TE Vwgh Erkenntnis 1998/3/26 97/11/0168

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Veröffentlicht am 26.03.1998
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Index

90/02 Kraftfahrgesetz;

Norm

KFG 1967 §75 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Bernard, Dr. Graf und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Lenhart, über die Beschwerde des G in W, vertreten durch Dr. Marco Iglitsch, Rechtsanwalt in Wien I, Ballgasse 6, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 2. Juli 1997, Zl. MA 65 - 8/262/97, betreffend Aufforderung gemäß § 75 Abs. 2 KFG 1967, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.890,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer gemäß § 75 Abs. 2 KFG 1967 aufgefordert, sich binnen zwei Wochen ab Zustellung des angefochtenen Bescheides einer amtsärztlichen Untersuchung zu unterziehen.

In der Begründung dieses Bescheides führte die belangte Behörde aus, aufgrund des durch die Verurteilung des Beschwerdeführers vom 29. November 1994 bewiesenen Drogenkonsums bestünden Bedenken gegen die körperliche Eignung des Beschwerdeführers infolge Drogenabhängigkeit. Aufgrund des unbestrittenen Drogenkonsums seien die Zweifel an seiner gesundheitlichen Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen begründet. Die angeordnete amtsärztliche Untersuchung diene der allfälligen Zerstreuung dieser Zweifel.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Antrag auf kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 75 Abs. 1 KFG 1967 ist unverzüglich ein Ermittlungsverfahren einzuleiten, wenn Bedenken bestehen, ob die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkerberechtigung noch gegeben sind.

Gemäß § 75 Abs. 2 leg. cit. ist vor der Entziehung der Lenkerberechtigung wegen mangelnder geistiger oder körperlicher Eignung ein neuerliches ärztliches Gutachten einzuholen. Leistet der Besitzer einer Lenkerberechtigung einem rechtskräftigen Bescheid mit der Aufforderung, sich ärztlich untersuchen zu lassen, keine Folge, so ist ihm nach § 75 Abs. 2 zweiter Satz leg. cit. die Lenkerberechtigung zu entziehen.

Voraussetzung für die Einleitung eines Entziehungsverfahrens im Sinne des § 75 KFG 1967 sind begründete Zweifel am aufrechten Vorliegen einer der Voraussetzungen für die Erteilung einer Lenkerberechtigung des Inhaltes, wie sie die betreffende Person innehat. Voraussetzung für die Erlassung eines Aufforderungsbescheides nach § 75 Abs. 2 leg. cit. sind demnach u.a. begründete Bedenken in der Richtung, daß der Inhaber die geistige oder körperliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen derjenigen Gruppen, die von seiner Lenkerberechtigung erfaßt werden, nicht mehr besitzt. In diesem Stadium des Verfahrens zur Entziehung der Lenkerberechtigung geht es noch nicht darum, konkrete Umstände zu ermitteln, aus denen bereits mit Sicherheit auf das Fehlen einer Erteilungsvoraussetzung geschlossen werden kann. Es müssen aber genügend begründete Bedenken in dieser Richtung bestehen, die die Prüfung des Vorliegens solcher Umstände unter der hiefür notwendigen Mitwirkung des Besitzers der Lenkerberechtigung geboten erscheinen lassen (siehe dazu das hg. Erkenntnis vom 21. Jänner 1997, Zl. 95/11/0270, mwN).

Die von der belangten Behörde geäußerten Bedenken hinsichtlich der körperlichen Eignung des Beschwerdeführers entbehren einer ausreichenden Begründung im dargelegten Sinn. Nach der Aktenlage konnte sich die belangte Behörde ausschließlich auf die Strafregisterauskunft vom 1. April 1997 stützen, nach deren Inhalt der Beschwerdeführer mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 29. November 1994 wegen des Verbrechens nach § 12 Abs. 1 und des Vergehens nach § 16 Abs. 1 Suchtgiftgesetz zu einer (unter Festsetzung einer Probezeit von drei Jahren) bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von zehn Monaten verurteilt wurde. Eine Ausfertigung dieses Urteiles oder der diesbezügliche Strafakt lagen der belangten Behörde nicht vor. Dem Akt sind keinerlei Anhaltspunkte dafür zu entnehmen, welche konkreten Tathandlungen der Verurteilung zugrunde lagen und aufgrund welcher Ermittlungsergebnisse die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid zu der Auffassung gelangt ist, es sei von erwiesenem Drogenkonsum auszugehen und es bestehe deshalb die Gefahr der mangelnden körperlichen Eignung infolge Drogenabhängigkeit. Die aus der Strafregisterauskunft sich ergebenden Urteilsdaten allein rechtfertigen jedenfalls noch nicht derartige Bedenken. Ergänzend sei in diesem Zusammenhang bemerkt, daß die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift nur von der "Vermutung" des Drogenkonsums auf Grund der rechtskräftigen Verurteilung gemäß § 16 Abs. 1 Suchtgiftgesetz ausgeht und von einer "möglicherweise" vorliegenden Suchtgiftabhängigkeit spricht.

Da somit der Sachverhalt in einem wesentlichen Punkt einer Ergänzung bedarf und Verfahrensvorschriften außer acht gelassen wurden, bei deren Einhaltung die belangte Behörde zu einem anderen Bescheid hätte kommen können, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil die Umsatzsteuer in dem (geltend gemachten und zuerkannten) Pauschalbetrag für Schriftsatzaufwand nach der genannten Verordnung bereits enthalten ist.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1997110168.X00

Im RIS seit

19.03.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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