TE Lvwg Erkenntnis 2020/4/9 VGW-001/022/773/2020

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Veröffentlicht am 09.04.2020
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Entscheidungsdatum

09.04.2020

Index

L94309 Hubschrauberdienst Krankenbeförderung Rettung Wien
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

RettungsG Wr §10
RettungsG Wr §32 Abs1 Z1
VStG §45 Abs1 Z1

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

gekürzte Ausfertigung

gemäß § 29 Abs. 5 iVm § 50 Abs. 2 VwGVG

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seinen Richter Mag. Dr. Lehner über die Beschwerde des Herrn A. B., vertreten durch Rechtsanwalt, gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt …, vom 13.12.2019, Zl. …, betreffend Übertretung des § 32 Abs. 1 Z 1 iVm § 10 Wiener Rettungs- und Krankentransportgesetz (WRKG), LGBl. für Wien Nr. 39/2004 idgF, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 11.03.2020 nach Verkündung

zu Recht e r k a n n t:

I. Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde Folge gegeben, das Straferkenntnis behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z 1 VStG eingestellt.

II. Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG hat der Beschwerdeführer keinen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens zu leisten.

III. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

Für die Einstellung nach § 45 Abs. 1 Z  1 VStG maßgebende Gründe:

Mit Straferkenntnis vom 13.12.2019 wurde dem Beschwerdeführer die folgende Tat zur Last gelegt:

„Sie haben als Obmann und somit gemäß § 9 Abs.1 VStG zur Vertretung nach außen Berufener des Vereines C. (ZVR-Zahl …) mit dem Sitz in D., E.-straße, welcher zur Ausübung des Mietwagengewerbes im Standort Wien, F.-straße, berechtigt ist, zu verantworten, dass dieser Verein in der Zeit vom 22.11.2018 bis 16.9.2019 auf seiner Homepage (www.c.at) Bezeichnungen („own rescue and patient transport vehicles“, „rescue car“, „application vehicles“ ... „with emergency-medical or intensive-medical escort“, ... „developed for our needs from Fa. G., the biggest rescue vehicle producer", ......medical devices like ECG, defibrillator, oxygen devices, emergency doctor equipment etc. are on board of our vehicles“, „doctors“ ... „and ambulance men syndicated“) verwendet hat, die fälschlich den Anschein erwecken, dass es sich bei dem Verein nicht um ein gewerbliches Mietwagenunternehmen, sondern um einen nach den Bestimmungen des WRGK bewilligten privaten Rettungs- und Krankentransportdienst handeln würde, indem in der englisch-sprachigen Version auf der vorgenannten Homepage, nämlich unter „Transport/Fleet > Our Vehicles“ u.a. folgende Informationen veröffentlicht wurden:

• „Shortly before the arrival of the airplane in Wien-Schwechat own rescue and patient transport vehicles of the C., a most fashionably equipped Mercedes Benz rescue car and a Mercedes Benz Vito are available at the airport for the further transport to the intended hospital“ („eigene Rettungs- und Patiententransportfahrzeuqe der C., ein top ausgestatteter Mercedes Benz Rettunqswaaen und ein Mercedes BenzVito...“),

• „With our modern application vehicles we also achieve national and international transports and retums - of course with emergency-medical or intensive-medical escort.“ ... („Mit unseren modernen Einsatzfahrzeugen leisten wir auch nationale und internationale Transporte und Retouren - natürlich mit notfallmedizinischer oder intensivmedizinischer Begleitung“),

• „Our vehicles being equipped with all security Standards like ABS, ESP, ASR, climate, navigation systems, mobile phones etc. are especially developed for our needs from Fa. G., the biggest rescue vehicle producer of Austria“ („Unsere Fahrzeuge“ ... „sind speziell entwickelt nach unserem Bedarf von der Fa. G.. dem größten Rettungsfahrzeuqhersteller Österreichs“),

• The most modern medical devices like ECG, defibrillator, oxygen devices, emergency doctor equipment etc. are on board of our vehicles.“ („An Bord unserer Fahrzeuge befinden sich die modernsten medizinischen Geräte wie EKG. Defibrillator, Sauerstoffgeräte, Notarztausrüstung etc.“),

• „24 Hours Hotline + 43 / 1 / … C. F.-strasse Wien - Vienna“, und unter „Company portrait“ u.a. folgende Informationen veröffentlicht wurden:

• The Company was founded in September, 1999. At that time a few enthusiastic people among doctors, lawyers, businessmen, bankers and ambulance men syndicated and founded the C.“ („Zu dieser Zeit schlossen sich einige enthusiastische Leute unter Ärzten, Anwälten, Geschäftsleuten, Bankiers und Sanitätern zusammen und gründeten die C.“) sowie

• „Head-Office F.-straße A-Wien - Vienna“,

obwohl gemäß § 10 WRKG die Verwendung von Bezeichnungen, die den Anschein erwecken, dass es sich um einen Rettungs- oder Krankentransportdienst handelt oder dass Transportdienstleistungen im Sinne des vorliegenden Gesetzes mit entsprechender Bewilligung erbracht werden, ausnahmslos den nach diesem Gesetz berechtigten Rettungs- und Krankentransportdiensten vorbehalten ist.

Der Beschwerdeführer war für den Zeitraum 22.11.2018 bis 16.9.2019 Obmann sowohl des Vereins „C.,“ (ZVR-Zahl …) mit Sitz in D. als auch des Vereins „C. Zweigverein Wien“ (ZVR-Zahl …) mit Sitz in Wien, wie sich aus Vereinsregisterauszügen für den betreffenden Zeitraum und den Vereinsstatuten ergibt. Die Aussage des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung, wonach ihm nicht bewusst sei, dass er auch Obmann des Zweigvereins in Wien sei zugleich aber bestätigt, dass die Vereinsstatuten des Zweigvereins in Wien seine Unterschrift tragen ändert nichts daran, dass die dem Verwaltungsgericht vorliegenden Dokumente eine Obmannschaft des Beschwerdeführers belegen.

Keiner dieser Vereine verfügte über eine Bewilligung zum Betrieb eines privaten Rettungsdienste oder eines privaten Krankentransportdienstes iSd Wiener Rettungs- und Krankentransportgesetzes.

Der Beschwerdeführer führt in seiner Beschwerde ins Treffen, dass das Straferkenntnis von einer örtlich unzuständigen Behörde erlassen wurde, da sich der Tatvorwurf auf einen Verein mit Sitz in D. bezieht. Gemäß § 27 Abs. 1 VStG ist jene Behörde örtlich zuständig, in deren Sprengel die Verwaltungsübertretung begangen worden ist. Bei Delikten, die sich auf Unternehmen beziehen und bei denen ein zur Vertretung einer juristischen Person nach außen befugtes Organ gemäß § 9 Abs. 1 VStG verwaltungsstrafrechtlich zur Verantwortung gezogen wird, gilt als Tatort der Verwaltungsübertretung der Sitz der Unternehmungsleitung (VwGH 12.7.2012, 2011/02/0029; 14.12.2007, 2007/02/0277). Ist danach die Zuständigkeit mehrerer Behörden begründet oder ist es ungewiss, in welchem Sprengel die Übertretung begangen worden ist, so ist gemäß § 27 Abs. 2 VStG die Behörde zuständig, die zuerst eine Verfolgungshandlung vorgenommen hat.

Im Verfahren vor der belangten Behörde war aufgrund des Schreibens der Magistratsabteilung 40 vom 16.9.2019 ungewiss, in welcher Funktion der Beschwerdeführer die vorgeworfenen Tathandlungen gesetzt hat. In Betracht kamen sowohl der Verein mit Sitz in D. als auch der Verein mit Sitz in Wien. Beide Vereine werden im Schreiben erwähnt. Dementsprechend war ungewiss in welchem Sprengel die Übertretung begangen worden ist. Aufgrund der Zuständigkeitsbestimmung des § 27 Abs. 2 VStG ergibt sich aber, dass die belangte Behörde mit der Setzung einer Verfolgungshandlung in Form der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 21.10.2019 alleinig zuständig geworden ist. Die Zuständigkeit der zuerst eine Verfolgungshandlung vornehmenden Behörde ist endgültig, sie ändert sich daher auch dann nicht, wenn sich nachträglich herausstellt, dass der Tatort im Sprengel einer anderen Behörde liegt (vgl. Fister in Lewisch/Fister/Weilguni, VStG2 § 27, Rz 9 und Raschauer in Raschauer/Wessely [Hrsg], Kommentar zum Verwaltungsstrafgesetz2 [2016] zu § 27 VStG Rz 5).

Die belangte Behörde war daher zur Entscheidung zuständig, auch wenn sie im Zuge des Verfahrens zur Ansicht gelangte, dass der Beschwerdeführer als Obmann des Vereins mit Sitz in D. handelte.

Gemäß § 10 Wiener Rettungs- und Krankentransportgesetz in der mit LGBl. 1/2019 geänderten seit 1. April 2019 geltenden Fassung ist die Verwendung von Bezeichnungen, die den Anschein erwecken, dass es sich um einen Rettungs- oder Krankentransportdienst handelt oder dass Transportdienstleistungen im Sinne des vorliegenden Gesetzes mit entsprechender Bewilligung erbracht werden, ausnahmslos den nach diesem Gesetz berechtigten Rettungs- und Krankentransportdiensten vorbehalten.

Der Verstoß gegen dieses Verbot wird in § 32 Abs. 1 Z 1 WRKG zur Verwaltungsübertretung erklärt; demnach begeht eine Verwaltungsübertretung, wer eine Bezeichnung verwendet, die fälschlich den Anschein erweckt, dass es sich um eine Einrichtung des öffentlichen Rettungsdienstes, eines bewilligten privaten Rettungsdienstes oder eines bewilligten privaten Krankentransportdienstes handelt.

Der Bezeichnungsschutz in § 10 WRKG wurde mit LGBl. 1/2019 erheblich ausgeweitet, indem nicht mehr wie bisher nur die Bezeichnungen „Rettungsdienst“ oder „Krankentransportdienst“ geschützt sein sollen, sondern alle Bezeichnungen, die den Anschein erwecken, dass es sich um einen Rettungs- oder Krankentransportdienst handelt oder dass Transportdienstleistungen im Sinne des vorliegenden Gesetzes mit entsprechender Bewilligung erbracht werden. In den Materialien zu dieser Novelle findet man folgende Anmerkung (Erläuterungen, Beilage Nr 35/2018, LG-553591-2017, 1): „Der Bezeichnungsschutz wird ausgedehnt. Geschützt sind insbesondere die Bezeichnungen ‚Rettungsdienst‘, ‚Krankentransportdienst‘, ‚Rettungstransport‘ und ‚Krankentransport‘ sowie vergleichbare Begrif?ichkeiten und Übersetzungen dieser Bezeichnungen in andere Sprachen. Nicht umfasst vom Bezeichnungsschutz ist der Begriff ‚Krankenbeförderung‘ für die Durchführung der Fahrtendienste nach dem Gelegenheitsverkehrs-Gesetz 1996“.

Durch den Schutz einer bestimmten Bezeichnung wird im Allgemeinen die unberechtigte Verwendung eines ganz bestimmten Wortes untersagt. § 10 WRKG normiert zwar eine äußert weit gefasste Form eines Bezeichnungsschutzes, indem nicht nur durch das Gesetz ausdrücklich genannte Bezeichnungen geschützt sind, sondern auch solche die einen bestimmten Anschein erwecken, es handelt sich aber nichtsdestotrotz um ein Verbot der Verwendung bestimmter Begriffe bzw. Bezeichnungen, wie die in den Materialien aufgezählten Beispiele auch unterstreichen („Rettungsdienst“, „Krankentransportdienst“, „Rettungstransport“ und „Krankentransport“). Nicht von diesem Bezeichnungsschutz erfasst sind hingegen Umschreibungen von Tätigkeiten, ohne dass dabei Begriffe verwendet werden, die geschützt sind.

Die Notwendigkeit einer weiten Interpretation des Bezeichnungsschutzes, der etwa auch Umschreibungen von Tätigkeiten erfasst, die bewilligten Rettungs- oder Krankentransportdienstleistern vorbehalten sind, ergibt sich auch deshalb nicht, als mit der Novelle LGBl. 1/2019 der Absatz 1a in § 32 WRKG eingefügt wurde, dem zufolge das Anbieten einer zum Aufgabenbereich eines Rettungs- oder Krankentransportdienstes gehörenden Tätigkeit, der Durchführung von Aufgaben eines Rettungs- oder Krankentransportdienstes im Sinne des Abs. 1 gleichzuhalten ist, sodass das Anbieten von Leistungen, die zum Aufgabenbereich eines Rettungs- oder Krankentransportdienstes gehören, ohne eine entsprechende Bewilligung zu besitzen eine Verwaltungsübertretung gemäß § 32 Abs. 1 Z 2 iVm Abs. 1a WRKG darstellt.

In der Tatanlastung findet sich keine Bezeichnung, die fälschlich den Anschein erweckt, dass es sich bei dem genannten Verein um eine Einrichtung des öffentlichen Rettungsdienstes, eines bewilligten privaten Rettungsdienstes oder

eines bewilligten privaten Krankentransportdienstes handelt. Die Verwendung des Begriffs „Krankentransporte“ im Vereinsnamen wurde dem Beschwerdeführer hingegen ebenso wenig angelastet, wie das Anbieten bestimmter Leistungen, sodass eine Bestrafung mit einer solchen Tatanlastung durch das Verwaltungsgericht Wien im Zuge des Beschwerdeverfahrens ausscheidet.

Schlagworte

Bezeichnungsschutz; Rettungsdienst; Krankentransport; Anschein; Tatanlastung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2020:VGW.001.022.773.2020

Zuletzt aktualisiert am

09.06.2020
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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