TE Bvwg Erkenntnis 2019/8/5 I414 2221829-1

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Veröffentlicht am 05.08.2019
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Entscheidungsdatum

05.08.2019

Norm

BFA-VG §18 Abs5
B-VG Art. 133 Abs4
EMRK Art. 2
EMRK Art. 3
EMRK Art. 8
FPG §70
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

Spruch

I414 2221829-1/6Z

TEILERKENNTNIS

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Christian EGGER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, StA. ÄGYPTEN, vertreten durch: RA Dr. Wolfgang WEBER, gegen den Bescheid des BFA, Regionaldirektion Wien vom 26.06.2019, Zl. XXXX, zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird gemäß § 18 Abs 5 BFA-VG die aufschiebende Wirkung zuerkannt.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer (kurz BF) reiste spätestens am 09.01.2015 in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am selben Tag einen Antrag auf internationalen Schutz (AS 5ff.).

Am 08.04.2016 heiratete der BF eine rumänische Staatsangehörige (AS 159). In weiterer Folge wurde ihm eine Aufenthaltskarte, gültig vom 27.04.2016 bis 27.04.2021, ausgestellt (AS 149 bis 151).

Am 07.03.2017 wurde der BF wegen des Verdachtes einer Aufenthaltsehe von einem Organ des Sicherheitsdienstes als Beschuldigter niederschriftlich einvernommen (AS 115 ff.)

Der Abschlussbericht der Landespolizeidirektion Niederösterreich vom 09.03.2017, GZ. XXXX, wurde an die Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt übermittelt (AS 135 bis 144).

Am 27.03.2017 wurde der BF vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge als belangte Behörde oder kurz BFA bezeichnet) niederschriftlich einvernommen (AS 169 bis 177). In weiterer Folge hat der BF den Antrag auf internationalen Schutz zurückgezogen (AS 179 bis 180).

Mit Beschluss des Bezirksgerichtes XXXX vom 25.01.2018, Zl. XXXX, wurde das Strafverfahren gegen den BF wegen des Vergehens nach § 117 FPG im Rahmen einer diversionellen Maßnahme unter Bezahlung eines Pauschalkostenbeitrages und einer Geldbuße eingestellt (AS 197 bis 199).

Mit Schreiben des BFA vom 24.01.2019 wurde der BF über die beabsichtigte Erlassung eines Aufenthaltsverbotes verständigt und ihm wurden Fragen zur Integration sowie zum Privat- und Familienleben übermittelt. Dem BF wurde die Möglichkeit eingeräumt binnen einer Frist von 14 Tagen eine Stellungnahme abzugeben (AS 205 ff.).

Am 26.03.2019 wurde der Reisepass des BF sichergestellt (AS 219).

Mit Schreiben vom 29.03.2019 teilte der BF durch seinen gewillkürten Vertreter im Wesentlichen mit, dass keine Scheinehe vorliege. Seine Ehefrau sei aus der Wohnung ausgezogen und nach Rumänien zurückgekehrt. Es sei zu Auseinandersetzungen gekommen, weil die Wohnung zu klein sei und auch wegen der Forderung seiner Frau das Eheleben in Rumänien fortzusetzen (AS 245).

Mit Bescheid des BFA vom 26.06.2019, Zl. XXXX wurde gegen den Beschwerdeführer gemäß § 67 Abs. 1 und Abs. 2 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. Nr. 100/2005 (FPG), idgF. ein für die Dauer von fünf Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen (Spruchpunkt I.). Gleichzeitig wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 70 Abs. 3 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. Nr. 100/2005 (FPG), idgF. kein Durchsetzungsaufschub erteilt (Spruchpunkt II.) und einer Beschwerde gegen dieses Aufenthaltsverbot gemäß § 18 Absatz 3 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. Nr. 87/2012, (BFA-VG) idgF" die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt III.).

Mit Schriftsatz seiner gewillkürten Rechtsvertretung vom 25.07.2019, erhob der Beschwerdeführer gegen den Bescheid der belangten Behörde Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Im Wesentlichen wurde ausgeführt, dass die Ehe aus dem Alleinverschulden seiner Frau geschieden worden sei. Er habe seine Frau aus Zuneigung geheiratet, daher liege keine Scheinehe vor. Zudem lebe er seit Jahren in Österreich, gehe regelmäßig einer Beschäftigung nach und sei integriert. Ferner werde beantragt seine geschiedene Frau zeugenschaftlich einzuvernehmen, den angefochtenen Bescheid zu beheben und der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Mit Schreiben vom 26.07.2019, beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt am 31.07.2019, legte die belangte Behörde die Beschwerde samt Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht vor und beantragte, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der volljährige BF ist Staatsangehöriger von Ägypten und begünstigter Drittstaatsangerhöriger. Seine Identität steht fest.

Der BF reiste spätestens am 09.01.2015 in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am selben Tag einen Antrag auf internationalen Schutz.

Am 08.04.2016 ehelichte der BF eine rumänische Staatsangehörige.

Am 27.03.2017 zog der BF seinen Antrag auf internationalen Schutz zurück.

Als Angehöriger eines EWR-Bürgers hat er eine Aufenthaltskarte gültig von 27.04.2016 bis zum 27.04.2021.

Mit Beschluss des Bezirksgerichtes XXXX vom 25.01.2018, Zl. XXXX, wurde das Strafverfahren gegen den BF wegen des Vergehens nach § 117 FPG im Rahmen einer diversionellen Maßnahme unter Bezahlung eines Pauschalkostenbeitrages und einer Geldbuße eingestellt.

2. Beweiswürdigung:

Beweis wurde aufgenommen durch Einsicht in die vorgelegte Beschwerde, in den angefochtenen Bescheid sowie in den vorgelegten Verwaltungsakt.

Die Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers basieren auf den unbestritten gebliebenen Feststellungen im angefochtenen Bescheid. Danach steht die Identität des Beschwerdeführers fest.

Die Feststellung, wonach der BF spätestens am 09.01.2015 in das österreichische Bundesgebiet einreiste am selben Tag einen Antrag auf internationalen Schutz stellte und dieser Antrag am 27.03.2017 zurückgezogen wurde, ergibt sich aus dem unbedenklichen Akteninhalt.

Die Feststellung, wonach der BF eine rumänische Staatsangehörige ehelichte, ergibt sich aus dem unbedenklichen Akteninhalt.

Die Feststellung, wonach der BF als Angehöriger eine Aufenthaltskarte gültig bis 27.04.2021 besitzt, ergibt sich aus dem unbedenklichen Akteninhalt.

Die Feststellung, wonach das Strafverfahren gegen den BF mit Beschluss wegen des Vergehens nach § 117 FPG im Rahmen einer diversionellen Maßnahme unter Bezahlung eines Pauschalkostenbeitrages und einer Geldbuße eingestellt wurde, ergibt sich aus dem unbedenklichen Akteninhalt.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

§ 18 Abs 5 BFA-VG bestimmt, dass das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung vom Bundesamt aberkannt wurde, binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde von Amts wegen die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2 EMRK, Art 3 EMRK, Art 8 EMRK oder der Protokolle Nr 6 oder Nr 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. In der Beschwerde gegen den in der Hauptsache ergangenen Bescheid sind die Gründe, auf die sich die Behauptung des Vorliegens einer realen Gefahr oder einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit gemäß Satz 1 stützt, genau zu bezeichnen. § 38 VwGG gilt.

§ 18 BFA-VG enthält Regelungen für vier Konstellationen. Während sein erster Absatz Beschwerden gegen eine abweisende Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz zum Gegenstand hat und sich dabei - siehe den letzten Satz dieses Absatzes - insbesondere auf die mit der abweisenden Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz verbundene Rückkehrentscheidung bezieht, geht es im zweiten Absatz um sonstige Rückkehrentscheidungen, also um solche außerhalb eines Verfahrens auf internationalen Schutz. Der dritte Absatz bezieht sich auf Aufenthaltsverbote und der vierte Absatz schließlich normiert, dass der Beschwerde gegen eine Ausweisung (§ 66 FPG) die aufschiebende Wirkung überhaupt nicht aberkannt werden darf (VwGH 07.03.2019, Ro 2019/21/0001).

Im gegenständlichen Fall ist die aufschiebende Wirkung nach § 18 Abs 3 BFA-VG aberkannt worden und bezieht sich auf ein Aufenthaltsverbot außerhalb eines asylrechtlichen Kontextes.

Das BFA ging von einer Aufenthaltsehe aus. Demzufolge hat das BFA zu Recht geprüft, ob die Voraussetzungen für die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes nach § 67 Abs. 1 erster und zweiter Satz FPG vorlägen. Das ist nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (unter anderem) dann der Fall, wenn der Fremde - im Sinn des Tatbestands des § 53 Abs. 2 Z 8 FPG - eine Aufenthaltsehe geschlossen, also mit dem Ehegatten ein gemeinsames Familienleben iSd Art. 8 EMRK nicht geführt und sich trotzdem (u.a.) für den Erwerb eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts oder zur Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen auf diese Ehe berufen hat (vgl. das noch zur Rechtslage vor dem FrÄG 2011 ergangene Erkenntnis des VwGH vom 21.02.2013, Zl. 2011/23/0647, dessen Aussagen sich laut VwGH, 14.04.2016, Ro 2016/21/0005, Rz 7, zwanglos auf die aktuelle Rechtslage übertragen lassen).

Der BF ist den beweiswürdigenden Überlegungen des BFA im angefochtenen Bescheid betreffend das Vorliegen einer Aufenthaltsehe in der Beschwerde entgegengetreten.

Schon deshalb kann das Bundesverwaltungsgericht aber am Maßstab der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nicht von einem geklärten Sachverhalt iSd § 21 Abs. 7 BFA-VG (vgl. zu dieser Voraussetzung des Näheren VwGH, 22.01.2015, Ra 2014/21/0052, Punkt 4. der Entscheidungsgründe, in dem auf das grundlegende Erkenntnis vom 28.05.2014, Ra 2014/20/0017, 0018, und auf das Erkenntnis vom 16.10.2014, Ra 2014/21/0039, Bezug genommen wird) ausgehen und nicht von einer mündlichen Verhandlung absehen. Im Übrigen ist in diesem Zusammenhang auf die besondere Bedeutung der Verschaffung eines persönlichen Eindrucks bei der Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen hinzuweisen (siehe dazu etwa VwGH, 20.10.2016, Ra 2016/21/0289, Rz 12, mwN). Es ist daher die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung unter persönlicher Befragung des BF notwendig.

Über eine Beschwerde gegen die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung nach § 18 Abs 1 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht gemäß § 18 Abs 5 BFA-VG binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde förmlich (dh hier mit Erkenntnis; siehe VwGH 19.10.2017, Ra 2017/18/0278) zu entscheiden (VwGH 19.06.2017, Fr 2017/19/0023; 13.09.2016, Fr 2016/01/0014).

Die Entscheidung über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung ist nicht als Entscheidung in der Sache selbst zu werten und daher nicht geeignet, den Ausgang des Verfahrens vorwegzunehmen. Es ist in diesem Zusammenhang daher lediglich darauf abzustellen, ob es - im Sinne einer Grobprüfung - von vornherein ausgeschlossen erscheint, dass die Angaben als "vertretbare Behauptungen" zu qualifizieren sind, die in den Schutzbereich der hier relevanten Bestimmungen der EMRK reichen.

Daher war der gegenständlichen Beschwerde gemäß § 18 Abs 5 BFA-VG die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Gegenständlich konnte eine mündliche Verhandlung entfallen, da ein Verfahren nach § 18 BFA-VG vorliegt, welches das Bundesverwaltungsgericht verpflichtet, innert 7 Tagen über eine etwaige Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung zu entscheiden.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Die Entscheidung über Zuerkennung bzw. Aberkennung der aufschiebenden Wirkung ist das Ergebnis einer im Einzelfall vorzunehmenden Interessenabwägung. Wurde eine im Einzelfall vorzunehmende Interessenabwägung, wie sie das Bundesverwaltungsgericht durchgeführt hat, auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage und in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen, so ist eine solche einzelfallbezogene Beurteilung im Allgemeinen nicht revisibel (vgl VwGH 24.02. 2015, Ro 2014/05/0097; 13.12.2017, Ro 2017/19/0003).

Schlagworte

Aufenthaltsverbot, aufschiebende Wirkung,
Menschenrechtsverletzungen, real risk, reale Gefahr

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:I414.2221829.1.00

Zuletzt aktualisiert am

28.05.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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