TE Bvwg Erkenntnis 2019/9/2 W222 2197260-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 02.09.2019
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Entscheidungsdatum

02.09.2019

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
AVG §69 Abs1 Z2
B-VG Art. 133 Abs4

Spruch

W222 2197260-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Obregon über die Beschwerde von XXXX , geb. am XXXX , StA. Nepal, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX , ZI. XXXX , zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 69 Abs. 1 Z 2 AVG als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

Der Beschwerdeführer, ein männlicher Staatsangehöriger aus Nepal, stellte am XXXX .2011 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.

Dazu wurde er am XXXX .2011 durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes erstbefragt und am XXXX .2011 niederschriftlich vor dem Bundesasylamt einvernommen.

Nachdem dem Beschwerdeführer mit Schreiben vom XXXX .2012 die Möglichkeit gegeben wurde, allfällige Beweismittel einzubringen, legte er am XXXX .2012 und am XXXX .2012 ein handschriftlich von ihm verfasstes Schreiben, ein Unterstützungsschreiben und zwei Bestätigungen der XXXX Partei (vom XXXX .2011 und vom XXXX .2012) vor.

Am XXXX .2013 wurde der Beschwerdeführer ein zweites Mal niederschriftlich vor dem Bundesasylamt einvernommen.

Nachdem mit Schreiben vom XXXX .2014 und vom XXXX .2015 Stellungnahmen zu den Länderinformationen abgegeben und unter anderem eine Kopie eines Mitgliedsausweises und (erneut) die oben genannten Schreiben der XXXX Partei vom XXXX .2011 und vom XXXX .2012 in Vorlage gebracht worden waren, wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl mit Bescheid vom XXXX .2015, Zl. XXXX , den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm

§ 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm

§ 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 hinsichtlich der Zuerkennung des Status

des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Nepal (Spruchpunkt II.) ab. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde gemäß §§ 55 und 57 AsylG 2005 nicht erteilt und gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen, gemäß § 52 Abs. 9 FPG unter einem festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Nepal gemäß § 46 FPG zulässig ist, und gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG ausgesprochen, dass die Frist für die freiwillige Ausreise des Beschwerdeführers vierzehn Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt III.).

Begründend wurde zu Spruchpunkt I. ausgeführt, es könne nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer im Visier der Maoisten gestanden und Morddrohungen durch diese ausgesetzt gewesen sei, weil die von ihm angegebenen Gründe für das Verlassen des Heimatlandes nicht glaubwürdig seien. Zu den vom Beschwerdeführer vorgelegten Beweismittel hielt das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl fest: "Den Ihrerseits in weiterer Folge vorgelegten Beweismitteln ist behördlicherseits jedoch nichts für die Glaubwürdigkeit der vorgebrachten Fluchtgründe zu gewinnen. Befragt, wie Sie in den Besitz dieser Parteischreiben gelangten, erwiderten Sie am XXXX .2013, nach Erhalt des behördlichen Schreibens vom XXXX 2012 Ihren Bruder telefonisch benachrichtigt zu haben, im Anschluss daran auch Ihre Parteifreunde in der Parteizentrale. Ihr Bruder hätte Ihnen diese Beweismittel dann übermittelt. Die Frage, ob diese Schreiben seitens der Partei erst aufgrund der Vorsprache Ihres Bruders dort ausgestellt worden seien, bejahten Sie ausdrücklich. Auffällig ist auch, dass diese beiden Parteischreiben aber als Ausstellungsdatum den XXXX .2011 bzw. XXXX .2012 aufweisen. Hinzu kommt, dass aus einer der beiden Bestätigungen hervor geht, Sie wären seit XXXX .2011 als aktives Parteimitglied eingetragen. Entgegenzuhalten ist Ihnen, dass Sie am XXXX .2011 aber bereits drei Monate in Österreich aufhältig waren. Dieser Zeitpunkt korreliert auch in keinster Weise mit dem Ihrerseits behaupteten und viele Jahre zurückliegenden Parteieintritt. Auch die Parteibestätigung, wonach man Sie im Jahr 2066 (Zeitraum XXXX 2009 bis XXXX 2010) ins Ausland beordert hätte, weil Ihr Leben im Heimatland anderenfalls in Gefahr gewesen wäre, deckt sich nicht mit Ihren niederschriftlichen Angaben vor der Asylbehörde. Eine der Bestätigungen enthält lediglich einen kurzen Hinweis darauf, wonach Sie mit dem Umbringen bedroht worden seien. Mit keinem Wort jedoch wurde näher darauf eingegangen bzw. angegeben, wer, wann, was und wie gemacht hätte. Seitens der Asylbehörde ist demnach in einer Gesamtschau davon auszugehen, dass diese Beweismittel nicht rechtmäßig zustande gekommen sind." Zu Spruchpunkt II. wurde erwogen, dass der Beschwerdeführer in Nepal eine ausreichende Lebensgrundlage haben würde, zumal er jahrelang als Teppichknüpfer beschäftigt gewesen sei und über weitreichende familiäre Anknüpfungspunkte verfüge. Zu Spruchpunkt III. führte die Verwaltungsbehörde aus, es bestünden keine Hinweise auf ein schützenswertes Familienleben und der Eingriff in das Recht auf Privatleben sei verhältnismäßig.

Am XXXX .2018 langte ein Antrag auf Wiederaufnahme datiert mit XXXX .2018 beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ein, der darauf gestützt wurde, dass dem Bruder des Beschwerdeführers am XXXX .2018 ein Schreiben des Parteivorsitzenden ausgestellt worden sei, worin die "aktive Mitgliedschaft" des Beschwerdeführers seit dem " XXXX .2011", seine aktive Rolle für die Partei in der ersten Wahl der verfassungsgebenden Versammlung und die Bedrohung durch die Maoisten mit dem Tod bestätigt werde. Zudem werde bescheinigt, dass die Gegner immer noch nach dem Beschwerdeführer fragen würden und es für ihn in Nepal noch immer keine Sicherheit gebe. Da die Verwaltungsbehörde aufgrund dieses Schreibens in den Stand gesetzt werde, im Herkunftsland Erhebungen zu den Verfolgungsgründen des Beschwerdeführers durchzuführen, könne mit einiger Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass das Bundesamt zu einer für ihn günstigeren Entscheidung gelangen hätte können.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom XXXX wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag des Beschwerdeführers auf Wiederaufnahme des Verfahrens vom XXXX .2018 gemäß § 69 Abs. 1 Z 2 AVG ab und begründete die Entscheidung damit, dass der Beschwerdeführer bereits in seinem Asylverfahren zwei Schreiben der XXXX Partei vom XXXX .2011 und vom XXXX .2012 in Vorlage gebracht habe, worin seine aktive Mitgliedschaft in der Partei bestätigt worden sei. Diese Schreiben seien bereits im Bescheid vom XXXX .2015 entsprechend gewürdigt worden. Daraus resultierend sei festzustellen gewesen, dass es sich bei dem in Vorlage gebrachten Beweismittel um kein neu hervorgekommenes Beweismittel handle, dass allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahren einen im Hauptinhalt des Spruchs anderslautenden Bescheid herbeigeführt hätte.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer rechtzeitig Beschwerde, worin im Wesentlichen das bisherige Vorbringen wiederholt und geltend gemacht wurde, dass die Behörde ein Ermittlungsverfahren in Bezug auf das vorgelegte Beweismittel unterlassen habe und zudem ein wesentlicher Begründungsmangel vorliege, weil die Begründung im angefochtenen Bescheid die Frage der Echt- und Richtigkeit sowie der Relevanz des in Vorlage gebrachten Beweismittels unbeantwortet lasse. Zudem sei zum Zeitpunkt der Zustellung des das Asylverfahren beendenden Bescheides keine Abgabestelle an der aus dem Zentralen Melderegister hervorgehenden Adresse vorgelegen, zumal der Beschwerdeführer dort tatsächlich nie Unterkunft bezogen habe. Zum Beweis dafür werde eine Bestätigung vom XXXX .2018 vorgelegt.

Mit Schreiben vom XXXX .2019 wurde der Beschwerdeführer im Wesentlichen aufgefordert, weitere Unterlagen zum Beweis dafür, dass er an der im Zentralen Melderegister aufscheinenden Adresse nie gewohnt habe, in Vorlage zu bringen.

Daraufhin langte am XXXX 2019 eine Stellungnahme des Beschwerdeführers ein, worin im Wesentlichen geltend gemacht wurde, dass der Rückschein nur teilweise erhalten sei und sich die Postleitzahlen der Adresse und der Zustellbasis unterscheiden würden, weshalb keine unbedenkliche Urkunde und sohin auch kein Zustellnachweis vorliege, für den die Vermutung der Richtigkeit und der Vollständigkeit sprechen würde. Zum Beweis dafür, dass der Beschwerdeführer tatsächlich nie an der Adresse gewohnt habe, werde ein Schreiben der Hausverwaltung vom XXXX .2019 vorgelegt. Die Vorlage einer Bestätigung des damaligen Mieters der Wohnung sei nicht möglich, weil seit rund drei Jahren kein Kontakt mehr bestehe und der derzeitige Aufenthaltsort nicht bekannt sei.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der oben dargestellte Verfahrensgang wird als entscheidungsrelevanter Sachverhalt zugrunde gelegt. Insbesondere bzw. darüber hinaus wird Folgendes festgestellt:

Nach einem Zustellversuch am 17.03.2015 an der Adresse XXXX Wien, legte der Zusteller eine Verständigung über die Hinterlegung in der Abgabeeinrichtung ein und hinterlegte das Schriftstück in der Postfiliale XXXX . Die Postsendung wurde während der Abholfrist beginnend mit 18.03.2015 nicht behoben und an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl retourniert, wo sie am 09.04.2015 einlangte. Der Beschwerdeführer war vom 20.02.2015 bis zum 28.04.2015 an der Adresse XXXX Wien im Zentralen Melderegister gemeldet. Nicht festgestellt werden kann, dass der Beschwerdeführer ortsabwesend war und die Wohnung dort niemals bezogen hat.

2. Beweiswürdigung:

Der Verfahrensgang und die Feststellungen zum Ablauf des Verfahrens ergeben sich aus dem Inhalt der Verwaltungs- und Gerichtsakten.

Die Feststellungen zum Zustellvorgang ergeben sich aus den Angaben auf dem im Verwaltungsakt einliegenden Rückschein. Eingangs ist anzumerken, dass der Rückschein zwar insofern einen äußeren Mangel aufweist, als der linkere äußere Rand nicht mehr erhalten ist, jedoch sind - jedenfalls nach einem Vergleich mit dem Vordruck von Rsa-Rückscheinen - alle wesentlichen Angaben erkennbar, weshalb der vorliegende Sachverhalt auch nicht vergleichbar ist mit jenen Fällen eines unvollständigen Rückscheins, die den Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes vom 24.02.2009, Zl. 2008/06/0233, und vom 02.10.2000, Zl. 98/19/0198, zugrunde lagen. Mag auch der Teil mit dem Kästchen für die Markierung, dass die Verständigung über die Hinterlegung in die Abgabeeinrichtung eingelegt wurde, nicht mehr erhalten sein, so hat der Zusteller doch klar durch Umrahmung des entsprechenden Textzuges ersichtlich gemacht, dass der Schriftzug "in Abgabeeinrichtung abgelegt" markiert wurde, was in der Stellungnahme vom 13.02.2019 auch angedeutet wurde ("möglicherweise auf andere Art markiert"). Auch aus der in der Stellungnahme zitierten Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 11.09.1984, Zl. 83/07/0323, lässt sich nichts Gegenteiliges entnehmen, zumal dem dortigen Fall ein Durchkreuzen des Namens und der Anschrift des Empfängers zugrunde lag und dem äußeren Anschein nach Unklarheiten bestanden, was vorliegend gerade nicht der Fall ist. Angesichts dieser Erwägungen ist davon auszugehen, dass ein unbedenklicher Zustellnachweis vorliegt, der als öffentliche Urkunde die Vermutung der Echtheit und der inhaltlichen Richtigkeit des bezeugten Vorgangs begründet (vgl. VwGH 30.01.2014, 2012/03/0018). Der Beweis, dass eine Zustellung vorschriftsmäßig erfolgt ist, wird durch den eine öffentliche Urkunde darstellenden Zustellnachweis (Rückschein) erbracht, gegen den jedoch gemäß § 292 Abs. 2 ZPO iVm § 24 VStG und § 47 AVG der Gegenbeweis zulässig ist. Behauptet jemand, es liege ein Zustellmangel vor, so hat er diese Behauptung entsprechend zu begründen und Beweise dafür anzuführen, welche die vom Gesetz aufgestellte Vermutung zu widerlegen geeignet sind (vgl. VwGH 27.04.2011, 2011/08/0019).

Insofern in der Stellungnahme vom XXXX .2019 moniert wird, dass fraglich sei, ob die Hinterlegung nicht bei einer unzuständigen Geschäftsstelle erfolgt ist, ist zu entgegnen, dass das Schriftstück laut Rückschein bei der Postfiliale XXXX hinterlegt wurde, welche in unmittelbarer Nähe zur XXXX Wien liegt, sodass keine Hinweise bestehen, dass das Schriftstück nicht beim "zuständigen Postamt" hinterlegt wurde.

Zum Vorbringen, dass der Beschwerdeführer nie an der im Zentralen Melderegister aufscheinenden Adresse XXXX Wien, wohnhaft war, ist zu bemerken, dass die Ausführungen des Beschwerdeführers und die in diesem Zusammenhang vorgelegten Beweismittel nicht genügen, um die vom Gesetz aufgestellte Vermutung zu widerlegen. So erscheint das diesbezügliche Vorbringen schon angesichts des späten Zeitpunkts seiner Erstattung als zweifelhaft. Obwohl der Beschwerdeführer im Rahmen des Schriftsatzes datierend mit XXXX 2018, worin er einen "Antrag auf Wiederaufnahme des zur Zahl (...) abgeschlossenen Verfahrens" stellte, bereits die Möglichkeit gehabt hätte, ein derartiges Vorbringen zu erstatten, wird in diesem Schriftsatz an keiner Stelle ein Zustellmangel geltend gemacht, vielmehr wird sowohl in der oben genannten Überschrift als auch in der Begründung ("Aus den genannten Gründen wird die Wiederaufnahme des vom Bundesamt mit Bescheid vom XXXX abgeschlossenen Verfahrens beantragt.") ein abgeschlossenes Verfahren erwähnt. Die Zweifel am Wahrheitsgehalt der Behauptungen des Beschwerdeführers werden auch dadurch verstärkt, dass er im Beschwerdeschriftsatz vom XXXX .2018 geltend machte, dass "die Übernahme dieses Mietvertrages in der Folge aber von der Hausverwaltung wegen seiner Asylwerbereigenschaft verweigert wurde", was indiziert, dass die Hausverwaltung in Kenntnis von der beabsichtigten Wohnungsübernahme durch den Beschwerdeführer war. Demgegenüber erwähnte die Hausverwaltung im Schreiben vom XXXX .2019 mit keinem Wort die angeblich gescheiterte Wohnungsübernahme, sondern bestätigte, dass der Beschwerdeführer weder dem Hauseigentümer noch der Hausverwaltung bekannt sei und dass sie erst durch (die nunmehrige) Vorsprache von der Anmeldung an der genannten Wohnung (ohne den Hauseigentümer bzw. die Hausverwaltung damals zu informieren) erfahren habe. Da auch im Schreiben des Hauptmieters der Wohnung, wo der Beschwerdeführer seinen Angaben zufolge tatsächlich gewohnt haben soll, erwähnt wird, die Hausverwaltung habe eine Übernahme des Mietvertrages nicht zugelassen, dieser Umstand jedoch seitens der Hausverwaltung nicht bestätigt wurde, sondern von dieser ins Treffen geführt wurde, der Beschwerdeführer sei der Hausverwaltung bis dato nicht bekannt gewesen, sind die Angaben in diesem Schreiben mit Vorsicht zu genießen. Im Übrigen ist nach menschlichem Ermessen auch nicht nachvollziehbar, dass der Beschwerdeführer überhaupt eine Anmeldung an der Adresse in der XXXX gasse unter gleichzeitiger Abmeldung der Adresse in der XXXX straße zu einem Zeitpunkt vorgenommen hat, als ihm von einem Mieter bloß "der Eintritt in dessen Mietvertrag in Aussicht gestellt worden war", zumal die Eintragung im Zentralen Melderegister die Unterkunftnahme voraussetzt (vgl. § 3 Abs 1 Meldegesetz: Wer in einer Wohnung Unterkunft nimmt, ist innerhalb von drei Tagen danach bei der Meldebehörde anzumelden; und VwGH 25.03.2010, 2010/21/0007). Aufgrund dieser Erwägungen ist es dem Beschwerdeführer nicht gelungen, durch die Behauptung, niemals in der XXXX Wien, wohnhaft gewesen zu sein, die sich aus dem Zustellnachweis ergebende Vermutung der wirksamen Zustellung des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX zu widerlegen. Vor diesem Hintergrund reicht auch die - auf diesen Angaben aufbauende - bloße Behauptung der Ortsabwesenheit, ohne Darlegung (weiterer) Gründe nicht als Gegenbeweis.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

Gemäß § 69 Abs. 1 Z 2 AVG ist dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Bescheid abgeschlossenen Verfahrens stattzugeben, wenn ein Rechtsmittel gegen den Bescheid nicht oder nicht mehr zulässig ist und neue Tatsachen oder Beweismittel hervorkommen, die im Verfahren ohne Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten und allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens voraussichtlich einen im Hauptinhalt des Spruchs anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätten.

Wie beweiswürdigend dargelegt wurde, konnte der Beschwerdeführer die aus dem Zustellnachweis erfließende Vermutung einer rechtmäßigen Zustellung nicht widerlegen, sodass von einer rechtmäßigen Hinterlegung des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX auszugehen ist. Der Bescheid gilt sohin gemäß § 17 Abs. 3 Zustellgesetz mit dem ersten Tag der Abholfrist, dem XXXX 2015, als zugestellt. Ausgehend von der rechtswirksamen Zustellung und mangels Erhebung eines Rechtsmittels ist dieser Bescheid in Rechtskraft erwachsen.

§ 69 Abs. 2 AVG normiert, dass der Antrag auf Wiederaufnahme binnen zwei Wochen bei der Behörde einzubringen ist, die den Bescheid in erster Instanz erlassen hat. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Antragsteller von dem Wiederaufnahmegrund Kenntnis erlangt hat, wenn dies jedoch nach der Verkündung des mündlichen Bescheides und vor Zustellung der schriftlichen Ausfertigung geschehen ist, erst mit diesem Zeitpunkt. Nach Ablauf von drei Jahren nach Erlassung des Bescheides kann der Antrag auf Wiederaufnahme nicht mehr gestellt werden. Die Umstände, aus welchen sich die Einhaltung der gesetzlichen Frist ergibt, sind vom Antragsteller glaubhaft zu machen.

Da der gegenständliche Antrag auf Wiederaufnahme am XXXX .2018 zur Post gegeben wurde und am XXXX .2018 beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl einlangte, ist die 3-Jahresfrist gewahrt.

Im gegenständlichen Verfahren wurde der Antrag auf Wiederaufnahme auf ein am XXXX .2018 ausgestelltes Schreiben gestützt, in welchem unter anderem die Mitgliedschaft und aktive Rolle in einer Partei bestätigt wird.

Laut ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes kann der Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens nach § 69 Abs. 1 Z 2 AVG nur auf solche Tatsachen, das heißt Geschehnisse im Seinsbereich (vgl. VwGH 15.12.1994, 93/09/0434; 04.09.2003, 2000/17/0024) oder Beweismittel, das heißt Mittel zur Herbeiführung eines Urteiles über Tatsachen (vgl. VwGH 16.11.2004, 2000/17/0022; 24.04.2007, 2005/11/0127), gestützt werden, die erst nach Abschluss eines Verfahrens hervorgekommen sind und deshalb von der Partei ohne ihr Verschulden nicht geltend gemacht werden konnten.

Es muss sich also um Tatsachen und Beweismittel handeln, die beim Abschluss des wiederaufzunehmenden Verfahrens schon vorhanden waren, deren Verwertung der Partei aber ohne ihr Verschulden erst nachträglich möglich wurde ("nova reperta"), nicht aber um erst nach Abschluss des seinerzeitigen Verfahrens neu entstandene Tatsachen und Beweismittel ("nova producta" bzw. "nova causa superveniens").

Neu hervorgekommene Tatsachen und Beweismittel (also solche, die bereits zur Zeit des früheren Verfahrens bestanden haben, aber erst später bekannt wurden) rechtfertigen - bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen - eine Wiederaufnahme des Verfahrens, wenn sie die Richtigkeit des angenommenen Sachverhalts in einem wesentlichen Punkt als zweifelhaft erscheinen lassen. Gleiches gilt nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes für neu entstandene Beweismittel, sofern sie sich auf "alte" - d.h. nicht ebenfalls erst nach Abschluss des wiederaufzunehmenden Verfahrens entstandene - Tatsachen beziehen. Hingegen ist bei Sachverhaltsänderungen, die nach der Entscheidung eingetreten sind, kein Antrag auf Wiederaufnahme, sondern ein neuer Antrag zu stellen, weil in diesem Fall einem auf der Basis des geänderten Sachverhaltes gestellten Antrag die Rechtskraft bereits erlassener Bescheide nicht entgegensteht (vgl. VwGH 21.05.2019, Ra 2018/19/0510; VwGH 20.03.2019, Ra 2019/20/0096; VwGH 08.08.2017, Ra 2017/19/0120).

Eine Wiederaufnahme nach § 69 Abs. 1 Z 2 AVG setzt keine Gewissheit darüber voraus, dass die Entscheidung im wieder aufzunehmenden Verfahren anders gelautet hätte. Für die Bewilligung oder Verfügung der Wiederaufnahme des rechtskräftig abgeschlossenen Verfahrens genügt es, dass diese Voraussetzung mit einiger Wahrscheinlichkeit zutrifft. Ob sie tatsächlich vorliegt, ist erst in dem wieder aufgenommenen Verfahren zu entscheiden (vgl. VwGH 27.09.2005, 2002/01/0206).

Der Beschwerdeführer bringt in seinem Wiederaufnahmeantrag vor, dass die im Asylverfahren eingerichtete Spezialbehörde aufgrund des nunmehr vorliegenden Schreibens in den Stand gesetzt werde, im Herkunftsstaat Erhebungen zu den Verfolgungsgründen durchzuführen und deswegen mit "einiger Wahrscheinlichkeit" davon ausgegangen werden könne, das Bundesamt hätte zu einer für ihn günstigeren Entscheidung gelangen können.

Dem kann aus nachstehenden Gründen nicht gefolgt werden:

Eingangs ist anzumerken, dass der Beschwerdeführer zwar im Wiederaufnahmeantrag ankündigte, "das Schreiben umgehend" der Behörde vorzulegen, sobald er es erhalten habe, jedoch bis dato keine Vorlage des Originals erfolgt ist.

Unabhängig davon, hätte das nunmehr vorgelegte Beweismittel jedoch voraussichtlich nicht einen im Hauptinhalt des Spruchs anders lautenden Bescheid herbeigeführt:

Zutreffender Weise wies schon das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl im angefochtenen Bescheid darauf hin, dass der Beschwerdeführer im Asylverfahren bereits zwei Schreiben der nationaldemokratischen Partei in Vorlage gebracht hatte, worin seine Mitgliedschaft in der Partei bestätigt worden sei, und dass diese Schreiben bereits im Bescheid vom XXXX entsprechend gewürdigt worden seien. Diesen Erwägungen ist zuzustimmen:

Der Beschwerdeführer brachte im Asylverfahren zwei Schreiben der XXXX Partei datierend mit XXXX .2011 und mit XXXX .2012 in Vorlage, die optisch dem im Wiederaufnahmeantrag beigelegten Schreiben ähneln und deren Inhalt sich weitgehend mit dem nunmehr vorgelegten Schreiben deckt. So wurde schon im Schreiben vom XXXX .2011 bestätigt, dass der Beschwerdeführer seit XXXX aktives Mitglied in der Partei gewesen sei, und im Schreiben vom XXXX 2012 wurde bereits erwähnt, dass er bei der "Verfassungs-Versammlungs-Wahl" eine wichtige Rolle gehabt habe. Ebenso war im Schreiben vom XXXX 2012 auch schon die Rede davon, dass die maoistischen Probleme im Jahr 2051 angefangen haben sollen und dass der Beschwerdeführer mit der genannten Mitgliedsnummer ins Ausland geschickt worden sei, weil sein Leben im Heimatland in Gefahr gewesen sei.

Diese Schreiben der XXXX Partei vom XXXX .2011 und vom XXXX .2012 wurden bereits im abgeschlossenen Asylverfahren als Beweismittel in Vorlage gebracht und auch vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl im Bescheid vom XXXX im Rahmen der Beweiswürdigung (siehe Seite 40f) berücksichtigt. Da die Verwaltungsbehörde zum Schluss kam, dass aus diesen Beweismitteln "nichts für die Glaubwürdigkeit der vorgebrachten Fluchtgründe zu gewinnen" sei, weil sich die darin erwähnten Umstände nicht mit den Angaben des Beschwerdeführers decken würden und seine Angaben zum Erhalt dieser Schreiben nicht schlüssig seien, vermag auch das nunmehr vorgelegte Schreiben der XXXX Partei vom XXXX .2018 voraussichtlich nicht zu einem anderen als dem im rechtskräftigen Bescheid vom XXXX zum Ausdruck gebrachten Ergebnis zu führen, zumal sein Inhalt größtenteils schon mit den zuvor vorgelegten Schreiben übereinstimmt. Der Einwand des Beschwerdeführers, wonach die im Asylverfahren eingerichtete Spezialbehörde (erst) aufgrund dieses Schreibens in den Stand versetzt werde, im Herkunftsstaat Erhebungen zu den Verfolgungsgründen durchzuführen, ist verfehlt, zumal bereits inhaltlich beinahe idente Schreiben existiert hatten, die als Ausgangspunkt für etwaige Ermittlungen dienen konnten, jedoch aus Sicht der Verwaltungsbehörde nicht erforderlich erschienen.

Zu berücksichtigen ist auch, dass sich die Verwaltungsbehörde in ihrer Begründung nicht ausschließlich auf die in Vorlage gebrachten Beweismittel gestützt hatte, um die Unglaubhaftigkeit des Fluchtvorbringens zu begründen, sondern auch widersprüchliche Angaben des Wiederaufnahmewerbers betreffend der Morddrohungen, die er erhalten haben soll, einen auffällig unterschiedlichen Grad an Detailliertheit seiner Angaben zur Wahl im Jahr 2007/08 und ein mangelndes Interesse an seiner Person aufgrund der noch über Jahre hinweg ausgeübten Beschäftigung ins Treffen geführt hatte. Vor dem Hintergrund dieser weiteren Erwägungen, sohin auch in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens, ging das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zutreffend davon aus, dass es im vorliegenden Fall auch bei Kenntnis des nunmehr vorgelegten Schreibens der XXXX Partei voraussichtlich zu keinem anderen Verfahrensergebnis gekommen wäre.

Der Vollständigkeit halber ist anzumerken, dass Tatsachen, die bereits im wiederaufzunehmenden Verfahren geltend gemacht wurden, jedenfalls keinen Wiederaufnahmegrund nach dieser Bestimmung begründen können (vgl. VwGH 14.09.1994, Zl. 92/12/0043). Dies gilt auch für Vorbringen, die im Wesentlichen nur eine Wiederholung von bereits während des ersten Verwaltungsverfahrens vorgebrachten Umständen oder eine Bekämpfung der von der Behörde vorgenommenen Beweiswürdigung enthalten (vgl. VwGH 24.02.2011, 2010/09/0198). Im Schreiben der XXXX Partei vom XXXX 2018 werden jedoch größtenteils keine Tatsachen vorgebracht, die neu hervorgekommen sind, sondern sinngemäß der Inhalt der Schreiben vom XXXX 2011 und vom XXXX .2012 wiederholt. Es lassen sich sohin - abgesehen von der oben dargelegten, mangelnden Eignung, eine anders lautende Entscheidung herbeizuführen - aus dem Inhalt des vorgelegten Schreibens keine neu hervorgekommenen Tatsachen im Sinne des § 69 Abs. 1 Z. 2 AVG erkennen.

Hinsichtlich des im Schreiben vom XXXX 2018 erwähnten Umstandes, dass der Wiederaufnahmewerber immer noch die Partei unterstütze und die gegnerische Partei nach wie vor nach ihm suche, ist darauf zu verweisen, dass es sich dabei jedenfalls nicht um "alte" Tatsachen handelt, welche für die Wiederaufnahme des Verfahrens geeignet sind. Sachverhaltsänderungen nach Abschluss des wiederaufzunehmenden Verfahrens haben bei der Entscheidung über die Wiederaufnahme außer Betracht zu bleiben (vgl. VwGH 13.12.2002, 2001/21/0031). Änderungen des Sachverhalts nach Abschluss des Verfahrens erübrigen eine Wiederaufnahme des Verfahrens, weil in diesem Fall einem Antrag auf der Basis des geänderten Sachverhalts die Rechtskraft des bereits erlassenen Bescheids nicht entgegensteht (vgl. VwGH 09.05.2018, Ra 2018/12/0014).

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ging sohin zu Recht davon aus, dass es dem Beschwerdeführer nicht gelungen ist, neu hervorgekommene Beweismittel vorzulegen, die entscheidungsrelevante Umstände derart betreffen, dass sie, wären sie seinerzeit berücksichtigt worden, voraussichtlich zu einer anderen als der tatsächlich getroffenen Entscheidung geführt hätten und daher auch im wieder aufgenommenen Verfahren führen würden.

Da der Sachverhalt aus der Aktenlage nach Einräumung eines schriftlichen Parteiengehörs als geklärt erschien und es sich bei der Frage der Eignung, eine im Hauptinhalt des Spruches anders lautende Entscheidung herbeizuführen, um eine Rechtsfrage handelt (vgl. Fister/Fuchs/Sachs, Das neue Verwaltungsgerichtsverfahren (2013) § 32 VwGVG Anm. 9), konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG iVm § 24 VwGVG die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung unterbleiben.

Zu B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu A) wiedergegeben. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

individuelle Verhältnisse, mangelnder Anknüpfungspunkt,
Voraussetzungen, Wegfall der Gründe, Wiederaufnahmeantrag

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W222.2197260.1.00

Zuletzt aktualisiert am

25.05.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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