Index
L10013 Gemeindeordnung Gemeindeaufsicht GemeindehaushaltNorm
AVG §18 Abs4;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl und Dr. Pallitsch als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissärin Dr. Gritsch, über die Beschwerde des Ing. Markus Strobl in Lanzenkirchen, vertreten durch Dr. Viktor Strebinger, Rechtsanwalt in Ebreichsdorf, Wiener Neustädter Straße 48, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 24. September 1997, Zl. RU1-V-97148/00, betreffend Kanalanschlußverpflichtung nach dem Niederösterreichischen Kanalgesetz (mitbeteiligte Partei:
Marktgemeinde Lanzenkirchen, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 1. April 1997 wurde dem Beschwerdeführer und J.S. für ihr Grundstück in O., T-Weg 69, der Anschluß an den neugelegten Mischwasserkanal gemäß § 17 Abs. 1 und 3 NÖ Kanalgesetz 1977 und § 62 NÖ Bauordnung 1996 (BO) mit der Verpflichtung aufgetragen, binnen vier Wochen nach Rechtskraft dieses Bescheides gemäß § 15 Abs. 1 Z. 10 BO die Errichtung des Hauskanals bis zur Liegenschaftsgrenze beim Bürgermeister anzuzeigen.
Mit Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 9. Juni 1997 wurde die dagegen erhobene Berufung des Beschwerdeführers als unbegründet abgewiesen.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 24. September 1997 wurde die dagegen erhobene Vorstellung des Beschwerdeführers als unbegründet abgewiesen. Die mitbeteiligte Marktgemeinde verfüge über keine Fäkalienabfuhr; dem Beschwerdeführer könne daher die Ausnahmegenehmigung nach § 7 Abs. 3 des NÖ Kanalgesetzes nicht erteilt werden. Die Duldungspflicht der Kanalverlegung über fremdem Grund dürfe nur dann auferlegt werden, wenn durch die Inanspruchnahme fremden Grundes eine unverhältnismäßige Kostenbelastung verhindert werde. Im übrigen sei § 16 des NÖ Kanalgesetzes restriktiv auszulegen, da die Anwendung dieser Bestimmung mit Eingriffen in Rechte Dritter (in diesem Fall der betroffenen Grundeigentümer) verbunden sei. Dem Gemeinderat der mitbeteiligten Marktgemeinde könne daher nicht entgegengetreten werden, wenn dieser die Verlegung des Hauptkanales über ein fremdes Grundstück verneine. Es bestünde ein öffentliches Interesse an einer ordnungsgemäßen Abwasserbeseitigung, wobei möglichst alle Grundeigentümer an den Gemeindekanal anzuschließen seien. Die Höhe der zu erwartenden Kanaleinmündungsabgabe sei Gegenstand eines eigenen Verfahrens.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in dem Recht, "sein Grundstück nicht an das Kanalsystem anschließen zu müssen, verletzt". Er macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
In der Beschwerde wird erstmals ausgeführt, die Erledigung des Bürgermeisters der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 1. April 1997 verstoße gegen § 58 Abs. 3 AVG in Verbindung mit § 18 Abs. 4 AVG, weil die Unterschrift des Erledigenden nicht leserlich beigefügt worden sei. Die leserliche Beifügung des Namens könne nicht durch Angabe einer bloßen Funktionsbezeichnung ersetzt werden.
Gemäß § 58 Abs. 3 in Verbindung mit § 18 Abs. 4 AVG müssen Bescheide u.a. mit der unter leserlicher Beifügung des Namens abgegebenen Unterschrift dessen versehen sein, der die Erledigung genehmigt hat. Das Erfordernis der leserlichen Beifügung des Namens des Genehmigenden wird durch eine solche Unterschrift wettgemacht, aus der bei objektiver Beurteilung der Name des Genehmigenden eindeutig entnommen werden kann (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 27. Juni 1997, Zlen. 96/05/0160, 0161). Die Anführung der Funktionsbezeichnung vermag die in § 18 Abs. 4 AVG vorgesehene leserliche Beifügung des Namens des die Erledigung Genehmigenden nicht zu ersetzen. Dem Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 1. April 1997 kann im Sinne der vorzitierten hg. Rechtsprechung mit hinreichender Deutlichkeit entnommen werden, daß die Unterschrift vom Bürgermeister A.K. stammt. Daß auch für den Beschwerdeführer der Name des genehmigenden Bürgermeisters aus der der Ausfertigung des ihm zugestellten Bescheides beigesetzten Unterschrift eindeutig entnommen werden konnte, ergibt sich schon daraus, daß der Beschwerdeführer gegen diesen Bescheid Berufung erhoben hat und weder in dieser noch in der Vorstellung gegen den Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 9. Juni 1997 die nunmehr erstmals in der Beschwerde erhobenen Bedenken geäußert hat.
Das erstmals in der Beschwerde enthaltene Vorbringen zum behaupteten Beschwerdegrund der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften bezüglich der Befangenheit des auch im Berufungsverfahren mitwirkenden Bürgermeisters der mitbeteiligten Marktgemeinde entbehrt - vom Umstand des Verstoßes gegen das Neuerungsverbot gemäß § 41 Abs. 1 VwGG abgesehen - der notwendigen Relevanz. Die Mitwirkung eines befangenen Gemeindeorganes bildet nämlich nur dann einen wesentlichen Verfahrensmangel, wenn der Gemeinderat bei Abwesenheit des befangenen Organs nicht beschlußfähig gewesen oder wenn ohne dessen Stimme die für die Beschlußfassung erforderliche Stimmenmehrheit nicht zustande gekommen wäre (vgl. hiezu die bei Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage, Seite 101 f, referierte hg. Rechtsprechung). Der Bescheid des Gemeinderates vom 9. Juni 1997 wurde in der Gemeinderatssitzung vom 5. Mai 1997 mit 20 Ja-Stimmen bei einer Stimmenthaltung beschlossen.
Unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes bringt der Beschwerdeführer vor, es sei nicht einsichtig, warum die Bestimmung des § 7 Abs. 3 des NÖ Kanalgesetzes das Vorliegen einer öffentlichen Fäkalienabfuhr voraussetze, da diese Gesetzesstelle die Nichtteilnahme an der öffentlichen Fäkalienabfuhr bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen gestatte. In diesem Falle könne der Grundstückseigentümer die Entsorgung ohne Inanspruchnahme der gemeindeeigenen Kanalanlagen bzw. der öffentlichen Fäkalienabfuhr übernehmen. Der Beschwerdeführer erfülle sämtliche Voraussetzungen für die eigenmächtige Entsorgung anfallender Fäkalien.
Bereits im hg. Erkenntnis vom 24. Februar 1998, Zl. 98/05/0002, hat der Verwaltungsgerichtshof darauf hingewiesen, daß § 62 Abs. 2 der hier anzuwendenden, mit 1. Jänner 1997 in Kraft getretenen NÖ Bauordnung 1996 (BO) die Regelung über die Anschlußverpflichtung einer Liegenschaft an den öffentlichen Kanal enthält. Das NÖ Kanalgesetz selbst beinhaltet keine Regelung, wann die Anschlußpflicht gegeben ist. § 7 Abs. 3 des NÖ Kanalgesetzes 1977 nimmt die Eigentümer landwirtschaftlicher Betriebe von der Verpflichtung zur Teilnahme an der öffentlichen Fäkalienabfuhr kraft Gesetzes aus, läßt jedoch § 62 Abs. 2 BO über die Anschlußverpflichtung einer Liegenschaft an den öffentlichen Kanal unberührt.
Die behauptete Rechtswidrigkeit liegt somit nicht vor. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 leg. cit. gebildeten Senat abzuweisen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Im Hinblick auf die Erledigung des Beschwerdeverfahrens erübrigt sich eine Entscheidung über den Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
Schlagworte
Befangenheit innerhalb der Gemeindeverwaltung eigener Wirkungsbereich Unterschrift des GenehmigendenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1998:1998050001.X00Im RIS seit
28.08.2001