TE Lvwg Erkenntnis 2020/4/28 VGW-242/002/14989/2019/VOR

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Veröffentlicht am 28.04.2020
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Entscheidungsdatum

28.04.2020

Index

L92009 Sozialhilfe Grundsicherung Mindestsicherung Wien

Norm

WMG §12 Abs3 Z4
WMG §15 Abs2

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch den Richter Dr. Fegerl aus Anlass der Vorstellung des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 40, Fachgruppe Rechtliche Qualitätssicherung, vom 21.11.2019 gegen das Erkenntnis (der Rechtspflegerin) des Verwaltungsgerichtes Wien vom 5.11.2019, GZ: VGW 242/002/RP12/9936/2019-1, über die Beschwerde der Frau A. B. vom 10.7.2019 gegen den Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 40, Soziales, Sozial- u. Gesundheitsrecht, Sozialzentrum C., vom 27.6.2019, Zahl …, betreffend Wiener Mindestsicherungsgesetz (WMG), nach durchgeführter öffentlicher mündlicher Verhandlung am 7.1.2020 (Datum der mündlichen Verkündung des Erkenntnisses), zu Recht e r k a n n t :

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird der Beschwerde insofern stattgegeben, als die Leistung zur Deckung des Lebensunterhalts und der Grundbetrag zur Deckung des Wohnbedarfs für den Zeitraum

von 14.06.2019 bis 30.06.2019 € 169,93

von 01.07.2019 bis 31.07.2019 € 318,77

von 01.08.2019 bis 31.08.2019 € 299,88

von 01.09.2019 bis 30.09.2019 € 299,88

von 01.10.2019 bis 31.10.2019 € 318,77

von 01.11.2019 bis 30.11.2019 € 299,88

von 01.12.2019 bis 31.12.2019 € 318,77

von 01.01.2020 bis 31.01.2020 € 331,76

von 01.02.2020 bis 29.02.2020 € 331,76

von 01.03.2020 bis 31.03.2020 € 369,54

von 01.04.2020 bis 30.04.2020 € 331,76 und

von 01.05.2020 bis 31.05.2020 € 350,65

zu betragen hat.

Die Abweisung der Mietbeihilfe bleibt aufrecht.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 27.6.2019, Zahl …, wurde der Beschwerdeführerin (BF) auf Grund ihres Antrages vom 14.6.2019 eine Leistung zur Deckung des Lebensunterhalts und der Grundbetrag zur Deckung des Wohnbedarfs (DLU/GDW) laut Tabelle zuerkannt.

Die Zuerkennung einer Mietbeihilfe wurde abgewiesen.

Die zuerkannte Leistung betrage:

Zeitraum  I.) Spruchpunkt DLU/GDW

14.06.2019-30.06.2019    EUR 75,85

01.07.2019-31.07.2019    EUR 152,74

01.08.2019-31.08.2019    EUR 133,85

01.09.2019-30.09.2019    EUR 133,85

01.10.2019-31.10.2019    EUR 152,74

01.11.2019-30.11.2019    EUR 133,85

01.12.2019-31.12.2019    EUR 152,74

01.01.2020-31.01.2020    EUR 133,85

01.02.2020-29.02.2020    EUR 133,85

01.03.2020-31.03.2020    EUR 171,63

01.04.2020-30.04.2020    EUR 133,85

01.05.2020-31.05.2020    EUR 152,74

Begründend wurde u.a. ausgeführt, dass die Leistungen der Wiener Mindestsicherung unter Berücksichtigung der Einkommensverhältnisse zuerkannt wurden. Die Miete sei niedriger als der Grundbetrag zur Deckung des Wohnbedarfs und bestehe somit kein Anspruch auf Mietbeihilfe. Am 20.02.2018 habe die BF ihre Eigentumsanteile an der Liegenschaft D.-gasse, Wien, notariell beglaubigt an ihren Vater verschenkt. Gemäß den Bestimmungen des Wiener Mindestsicherungsgesetzes stelle die Schenkung der Eigentumsanteile eine selbstverursachte Mittellosigkeit dar, weshalb die Leistung auf Dauer von 14 Jahren und 4 Monaten durchgehend um 25 % zu kürzen sei. Der Mindeststandard zur Deckung des Lebensunterhalts sei daher für den Zeitraum von 01.06.2019 bis 30.09.2033 um 25 % zu kürzen.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, worin im Wesentlichen ausgeführt wird, dass der Vater der BF die Eigentumsrechte an der Wohnung zurückverlangt habe und es nicht richtig sei, dass sie (BF) diese „verschenkt“ habe. Die Schenkung sei keine „selbstverursachte Mittelosigkeit“ und werde beantragt, die Kürzung zurückzunehmen. Bei der Berechnung der Miete fehle der Anteil der Energiekosten und betrage die Gesamtmiete € 303,38. Es werde ersucht, auf dieser Grundlage die Berechnung zu korrigieren.

Mit Erkenntnis der Rechtspflegerin des Verwaltungsgerichts Wien vom 5.11.2019, GZ VGW-242/002/RP12/9936/2019-1, wurde der Beschwerde insofern stattgegeben, als die Leistung zur Deckung des Lebensunterhalts samt Grundbetrag zur Deckung des Wohnbedarfs ohne die 25%ige Kürzung zuerkannt wurde. Die Abweisung der Mietbeihilfe blieb unverändert.

1.2. Mit Schriftsatz vom 21.11.2019 erhob die belangte Behörde fristgerecht Vorstellung an den zuständigen Richter.

Am 7.1.2020 führte das Verwaltungsgericht Wien eine Verhandlung durch.

Die BF gab Folgendes an:

„Die Eigentumswohnung, in der ich seit mehr als 20 Jahren lebe, stammt aus dem Vermögen meines Vaters, der diese wiederum von seiner Mutter bekommen hatte. Mein Vater hatte diese ursprünglich meinem Bruder geschenkt, doch hatte ich dann dringenderen Bedarf und Interesse daran, sodass man sich in der Familie geeinigt hat, dass ich diese Wohnung geschenkt bekomme, das war glaublich im Jahr 2010. Mein Vater wollte sie dann im Jahr 2018 eigentumsmäßig zurückhaben, nachdem auch größere Investitionen notwendig waren, für die er aufkommen musste. Nach der Rückübergabe an meinen Vater habe ich mit ihm einen Mietvertrag abgeschlossen. Demnach bezahle ich nur die Betriebskosten, sodass sich an der finanziellen Belastung für mich nichts verändert hat. Die Rückschenkung der Wohnung an meinen Vater erfolgte im Februar 2018. Seit November 2017 war ich arbeitslos. Im April 2018 habe ich Mindestsicherung beantragt. Vom AMS habe ich EUR 19,88 täglich Arbeitslosengeld, später EUR 18,89 täglich Notstandshilfe bekommen.

Zunächst habe ich die Mindestsicherung ungekürzt unter Anrechnung der AMS-Leistung zuerkannt bekommen. Nach meinem letzten Antrag vom 14.06.2019 habe ich die Leistung zwar bis Mai 2020 zuerkannt bekommen, jedoch wurde eine 25 %-ige Kürzung wegen der Wohnungsschenkung an meinen Vater vorgenommen.“

Die Vertreterin der belangten Behörde verwies auf das Vorbringen in der Vorstellung vom 21.11.2019 und wies ergänzend darauf hin, dass die Absicht des Gesetzgebers bei der Bestimmung des § 15 Abs. 2 WMG jene gewesen sei, dass man zumindest die Leistung kürzen könne, wenn durch das Verschenken des Vermögens eine grundbücherliche Sicherstellung ausscheide.

Die Entscheidung wurde am 7.1.2020 verkündet. Die belangte Behörde stellte mit Schreiben vom 9.1.2020 fristgerecht einen Antrag auf (ungekürzte) schriftliche Ausfertigung des verkündeten Erkenntnisses.

2.0. Das Verwaltungsgericht hat erwogen:

2.1. Die maßgeblichen Bestimmungen des Wiener Mindestsicherungsgesetz – WMG lauten auszugsweise (eigene Hervorhebungen) wie folgt:

Leistungen der Wiener Mindestsicherung

§ 3.

Erfasste Bedarfsbereiche

(1) Die Wiener Mindestsicherung deckt den Mindeststandard in den Bedarfsbereichen Lebensunterhalt, Wohnen, Krankheit, Schwangerschaft und Entbindung ab.

(2) Der Lebensunterhalt umfasst den Bedarf an Nahrung, Bekleidung, Körperpflege, Hausrat, Heizung und Energie sowie andere persönliche Bedürfnisse, zu denen auch die soziale und kulturelle Teilhabe zählt.

(3) Der Wohnbedarf umfasst den für die Gewährleistung einer angemessenen Wohnsituation erforderlichen Aufwand an Miete, Abgaben und allgemeinen Betriebskosten.

§ 9.

Mietbeihilfe

(1) Ein über den Grundbetrag zur Deckung des Wohnbedarfs nach § 8 Abs. 1 hinausgehender Bedarf wird an die anspruchsberechtigten Personen als Bedarfsgemeinschaft in Form einer monatlichen Geldleistung (Mietbeihilfe) zuerkannt, wenn dieser nachweislich weder durch eigene Mittel noch durch Leistungen Dritter gedeckt werden kann. Die Mietbeihilfe gebührt ab dem auf die Antragstellung folgenden Monat.

(2) Die Mietbeihilfe ist, bei durch unbedenkliche Urkunden nachgewiesenen tatsächlich höheren Kosten der Abdeckung des Wohnbedarfs, bis zur Höhe der Bruttomiete zuzuerkennen und wird wie folgt berechnet:

1. Den Ausgangswert bilden die nach Abzug sonstiger Leistungen tatsächlich verbleibenden Wohnkosten bis zu den Mietbeihilfenobergrenzen nach Abs. 3.

2. Dieser Ausgangswert wird durch die Anzahl der in der Wohnung lebenden volljährigen Personen geteilt und mit der Anzahl der volljährigen Personen der Bedarfsgemeinschaft multipliziert.

3. Von dem für die Bedarfsgemeinschaft ermittelten Wert wird ein Betrag in folgender Höhe vom jeweiligen Mindeststandard nach § 8 Abs. 2 abgezogen:

a) für jede volljährige Hilfe suchende oder empfangende Person ein Betrag in der Höhe von 25 vH;

b) für jede Hilfe suchende oder empfangende Person, die am 1. Jänner 2014 das 50. Lebensjahr vollendet hat und für die Dauer von mindestens einem halben Jahr arbeitsunfähig ist, für jede Person, die das Regelpensionsalter nach dem ASVG erreicht hat und für jede volljährige auf Dauer arbeitsunfähige Person, wenn sie alleinstehend ist oder mit Personen, die diese Voraussetzungen nicht erfüllen, in der Bedarfsgemeinschaft lebt, ein Betrag in der Höhe von 13,5 vH;

c) für jede Hilfe suchende oder empfangende Person, die am 1. Jänner 2014 das 50. Lebensjahr vollendet hat und für die Dauer von mindestens einem halben Jahr arbeitsunfähig ist, für jede Person, die das Regelpensionsalter nach dem ASVG erreicht hat und für jede volljährige auf Dauer arbeitsunfähige Person, wenn bei mehr als einer Person der Bedarfsgemeinschaft diese Voraussetzungen vorliegen, ein Betrag von 9 vH.

(3) Die Mietbeihilfenobergrenzen werden pauschal nach Maßgabe der in der Wohnung lebenden Personen und der angemessenen Wohnkosten unter Berücksichtigung weiterer Beihilfen durch Verordnung der Landesregierung festgesetzt.

§ 10.

Anrechnung von Einkommen und sonstigen Ansprüchen

(1) Auf den Mindeststandard ist das Einkommen der Person, für die der jeweilige Mindeststandard gilt, anzurechnen. Bei der Berechnung der Mindestsicherung des Lebensunterhalts und Wohnbedarfs von mehreren Personen, die eine Bedarfsgemeinschaft bilden, erfolgt die Bemessung für die Bedarfsgemeinschaft. Dabei ist auf die Summe der heranzuziehenden Mindeststandards die Summe der Einkommen aller anspruchsberechtigten Personen der Bedarfsgemeinschaft anzurechnen, sofern nicht § 7 Abs. 3 anzuwenden ist. …

§ 12.

Anrechnung von Vermögen

(1) Auf die Summe der Mindeststandards ist das verwertbare Vermögen von anspruchsberechtigten Personen der Bedarfsgemeinschaft anzurechnen.

(2) Soweit keine Ausnahmeregelung nach Abs. 3 anzuwenden ist, gelten als verwertbar:

1. unbewegliches Vermögen;

2. Ersparnisse und sonstige Vermögenswerte.

(3) Als nicht verwertbar gelten:

1. Gegenstände, die zu einer Erwerbsausübung oder der Befriedigung angemessener kultureller Bedürfnisse der Hilfe suchenden Person dienen;

2. Gegenstände, die als angemessener Hausrat anzusehen sind;

3. Kraftfahrzeuge, die berufsbedingt oder auf Grund besonderer Umstände (insbesondere Behinderung, unzureichende Infrastruktur) erforderlich sind;

4. unbewegliches Vermögen, wenn dieses zur Deckung des angemessenen Wohnbedarfs der Bedarfsgemeinschaft dient;

5. verwertbares Vermögen nach Abs. 2 bis zu einem Freibetrag in Höhe des Fünffachen des Mindeststandards nach § 8 Abs. 2 Z 1 (Vermögensfreibetrag);

6. sonstige Vermögenswerte, solange Leistungen der Wiener Mindestsicherung nicht länger als für eine Dauer von sechs Monaten bezogen wurden. Dabei sind alle ununterbrochenen Bezugszeiträume im Ausmaß von mindestens zwei Monaten innerhalb von zwei Jahren vor der letzten Antragstellung zu berücksichtigen.

§ 15

Kürzung der Leistungen

(1) Wenn eine arbeitsfähige Hilfe suchende oder empfangende Person ihre Arbeitskraft nicht in zumutbarer Weise oder nicht so gut wie möglich einsetzt, sich der Arbeitsvermittlung nicht zur Verfügung stellt, vermittelte zumutbare Beschäftigung nicht annimmt, an Angeboten zur Feststellung von Kompetenzen und Eignungen, zur Steigerung der Arbeitsfähigkeit oder Vermittelbarkeit und zur Eingliederung in das Erwerbsleben nicht entsprechend mitwirkt oder ihren Pflichten nach § 6 Abs. 1 IntG nicht nachkommt, ist im Rahmen der Bemessung nur der auf diese Person entfallende Mindeststandard zur Deckung des Lebensunterhalts (ausgenommen Grundbetrag zur Deckung des Wohnbedarfes) stufenweise zunächst auf die Dauer eines Monats um 25 vH, bei einer weiteren Verweigerung für die Dauer von zwei Monaten um 50 vH und bei fortgesetzter beharrlicher Weigerung um 100 vH zu kürzen.

(2) Wenn eine Hilfe suchende oder empfangende Person ihre Mittellosigkeit während oder innerhalb der letzten drei Jahre vor der Hilfeleistung selbst verursacht hat, weil sie Vermögen verschenkt oder ein Erbe nicht angetreten hat, ist im Rahmen der Bemessung der auf sie entfallende Mindeststandard zur Deckung des Lebensunterhalts um 25 vH zu kürzen, bis die Summe der Kürzungen den Wert des verschenkten oder nicht erlangten Vermögens unter Berücksichtigung des Vermögensfreibetrages erreicht hat. Stichtag für die Berechnung der Frist ist der letzte Tag des Jahres vor dem Leistungen zur Mindestsicherung des Lebensunterhalts beantragt werden.

(3) Wenn eine Hilfe suchende oder empfangende Person der Aufforderung zur Teilnahme an einem Gespräch im Rahmen des Case Managements zur gesundheitlichen und beruflichen Rehabilitation sowie im Rahmen der Sozialarbeit und psychosozialen Beratung und Betreuung nicht nachkommt, ist nur der auf diese Person entfallende Mindeststandard zur Deckung des Lebensunterhalts (ausgenommen Grundbetrag zur Deckung des Wohnbedarfes) auf die Dauer eines Monats um 25 vH zu kürzen. Das Gesamtausmaß der Kürzungen darf jedoch das Ausmaß der nach § 15 Abs. 1 möglichen Kürzungen nicht übersteigen.

Die (für das Jahr 2019) maßgeblichen Bestimmungen der Verordnung der Wiener Landesregierung zum Wiener Mindestsicherungsgesetz (WMG-VO), LGBl. für Wien Nr. 05/2019 lauteten auszugsweise wie folgt:

§ 1.

Mindeststandards, Grundbeträge zur Deckung des Wohnbedarfs und Geringfügigkeitsgrenze

(1) Für volljährige Personen ab dem vollendeten 25. Lebensjahr, die in einer Bedarfsgemeinschaft gemäß § 7 Abs. 2 Z 1 WMG leben (Alleinstehende), beträgt der Mindeststandard EUR 885,47.

Dieser enthält folgenden Grundbetrag zur Deckung des Wohnbedarfs:

a) für volljährige Personen, soweit sie nicht unter lit. b fallen EUR 221,36;

b) für jede Hilfe suchende oder empfangende Person, die am 1. Jänner 2014 das 50. Lebensjahr vollendet hat und für die Dauer von mindestens einem halben Jahr arbeitsunfähig ist, für jede Person, die das Regelpensionsalter […] erreicht hat und für jede volljährige auf Dauer arbeitsunfähige Person, wenn sie alleinstehend ist oder mit Personen, die diese Voraussetzungen nicht erfüllen, in der Bedarfsgemeinschaft lebt EUR 119,54.

§ 2.

Mietbeihilfenobergrenzen

(1) Die Mietbeihilfenobergrenzen betragen:

1. bei 1 bis 2 Bewohnerinnen und Bewohnern  EUR 330,93;

2. bei 3 bis 4 Bewohnerinnen und Bewohnern  EUR 346,97;

3. bei 5 bis 6 Bewohnerinnen und Bewohnern  EUR 367,57;

4. ab 7 Bewohnerinnen oder Bewohnern   EUR 387,05.

(2) Die Mietbeihilfenobergrenzen beinhalten den jeweiligen Grundbetrag zur Deckung des Wohnbedarfs.

2.2. Im Erkenntnis der Rechtspflegerin vom 5.11.2019 wurde im Wesentlichen Folgendes ausgeführt:

„Aus dem vorliegenden Verwaltungsakt ergibt sich folgender als erwiesen festgestellter und unbestritten gebliebener Sachverhalt:

Die Beschwerdeführerin ist in der verfahrensgegenständlichen Wohnung in Wien, D.-gasse seit dem 28.01.1999 mit Hauptwohnsitz gemeldet. Seit 2010 war sie alleinige Besitzerin der Liegenschaftsanteile in Wien, D.-gasse und hat sie diese im Mai 2018 ihrem Vater geschenkt.

Laut vorliegendem Mietvertrag und einer Mietsbestätigung bezahlt sie für die Wohnung nunmehr monatlich € 220,38 direkt an die Hausverwaltung.

Die Beschwerdeführerin bezieht laufend Notstandshilfe in Höhe von tägl. € 18,89.

Dieser Sachverhalt ist wie folgt zu beurteilen:

Gemäß den Bestimmungen des § 15 Abs. 2 WMG ist bei selbst verursachter Mittellosigkeit innerhalb der letzten drei Jahre vor der Hilfestellung u.a. durch verschenktes Vermögen der Lebensunterhalt zur Deckung des Wohnbedarfs um 25 % zu kürzen, bis die Summe der Kürzungen den Wert des verschenkten Vermögens unter Berücksichtigung des Vermögensfreibetrages erreicht hat.

Es ist zutreffend, dass die Beschwerdeführerin im Jahr 2018 ihre Wohnung an ihren Vater zur Gänze verschenkt hat. Laut vorliegendem Schenkungsvertrag hätte diese zum Zeitpunkt der Schenkung laut Finanz-Online-Auskunft einen dreifachen Einheitswert von € 24.945,11 gehabt.

Allerdings ist im gegenständlichen Fall zu beachten, dass die Beschwerdeführerin sowohl zum Zeitpunkt der Schenkung an ihren Vater als auch davor und auch jetzt in der verfahrensgegenständlichen Wohnung in Wien, D.-gasse mit Hauptwohnsitz gemeldet ist und daher anzunehmen bleibt, dass ihr diese Wohnung zur Deckung ihres Wohnbedarfs dient. Durch diesen Umstand ist die Wohnung, selbst wenn diese noch im Besitz der Beschwerdeführerin wäre, nicht als verwertbares Vermögen gemäß § 12 Abs. 2 Z 2 WMG zu betrachten und kann in weiterer Folge eine Verschenkung dieses Vermögens auch keine selbst verursachte Mittellosigkeit verursachen.

Auch wenn im § 15 Abs. 2 WMG kein eindeutige Differenzierung zwischen verwertbaren und unverwertbaren Vermögen vorgenommen wurde, so sieht doch die darin enthaltene Kürzung der Leistung zur Deckung des Lebensunterhalts die Berücksichtigung des Vermögensfreibetrags vor und dieser wiederrum bezieht sich nur auf verwertbares Vermögen nach § 12 Abs. 2 WMG.

Die Kürzung der Leistung zur Deckung des Lebensunterhalts um 25 % war daher aus den obgenannten Gründen verfehlt und entsprechend zu beheben. Für die Berechnung ist der Mindeststandard in Höhe von € 885,47 heranzuziehen und das o.a. Einkommen anzurechnen. Zur Berechnung ist anzumerken, dass die Notstandshilfe des AMS im Nachhinein ausbezahlt wird und daher für das Folgemonat, also den Monat in welchem das Geld auch tatsächlich zur Verfügung steht, angerechnet wird.

Zur Abweisung der Mietbeihilfe wird ausgeführt, dass eine Mietbeihilfe ein über den Grundbetrag zur Deckung des Wohnbedarfs nach § 8 Abs. 1 hinausgehenden Bedarf abdecken soll. (vgl. § 9 WMG) Der Wohnbedarf umfasst den für die Gewährleistung einer angemessenen Wohnsituation erforderlichen Aufwand an Miete, Abgaben und allgemeinen Betriebskosten. Die Abdeckung des Bedarfs an Heizung und Energie ist allerdings im Lebensunterhalt enthalten. (vgl. § 3 WMG) Aus diesem Grund sind Energiekosten auch nicht zu Miete hinzuzurechnen bzw. bei der Berechnung zu berücksichtigen. Die Abweisung des Antrages auf Mietbeihilfe erfolgte daher zu Recht. Der enthaltene Grundbetrag zur Deckung des Wohnbedarfs deckt zur Gänze die Miete ab.“

2.3. Die zitierten, zutreffenden Ausführungen aus den Entscheidungsgründen der Rechtspflegerin sind zur Verdeutlichung der rechtlichen Subsumtion wie folgt zu ergänzen:

Die Eigentumswohnung, in der die BF lebt, stellt ein nicht verwertbares unbewegliches Vermögen (iSd § 12 Abs. 3 Z 4 WMG) dar. Durch die Rückschenkung der Wohnung an ihren Vater hat die BF nicht „ihre Mittellosigkeit“ iSd § 15 Abs. 2 WMG „selbst verursacht“, weil sie nur unverwertbares Vermögen verschenkt hat. Der gegenständliche Sachverhalt lässt sich nicht unter die Kürzungsbestimmung des § 15 Abs. 2 WMG subsumieren. Dass der belangten Behörde durch die Rückschenkung im Effekt bzw. Ergebnis die Möglichkeit der grundbücherlichen Sicherstellung entzogen wurde (vgl. zur Zuerkennung an die Eigentümerin des nicht verwertbaren Vermögens gegen Sicherstellung im Grundbuch: § 34 WMG), ist zwar bedauerlich, ändert jedoch nichts an dem eindeutigen Interpretationsergebnis betreffend § 15 Abs. 2 WMG. Der Gesetzgeber dieser Bestimmung hat dort (mit dem Erfordernis der Verursachung der Mittellosigkeit) eben gerade nicht zum Ausdruck gebracht, dass eine Kürzung auch im Falle des Verschenkens nicht verwertbaren und daher nicht anzurechnenden Vermögens Platz greifen sollte. Der Kürzungstatbestand ist also in der vorliegenden Konstellation eindeutig nicht erfüllt.

Im Übrigen kann auf die Begründung der Rechtspflegerentscheidung vom 5.11.2019 verwiesen werden.

Mietbeihilfe war nicht zuzuerkennen, weil die Wohnkosten ohne Energie- und Heizkosten unter dem Grundbetrag für den Wohnbedarf liegen (der im Mindeststandard enthalten ist). Auf den Mindeststandard waren die AMS-Bezüge (EUR 18,89 täglich) anzurechnen. Für die Zeiträume ab 1.1.2020 konnten bereits die neuersten Richtsätze (für das Jahr 2020) berücksichtigt werden.

Dieses Erkenntnis tritt an die Stelle der Rechtspflegerentscheidung vom 5.11.2019.

3. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch liegen sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor, zumal die primäre Frage der (Un-)Zulässigkeit der Kürzung aus dem Gesetz klar lösbar ist.

Schlagworte

Mindestsicherung; Mittellosigkeit; Verursachung; selbst verursachte Mittellosigkeit; Schenkung; verwertbares unbewegliches Vermögen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2020:VGW.242.002.14989.2019.VOR

Zuletzt aktualisiert am

27.05.2020
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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