TE Vfgh Beschluss 1996/6/17 A4/96

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Veröffentlicht am 17.06.1996
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Index

10 Verfassungsrecht
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz in der Fassung von 1929 (B-VG)

Norm

B-VG Art137 / ord Rechtsweg
VfGG §38

Leitsatz

Zurückweisung einer Klage auf Ersatz von Anwaltskosten für vom Kläger angestrengte Amtshaftungsverfahren; Zurückweisung des Antrags auf Feststellung des Bestehens einer Leistungspflicht des Bundes zum Ersatz entstandener Vermögens- bzw ideeller Nachteile; keine Zuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes zur Entscheidung über Schadenersatzansprüche

Spruch

Die Klage wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung:

1.1. Mit einem selbstverfaßten, beim Verfassungsgerichtshof am 18. März 1996 eingelangten Schriftsatz ohne Datum erhebt der Einschreiter gestützt auf Art137 B-VG Klage gegen den Bund. Er begehrt die Fällung des Urteiles, die beklagte Partei sei schuldig, "dem Kläger den Betrag von ö.S. 69.604,90 samt gesetzlichen Zinsen, und zwar aus dem Betrag von ö.S. 12500.- ab dem 15.1.1996, für den Restbetrag seit dem 20.1.1996 zu bezahlen". Darüber hinaus begehrt der Kläger die Feststellung, die beklagte Partei sei schuldig, "dem Kläger alle dem Grunde nach entstehenden (Vermögens- sowie ideelle) Nachteile, insbesondere Kreditzinsen sowie entgangenen Gewinn zu ersetzen". Der Kläger begehrt des weiteren den Zuspruch von Prozeßkosten in Höhe von S 50.000,-- sowie, die vorliegende "Klage ohne anwaltliche Unterfertigung in meritorische Bearbeitung zu nehmen". In eventu wird die Bewilligung der Verfahrenshilfe beantragt.

1.2. Begründend wird vorgebracht, daß der Kläger drei Amtshaftungsprozesse vor dem Landesgericht für ZRS Wien angestrengt habe. Für Amtshaftungsklagen bestehe absoluter Anwaltszwang. Er habe bislang S 57.104,90 an Anwaltshonoraren zu leisten gehabt. Eine weitere Honorarnote in Höhe von S 12.000,-- sei noch nicht beglichen worden. Um die Honorare bezahlen zu können, habe er Kredit aufnehmen müssen, was ihn mit Zinsen belaste sowie zu entgangenem Zinsgewinn führe.

2. Die Klage ist unzulässig.

2.1. Gemäß Art137 B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über vermögensrechtliche Ansprüche an den Bund, die Länder, die Bezirke, die Gemeinden und Gemeindeverbände, die weder im ordentlichen Rechtsweg auszutragen, noch durch Bescheid einer Verwaltungsbehörde zu erledigen sind.

Das Leistungsbegehren wird damit begründet, daß dem Kläger aufgrund der geltenden, für Amtshaftungsverfahren Anwaltszwang vorsehenden Rechtslage Kosten erwachsen seien. Es ist offensichtlich, daß damit der Ersatz eines Schadens begehrt wird. Es kann dahingestellt bleiben, ob der Kläger vermeint, daß ihm dieser Schaden aufgrund eines verlorenen Prozesses im Hinblick auf von ihm zu tragende Anwaltskosten oder aufgrund einer in seinen Augen verfassungswidrigen Rechtslage erwachsen sei. Über Schadenersatzansprüche haben nämlich, wie der Verfassungsgerichtshof bereits wiederholt ausgesprochen hat, in der Regel die ordentlichen Gerichte zu entscheiden, es sei denn, ein besonderes Gesetz bestimmt etwas anderes (vgl. zB VfSlg. 3491/1959, 5257/1966). Ein solches besonderes Gesetz besteht hier aber nicht. Auch ein Schadenersatzanspruch aus dem Titel eines verfassungswidrigen Gesetzes ist ein Privatrecht, über welches der ordentliche Richter zu befinden hat (VfSlg. 3287/1957).

Der Verfassungsgerichtshof ist daher zur meritorischen Behandlung des Leistungsbegehrens nicht zuständig.

2.2. Gleiches gilt für das Feststellungsbegehren. Gegenstand eines Feststellungserkenntnisses iSd §38 VerfGG können nur die in Art137 B-VG umschriebenen, nach dieser Vorschrift klagbaren vermögensrechtlichen Ansprüche sein (VfSlg. 365/1924, 2531/1953, 5789/1968). Da aber die Feststellung der Verpflichtung des Bundes begehrt wird, dem Kläger entstehende Vermögensnachteile, ideelle Nachteile, Kreditzinsen und entgangenen Gewinn zu ersetzen, ist offensichtlich, daß Gegenstand der Feststellung ein Schadenersatzanspruch ist, über den zu befinden nicht in die Zuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes fällt. Die auf Art137 B-VG gestützte Klage ist daher auch insoweit, als sie auf eine Feststellung gerichtet ist, unzulässig.

3. Die Eingabe war darum aus den unter Punkt 2.1. und 2.2. erörterten Gründen insgesamt zurückzuweisen, was ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung geschehen konnte, weil die Nichtzuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes offenbar ist (§19 Abs3 Z2 lita VerfGG).

Bei diesem Ergebnis ist den Anträgen, die Klage ohne anwaltliche Unterfertigung in meritorische Behandlung zu nehmen bzw. in eventu die Verfahrenshilfe zu bewilligen, der Boden entzogen, weshalb auf sie nicht weiter einzugehen war.

Schlagworte

VfGH / Klagen, VfGH / Feststellungsklagen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1996:A4.1996

Dokumentnummer

JFT_10039383_96A00004_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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