TE Lvwg Erkenntnis 2020/2/21 VGW-031/002/9751/2019

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Veröffentlicht am 21.02.2020
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Entscheidungsdatum

21.02.2020

Index

41/01 Sicherheitsrecht
10/11 Vereinsrecht Versammlungsrecht
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

SPG §82 Abs1
SPG §82 Abs2
VersammlungsG §14 Abs1
VStG §45 Abs1 Z2

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

gekürzte Ausfertigung

gemäß § 29 Abs. 5 iVm § 50 Abs. 2 VwGVG

BGBl. I Nr. 33/2013 idF BGBl. I Nr. 24/2017

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch den Richter Dr. Fegerl über die Beschwerde des Herrn A. B. vom 20.12.2019 gegen das Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Wien, Polizeikommissariat C., vom 2.7.2019, Zahl …, wegen Übertretungen


1.des § 82 Abs. 1 Sicherheitspolizeigesetz (SPG) und 2.des § 14 Abs. 1 Versammlungsgesetz, nach durchgeführter öffentlicher mündlicher Verhandlung am 31.1.2020 (Datum der mündlichen Verkündung des Erkenntnisses), zu Recht erkannt:

I. Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde Folge gegeben, das Straferkenntnis in beiden Spruchpunkten aufgehoben und das Verfahren jeweils gemäß § 45 Abs. 1 Z 2 VStG eingestellt.

II. Der Beschwerdeführer hat gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG keinen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens zu leisten.

III. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

Entscheidungsgründe:

Die belangte Behörde erkannte den Beschwerdeführer (BF) mit Straferkenntnis vom 1.6.2019 schuldig,

1. er habe sich am 31.5.2019, 16.15 Uhr-31.5.2019, 16.20 Uhr, in Wien, D., trotz vorausgegangener Abmahnung gegenüber einem Organ der öffentlichen Aufsicht, während dieses seine gesetzliche Aufgabe wahrgenommen habe, aggressiv verhalten, indem er dieses angeschrien und wild mit den Händen herumgefuchtelt hätte,

2. er habe es am 31.5.2019, 15.53 Uhr-31.5.2019, 16.20 Uhr, in Wien, D., als Teilnehmer der Versammlung zum Thema Fridays for Future unterlassen, diese Versammlung sogleich zu verlassen und auseinanderzugehen, nach die Versammlung vom Behördenvertreter um 14.51 Uhr für aufgelöst erklärt worden sei, da er bis zumindest 16.20 Uhr am Versammlungsort verblieben sei.

Wegen Verletzung von 1. § 82 Abs. 1 Sicherheitspolizeigesetz (SPG) und 2. § 14 Abs. 1 Versammlungsgesetz verhängte die belangte Behörde 1. gemäß § 82 Abs. 1 Sicherheitspolizeigesetz und 2. gemäß § 19 Versammlungsgesetz über den BF zwei Geldstrafen von 1. € 280,-- (Ersatzfreiheitsstrafe: 4 Tage) und 2. € 200,-- (Ersatzfreiheitsstrafe: 8 Tage und 8 Stunden) und schrieb gemäß § 64 VStG einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens in der Höhe von insgesamt € 48,-- vor.

Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Beschwerde.

Am 31.1.2020 führte das Verwaltungsgericht Wien eine öffentliche mündliche Verhandlung durch. Das Erkenntnis wurde am 31.1.2020 verkündet.

Vorweg kann auf die im Rahmen der Verkündung der Entscheidung im Verfahren VGW-102/076/9139/2019 (Subzahl 67) getroffenen Feststellungen verwiesen werden. Es kann auf Grund der Videoaufnahmen ausgeschlossen werden, dass die Darstellung des Meldungslegers über das Verhalten des BF den Tatsachen entspricht. Der BF hat sich weder aggressiv verhalten noch den Meldungsleger angeschrien und auch nie mit seinen erhobenen Händen in Richtung des Meldungslegers gefuchtelt. Der Vorwurf des aggressiven Verhaltens im Sinne des § 82 Abs. 1 SPG ist daher widerlegt. Zum Vorwurf der Übertretung des § 14 Abs. 1 Versammlungsgesetz ist festzuhalten, dass der BF nicht Teil der Versammlung war. Die Versammlung hat sich auf der Fahrbahn abgespielt (Sitzblockade) und es sollte die polizeiliche Sperrkette des Meldungslegers die Versammlung von den Passanten und Zusehern auf dem Gehsteig getrennt halten. Da der BF nicht Teil der aufgelösten bzw. aufzulösenden Versammlung war, was sich aus mehreren Zeugenaussagen und den Videos eindeutig ergibt, war er nicht Adressat der Anordnung (Versammlungsauflösung), den Versammlungsort zu verlassen. Er hat daher die Übertretung des § 14 Abs. 1 Versammlungsgesetz im konkreten Fall nicht begangen.

Abschließend sei angemerkt, dass die Videobilder von der Amtshandlung im Hinblick auf die willkürliche bzw. unmotivierte Aggression und Gewaltanwendung seitens des staatlichen Organs (des Meldungslegers) in einem demokratischen, liberalen Rechtsstaat wie Österreich erschreckend und verstörend wirken. Noch erschreckender ist der Umstand, dass der Beamte in weiterer Folge nicht davor zurückschreckte, eine Anzeige mit unwahren Angaben zu verfassen und eine offenkundig falsche Aussage als Zeuge zu machen.

Schlagworte

Verletzung des öffentlichen Anstandes; aggressives Verhalten; Versammlung; Auflösung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2020:VGW.031.002.9751.2019

Zuletzt aktualisiert am

09.06.2020
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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