TE Vwgh Beschluss 2020/5/11 Ra 2020/06/0072

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Veröffentlicht am 11.05.2020
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

AVG §52
AVG §53
AVG §7
VwGVG 2014 §17

Beachte


Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):
Ra 2020/06/0073
Ra 2020/06/0074
Ra 2020/06/0075
Ra 2020/06/0076

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Köhler und die Hofrätinnen Mag. Rehak und Mag. Liebhart-Mutzl als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Schreiber BA, in der Revisionssache 1. des O H, 2. der E S, 3. des H H, 4. des N H und 5. der C H, alle in L und alle vertreten durch die Weh Rechtsanwalt GmbH in 6900 Bregenz, Wolfeggstraße 1, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Vorarlberg vom 18. Oktober 2019, LVwG-302-1/2019-R7, betreffend ein Umlegungsverfahren nach dem Raumplanungsgesetz (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Vorarlberger Landesregierung; mitbeteiligte Parteien: 1. F A in L, 2. I A in L, 3. M A in L, 4. Verlassenschaft nach I H, z.H. Bezirksgericht Dornbirn in 6850 Dornbirn, Kapuzinergasse 12, 5. B B in H, 6. E B in L, 7. H B in L, 8. J B in L, 9. Marktgemeinde Lustenau, z.Hd. des Bürgermeisters in 6890 Lustenau, Rathausstraße 1, 10. D Sparkasse in L, 11. G D in L, 12. I G in A, 13. H G, vertreten durch Dr. Edgar Veith, Rechtsanwalt in 6840 Götzis, Am Garnmarkt 13, 14. E H in L, 15. H H in L, 16. J H in O (Kanada), 17. W H in D, 18. T H in L, 19. E H in H, 20. P K in L, 21. A K, 22. A K und 23. H K, alle in L, 24. Mag. U K in H, 25. E N in L, 26. Dr. M P in F, 27. L R in L, 28. S Z in L, 29. S S in M (Schweiz), 30. S S in L, 31. B S und 32. M S, beide in L, 33. Vbank in L, 34. V e.Gen. in R, sowie 35. V AG in B), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

2        Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

3        Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

4        Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Vorarlberg (in der Folge: LVwG) wurde der Beschwerde der Revisionswerber gegen den Bescheid der Vorarlberger Landesregierung vom 20. Dezember 2018, mit welchem gemäß § 48 des Raumplanungsgesetzes (in der Folge: RPG) die Umlegung H. laut Umlegungsplan vom 8. März 2018 in der Fassung vom 24. Juli 2018 sowie vom 1. Oktober 2018 genehmigt worden war, keine Folge gegeben und der angefochtene Bescheid bestätigt. Gleichzeitig sprach das LVwG aus, dass gegen dieses Erkenntnis eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig sei.

5        Gegen dieses Erkenntnis erhoben die revisionswerbenden Parteien zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, welcher deren Behandlung mit Beschluss vom 12. Dezember 2019, E 4404/2019-5, ablehnte und sie gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichthof zur Entscheidung abtrat.

6        Nunmehr richtet sich gegen dieses Erkenntnis die vorliegende außerordentliche Revision, in der die Revisionswerber in den zu ihrer Zulässigkeit vorgetragenen Gründen zunächst vorbringen, das angefochtene Erkenntnis verletze die Revisionswerber in ihrem Eigentumsrecht, das angefochtene Erkenntnis begründe (unzulässigerweise) Miteigentum und verletze eine Bestimmung des RPG. Als „Verfahrensverletzungen von prinzipieller Bedeutung“ werden darüber hinaus eine Verletzung des Parteiengehörs, eine Befangenheit der dem Verfahren vor dem LVwG beigezogenen Amtssachverständigen, sowie eine „pflichtwidrige gänzliche Außerachtlassung des Privatsachverständigengutachtens“ geltend gemacht. Dieser Mangel des Verfahrens sei „der zentrale“; es sei offensichtlich, dass der Sachverständige gewusst habe, wovon er rede; dennoch sei das Privatgutachten des Privatsachverständigen den Amtssachverständigen nicht zur Äußerung vorgelegt worden.

7        Mit diesem Vorbringen zeigen die Revisionswerber keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG auf.

8        Soweit die Revisionswerber behaupten, durch das angefochtene Erkenntnis in ihrem Eigentumsrecht verletzt worden zu sein, ist darauf hinzuweisen, dass der Verwaltungsgerichtshof zu einer diesbezüglichen Prüfung gemäß Art. 133 Abs. 5 B-VG nicht berufen ist, weil es sich dabei um ein verfassungsgesetzlich gewährleistetes Recht handelt (vgl. für viele etwa VwGH 29.1.2020, Ro 2020/07/0001, oder auch bereits VwGH 18.10.2012, 2012/06/0077, jeweils mwN). Die Behandlung der von den Revisionswerbern zunächst an den Verfassungsgerichtshof erhobenen Beschwerde, in welcher sie unter anderem die Verletzung in ihrem Eigentumsrecht durch das angefochtene Erkenntnis geltend gemacht haben, wurde vom Verfassungsgerichtshof wie dargestellt mit Beschluss vom 12. Dezember 2019 abgelehnt. Soweit in unklarer Weise die Begründung von Miteigentum und ein Verstoß gegen § 46 Abs. 2 RPG moniert wird, wird nicht dargelegt, welche grundsätzliche Rechtsfrage in diesem Zusammenhang zu entscheiden wäre.

9        Hinsichtlich der in der Zulässigkeitsbegründung der Revision darüber hinaus geltend gemachten Verfahrensmängel ist festzuhalten, dass nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bei behaupteten Verfahrensmängeln in den Zulässigkeitsgründen auch die Relevanz des Verfahrensmangels darzutun ist. Das heißt, dass der behauptete Verfahrensmangel geeignet sein muss, im Falle eines mängelfreien Verfahrens zu einer anderen - für die Revisionswerber günstigeren - Sachverhaltsgrundlage zu führen (vgl. etwa VwGH 25.1.2018, Ra 2017/06/0257, oder auch 26.8.2019, Ra 2019/20/0375, jeweils mwN). Diesen Anforderungen entspricht die vorliegende Revision nicht.

Zudem ist die behauptete Verletzung im Recht auf Parteiengehör insbesondere im Hinblick auf die - von den Revisionswerbern nicht bestrittenen - Feststellungen im angefochtenen Erkenntnis hinsichtlich des im Vorfeld vor der Marktgemeinde L. sowie vor der belangten Behörde gemäß §§ 42 RPG geführten Umlegungsverfahrens (in welchem die Revisionswerber mehrere Stellungnahmen zu der nunmehr genehmigten Grundstücksumlegung abgaben und mit welchen sich sowohl die belangte Behörde als auch das LVwG auseinandersetzten) auch nicht ersichtlich. Soweit die Revisionswerber weiters eine „pflichtwidrige Außerachtlassung des Privatsachverständigengutachtens“ behaupten, legen sie auch mit dem diesbezüglichen Vorbringen schon nicht dar, welche Feststellungen der von ihnen beigezogene Privatsachverständige in der gegenständlichen Angelegenheit getroffen haben soll und inwieweit diese Feststellungen das Ergebnis des angefochtenen Erkenntnisses beeinflusst hätten. Darüber hinaus hat sich das LVwG mit dem von den Revisionswerbern vorgelegten Privatgutachten in der Begründung des angefochtenen Erkenntnisses ausführlich auseinandergesetzt und nachvollziehbar begründet, aus welchen Gründen dieses nach seiner Auffassung nicht geeignet ist, die Ergebnisse der dem Erkenntnis zugrunde gelegten Amtssachverständigengutachten in Frage zu stellen. Von einer Außerachtlassung des von den Revisionswerbern ins Treffen geführten Privatgutachtens kann daher keine Rede sein. Auch, dass die in diesem Zusammenhang durch das LVwG im Einzelfall vorgenommene Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen worden sein sollte (vgl. dazu für viele etwa VwGH 21.1.2020, Ra 2018/06/0201, mwN), zeigen die Revisionswerber nicht einmal ansatzweise auf.

10       Wenn die Revisionswerber in den Zulässigkeitsgründen der Revision außerdem die Befangenheit der dem Verfahren vor dem LVwG beigezogenen Amtssachverständigen behaupten, da diese bereits „in früheren Verfahrensabschnitten“ tätig gewesen seien, übersehen sie, dass nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes der Umstand allein, dass sich ein Verwaltungsgericht bei seiner Entscheidung auf die gutachterlichen Ausführungen eines im verwaltungsbehördlichen Verfahren beigezogenen (Amts-)Sachverständigen gestützt hat, noch keine Bedenken gegen dessen volle Unbefangenheit zu begründen vermag (vgl. dazu etwa VwGH 29.6.2017, Ra 2016/06/0150, mwN). Auch hat sich der Verwaltungsgerichtshof, was die grundsätzliche Frage der Zulässigkeit der Heranziehung von Amtssachverständigen durch ein Verwaltungsgericht betrifft, bereits der Auffassung des Verfassungsgerichtshofes im Erkenntnis vom 7. Oktober 2014, E 707/2014, angeschlossen und in diesem Zusammenhang bereits wiederholt ausgesprochen, dass keine grundsätzlichen Bedenken gegen die Heranziehung von Amtssachverständigen durch das Verwaltungsgericht bestehen. Die Unbefangenheit der oder des Amtssachverständigen muss vielmehr jeweils geprüft werden (vgl. dazu etwa VwGH 27.7.2016, Ra 2016/06/0074, 28.5.2019, Ra 2019/10/0008, oder auch 27.1.2020, Ra 2019/04/0074, jeweils mwN).

11       Die Begründung des angefochtenen Erkenntnisses, in welcher die von den Revisionswerbern bereits im Verfahren vor dem LVwG behauptete Befangenheit der beigezogenen Amtssachverständigen unter Einbeziehung einschlägiger höchstgerichtlicher Rechtsprechung einer ausführlichen Prüfung unterzogen wurde, steht mit den genannten Grundsätzen im Einklang. Auch das Vorbringen, der straßenbautechnische Amtssachverständige habe in der mündlichen Verhandlung die Frage nach der Verkehrserschließung in einem nahe gelegenen Betriebsgebiet nicht beantworten können, ist für sich genommen nicht geeignet, die volle Unbefangenheit dieses Amtssachverständigen für das vorliegende Projekt in Zweifel zu ziehen.

12       Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 11. Mai 2020

Schlagworte

Sachverständiger Bestellung Auswahl Enthebung (Befangenheit siehe AVG §7 bzw AVG §53)

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020060072.L00

Im RIS seit

08.07.2020

Zuletzt aktualisiert am

14.07.2020
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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