TE Vwgh Erkenntnis 1988/5/18 87/02/0170

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Veröffentlicht am 18.05.1988
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Index

Verwaltungsverfahren - VStG

Norm

AVG §31 Abs3
AVG §38
VStG §19 Abs2

Beachte

Vorgeschichte:86/18/0253 E 13.02.1987;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Seiler und die Hofräte Dr. Dorner und Dr. Bernard als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Hollinger, über die Beschwerde des OM in W, vertreten durch Dr. Hans Pernkopf, Rechtsanwalt in Wien I, Mölkerbastei 10, gegen den Bescheid der Wiener Landesregierung vom 16. September 1987, Zl. MA 70-11/477/87/Str, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt (Land) Wien Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Zur Vorgeschichte wird auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 13. Februar 1987, Zl. 86/18/0253, verwiesen. Mit diesem Erkenntnis wurde ein Bescheid der belangten Behörde betreffend Bestrafung des Beschwerdeführers wegen einer am 23. Mai 1984 begangenen Übertretung des § 4 Abs. 5 StVO 1960 aufgehoben, weil dieser Bescheid infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften rechtswidrig war.

Nach Ergänzung des Ermittlungsverfahrens durch neuerliche Einvernahme der Unfallgegnerin des Beschwerdeführers als Zeugin, durch Einholung eines weiteren kraftfahrzeugtechnischen Sachverständigengutachtens sowie durch die jeweils erfolgte Gewährung von Parteiengehör erging der (auch) als "Ersatzbescheid" bezeichnete angefochtene Bescheid, mit dem der Beschwerdeführer neuerlich der Übertretung des § 4 Abs. 5 StVO 1960 für schuldig erkannt wurde. Über ihn wurde abermals eine Geldstrafe von S 4.000,-- (5 Tage Ersatzarrest) verhängt.

In seiner an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend und beantragt die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides. Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt. Zu dieser Gegenschrift hat der Beschwerdeführer eine "Erwiderung" erstattet, zu der die belangte Behörde in der Folge eine "Gegenäußerung" eingebracht hat.

Der Gerichtshof hat erwogen:

1. Der Beschwerdeführer begründete seine Behauptung, der angefochtene Bescheid sei inhaltlich rechtswidrig, im Beschwerdeschriftsatz mit einem bloßen Hinweis auf § 31 VStG 1950. Erst in seiner "Erwiderung" führte er näher aus, daß er diese Rechtswidrigkeit darin erblicke, daß der angefochtene Ersatzbescheid zwar vor dem durch das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof gehemmten Ablauf der Frist nach § 31 Abs. 3 VStG 1950 zugestellt und damit erlassen worden sei, daß aber die 14-tägige "Leistungsfrist" nach deren Ablauf ende, sodaß eine Vollstreckung des angefochtenen Bescheides nicht in Betracht käme. Die Erlassung eines solchen Bescheides sei rechtswidrig.

Der Beschwerdeführer ist damit nicht im Recht. Gemäß § 31 Abs. 3 VStG 1950 in der Fassung BGBl. Nr. 299/1984 (jedoch vor der Verwaltungsstrafgesetz-Novelle 1987, BGBl. Nr. 516) darf ein Straferkenntnis nicht mehr gefällt und eine verhängte Strafe nicht mehr vollstreckt werden, wenn u.a. seit dem Abschluß der strafbaren Tätigkeit drei Jahre verstrichen sind. Die Zeit eines Verfahrens vor dem Verfassungsgerichtshof oder dem Verwaltungsgerichtshof ist in diese Frist nicht einzurechnen.

Daraus ergibt sich nicht, daß ein Straferkenntnis (ein Berufungsbescheid), von dem bei Erlassung schon feststeht, daß es (er) aus den genannten Gründen nicht mehr vollstreckbar sein werde, gar nicht erst erlassen werden dürfte. Die belangte Behörde weist in ihrer Gegenäußerung zur "Erwiderung" des Beschwerdeführers zutreffend darauf hin, daß § 31 Abs. 3 VStG 1950 zwei verschiedene Verjährungsinstitute normiere, nämlich die Strafbarkeits- und die Vollstreckungsverjährung (vgl. dazu auch die Ausführungen bei Walter-Mayer, Verwaltungsverfahrensrecht4, Rdz. 873 f.). Auch ein nicht vollstreckbares Straferkenntnis kann Rechtswirkungen entfalten; dies sowohl als Entscheidung einer Vorfrage im Sinne des § 38 AVG 1950, als auch als Strafbemessungsgrund im Sinne des § 19 Abs. 2 VStG 1950 in Verbindung mit § 33 Z. 2 StGB oder des § 100 Abs. 1 StVO 1960.

2. Der Beschwerdeführer bestreitet im übrigen, wie schon in der zum Vorerkenntnis führenden Beschwerde, die Verursachung eines Verkehrsunfalles mit Sachschaden. Das Verfahren zur Feststellung der Kausalität zwischen den am Pkw der Aufforderin festgestellten Beschädigungen und dem von ihm vor diesem Pkw durchgeführten Einparkmanöver sei - nach wie vor - mangelhaft, die belangte Behörde habe insbesondere "dem Auftrag des Verwaltungsgerichtshofes" im Vorerkenntnis nicht entsprochen.

Die Aufhebung des Vorbescheides durch den Verwaltungsgerichtshof erfolgte deswegen, weil nicht festgestellt worden war, welche bestimmten Schäden am Fahrzeug der Aufforderin durch das Fahrzeug des Beschwerdeführers verursacht wurden und welche allfälligen weiteren Schäden an dem erstgenannten Fahrzeug schon vor der behaupteten Kontaktnahme vorhanden waren.

Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid - mit hinlänglicher Deutlichkeit - auf Grund der Zeugenaussage der Aufforderin und des technischen Amtssachverständigengutachtens als erwiesen angenommen, daß (zumindest) die Halterungen der vorderen Stoßstange des Fahrzeuges der Aufforderin bei dem gegenständlichen Vorfall deformiert und eingerissen worden seien.

Gegen diese Feststellung bestehen von seiten des Verwaltungsgerichtshofes keine Bedenken. Der Umstand, daß die Aufforderin (laienhaft) davon sprach, daß die Stoßstangenhalterungen "gebrochen" gewesen seien, die Stoßstange aber nicht zu Boden gefallen sei und gehalten habe, deutete der Sachverständige wie vorstehend geschildert. Keine Bedenken bestehen auch gegen die weitere Annahme, daß diese Beschädigung bei dem von zwei Zeugen beobachteten Anstoß, bei dem es "ganz schon gekracht" habe, verursacht worden sei. Schließlich ist es auch unbedenklich, wenn die belangte Behörde davon ausgeht, daß der Beschwerdeführer den Vorfall habe wahrnehmen müssen.

Der belangten Behörde sind in diesem Zusammenhang keine wesentlichen Verfahrensmängel vorzuwerfen. Insbesondere hat sie ausreichend begründet, aus welchen Gründen sie die beantragte Stellprobe nicht durchgeführt hat. Das Fahrzeug der Aufforderin wäre hiefür nicht mehr greifbar gewesen. Der technische Sachverständige hat die Verursachung des Schadens bei dem von zwei Zeugen beobachteten Vorfall für möglich gehalten. Dies berechtigte die Behörde, von der Tatbestandsmäßigkeit der dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Verwaltungsübertretung auszugehen. Die Beweiswürdigung der belangten Behörde ist schlüssig, ihre Richtigkeit ist vom Verwaltungsgerichtshof auf Grund seiner eingeschränkten Prüfungsbefugnis (vgl. die diesbezüglichen Ausführungen eines verstärkten Senates im Erkenntnis vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053, hinsichtlich dessen an Art. 14 Abs. 4 seiner Geschäftsordnung, BGBl. Nr. 45/1965, erinnert wird) nicht zu prüfen.

Die vom Beschwerdeführer im Verwaltungsstrafverfahren vorgelegten Unterlagen, die erweisen sollten, daß die festgestellten Schäden nicht von seinem Fahrzeug hätten verursacht werden können, sind nicht geeignet, die Annahme der Schlüssigkeit der Beweiswürdigung der belangten Behörde zu erschüttern. Sie stellen teilweise, aber in wesentlichen Einzelheiten, vom Beschwerdeführer selbst erstellte Zeichnungen dar, denen weitere wesentliche Einzelheiten (so etwa die Höhe der "Stoßstangenhörner") fehlen.

Die Beschwerde erweist sich insgesamt als unbegründet. Sie war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 243/1985.

Wien , am 18. Mai 1988

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1988:1987020170.X00

Im RIS seit

09.06.2020

Zuletzt aktualisiert am

09.06.2020
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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