TE Bvwg Erkenntnis 2019/10/21 W194 2182902-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 21.10.2019
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Entscheidungsdatum

21.10.2019

Norm

AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §54
AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §58
AsylG 2005 §8
BFA-VG §9 Abs3
B-VG Art. 133 Abs4

Spruch

W194 2182902-1/14E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Dr. Daniela SABETZER über die Beschwerde des XXXX , vertreten durch Rechtsanwältin Mag. Nadja LORENZ, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 05.12.2017, Zl. 1094526710 - 151755819, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Recht:

A)

I. Die Beschwerde gegen die Spruchpunkte I. und II. wird als unbegründet abgewiesen.

II. Die Beschwerde gegen Spruchpunkt III. wird als unbegründet abgewiesen.

III. Der Beschwerde gegen die Spruchpunkte IV., V. und VI. wird stattgegeben und in Abänderung des angefochtenen Bescheides festgestellt, dass eine Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig ist.

IV. Dem Beschwerdeführer wird der Aufenthaltstitel "Aufenthaltsberechtigung plus" erteilt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein afghanischer Staatsbürger, welcher der Volksgruppe der Usbeken angehört, reiste unrechtmäßig in das Bundesgebiet ein und stellte am 16.10.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz. Am 12.11.2015 erfolgte seine Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes.

2. Am 13.09.2017 wurde der Beschwerdeführer vor der belangten Behörde einvernommen. Er führte dabei an, dass sein Vater für eine Rebellengruppe gearbeitete habe und vom Rebellenführer umgebracht worden sei, als er dort aufhören wollte. Im Jahr 2006 habe derselbe Rebellenführer verlangt, dass sich der Beschwerdeführer seiner Gruppe anschließe. Der Beschwerdeführer sei daraufhin in den Iran geflohen. Als er 2015 in sein Heimatdorf zurückgekehrt sei, sei er vom Rebellenführer mit dem Umbringen bedroht worden. Der Beschwerdeführer habe daraufhin Afghanistan verlassen.

3. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 05.12.2017, welcher dem Beschwerdeführer am 12.12.2017 zugestellt wurde, wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers gemäß § 3 Abs. 1 sowie § 8 Abs. 1 AsylG 2005 ab (Spruchpunkte I. und II.), erteilte ihm keinen Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 (Spruchpunkt III.), erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG (Spruchpunkt IV.), stellte fest, dass seine Abschiebung nach Afghanistan gemäß § 52 Abs. 9 FPG zulässig sei (Spruchpunkt V.) und die Frist für seine freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt VI.).

Zur Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten führte die belangte Behörde aus, dass der maßgebliche den Fluchtgrund betreffende Sachverhalt nicht den Tatsachen entspreche. Dem Beschwerdeführer sei es daher nicht gelungen, asylrelevante Fluchtgründe glaubhaft zu machen. Zur Nichtzuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten wurde angeführt, dass eine Rückkehr in die Herkunftsprovinz des Beschwerdeführers aufgrund der dortigen volatilen Sicherheitslage nicht möglich sei. Dem Beschwerdeführer stehe mit Kabul jedoch eine innerstaatliche Fluchtalternative zur Verfügung. Zur Rückkehrentscheidung wurde festgehalten, dass nicht davon auszugehen sei, dass der Beschwerdeführer eine wesentliche integrative Bindung zu Österreich habe. Somit stehe seinen persönlichen Interessen an einem weiteren Aufenthalt in Österreich die daraus resultierende Gefährdung maßgeblicher öffentlicher Interessen (etwa die Illegale Einreise in das österreichische Bundesgebiet durch den Beschwerdeführer) gegenüber.

Des Weiteren wurde dem Beschwerdeführer mit Verfahrensanordnung ein Rechtsberater für das Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht zur Seite gestellt.

4. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer, vertreten durch seine Rechtsanwältin, am 08.01.2018 Beschwerde und begründete diese zusammengefasst damit, dass die Beweiswürdigung der belangten Behörde unschlüssig sei. Eine innerstaatliche Fluchtalternative bestehe für den Beschwerdeführer in Afghanistan nicht. In Österreich lege der Beschwerdeführer ein äußerst hohes soziales und kulturelles Engagement an den Tag und habe bereits zahlreiche soziale Kontakte geknüpft.

5. Die belangte Behörde übermittelte dem Bundesverwaltungsgericht mit hg. am 15.01.2018 eingelangter Beschwerdevorlage den verfahrensgegenständlichen Verwaltungsakt.

6. Mit Schreiben vom 02.10.2018 übermittelte das Bundesverwaltungsgericht den Parteien des Verfahrens die Ladungen zur Verhandlung sowie die im Beschwerdefall vorläufig als relevant erachteten Berichte zur Lage im Herkunftsstaat.

7. Am 07.12.2018 erstattete der Beschwerdeführer, vertreten durch seine Rechtsanwältin, eine Stellungnahme in Vorbereitung auf die Verhandlung insbesondere dahingehend, dass dem Beschwerdeführer in seinem Heimatland keine innerstaatliche Fluchtalternative zur Verfügung stehe.

8. Am 12.12.2018 führte das Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, an welcher der Beschwerdeführer und seine Rechtsanwältin teilnahmen und der eine Dolmetscherin für die Sprache Usbekisch beigezogen wurde. Ein Vertreter der belangten Behörde nahm ebenfalls an der Verhandlung teil.

Der Beschwerdeführer wurde in der Verhandlung zu seiner Person und seiner Herkunft, seinem bisherigen Leben, seinen Fluchtgründen und seinem Leben in Österreich befragt. Er legte weitere Unterlagen zu seiner Integration vor.

Zu den ausgesendeten und in der Verhandlung ergänzten Länderberichten wurde den Parteien eine Frist zur Stellungnahme gewährt.

9. Am 21.12.2018 übermittelte die belangte Behörde eine Stellungnahme zur innerstaatlichen Fluchtalternative, welche dem Beschwerdeführer zur Kenntnis gebracht wurde. Eine Stellungnahme dazu langte nicht ein.

10. Am 18.06.2019 legte der Beschwerdeführer weitere Unterlagen vor.

11. Mit Schreiben des Bundesverwaltungsgerichtes vom 02.09.2019 wurden den Parteien aktuelle Länderberichte übermittelt und dem Beschwerdeführer Gelegenheit gegeben, bekanntzugeben, ob sich seit der Verhandlung gravierende Veränderungen an seiner Gefährdungslage oder seiner persönlichen und privaten Situation in Österreich ergeben haben.

12. Am 17.09.2018 langte dazu eine Stellungnahme des Beschwerdeführers insbesondere zu seiner persönlichen Rückkehrsituation ein, welche der belangten Behörde zur Kenntnis gebracht wurde.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zum Beschwerdeführer:

1.1.1. Zu seiner Person:

Der Beschwerdeführer ist afghanischer Staatsangehöriger, Angehöriger der Volksgruppe der Usbeken und sunnitischer Moslem.

1.1.2. Zu seiner Familie:

Der Beschwerdeführer ist nicht verheiratet und hat keine Kinder.

Die Eltern des Beschwerdeführers, sein Onkel und seine Großmutter sind verstorben. Seine Mutter starb, als der Beschwerdeführer sechs Monate alt war; sein Vater als der Beschwerdeführer XXXX Jahre alt war. Als der Beschwerdeführer XXXX Jahre alt war, starb sein Onkel und ein Jahr später seine Großmutter.

1.1.3. Zur seinem Leben in Österreich:

Der Beschwerdeführer stellte am 16.10.2015 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz. Er hält sich seit der Antragstellung durchgehend in Österreich auf und ist hier strafgerichtlich unbescholten.

Der Beschwerdeführer hat in Österreich keine Familienangehörigen. Er lebte von Juni 2016 bis Februar 2019 gemeinsam mit einem weiteren Asylwerber in einem Privatquartier bei einer österreichischen Staatsbürgerin, welche als seine Vertrauensperson an der Verhandlung teilnahm. Der Beschwerdeführer wird von der Vertrauensperson als Familie wahrgenommen. Sie teilten - während sie zusammenwohnten - die Lebensmittel und die Tätigkeiten im Haushalt und unterstützten sich gegenseitig im Alltag. Der Beschwerdeführer half der Vertrauensperson nach zwei Operationen; die Vertrauensperson lernte mit dem Beschwerdeführer Deutsch.

Der Beschwerdeführer nimmt am sozialen und gesellschaftlichen Leben in Österreich aktiv und in umfangreicher Weise teil: Er ist seit dem Jahr 2016 in die lokale christliche Kirchengemeinde eingebunden, hilft dort bei Arbeiten (Renovierungen, Vorbereitung von Festen) und war Begleiter beim Sternsingen. Er arbeitet seit Februar 2018 freiwillig in einem Pensionisten-Wohnhaus und kocht seit Juni 2018 einmal im Monat - gemeinsam mit einer Gruppe der Kirchengemeinde - für obdachlose Menschen. Im Jahr 2017 nahm er am Projekt VinziChance teil und absolvierte einen Erste-Hilfe-Grundkurs. Der Beschwerdeführer ist Mitglied der Naturfreunde.

Der Beschwerdeführer spricht gut Deutsch. Am 21.03.2019 bestand der Beschwerdeführer die ÖSD Integrationsprüfung B1 bestehend aus Inhalten zur Sprachkompetenz (Niveau: B1) und zu Werte- und Orientierungswissen. Er plant, seinen Pflichtschulabschluss zu machen. In beruflicher Hinsicht beabsichtigt der Beschwerdeführer, als Koch oder Altenpfleger zu arbeiten.

Der Beschwerdeführer bezieht Grundversorgung.

1.1.4. Zur befürchteten Verfolgung in Afghanistan:

Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer in Afghanistan physischer oder psychischer Gewalt, Strafverfolgung oder anderen erheblichen Eingriffen durch staatliche Organe oder Private oder speziell Bedrohungen durch den Rebellenführer bzw. Warlord XXXX in seiner Heimatprovinz, sei es vor dem Hintergrund seiner ethnischen Zugehörigkeit, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Gesinnung, ausgesetzt gewesen ist.

Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer derartige Bedrohungen oder Bedrohungen durch die Taliban in seinem Heimatland zu erwarten hätte.

1.1.5. Zu seinen Rückkehrmöglichkeiten nach Afghanistan:

Der Beschwerdeführer wurde in der Provinz Takhar im Distrikt XXXX geboren und lebte bis zum Jahr 2006 - bis zum Alter von XXXX - mit seinem Onkel, seinem Cousin und seiner Großmutter in seinem Heimatdorf. Von 2006 bis 2015 lebte der Beschwerdeführer im Iran. Im Jahr 2015 kam er für ca. 1,5 Monate in sein Heimatdorf in Afghanistan zurück, lebte dort bei seinem Cousin und reiste im Sommer 2015 nach Europa.

Der Cousin des Beschwerdeführers lebte jedenfalls bis zur Ausreise des Beschwerdeführers nach Europa im Heimatdorf des Beschwerdeführers in Afghanistan. Seit seiner Ausreise aus Afghanistan hat der Beschwerdeführer keinen Kontakt mit ihm oder anderen Verwandten bzw. Bekannten.

Die Muttersprache des Beschwerdeführers ist Usbekisch. Er spricht auch Dari, aber nicht so gut wie Usbekisch. Lesen und schreiben kann er in keiner der beiden Sprachen, da er nie zur Schule ging. Er arbeitete in Afghanistan als Schafhirte und im Iran als Gärtner, auf Baustellen und als Schneider. Ab einem Alter von 13 Jahren trug der Beschwerdeführer zum Lebensunterhalt der Familie bei.

Der Beschwerdeführer ist zum Zeitpunkt dieser Entscheidung XXXX alt. Er ist gesund und arbeitsfähig.

Bei einer Rückkehr nach Afghanistan ist der Schutz des Beschwerdeführers gewährleistet, und es kann ihm ein Aufenthalt dort, insbesondere in den Städten Mazar-e Sharif oder Herat-Stadt, zugemutet werden. Es ist davon auszugehen, dass es dem Beschwerdeführer möglich ist, sich in einer der beiden Städte eine Existenzgrundlage aufzubauen, eine Unterkunft zu finden und sich selbst zu erhalten.

1.2. Zum Herkunftsstaat des Beschwerdeführers:

Im Verfahren wurden folgende Quellen zum Herkunftsstaat des Beschwerdeführers herangezogen:

* Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Afghanistan, Gesamtaktualisierung am 29.06.2018

* UNHCR-RICHTLINIEN zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfes afghanischer Asylsuchender vom 30.08.2018

* EASO Country Guidance: Afghanistan, Guidance note and common analysis, Juni 2019

* Sicherheitslage und sozioökonomische Lage in Herat und Masar-e Scharif, ACCORD, 27.06.2019

1.2.1. Die Provinzen Balkh und Herat:

1.2.1.1. Balkh (Provinzhauptstadt: Mazar-e Sharif; aus dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Afghanistan):

"Die Provinz Balkh liegt in Nordafghanistan; sie ist geostrategisch gesehen eine wichtige Provinz und bekannt als Zentrum für wirtschaftliche und politische Aktivitäten. [...]; die Provinzhauptstadt ist Mazar-e Sharif. Die Provinz grenzt im Norden an Tadschikistan und Usbekistan. [...] Balkh grenzt an drei zentralasiatische Staaten: Turkmenistan, Usbekistan und Tadschikistan (RFE/RL 9.2015). Die Bevölkerungszahl der Provinz wird auf 1.382.155 geschätzt (CSO 4.2017).

Die Hauptstadt Mazar-e Sharif liegt an der Autobahn zwischen Maimana [Anm.: Provinzhauptstadt Faryab] und Pul-e-Khumri [Anm.:

Provinzhauptstadt Baghlan]; sie ist gleichzeitig ein Wirtschafts- und Verkehrsknotenpunkt in Nordafghanistan. Die Region entwickelt sich wirtschaftlich gut. Es entstehen neue Arbeitsplätze, Firmen siedeln sich an und auch der Dienstleistungsbereich wächst. Die Infrastruktur ist jedoch noch unzureichend und behindert die weitere Entwicklung der Region. Viele der Straßen, vor allem in den gebirgigen Teilen des Landes, sind in schlechtem Zustand, schwer zu befahren und im Winter häufig unpassierbar (BFA Staatendokumentation 4.2018). In Mazar-e Sharif gibt es einen internationalen Flughafen [...]. Im Juni 2017 wurde ein großes nationales Projekt ins Leben gerufen, welches darauf abzielt, die Armut und Arbeitslosigkeit in der Provinz Balkh zu reduzieren (Pajhwok 7.6.2017).

Nach monatelangen Diskussionen hat Ende März 2018 der ehemalige Gouverneur der Provinz Balkh Atta Noor seinen Rücktritt akzeptiert und so ein Patt mit dem Präsidenten Ghani beendet. Er ernannte den Parlamentsabgeordneten Mohammad Ishaq Rahgozar als seinen Nachfolger zum Provinzgouverneur (RFE/RL 23.3.2018; vgl. Reuters 22.3.2018). Der neue Gouverneur versprach, die Korruption zu bekämpfen und die Sicherheit im Norden des Landes zu garantieren (Tolonews 24.3.2018).

Allgemeine Information zur Sicherheitslage

Die Provinz Balkh ist nach wie vor eine der stabilsten Provinzen Afghanistans (RFE/RL 23.3.2018), sie zählt zu den relativ ruhigen Provinzen in Nordafghanistan (Khaama Press 16.1.2018; vgl. Khaama Press 20.8.2017). Balkh hat im Vergleich zu anderen Regionen weniger Aktivitäten von Aufständischen zu verzeichnen (RFE/RL 23.3.2018; vgl. Khaama Press 16.1.2018). Manchmal kommt es zu Zusammenstößen zwischen Aufständischen und den afghanischen Sicherheitskräften (Tolonews 7.3.2018), oder auch zu Angriffen auf Einrichtungen der Sicherheitskräfte (BBC 22.4.2017; vgl. BBC 17.6.2017). In der Provinz befindet sich u.a. das von der deutschen Bundeswehr geführte Camp Marmal (TAAC-North: Train, Advise, Assist Command - North) (NATO 11.11.2016; vgl. iHLS 28.3.2018), sowie auch das Camp Shaheen (BBC 17.6.2017; vgl. Tolonews 22.4.2017).

Im Zeitraum 1.1.2017-30.4.2018 wurden in der Provinz 93 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert [...]. Im gesamten Jahr 2017 wurden 129 zivile Opfer (52 getötete Zivilisten und 77 Verletzte) registriert. Hauptursache waren IEDs, gefolgt von Bodenoffensiven und Blindgänger/Landminen. Dies bedeutet einen Rückgang von 68% im Gegensatz zum Vergleichsjahr 2016 (UNAMA 2.2018).

Militärische Operationen in Balkh

Die afghanischen Verteidigungs- und Sicherheitskräfte führen regelmäßig militärische Operationen durch, um regierungsfeindliche Aufständische zu verdrängen und sie davon abzuhalten, Fuß im Norden des Landes zu fassen (Khaama Press 16.1.2018). Diese militärischen Operationen werden in gewissen Gegenden der Provinz geführt (Tolonews 18.3.2018; vgl. PT.3.2018, Pajhwok 21.8.2017, Pajhwok 10.7.2017). Dabei werden Taliban getötet (Tolonews 18.3.2018; vgl. PT 6.3.2018, Pajhwok 10.7.2017) und manchmal auch ihre Anführer (Tolonews 18.3.2018; vgl. Tolonews 7.3.2018, PT 6.3.2018, Tolonews 22.4.2017). Zusammenstöße zwischen Aufständischen und Sicherheitskräften finden statt (Tolonews 7.3.2018).

Regierungsfeindliche Gruppierungen in Balkh

Regierungsfeindliche Gruppierungen versuchen ihren Aufstand in der Provinz Balkh voranzutreiben (Khaama Press 16.1.2018). Sowohl Aufständische der Taliban als auch Sympathisanten des IS versuchen in abgelegenen Distrikten der Provinz Fuß zu fassen (Khaama Press 20.8.2017). Im Zeitraum 1.1.2017 - 15.7.2017 wurden keine IS-bezogenen Vorfälle in der Provinz registriert. Im Zeitraum 16.7.2017 - 31.1.2018 wurden dennoch vom IS verursachten Vorfälle entlang der Grenze von Balkh zu Sar-e Pul registriert (ACLED 23.2.2018)."

1.2.1.2. Herat (Provinzhauptstadt: Herat-Stadt; aus dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Afghanistan):

"Herat ist eine der größten Provinzen Afghanistans und liegt im Westen des Landes. Herat grenzt im Norden an die Provinz Badghis und Turkmenistan, im Süden an die Provinz Farah, im Osten an die Provinz Ghor und im Westen an den Iran. [...] Provinzhauptstadt ist Herat-Stadt, welche sich im gleichnamigen Distrikt befindet und eine Einwohnerzahl von 506.900 hat (CP 21.9.2017). In der Provinz befinden sich zwei Flughäfen: ein internationaler in Herat-Stadt und ein militärischer in Shindand (vgl. Flughafenkarte der Staatendokumentation; Kapitel 3.35.). Die Bevölkerungszahl der Provinz wird auf 1.967.180 geschätzt (CSO 4.2017). In der Provinz leben Paschtunen, Tadschiken, Hazara, Turkmenen, Uzbeken und Aimaken (Pajhwok o.D.; vgl. NPS o.D.).

Herat ist eine relativ entwickelte Provinz im Westen des Landes. Das Harirud-Tal, eines der fruchtbarsten Täler des Landes, wo Baumwolle, Obst und Ölsaat angebaut werden, befindet sich in der Provinz (AJ 8.3.2012). Bekannt ist Herat auch wegen seiner Vorreiterrolle in der Safran-Produktion (AJ 8.3.2012; vgl. EN 9.11.2017). Es sollen Regierungsprogramme und ausländische Programme zur Unterstützung der Safran-Produktion implementiert werden. Safran soll eine Alternative zum Mohnanbau werden (Tolonews 10.11.2017; vgl. EN 9.11.2017). Anfang Jänner 2018 wurde ein Labor zur Kontrolle der Safran-Qualität in Herat errichtet (Pajhwok 13.1.2018). Die Safran-Produktion garantierte z.B. auch zahlreiche Arbeitsplätze für Frauen in der Provinz (Tolonews 10.11.2017; vgl. EN 9.11.2017). Auch in unsicheren Gegenden wird Safran angebaut. (Tolonews 10.11.2017). Insgesamt wurden 2017 in der Provinz min. 8 Tonnen Safran produziert; im Vorjahr 2016 waren es 6.5 Tonnen (Pajhwok 13.1.2018; vgl. EN 9.11.2017). Trotzdem stieg im Jahr 2017 in der Provinz die Opiumproduktion. In den Distrikten Shindand und Kushk, geprägt von schlechter Sicherheitslage, war der Mohnanbau am höchsten (UNODC 11.2017).

Im Dezember 2017 wurden verschiedene Abkommen mit Uzbekistan unterzeichnet. Eines davon betrifft den Bau einer 400 Km langen Eisenbahnstrecke von Mazar-e Sharif und Maymana nach Herat (UNGASC 27.2.2018; vgl. RFE/RL 6.12.2017).

Mitte März 2018 wurde der Bau der TAPI-Leitung in Afghanistan eingeweiht. Dabei handelt es sich um eine 1.800 Km lange Pipeline für Erdgas, die Turkmenistan, Afghanistan, Pakistan und Indien 30 Jahre lang mit 33 Billionen m³ turkmenischem Erdgas versorgen soll. Die geplante Leitung wird sich entlang der Herat-Kandahar-Autobahn erstrecken. Somit wird sie durch Gegenden, auf die die Taliban einen starken Einfluss haben, verlaufen. Jedoch erklärten die Taliban, TAPI sei ein "wichtiges Projekt" und sie würden es unterstützen (PPG 26.2.2018; vgl. RFE/RL 23.2.2018). Im Rahmen des TAPI-Projekts haben sich 70 Taliban bereit erklärt, an den Friedensprozessen teilzunehmen (Tolonews 4.3.2018). Um Sicherheit für die Umsetzung des TAPI-Projekts zu gewähren, sind tausende Sicherheitskräfte entsandt worden (Tolonews 14.3.2018).

Allgemeine Informationen zur Sicherheitslage

Herat wird als eine der relativ friedlichen Provinzen gewertet, dennoch sind Aufständische in einigen Distrikten der Provinz, wie Shindand, Kushk, Chisht-i-Sharif und Gulran, aktiv (AN 18.2.2018; vgl. UNODC 12.2017, Khaama Press 25.10.2017, AJ 25.6.2017). Des Weiteren wurde Ende Oktober 2017 verlautbart, dass die Provinz Herat zu den relativ ruhigen Provinzen im Westen des Landes zählt, wenngleich sich in den abgelegenen Distrikten die Situation in den letzten Jahren aufgrund der Taliban verschlechtert hat (Khaama Press 25.10.2017). Die Provinz ist u.a. ein Hauptkorridor für den Menschenschmuggel in den Iran bekannt - speziell von Kindern (Pajhwok 21.1.2017).

Mitte Februar 2018 wurde von der Entminungs-Organisation Halo Trust bekannt gegeben, dass nach zehn Jahren der Entminung 14 von 16 Distrikten der Provinz sicher seien. In diesen Gegenden bestünde keine Gefahr mehr, Landminen und anderen Blindgängern ausgesetzt zu sein, so der Pressesprecher des Provinz-Gouverneurs. Aufgrund der schlechten Sicherheitslage und der Präsenz von Aufständischen wurden die Distrikte Gulran und Shindand noch nicht von Minen geräumt. In der Provinz leben u.a. tausende afghanische Binnenflüchtlinge (AN 18.2.2018).

Im Zeitraum 1.1.2017-30.4.2018 wurden in der Provinz 139 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert [...]. Im gesamten Jahr 2017 wurden in der Provinz Herat 495 zivile Opfer (238 getötete Zivilisten und 257 Verletzte) registriert. Hauptursache waren IEDs, gefolgt von Selbstmordanschlägen/komplexen Attacken und gezielten Tötungen. Dies bedeutet eine Steigerung von 37% im Gegensatz zum Vergleichsjahr 2016 (UNAMA 2.2018).

Militärische Operationen in Herat

In der Provinz werden militärische Operationen durchgeführt, um einige Gegenden von Aufständischen zu befreien (Khaama Press 18.1.2017; Khaama Press 15.1.2017). Auch werden Luftangriffe verübt (D&S 25.10.2017; vgl. NYT 29.8.2017); dabei wurden Taliban getötet (D&S 25.10.2017; vgl. NYT 29.8.2017). Zusammenstöße zwischen Sicherheitskräften und Aufständischen finden statt (AJ 25.6.2017; vgl. AAN 11.1.2017). In Herat sind Truppen der italienischen Armee stationiert, die unter dem Train Advise Assist Command West (TAAC-W) afghanische Streitmächte im Osten Afghanistans unterstützen (MdD o. D.).

Regierungsfeindliche Gruppierungen in Herat

Herat wird als einer der relativ friedlichen Provinzen gewertet, dennoch sind Aufständische in einigen Distrikten der Provinz, wie Shindand, Kushk, Chisht-i-Sharif und Gulran, aktiv (AN 18.2.2018;

vgl. UNODC 12.2017, Khaama Press 25.10.2017, AJ 25.6.2017). Dem Iran wird von verschiedenen Quellen nachgesagt, afghanische Talibankämpfer auszubilden und zu finanzieren (RFE/RL 23.2.2018;

vgl. Gandhara 22.2.2018, IP 13.8.2017, NYT 5.8.2017). Regierungsfeindliche Aufständische griffen Mitte 2017 heilige Orte, wie schiitische Moscheen, in Hauptstädten wie Kabul und Herat, an (FAZ 1.8.2017; vgl. DW 1.8.2017). Dennoch erklärten Talibanaufständische ihre Bereitschaft, das TAPI-Projekt zu unterstützen und sich am Friedensprozess zu beteiligen (AF 14.3.2018; vgl. Tolonews 4.3.2018). Es kam zu internen Konflikten zwischen verfeindeten Taliban-Gruppierungen (D&S 25.10.2017; vgl. NYT 29.8.2017). Anhänger des IS haben sich in Herat zum ersten Mal für Angriffe verantwortlich erklärt, die außerhalb der Provinzen Nangarhar und Kabul verübt wurden (UNAMA 2.2018). ACLED registrierte für den Zeitraum 1.1.2017-15.7.2017 IS-bezogene Vorfälle (Gewalt gegen die Zivilbevölkerung) in der Provinz Herat (ACLED 23.2.2017)."

1.2.1.3. Erreichbarkeit (aus dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Afghanistan):

"Autobahnabschnitt Kandahar - Kabul - Herat

Die afghanische "Ring Road" verbindet große afghanische Städte wie Herat, Kandahar, Mazar-e Sharif und Kabul (TD 12.4.2018). Sie erstreckt sich südlich von Kabul und ist die Hauptverbindung zwischen der Hauptstadt und der großen südlichen Stadt Kandahar (Reuters 13.10.2015). Der Kandahar-Kabul Teil der Ring Road erstreckt sich vom östlichen und südöstlichen Teil Kandahars über die Provinz Zabul nach Ghazni in Richtung Kabul, während die Ring Road westlich von Kandahar nach Gereshk in Helmand und Delaram in Nimroz verläuft (ISW o.D.). Ein Teil der Ring Road verbindet die Provinz Kandahar mit Lashkargah, der Hauptstadt der Provinz Helmand (Xinhua 1.11.2015; vgl. UPI 1.11.2015).

Der Autobahnabschitt zwischen Kabul und Herat beträgt 1.400 km (IWPR 26.3.2018). Die an die Ring-Road anknüpfende 218 km lange Zaranj-Dilram-Autobahn (Provinz Nimroz, Anm.), auch "Route 606" genannt, soll zukünftig Afghanistan mit Chabahar im Iran verbinden (AD 15.8.2017; vgl. TET 9.8.2017, TD 24.5.2017).

Anrainer beschweren sich über den schlechten Zustand des Autobahnabschnitts Kandahar-Kabul-Herat (Tolonews 14.3.2018). Ursachen dafür sind die mangelnde Instandhaltung und ständige Angriffe durch Aufständische (IWPR 26.3.2018).

[...]

Aus Bequemlichkeit bevorzugen Reisende, die es sich leisten können, die Nutzung von Gemeinschaftstaxis nach Mazar-e Sharif, Kabul, Herat, Jalalabad und Bamiyan (vertrauliche Quelle 14.5.2018). Der folgenden Tabelle können die Preise für besagte Reiseziele entnommen werden:

[...]

Internationale Flughäfen in Afghanistan

In Afghanistan gibt es insgesamt vier internationale Flughäfen; alle vier werden für militärische und zivile Flugdienste genutzt (Migrationsverket 23.1.2018). Trotz jahrelanger Konflikte verzeichnet die afghanische Luftfahrtindustrie einen Anstieg in der Zahl ihrer wettbewerbsfähigen Flugrouten. Daraus folgt ein erleichterter Zugang zu Flügen für die afghanische Bevölkerung. Die heimischen Flugdienste sehen sich mit einer wachsenden Konkurrenz durch verschiedene Flugunternehmen konfrontiert. Flugrouten wie Kabul - Herat und Kabul - Kandahar, die früher ausschließlich von Ariana Afghan angeboten wurden, werden nun auch von internationalen Fluggesellschaften abgedeckt (AG 3.11.2017).

Internationaler Flughafen Kabul

Der Flughafen in Kabul ist ein internationaler Flughafen (Tolonews 18.12.2017; vgl. HKA o.D.). Ehemals bekannt als internationaler Flughafen Kabul, wurde er im Jahr 2014 in "Internationaler Flughafen Hamid Karzai" umbenannt. Er liegt 16 km außerhalb des Stadtzentrums von Kabul. In den letzten Jahren wurde der Flughafen erweitert und modernisiert. Ein neues internationales Terminal wurde hinzugefügt und das alte Terminal wird nun für nationale Flüge benutzt (HKA o. D.). Projekte zum Ausbau des Flughafens sollen gemäß der Afghanistan's Civil Aviation Authority (ACAA) im Jahr 2018 gestartet werden (Tolonews 18.12.2017).

Internationaler Flughafen Mazar-e Sharif

Im Jahr 2013 wurde der internationale Maulana Jalaluddin Balkhi Flughafen in Mazar-e Sharif, der Hauptstadt der Provinz Balkh, eröffnet (Pajhwok 9.6.2013). Nachdem der Flughafen Mazar-e Sharif derzeit die Anforderungen eines erhöhten Personen- und Frachtverkehrsaufkommens nicht erfüllt, ist es notwendig, den Flughafen nach internationalen Standards auszubauen, inklusive entsprechender Einrichtungen der Luftraumüberwachung und der Flugverkehrskontrolle. Die afghanische Regierung will dieses Projekt gemeinsam mit der deutschen Bundesregierung und finanzieller Unterstützung des ADFD (Abu Dhabi Fund for Development) angehen. Langfristig soll der Flughafen als internationaler Verkehrsknotenpunkt zwischen Europa und Asien die wirtschaftliche Entwicklung der Region entscheidend verbessern. Der im Juni 2017 eröffnete Flugkorridor zwischen Afghanistan und Indien beinhaltet derzeit nur Flüge von Kabul und Kandahar nach Indien; zukünftig sind Frachtflüge von Mazar-e Sharif nach Indien angedacht (BFA Staatendokumentation 4.2018).

Kam Air - eine private afghanische Fluglinie, führt seit kurzem auch internationale Flüge nach Delhi durch. Diese Flüge werden als nutzbringend für die afghanische Bevölkerung im Norden angesehen - sowohl wirtschaftlich als auch insbesondere für jene, die spezielle medizinische Behandlungen benötigen. Indien (Delhi) ist die fünfte internationale Destination, die vom Flughafen Mazar-e Sharif aus angeflogen wird. Die anderen sind Türkei, Iran, Vereinigte Arabische Emirate und Saudi-Arabien. Die Stadt Herat wird in Zukunft von Kam Air zweimal wöchentlich von Neu-Delhi aus angeflogen werden (BFA Staatendokumentation 4.2018).

[...]

Internationaler Flughafen Herat

Der internationale Flughafen Herat befindet sich 10 km von der Provinzhauptstadt Herat entfernt. Der Flughafen wird u.a. von den Sicherheitskräften der ISAF benutzt, die einen Stützpunkt neben dem Flughafen haben. 2011 wurde ein neues Terminal mit Finanzierung der italienischen Regierung errichtet (HIA o.D.). Seit 2012 gilt er als internationaler Flughafen (Telesur 13.7.2017; vgl. TN 15.7.2017, Pajhwok 13.2.2012, DW 10.4.2013), von wo aus Flüge in den Iran, nach Pakistan, Dubai oder Tadschikistan gehen (HIA o.D.)."

1.2.1.4. Zur Nahrungsmittelversorgung in Herat-Stadt und Mazar-e Sharif im Zeitraum Juni bis September 2019 (aus: Sicherheitslage und sozioökonomische Lage in Herat und Masar-e Scharif, ACCORD, 27.06.2019):

Den Karten zur Ernährungssicherheit für Afghanistan befindet sich die Stadt Herat in der zweithöchsten Stufe des von FEWS NET verwendeten Klassifizierungssystems. Masar-e Scharif befindet sich im selben Zeitraum in Phase 1 des Klassifizierungssystems. (FEWS NET, 25. Juli 2019 (http://fews.net/central-asia/afghanistan)). In Phase 1, auch "minimal" genannt, sind die Haushalte in der Lage, den Bedarf an lebensnotwendigen Nahrungsmitteln und Nicht-Nahrungsmitteln zu decken, ohne atypische und unhaltbare Strategien für den Zugang zu Nahrung und Einkommen zu verfolgen. In Phase 2, auch "Stressed" genannt, weisen Haushalte einen gerade noch angemessenen Lebensmittelverbrauch auf und sind nicht in der Lage, sich wesentliche, nicht nahrungsbezogene Güter zu leisten, ohne dabei irreversible Bewältigungsstrategien anzuwenden.

1.2.2. Die Provinz Takhar (aus dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Afghanistan):

"Takhar grenzt im Nordosten an die Provinz Badakhshan - Kunduz liegt im Westen, Baghlan im Süden und im Norden grenzt Takhar an Tadschikistan. Die Provinz hat folgende Distrikte: Warsaj, Farkhar, Khawaja Ghar, Khawajah Bahawodin/Khwaja Bahauddin, Baharak, Hazar Sumuch, Dashti Qala, Yangi Qala, Chahab, Rustaq, Bangi, Ishkamish, Kalafgan, Chal, Namakab und Darqad/Durqad; Taluqan ist die Hauptstadt (Pajhwok o.D.aa; vgl. UN OCHA 4.2014). Die Bevölkerungszahl der Provinz wird auf 1.017.575 geschätzt (CSO 4.2017).

Die Provinz Takhar ist für Landwirtschaft besonders geeignet (Pajhwok o.D.aa). Takhar zählt zu den für ihre Früchte berühmten Provinzen: Angebaut werden Granatäpfel und Birnen (UNDP 16.1.2017) sowie auch Zitronen (Pajhwok 19.1.2016).

Es existiert eine Autobahn, die Kunduz und Takhar verbindet (Pajhwok 21.2.2017; vgl. Tolonews 12.5.2017); ebenso gibt es einen Bus, der zwischen Takhar und Kabul verkehrt (Planet Biometrics 14.2.2017).

Die Provinz Takhar behält auch im Jahr 2017 den opiumfreien Status, den sie seit dem Jahr 2008 hat. Kleinere Mengen an Mohnanbau (unterhalb der Grenze von 100 Hektar) wurden beobachtet. Nichtsdestotrotz, wurden 15 Hektar an Mohnanbauflächen zerstört (UNODC 11.2017).

Allgemeine Information zur Sicherheitslage

Im Februar und März 2018 wurde verlautbart, dass Takhar zu den relativ volatilen Provinzen in Nordostafghanistan zählt, in der oft Aktivitäten von Aufständischen und Zusammenstöße zwischen afghanischen Sicherheitskräften und Rebellen registriert werden (Khaama Press 11.2.2018; vgl. Khaama Press 8.3.2018, Ansar 9.3.2018). Noch im Juni und Oktober 2017 zählte Takhar zu den relativ ruhigen Provinzen, in der, seit dem Fall des Talibanregimes, nur selten Aktivitäten von Aufständischen, registriert wurden. Dennoch haben aufständische Gruppierungen ihre Aktivitäten in der Provinz in den letzten Jahren erhöht. Auch grenzt die Provinz Takhar an gewisse unruhige Provinzen des nördlichen Afghanistan - Aufständische reisen über Takhar, um in andere Provinzen zu gelangen und dort aktiv zu werden (KhaamaPress 22.10.2017; vgl. Khaama 23.6.2017). Manchmal finden in der Provinz Angriffe auf afghanische Sicherheitskräfte statt (Pajhwok 9.3.2018; vgl. 25.4.2017).

Im Zeitraum 1.1.2017-30.4.2018 wurden in der Provinz 77 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert [...].

Im gesamten Jahr 2017 wurden 98 zivile Opfer (36 getötete Zivilisten und 62 Verletzte) registriert. Hauptursache waren Bodenoffensiven, gefolgt von Blindgängern/Landminen und Luftangriffen. Dies bedeutet einen Rückgang von 8% im Gegensatz zum Vergleichsjahr 2016 (UNAMA 2.2018).

Militärische Operationen in Takhar

Militärische Operationen werden in der Provinz durchgeführt (Khaama Press 11.2.2018; vgl. Pajhwok 10.2.2018, Xinhua 11.2.2018, Pajhwok 6.2.2018, Khaama Press 23.6.2017, ST 20.6.2017); manchmal werden hochrangige Anführer der Taliban getötet (Xinhua 11.2.2018; vgl. Khaama Press 23.6.2017, Khaama Press 22.4.2017); Aufständische werden getötet und festgenommen (Pajhwok 11.2.2018; ST 20.6.2017). Luftangriffe bei denen auch Taliban getötet werden, werden ebenso durchgeführt (MD 26.3.2018; vgl. RFE/RL 6.3.2018, Tolonews 11.2.2018). Zusammenstöße zwischen den Sicherheitskräften und Aufständischen finden in der Provinz statt (Xinhua 17.3.2018; vgl. SS 11.3.2018, Tolonews 9.3.2018).

Regierungsfeindliche Gruppierungen in Takhar

Aufständische der Taliban sind in gewissen Distrikten der Provinz aktiv (FNA 9.3.2018; vgl. Khaama Press 11.2.2018, Tolonews 20.3.2018). Die Taliban haben auf etwa 40 Hektar Land (100 Acker) im Distrikt Darqad eine Siedlung errichtet, die u. a. mit Wohnungen, Gesundheitszentren und Geschäften ausgestattet ist (Pajhwok 24.1.2018). Die Siedlung ist unter dem Namen "Omari Town" bekannt gewesen (1TV News 8.2.2018). Die Taliban verlautbarten, der Distrikt Darqad sei ihr Zentrum in der Gegend (SW 7.10.2017). Im Februar 2018 wurde bekannt gegeben, dass die Region wieder unter Kontrolle der afghanischen Sicherheitskräfte sei (FN 13.2.2018; vgl. 1TV News 8.2.2018). Eine weitere Siedlung der Taliban soll im Distrikt Khawajah Bahawodin errichtet werden (Pajhwok 8.10.2017; vgl. SW 7.10.2017).

Für den Zeitraum 1.1.2017 - 31.1.2018 wurden keine IS-bezogenen Vorfälle in der Provinz Takhar registriert (ACLED 23.2.2018)."

1.2.3. Zumutbarkeit einer internen Schutzalternative:

1.2.3.1. Aus den UNHCR-RICHTLINIEN zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfes afghanischer Asylsuchender:

"Vor diesem Hintergrund ist UNHCR der Auffassung, dass eine vorgeschlagene interne Schutzalternative nur dann zumutbar ist, wenn die Person Zugang zu (i) Unterkunft, (ii) grundlegender Versorgung wie sanitäre Infrastruktur, Gesundheitsversorgung und Bildung und (iii) Lebensgrundlagen hat oder über erwiesene und nachhaltige Unterstützung verfügt, die einen angemessenen Lebensstandard ermöglicht. UNHCR ist ferner der Auffassung, dass eine interne Schutzalternative nur dann als zumutbar angesehen werden kann, wenn die Person im voraussichtlichen Neuansiedlungsgebiet Zugang zu einem Unterstützungsnetzwerk durch Mitglieder ihrer (erweiterten) Familie oder durch Mitglieder ihrer größeren ethnischen Gemeinschaft hat und man sich vergewissert hat, dass diese willens und in der Lage sind, den Antragsteller tatsächlich zu unterstützen. Die einzige Ausnahme von diesem Erfordernis der externen Unterstützung stellen nach Auffassung von UNHCR alleinstehende, leistungsfähige Männer und verheiratete Paare im erwerbsfähigen Alter ohne die oben beschriebenen besonderen Gefährdungsfaktoren dar. Diese Personen können unter bestimmten Umständen ohne Unterstützung von Familie und Gemeinschaft in städtischen und halbstädtischen Gebieten leben, die die notwendige Infrastruktur sowie Lebensgrundlagen zur Sicherung der Grundversorgung bieten und die unter der tatsächlichen Kontrolle des Staates stehen."

1.2.3.2. Entnommen aus: EASO Country Guidance Afghanistan:

"Reasonableness to settle

[...]

Individual circumstances

In addition to the general situation in the area of potential IPA, the assessment whether it is reasonable for the applicant to settle in that part of the country should take into account the individual circumstances of the applicant, such as age, gender, ethnicity, religion, health condition, social and educational background, family and social ties, language, etc.

The individual considerations could relate to certain vulnerabilities of the applicant as well as to available coping mechanisms which would have an impact on his or her personal circumstances and determine to what extent it would be reasonable for the applicant to settle in a particular area.

Please note that this is a non-exhaustive list:

* Age [Key socio-economic indicators 2019, 7]: Young age as well as elderly age could significantly limit the applicant's access to means of subsistence such as through employment, making him or her dependent on other providers. Therefore, this element should be seen in conjunction with the available support by family or a broader support network. In case of children, the best interests of the child shall be a primary consideration, for example, with regard to access to basic education. Afghanistan's education system has been described as overwhelmed, particularly due to the increased displacement, with most schools overcrowded and insufficiently resourced. Factors such as residence, gender, disability status and poverty affect access to education. There have been limitations in the access to education for IDPs and undocumented refugee returnees. Education facilities are present in the cities.

* Gender [Key socio-economic indicators 2019, 2.3]: Women and girls in Afghanistan may be subjected to discriminatory restrictions and may need the support of a male family member or chaperone in order to access different services and to exercise certain rights. Therefore, the gender of the applicant should be taken into account when considering reasonableness in conjunction with their family status and available support.

* State of health (illness or disabilities) [Key socio-economic indicators 2019, 8]: Access to healthcare is strained in the three cities, making the health status of the applicant an important consideration when assessing the reasonableness of IPA for those who require medical treatment, also taking into account that their state of health may affect their ability to work and travel. For those with disabilities, access to basic subsistence such as through employment would be further limited.

* Ethnicity and linguistic background [Security situation 2019, 2.1.1, 2.5.1, 2.13.1]: While parts of Afghanistan are ethnically homogenous, different ethnicities are present in the cities of Kabul, Herat and Mazar-e Sharif. Kabul is a 'melting pot' for various ethnicities and linguistic groups, each of them settled in specific places. In Herat province. Pashtuns, Tajiks, Hazara, Turkmen, Uzbeks and Aimaqs are the main ethnic groups. Balkh is an ethnically diverse province. It is inhabited by Pashtun, Uzbek, Hazara, Tajik, Turkmen, Aimaq, Baloch, Arab, and Sunni Hazara (Kawshi) communities. In these cities, the knowledge of Dari or Pashtu is generally considered sufficient and the linguistic background of the applicant would not be a determinative factor.

* Religion [Society-based targeting, 2]: Being part of a religious minority (e.g. Sikhs, Hindu or other religions) should be taken into account for IPA in the three cities, as members of those religious minorities may face discrimination due to religious belief, making it difficult for them to access basic means of subsistence such as through employment.

* Documentation [Key socio-economic indicators 2019, 2.2]: The most important identification document in Afghanistan is called tazkera. A tazkera is formally required to access a range of public services, such as education, employment, healthcare, and official loans provided by a bank. It is also formally required for the issuance of housing, land and property certificates and title deeds.

* Local knowledge: Having lived in Afghanistan and/or being familiar with the societal norms is an important factor to take into account when assessing the reasonableness of IPA. Experience of having lived in an urban environment or, especially, in the respective city, could assist the applicant in settling there. Such experience may include, for example, having lived in the city for work or education, or having travelled to the city before.

* Professional and educational background and financial means: The background of the applicant, their level of education and available financial means can be taken into account when assessing the reasonableness of IPA and in particular the access of the applicant to means of basic subsistence.

* Support network [Networks]: A support network can be the family network, not restricted to the core family, but also including the extended family, and/or a social network, in particular: friends, employers, classmates, members of the same clan, especially when there is a certain point of contact, etc., taking into account their willingness and ability to assist the person in accessing basic subsistence. Special consideration should be given in the case of individuals who lived abroad for a long period of time and who have no relatives in the three cities, as they may often lack the necessary support network.

It should be noted that these factors would often intersect in the case of the particular applicant, leading to different conclusions on the reasonableness of IPA. In some cases, more than one element of vulnerability would confirm a conclusion that IPA is not reasonable for the particular applicant (e.g. unaccompanied child with no support network), while in other cases, they would balance each other (e.g. IPA may be reasonable for a married couple with available financial means or a support network in one of the cities).

[...]

Single able-bodied men

Although the situation related to settling in the cities of Kabul, Herat and Mazar-e Sharif entails certain hardships, IPA may be reasonable for single able-bodied men, taking into account their individual circumstances. The following can in particular be taken into account: age, gender, family status, state of health, professional and educational background and financial means, local knowledge, support network, etc.

*For applicants who were born and/or lived outside Afghanistan for a very long period of time see separate conclusion below.

[...]

Applicants who were born and/or lived outside Afghanistan for a very long period of time

Afghan nationals who resided outside of the country over a prolonged period of time may lack essential local knowledge necessary for accessing basic subsistence means and basic services. An existing support network could also provide the applicant with such local knowledge. The background of the applicant, including their educational and professional experience and connections, as well as previous experience of living on their own outside Afghanistan, could be relevant considerations.

For applicants who were born and/or lived outside Afghanistan for a very long period of time, IPA may not be reasonable if they do not have a support network which would assist them in accessing means of basic subsistence."

2. Beweiswürdigung:

2.1. Zu den zum Beschwerdeführer getroffenen Feststellungen:

2.1.1. Zu seiner Person:

Die Feststellungen zur Herkunft des Beschwerdeführers, seiner Religions- und Volksgruppenzugehörigkeit sind unstrittig und gründen sich auf die glaubhaften Aussagen des Beschwerdeführers im Verfahren. Es besteht kein Grund, an diesen Angaben zu zweifeln, weil diese im Laufe des gesamten Verfahrens gleichgeblieben sind und auch in der Verhandlung ruhig, spontan und ohne Zögern dargetan wurden.

2.1.2. Zu seiner Familie:

Die Feststellungen zum Familienstand des Beschwerdeführers sowie dahingehend, dass seine Eltern sowie sein Onkel und seine Großmutter, bei welchen der Beschwerdeführer aufgewachsen ist, verstorben sind, konnten aufgrund der nachvollziehbaren und in sich schlüssigen Schilderungen des Beschwerdeführers in der Verhandlung getroffen werden. Auch sind die Angaben des Beschwerdeführers dazu im gesamten Verfahren gleichgeblieben.

2.1.3. Zu seinem Leben in Österreich:

Dass der Beschwerdeführer am 16.10.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich stellte, ist dem entsprechenden Polizeibericht im Verwaltungsakt der belangten Behörde zu entnehmen. Im Verfahren haben sich keinerlei Anhaltspunkte ergeben, dass der Beschwerdeführer sich seit der Antragstellung nicht durchgehend in Österreich aufgehalten hätte. Die Feststellungen zu seiner strafrechtlichen Unbescholtenheit beruhen auf den vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten Auszügen des Strafregisters.

Dass der Beschwerdeführer in Österreich Familie oder Verwandte hätte, hat er im Verfahren nie vorgebracht oder angegeben (vgl. insbesondere Seite 18 der Niederschrift der Verhandlung). Die Feststellungen dahingehend, dass der Beschwerdeführer von Juni 2016 bis Februar 2019 in einem Privatquartier bei einer österreichischen Staatsbürgerin lebte, gründen sich ebenso wie die Feststellungen zum gemeinsamen Alltag des Beschwerdeführers mit dieser auf die lebhaften und schlüssigen Schilderungen des Beschwerdeführers in der Verhandlung (vgl. die Seiten 17f der Niederschrift), die dazu vorgelegten Fotos, die schriftliche Stellungnahme der Vertrauensperson, welche in der Verhandlung vorgelegt wurde, sowie auf einen vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten Auszug aus dem Zentralen Melderegister vom 14.10.2019. Diese Feststellungen decken sich auch mit den Wahrnehmungen des Bundesverwaltungsgerichtes in der Verhandlung.

Zahlreiche Unterlagen sowie Unterstützungserklärungen aus seinem Umfeld vermögen die umfangreiche und aktive Teilnahme des Beschwerdeführers am sozialen und gesellschaftlichen Leben in Österreich aufzuzeigen (vgl. insbesondere die in der Verhandlung vorgelegten Unterlagen des Beschwerdeführers). Hinzu treten die lebhaften Schilderungen des Beschwerdeführers in der Verhandlung über seine ehrenamtlichen Tätigkeiten, seine Mitgliedschaft bei den Naturfreunden, seine Einbindung in die christliche Kirchengemeinde und die Vorstellung der Personen, welche ihn in die Verhandlung begleiteten (vgl. die Seiten 17ff der Niederschrift in Verbindung mit den vorgelegten Fotos und Bestätigungen).

Die Feststellungen zu den Deutschkenntnissen des Beschwerdeführers gründen sich auf die Wahrnehmungen des Bundesverwaltungsgerichtes in der Verhandlung. Die Feststellungen zur absolvierten Integrationsprüfung beruhen auf dem vorgelegten Zeugnis des Beschwerdeführers. Die Feststellungen zu den weiteren Ausbildungsplänen und den Vorstellungen über seine berufliche Zukunft stützen sich auf die engagierten Angaben des Beschwerdeführers in der Verhandlung (vgl. Seite 19 der Niederschrift) in Verbindung mit den in der Verhandlung vorgelegten Schreiben des Pensionisten-Wohnhauses und eines Restaurants bezüglich einer Jobzusage als Küchenhilfe für den Fall einer Arbeitsbewilligung.

Dass der Beschwerdeführer Grundversorgung bezieht, bestätigt ein Auszug aus dem GVS sowie seine Aussage in der Verhandlung (Seite 18 der Verhandlung).

2.1.4. Zur befürchteten Verfolgung in Afghanistan:

2.1.4.1. Der Beschwerdeführer hat im Verfahren vorgebracht, dass der in seinem Heimatdistrikt operierende Rebellenführer XXXX den Beschwerdeführer im Jahr 2006 und im Jahr 2015 zwingen wollte, sich seiner Gruppe namens XXXX anzuschließen. Dem Beschwerdeführer sei es beide Male gelungen zu fliehen.

Der Beschwerdeführer führte dazu im Einzelnen an, dass sein Vater für diese Gruppe gearbeitet habe und - als er diese verlassen habe und nicht mehr zurückkommen wollte - vom Rebellenführer umgebracht worden sei. Der Beschwerdeführer sei zu diesem Zeitpunkt ca. XXXX Jahre alt gewesen und habe nicht mit seinem Vater zusammengelebt. Als der Beschwerdeführer XXXX Jahre alt gewesen sei, habe der Rebellenführer verlangt, dass der Beschwerdeführer sich seiner Gruppe anschließe. Der Beschwerdeführer sei daraufhin in den Iran geflohen. Als er 2015 in sein Heimatdorf zurückgekehrt sei, sei er vom Rebellenführer mit dem Umbringen bedroht worden, sollte er neuerlich fliehen. Der Beschwerdeführer habe daraufhin Afghanistan verlassen und sei nach Europa gekommen.

Die belangte Behörde hat dieses Vorbringen im angefochtenen Bescheid als nicht nachvollziehbar und widersprüchlich qualifiziert. In der Beschwerde wird darauf verwiesen, dass sich die belangte Behörde auf eine unschlüssige Beweiswürdigung gestützt habe.

Auch für das Bundesverwaltungsgericht hat sich das Vorbringen des Beschwerdeführers schon insoweit als unglaubwürdig erwiesen, als es wenig plausibel ist, dass es dem Beschwerdeführer nicht nur einmal, sondern zweimal gelingen konnte, dem Rebellenführer zu entkommen, zumal der Beschwerdeführer in der Verhandlung vorbrachte, sowohl im Jahr 2006 als auch im Jahr 2015 im Wesentlichen dasselbe Argument verwendet zu haben.

Bei seinem ersten Zusammentreffen mit dem Rebellenführer im Jahr 2006 gab der Beschwerdeführer an, mit den folgenden Worten entkommen zu sein: "Ich sagte auch, dass ich zuerst in mein Heimatdorf muss, um meine Sachen vorzubereiten" (vgl. Seite 12 der Niederschrift). Im Jahr 2015 habe er Folgendes gesagt: "Ich sagte ihm, wenn er mir noch eine Chance gibt, würde ich hierbleiben und nicht in den Iran gehen. Er sagte, wenn ich wieder [...] weggehe, dann würde er mich umbringen. Er sagte, ich müsse mit ihm arbeiten. Ich bat um eine Chance und, ich würde bei ihm bleiben, ich würde in mein Dorf gehen, meine Sachen holen und dort hingehen, wo er möchte" (vgl. Seite 13 der Niederschrift).

Für das Bundesverwaltungsgericht ist es nicht überzeugend, dass der Beschwerdeführer mit der Begründung, seine Sachen packen zu müssen, ein zweites Mal entkommen konnte. So erscheint es wenig wahrscheinlich, dass sich der Rebellenführer, der nach dem Vorbringen des Beschwerdeführers so großes Interesse gehabt habe, dass sich Beschwerdeführer der Gruppe anschließe, neun Jahre nach dem ersten Rekrutierungsversuch mit demselben Argument zufriedengibt und darauf vertraut, dass der Beschwerdeführer sich dieses Mal an sein Wort halten werde, ohne die Erklärung des Beschwerdeführers zB durch Bewachung oder Beobachtung sicherzustellen. Dahingehend befragt, wie es ihm gelungen sei, den Rebellenführer ein zweites Mal zu überzeugen, verwies der Beschwerdeführer lediglich darauf, dass er dem Rebellenführer gesagt habe, er gehe nie wieder in den Iran zurück, weil er dann ins Gefängnis kommen würde. Er wolle in seinem Heimatdorf leben und mit dem Rebellenführer arbeiten, weshalb dieser dem Beschwerdeführer vertraut habe (vgl. Seite 15 der Niederschrift). Selbst wenn man davon ausginge, dass die Rekrutierungsversuche tatsächlich stattgefunden hätten, vermag das Bundesverwaltungsgericht aus dem behaupteten Verhalten des Rebellenführers kein ernsthaftes Interesse am Beschwerdeführer bzw. an dessen Mitarbeit in der Gruppe abzuleiten.

Dazu kommt, dass der Beschwerdeführer nicht darzulegen vermochte, warum der Rebellenführer überhaupt Interesse am Beschwerdeführer haben sollte, wenn sein Vater die Gruppe verlassen habe und nicht mehr zurückkehren wollte. Das Bundesverwaltungsgericht vermag nicht zu erkennen, warum der Rebellenführer dem Beschwerdeführer vor dem Hintergrund des "Verrats" des Vaters vertrauen sollte, zumal der Beschwerdeführer selbst den Rebellenführer nach seinem Vorbringen im Jahr 2006 "betrogen" und nach dem ersten Rekrutierungsversuch - entgegen seinen Angaben gegenüber dem Rebellenführer - das Land verlassen habe. Hierbei überzeugt auch nicht, dass der Beschwerdeführer in der Verhandlung mehrmals anführte, dass in seinem Heimatdorf erzählt werde, dass der Rebellenführer seine "Feinde nahe bei sich haben" möchte (vgl. die Seiten 15f der Niederschrift), wenn andererseits in der Beschwerde ausgeführt wird, dass der Rebellenführer sich kaum vor Repressalien eines Einzelnen fürchten werde (vgl. Seite 3 der Beschwerde). Dafür, dass sich der Beschwerdeführer mit anderen Gegnern des Rebellenführers zusammengetan hätte (und dies dem Rebellenführer bekannt geworden sei), haben sich im Verfahren keinerlei Anhaltspunkte ergeben.

Bei alledem war auch zu berücksichtigen, dass die behaupteten Vorfälle um den Vater des Beschwerdeführers ca. im Jahr XXXX stattgefunden hätten und der erste Rekrutierungsversuch des Beschwerdeführers erst rund sieben Jahre später erfolgt sei. Nicht nachvollziehbar ist für das Bundesverwaltungsgericht auch, dass (auch wenn mütterlicherseits) der Cousin des Beschwerdeführers keine Probleme mit dem Rebellenführer gehabt haben dürfte, da er jedenfalls bis zur Ausreise des Beschwerdeführers nach Europa im Jahr 2015 durchgehend im Heimatdorf gelebt und der Beschwerdeführer keine Bedrohungen des Cousins in dieser Zeit geltend gemacht hat. Spätestens seit dem ersten Rekrutierungsversuch des Beschwerdeführers im Jahr 2006 hätte der Rebellenführer aber über die familiären Verhältnisse des Beschwerdeführers im Heimatdorf Bescheid wissen müssen.

All diese Elemente machen das Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers unglaubwürdig. Der Beschwerdeführer hat mit seinem Vorbringen keine schlüssige und nachvollziehbare Verfolgung dargetan, welche einer genaueren Prüfung standzuhalten vermochte. Dass der Beschwerdeführer in Afghanistan Bedrohungen durch den Rebellenführer ausgesetzt gewesen ist, ist aufgrund dieser Erwägungen nicht glaubwürdig. Hierbei muss darauf Bedacht genommen werden, dass der Beschwerdeführer in der Verhandlung angegeben hat, dass der Rebellenführer in seinem Heimatdistrikt operiere (vgl. Seite 11 der Niederschrift). Dass dieser in ganz Afghanistan eine Bedrohung für den Beschwerdeführer sei, kann auch deswegen nicht angenommen werden, als der Beschwerdeführer in der Verhandlung darauf verwiesen hat, dass er den Rebellenführer bei einer Rückkehr in seine Heimatprovinz fürchte (vgl. Seite 13 der Niederschrift).

2.1.4.2. In der Verhandlung äußerte der Beschwerdeführer die Befürchtung, bei einer Rückkehr nach Afghanistan von den Taliban umgebracht zu werden (vgl. Seite 13 der Niederschrift). Er erstattet dazu jedoch keinerlei konkretes, seine Person betreffendes Vorbringen. Schon aus diesem Grund vermochte er Bedrohungen durch die Taliban nicht glaubwürdig darzulegen. Auch unter Bedachtnahme auf die Lände

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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