelle des § 4 Abs. 3 Z. 7 AuslBG gestützt werde.

Zur Begründung führte die belangte Behörde aus, laut schriftlicher Mitteilung der Bezirkshauptmannschaft Bregenz sei der Antrag des beantragten Ausländers auf Ausstellung einer Aufenthaltsbewilligung abgelehnt und bis dato keine derartige Bewilligung ausgestellt worden. Der beantragte Ausländer sei daher nicht zum Aufenthalt in Österreich nach dem Aufenthaltsgesetz berechtigt. Die Voraussetzungen nach § 4 Abs. 3 Z. 7 AuslBG lägen demnach nicht vor. In ihrer Stellungnahme vom 21. Februar 1996 habe die beschwerdeführende Partei vorgebracht, daß der Bescheid über die Versagung einer Aufenthaltsbewilligung noch nicht rechtskräftig sei. Dieses Vorbringen sei aber nicht geeignet, eine andere Beurteilung herbeizuführen. Die Voraussetzungen im Sinne des § 4 Abs. 3 Z. 7 AuslBG seien nur dann erfüllt, wenn der beantragte Ausländer im Zeitpunkt der Antragstellung im Besitz einer gültigen Aufenthaltsbewilligung sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die beschwerdeführende Partei erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in dem Recht auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung für den beantragten Ausländer und auf Feststellung des maßgebenden Sachverhaltes verletzt. Sie beantragt die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 4 Abs. 3 Z. 7 AuslBG (in der im Beschwerdefall nach dem Zeitpunkt der Bescheiderlassung anzuwendenden Fassung vor der Novelle BGBl. I Nr. 78/1997) darf die Beschäftigungsbewilligung weiters nur erteilt werden, wenn der Ausländer zum Aufenthalt in Österreich nach dem Aufenthaltsgesetz, BGBl. Nr. 466/1992, berechtigt ist, ausgenommen im Fall des Antrages auf Verlängerung einer Beschäftigungsbewilligung.

Wie der Verwaltungsgerichtshof zu der genannten Bestimmung in ständiger Rechtsprechung (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. Mai 1997, Zl. 95/09/0192, und die darin angegebene Vorjudikatur) dargetan hat, kommt dem Rechtsgrund und der Rechtsform der erteilten Berechtigung zum Aufenthalt im Bewilligungsverfahren betreffend die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung nach dem AuslBG keine wesentliche Bedeutung zu. Die Bewilligungsvoraussetzung im Sinne von § 4 Abs. 3 Z. 7 AuslBG stellt daher nur darauf ab, ob sich der beantragte Ausländer rechtmäßig im Inland aufhält.

Entgegen den Ausführungen im angefochtenen Bescheid war die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung daher nicht allein deshalb (im Sinne des § 4 Abs. 3 Z. 7 AuslBG) zu versagen, weil der beantragte Ausländer "im Zeitpunkt der Antragstellung nicht im Besitz einer gültigen Aufenthaltsbewilligung" (damit offenbar gemeint: in der Form einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz) gewesen sei.

Gemäß § 58 Abs. 2 - des nach Art. II Abs. 2 lit. D Z. 41 EGVG auf das behördliche Verfahren der Landesgeschäftsstellen des Arbeitsmarktservice anzuwendenden - AVG sind Bescheide zu begründen, wenn dem Standpunkt der Partei nicht vollinhaltlich Rechnung getragen wird. In der Begründung sind gemäß § 60 AVG die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen.

Diesen Anforderungen entspricht weder das abgeführte Verfahren noch die Begründung des angefochtenen Bescheides.

Die beschwerdeführende Partei hat bereits im Berufungsverfahren und erneut in ihrer Beschwerde darauf hingewiesen, daß der beantragte Ausländer zum Personenkreis die kriegsvertriebenen Staatsangehörigen von Bosnien und Herzegowina gehöre und ihm auf Grund des § 12 Aufenthaltsgesetz im Zusammenhalt mit in dieser Hinsicht ergangenen Verordnungen ein Aufenthaltsrecht zukomme.

Im angefochtenen Bescheid fehlen jedoch Feststellungen zu dieser - von der belangten Behörde mit keinem Wort behandelten, aber - für eine abschließende rechtmäßige Beurteilung des gebrauchten Versagungsgrundes nach § 4 Abs. 3 Z. 7 AuslBG rechtserheblichen Frage.

Die belangte Behörde hat weder positiv noch negativ festgestellt, ob dem beantragten Ausländer die bosnische (oder allenfalls eine andere) Staatsangehörigkeit zukommt, sondern sie bezeichnete diesen im angefochtenen Bescheid als "ausländischen Staatsangehörigen". Nach dem genannten Vorbringen der beschwerdeführenden Partei zu dem von der belangten Behörde gebrauchten Versagungsgrund durfte aber die Feststellung der Staatsangehörigkeit des beantragten Ausländer nicht (wie im angefochtenen Bescheid) vollständig unbeantwortet bleiben, da der in dieser Hinsicht von der beschwerdeführenden Partei behauptete Sachverhalt geeignet war, den von der belangten Behörde angenommenen Mangel der förmlichen Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz zu beheben. Die belangte Behörde hat zudem weder positiv noch negativ festgestellt, ob der beantragte Ausländer - sollte er Staatsangehöriger von Bosnien-Herzegowina sein - des weiteren ein aus diesem Gebiet stammender Kriegsvertriebener ist.

Schon im Hinblick auf diese Begründungsmängel (und die fehlende Auseinandersetzung mit dem genannten, erheblichen Berufungsvorbringen der beschwerdeführenden Partei) ist der Verwaltungsgerichtshof an der nachprüfenden Kontrolle und Beurteilung der für den herangezogenen Versagungsgrund wesentlichen Rechtsfrage gehindert, ob sich der beantragte Ausländer als kriegsvertriebener Staatsangehöriger von Bosnien-Herzegowina im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides rechtmäßig im Inland aufgehalten hat.

Die belangte Behörde hat aus den dargelegten Gründen somit Verfahrensvorschriften verletzt, bei deren Einhaltung sie zu einem anderen Bescheid hätte kommen können. Ferner bedarf der Sachverhalt in wesentlichen Punkten einer Ergänzung. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit § 41 AMSG und der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 18. März 1998

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1996090121.X00

Im RIS seit

21.10.2019

Zuletzt aktualisiert am

21.10.2019
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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