TE Bvwg Beschluss 2019/10/2 W249 2223792-1

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Veröffentlicht am 02.10.2019
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Entscheidungsdatum

02.10.2019

Norm

ASVG §56
Auskunftspflichtgesetz §1 Abs1
B-VG Art. 133 Abs4
B-VG Art. 20 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

Spruch

W249 2223792-1/2E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch die Richterin Mag. Ingrid ZEHETNER als Einzelrichterin über das Auskunftsersuchen von XXXX vom XXXX :

A)

Das Auskunftsbegehren wird gemäß §§ 28 Abs. 1 und 31 VwGVG iVm § 1 Abs. 1 Auskunftspflichtgesetz wegen Unzuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes zurückgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang und Sachverhalt

Mit E-Mail vom XXXX begehrte XXXX (im Folgenden "Auskunftssuchende") auf Anraten des "österreichischen Konsumentschutzes" Auskunft vom Bundesverwaltungsgericht dazu, ob es eine Möglichkeit gebe, den Gebühren der Gebühren Info Service GmbH (im Folgenden "GIS") iHv €

XXXX für die Monate XXXX , die sie "nicht bereit zu zahlen" sei, weil sie "einen Vertrag unter Fehlinformation unterschrieben habe", zu entgehen.

Zusammengefasst sei der nunmehr gesetzten Einzahlfrist der GIS vorangegangen, dass Ende XXXX zwei Mitarbeiter der Behörde zur Haustüre der Auskunftssuchenden gekommen seien, sie diese jedoch nicht ihre Wohnung, in der es keine Radio- oder Fernsehempfangsgeräte gebe (was die Auskunftssuchende jedoch nicht mitgeteilt habe, weil sie nicht danach gefragt worden sei), gelassen habe. Die beiden Männer hätten sich erkundigt, ob die Auskunftssuchende Studentin sei und von ihren Eltern finanzielle Unterstützung erhalte - denn demnach sei diese von den Rundfunkgebühren befreit. Danach sei die Auskunftssuchende dennoch ersucht worden, sich schriftlich anzumelden, damit sie im System gespeichert sei und damit Angestellte der GIS nicht erneut vorbeikommen müssten. Im Glauben, GIS-Gebühren befreit zu seien, habe diese dann einen Vertrag am iPad unterschrieben.

Nach zwei Wochen sei ein Brief der GIS mit einer Meldebestätigung und einer leeren Einzugsermächtigung gekommen. In der Folge habe die Auskunftssuchende bei der Kundenhotline der GIS angerufen, um ihren Sachverhalt telefonisch zu klären und nachzufragen, warum sie überhaupt eine Gebühr bezahlen müsse. Der Herr am Telefon habe gemeint, dass sie nicht GIS-Gebühren befreit sei, da sie keine Studienbeihilfe beziehe, und dass nur allein Studentin zu sein, für eine Befreiung nicht ausreiche. Als die Auskunftssuchende bemerkt habe, dass sie aber eine andere Information erhalten habe, habe der Herr dann gemeint: "Unsere Mitarbeiter sind darauf geschult und dürfen Ihnen über so eine Information keine Auskunft geben!" Weiters solle die Auskunftssuchende einen Betrag iHv € XXXX überweisen, und die Sache wäre geklärt.

Nach weiteren Wochen sei ein zweiter Brief mit einem Erlagschein iHv € XXXX gekommen, woraufhin der Vater der Auskunftssuchenden eine E-Mail an die GIS geschrieben habe, die daraufhin den Abmeldeschein und eine Zahlungsaufforderung iHv € XXXX zugesendet habe.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen

Der maßgebliche Sachverhalt ergibt sich aus den unter Pkt. I. angeführten Ausführungen.

2. Beweiswürdigung

Diese Ausführungen gründen auf dem Schreiben der Auskunftssuchenden vom XXXX , das Teil des dem Bundesverwaltungsgericht vorliegenden Verfahrensaktes ist.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz (BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013, geregelt (§ 1 leg. cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes (AVG), BGBl. Nr. 51/1991, mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung (BAO), BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes (AgrVG), BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 (DVG), BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

Zu A) Zurückweisung des Auskunftsersuchens

3.2. Die GIS hat der Auskunftssuchenden zuletzt eine Zahlungsanweisung iHv € XXXX geschickt.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind Bescheide nach § 56 AVG individuelle, hoheitliche Erledigungen der Verwaltungsbehörde, durch die in bestimmten Verwaltungssachen in einer förmlichen Weise über Rechtsverhältnisse materiell-rechtlicher oder formell-rechtlicher Art abgesprochen wird, sei es, dass Rechtsverhältnisse festgestellt, sei es, dass sie gestaltet werden (VwGH 19.12.2013, 2013/03/0145). Die näheren Vorschriften, welche Bestandteile ein Bescheid einer Verwaltungsbehörde aufzuweisen hat, finden sich in §§ 58 ff AVG; darunter ist insbesondere auch das Erfordernis genannt, dass jeder Bescheid als solcher zu bezeichnen ist und eine Rechtsmittelbelehrung zu enthalten hat.

Eine förmliche, normative Erledigung einer Verwaltungsangelegenheit ist bei der genannten Zahlungsanweisung daher nicht gegeben. Mangels Bescheidcharakters liegt demnach kein tauglicher Anfechtungsgegenstand vor.

3.3. Die Zahlungsanweisung der GIS ist auch nicht als ein Akt unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt zu beurteilen.

Eine Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt liegt nämlich nur dann vor, wenn ein Verwaltungsorgan im Rahmen der Hoheitsverwaltung einseitig gegen einen individuell bestimmten Adressaten einen Befehl erteilt oder Zwang ausübt und damit unmittelbar - das heißt ohne vorangegangenen Bescheid - in subjektive Rechte des Betroffenen eingreift. Das ist im Allgemeinen dann der Fall, wenn physischer Zwang ausgeübt wird oder die unmittelbare Ausübung physischen Zwangs bei Nichtbefolgung eines Befehls droht. Es muss ein Verhalten vorliegen, das als Ausübung von "Zwangsgewalt", zumindest aber als - spezifisch verstandene - Ausübung von "Befehlsgewalt" gedeutet werden kann. Als unverzichtbares Merkmal eines Verwaltungsakts in der Form eines Befehls gilt, dass dem Befehlsadressaten eine bei Nichtbefolgung unverzüglich einsetzende physische Sanktion angedroht wird. Liegt kein ausdrücklicher Befolgungsanspruch vor, so kommt es darauf an, ob bei objektiver Betrachtungsweise aus dem Blickwinkel des Betroffenen bei Beurteilung des behördlichen Vorgehens in seiner Gesamtheit der Eindruck entstehen musste, dass bei Nichtbefolgung der behördlichen Anordnung mit ihrer unmittelbaren zwangsweisen Durchsetzung zu rechnen ist (VwGH 20.12.2016, Ra 2015/03/0048, mwN). Werden keine Zwangsmaßnahmen gesetzt oder angedroht oder müssen diese nicht zwangsläufig erwartet werden, was gegenständlich der Fall ist, liegt keine vor den Verwaltungsgerichten bekämpfbare Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt vor (VwGH 26.06.2018, Ra 2018/05/0184).

3.4. Vielmehr handelt es sich bei der Eingabe der Auskunftssuchenden vom XXXX um ein Auskunftsbegehren.

In diesem Kontext wird auf Art. 20 Abs. 4 B-VG verwiesen, der vorsieht, dass alle Bundes-, Landes- und Gemeindeverwaltungsorgane sowie Organe aller anderen öffentlich-rechtlichen Körperschaften verpflichtet sind, über alle Angelegenheiten ihres Wirkungsbereiches Auskunft zu erteilen. Zur Erlassung der einfachgesetzlichen Ausführungsvorschriften ist gemäß Art. 20 Abs. 4 zweiter Satz B-VG einerseits der Bund in Gesetzgebung und Vollziehung hinsichtlich der Bundesorgane zuständig und andererseits sind hinsichtlich der Organe der Länder und Gemeinden der Bund für die Grundsatzgesetzgebung und die Länder für die Ausführungsgesetze und die Vollziehung verantwortlich. Der Bundesgesetzgeber hat somit auf Grundlage dieser Verfassungsbestimmung das Auskunftspflichtgesetz und das Auskunftspflicht-Grundsatzgesetz erlassen, wobei die allgemeine Auskunftspflicht nur die Verwaltung betrifft. Hiervon sind sowohl die Hoheitsverwaltung als auch auf die Privatwirtschaftsverwaltung umfasst (Eberhard/Ranacher/Weinhandl/Wallnöfer, Rechtsprechungsbericht: Landesverwaltungsgerichte, Bundesverwaltungsgericht und Verwaltungsgerichtshof, ZfV 2016, Seite 375).

Mit dem Auskunftspflichtgesetz sollte die Auskunftspflichtregelung nach dem Muster des Bundesministeriumsgesetzes 1986 über den Kreis der Bundesministerien hinaus auf alle Organe der Verwaltung des Bundes ausgeweitet werden. In den Erläuterungen zum Besonderen Teil wird zu § 1 ausgeführt, dass die Auskunftspflicht "nunmehr alle Organe des Bundes und der bundesgesetzlich geregelten Selbstverwaltung erfassen" soll. "Sie gilt für die Hoheitsverwaltung - insbesondere auch für die Justizverwaltung im formellen Sinn - ebenso wie für die Privatwirtschaftsverwaltung" (s. Erläuterungen zur Regierungsvorlage, 41 der Beilagen XVII. GP).

§ 1 Abs. 1 Auskunftspflichtgesetz (Bundesgesetz vom 15. Mai 1987 über die Auskunftspflicht der Verwaltung des Bundes und eine Änderung des Bundesministeriengesetzes 1986, BGBl. Nr. 287/1987 idF BGBl. I Nr. 158/1998) sieht demnach vor, dass "die Organe des Bundes sowie die Organe der durch die Bundesgesetzgebung zu regelnden Selbstverwaltung über Angelegenheiten ihres Wirkungsbereiches Auskünfte zu erteilen [haben], soweit eine gesetzliche Verschwiegenheitspflicht dem nicht entgegensteht".

Aus diesen Ausführungen ergibt sich, dass sich der Anwendungsbereich des Auskunftspflichtgesetzes nicht auf die Gerichtsbarkeit, unter die auch das Bundesverwaltungsgericht fällt, erstreckt und war daher das verfahrensgegenständliche Begehren auf Auskunft aufgrund der Unzuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes gemäß §§ 28 Abs. 1 und 31 VwGVG iVm § 1 Abs. 1 Auskunftspflichtgesetz zurückzuweisen.

3.5. Abschließend wird darauf hingewiesen, dass für die Auskunftssuchende die Möglichkeit besteht, das Serviceangebot "Erste Anwaltliche Auskunft" der Rechtsanwaltskammern Österreichs für eine kostenlose Erstberatung in Anspruch zu nehmen (https://www.rechtsanwaelte.at/buergerservice/servicecorner/erste-anwaltliche-auskunft).

Zu B) Unzulässigkeit der Revision

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Trotz Fehlens einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum Anwendungsbereich des Auskunftspflichtgesetzes hinsichtlich der Verwaltungsgerichtsbarkeit liegt auch hier keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor, da die Rechtslage eindeutig ist (vgl. ständige Rechtsprechung, VwGH 28.05.2014, Ro 2014/07/0053, oder zuletzt VwGH 29.07.2015, Ra 2015/07/0095).

Schlagworte

Anfechtungsgegenstand, Auskunftsbegehren, Befehls- und Zwangsgewalt,
Bescheidcharakter, Gebührenpflicht, Gerichtsbarkeit,
Rundfunkgebührenbefreiung, Studienbeihilfe, Unzuständigkeit BVwG,
Zahlungsaufforderung, Zurückweisung, Zuständigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W249.2223792.1.00

Zuletzt aktualisiert am

28.05.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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