TE Bvwg Erkenntnis 2019/12/5 W108 2223684-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 05.12.2019
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Entscheidungsdatum

05.12.2019

Norm

B-VG Art. 133 Abs4
SDG §10
SDG §10 Abs1 Z3
SDG §2
SDG §6

Spruch

W108 2223684-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. BRAUCHART über die Beschwerde der XXXX , vertreten durch HOCK & PARTNER Rechtsanwälte GmbH, gegen den Bescheid der Präsidentin des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 02.08.2019, Zl. 100 Jv 3377/19p-5a, betreffend Entziehung der Eigenschaft als allgemein beeidete und gerichtlich zertifizierte Dolmetscherin zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang/Sachverhalt:

1. Das Verwaltungsgeschehen/der Sachverhalt stellt sich bis zur Erlassung des angefochtenen Bescheides wie folgt dar:

1.1. Die nunmehrige Beschwerdeführerin, eine XXXX , wurde im Jahr 1987 als allgemein beeidete gerichtliche Dolmetscherin für die italienische und die französische Sprache in die vom Präsidenten des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien (belangte Behörde vor dem Bundesverwaltungsgericht) geführte Dolmetscherliste des Landesgerichtssprengels Wien bis Ende des Jahres 1992 befristet eingetragen.

Nach Aufhebung der Befristung wurde die Eintragung der Beschwerdeführerin in die Liste der allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Dolmetscher gemäß den Rezertifizierungsanträgen der Beschwerdeführerin bis 31.12.2018 verlängert.

1.2. Mit Eingabe vom 28.09.2018 (eingelangt bei der belangten Behörde am 01.10.2018) stellte die Beschwerdeführerin neuerlich fristgerecht einen Antrag auf Verlängerung ihrer Eintragung gemäß § 6 Abs. 2 des Sachverständigen- und Dolmetschergesetzes, SDG. Die Beschwerdeführerin nannte zum Nachweis ihrer Tätigkeit als Dolmetscherin neun Verfahren, in welchen sie im Jahr 2018 tätig gewesen sei, unter anderem das Verfahren 209 St 5/15k der Staatsanwaltschaft Wien. Weiters legte sie eine Bestätigung des Österreichischen Verbandes der allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Dolmetscher vom 27.09.2018 vor, wonach sie in den Jahren 2012 bis 2018 regelmäßig an Fortbildungstreffen der Arbeitsgruppe Italienisch und teilweise an den Fortbildungstreffen der Arbeitsgruppe Französisch teilgenommen habe.

1.3. Die belangte Behörde leitete zu den Voraussetzungen der beantragten Rezertifizierung ein Ermittlungsverfahren ein, im Zuge dessen sie zu vier der von der Beschwerdeführerin angegebenen Verfahren Stellungnahmen der verfahrensführenden Richter und einer Staatsanwältin über die Eignung der Beschwerdeführerin als Dolmetscherin iSd § 6 Abs. 3 SDG einholte.

Aus den eingelangten drei Stellungnahmen der verfahrensführenden Richter vom 08.10.2018, 11.10.2018 und 31.10.2018 ergab sich keine Beanstandung der (Rechtzeitigkeit der) Dolmetscher-/Übersetzungstätigkeit der Beschwerdeführerin. In der Stellungnahme der Staatsanwältin im Verfahren 209 St 5/15k vom 15.10.2018 war zur Rechtzeitigkeit der Übersetzung der Beschwerdeführerin angeführt, dass die Übersetzung erheblich verspätet erfolgt sei. Trotz dreimaliger Urgenz sei die Übersetzung vier Monate verspätet eingelangt. Die Staatsanwältin führte an, dass sie die Beschwerdeführerin deshalb nicht wieder bestellen würde.

1.4. Die belangte Behörde verlängerte mit Bescheid vom 12.11.2018 gemäß §§ 6 Abs. 1, 14 SDG die Eintragung der Beschwerdeführerin in die Dolmetscherliste bis 12.11.2023 (Rezertifizierung).

Dem Bescheid schloss die belangte Behörde ein Schreiben vom selben Tag an, in welchem der Beschwerdeführerin mitgeteilt wurde, dass anlässlich der Erhebungen zu ihrem Rezertifizierungsverfahren von Entscheidungsorganen darauf hingewiesen worden sei, dass es zu (teils) erheblichen Verspätungen bei der Erstattung von Übersetzungen gekommen sei. In Anbetracht des Umstandes, dass der rechtzeitigen (fristgerechten) Erstattung von Übersetzungen im Gefüge der Vorschriften des SDG maßgebliche Bedeutung zukomme, werde sie daher dringend ersucht, in Hinkunft der fristgerechten Übersetzung besondere Aufmerksamkeit zu widmen.

1.5. Am 24.05.2019 langte bei der belangten Behörde ein Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom 23.05.2019 zu 20 Cg 5/18s-31 ein. In diesem wurde ausgeführt, dass am 26.03.2019 der Akt der Beschwerdeführerin mit dem Auftrag übersandt worden sei, innerhalb von zwei Wochen ein Versäumungsurteil zu übersetzen. Über telefonisches Nachfragen sei auf eine Fertigstellung nach Ostern verwiesen worden. Infolge dessen werde die Beschwerdeführerin aufgefordert, die Übersetzung mit den Akten binnen einer Woche vorzulegen oder die entgegenstehenden Hindernisse bekanntzugeben. Es wurde darauf hingewiesen, dass bei unentschuldigter Überschreitung dieser Frist das Gericht gemäß § 354 ZPO eine Ordnungsstrafe zu verhängen und eine andere Dolmetscherin zu bestellen habe. Jedenfalls hafte die Dolmetscherin den Parteien für den durch eine verschuldete Verzögerung entstehenden Schaden. Gemäß § 25 Abs. 3 GebAG habe die Dolmetscherin keinen Gebührenanspruch, wenn ihre Tätigkeit aus ihrem Verschulden unvollendet geblieben sei. Bei Verzögerung der Übersetzung sei die Gebühr für die Mühewaltung um bis zu einem Viertel zu mindern. Von den vorgenannten Umständen werde die Zertifizierungsstelle verständigt.

1.6. Mit Schreiben vom 24.05.2019 übermittelte die belangte Behörde diesen Beschluss der Beschwerdeführerin und wies darauf hin, dass bereits im Rezertifizierungsverfahren über auffallende Verzögerungen bei Übersetzungen berichtet worden sei. Die Beschwerdeführerin wurde zur Abgabe einer Stellungnahme und Erklärung binnen 14 Tagen aufgefordert, warum nunmehr eine neuerliche Verzögerung auffalle.

1.7. Die Beschwerdeführerin übernahm das Schreiben der belangten Behörde am 28.05.2019, erstattete jedoch keine schriftliche Stellungnahme. Am 21.06.2019 meldete sich die Beschwerdeführerin telefonisch im Präsidium des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien und gab bekannt, bis jetzt keine Stellungnahme abgegeben zu haben, da die Angelegenheit mittlerweile bereinigt worden sei. Sie werde darüber eine entsprechende Stellungnahme übermitteln. In der Folge erstattete die Beschwerdeführerin jedoch keine Stellungnahme.

2. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführerin die Eigenschaft als allgemein beeidete und gerichtlich zertifizierte Dolmetscherin für die französische und italienische Sprache mit sofortiger Wirkung entzogen.

Im Bescheid wurden - gegründet auf den Akteninhalt - Feststellungen getroffen: Im Zuge der Erhebungen des letzten Rezertifzierungsverfahrens sei aufgefallen, dass eine Stelle, welche um Stellungnahme betreffend die Tätigkeit der Beschwerdeführerin ersucht worden sei, eine auffallend negative Äußerung erstattet habe. So sei unter anderem festgehalten worden, dass die (beauftragte) schriftliche Übersetzung trotz dreimaliger Urgenz erst vier Monate verspätet eingelangt sei. Aufgrund des Umstandes, dass die Stellungnahmen anderer Entscheidungsorgane unauffällig gewesen seien, sei die Eintragung der Beschwerdeführerin in die Liste der allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Dolmetscher verlängert worden, allerdings sei die Beschwerdeführerin inhaltlich auf die negative Rückmeldung hingewiesen und ersucht worden, in Hinkunft der fristgerechten Übersetzung besondere Aufmerksamkeit zu widmen (die Aufforderung an die Beschwerdeführerin [siehe oben Punkt 1.4.] wurde wörtlich wiedergegeben). Am 24.05.2019 sei dann bei der belangten Behörde ein Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom 23.05.2019 zur Aktenzahl 20 Cg 5/18s-31 eingelangt, aus dem hervorgehe, dass die Beschwerdeführerin abermals bei einem Übersetzungsauftrag säumig geworden sei. Nach dem Inhalt dieses Beschlusses sei der als Dolmetscherin bestellten Beschwerdeführerin am 26.03.2019 ein Akt mit dem Auftrag übersendet worden, innerhalb von zwei Wochen ein Versäumungsurteil zu übersetzen. Über telefonische Urgenz sei auf eine Fertigstellung "nach Ostern" verwiesen worden. Nachdem dann offenbar noch immer keine Erledigung eingelangt gewesen sei, sei die Dolmetscherin aufgefordert worden, die Übersetzung samt Akt binnen einer Woche vorzulegen, eine Ordnungsstrafe samt Enthebung sowie eine Gebührenminderung seien angedroht worden. Weiters sei im Beschluss ausdrücklich festgehalten worden, dass die "Zertifizierungsstelle" verständigt werde. Dieser Beschluss des Handelsgerichtes Wien sei der Beschwerdeführerin in Kopie mit der Aufforderung zur Äußerung dahingehend zugestellt worden, warum es nun nach der Ermahnung aus Anlass des Rezertifizierungsverfahrens neuerlich zur wochenlangen Verzögerungen bei der Erledigung von Aufträgen komme. Die Beschwerdeführerin habe diese Aufforderung am 28.05.2019 eigenhändig übernommen, habe jedoch bis heute keinerlei Stellungnahme dazu erstattet. Die Beschwerdeführerin habe sich am 21.06.2019 lediglich telefonisch im Präsidium des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien gemeldet und erklärt, sie habe deswegen bis jetzt keine Stellungnahme abgegeben, weil die Angelegenheit "mittlerweile bereinigt" worden sei. Auf Hinweis, dass davon keine Rede sein könne, habe sie eine schriftliche Stellungnahme ihrerseits angekündigt, die bis dato ausgeblieben sei.

Rechtlich ging die belangte Behörde davon aus, dass gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 SDG die Eigenschaft als allgemein beeideter gerichtlich zertifizierter Dolmetscher von der belangten Behörde durch Bescheid zu entziehen sei, wenn wiederholt die Erstattung der schriftlichen Übersetzung über Gebühr hinausgezögert werde. Es bedürfe keiner weiteren Erörterung, dass die wochen- bzw. sogar monatelange Verzögerung/Fristüberschreitung bei der Erstattung von schriftlichen Übersetzungen den gesetzlichen Anforderungen nicht genüge, möge es bisher auch "nur" zweimal aktenkundig vorgekommen sein. Die Dolmetscherin sei bereits in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit der zuletzt aufgetretenen massiven Fristüberschreitung - und zwar im Zuge des Rezertifizierungsverfahrens - ausdrücklich ermahnt worden, besonders auf die Einhaltung von Fristen zu achten. Nur Monate später sei es wiederum zu einer massiven Fristüberschreitung bei einer schriftlichen Übersetzung und damit zu einer erheblichen Verfahrensverzögerung gekommen. Trotz mehrfacher Aufforderung bzw. Ankündigung zu dem neuerlichen Vorfall (zumindest) Stellung zu nehmen, habe es die Beschwerdeführerin bis dato offenbar nicht der Mühe wert gefunden, dies zu tun. Infolge Vorliegens des oben genannten Entziehungstatbestandes iVm der de facto nicht vorhandenen Mitwirkung der Beschwerdeführerin am gegenständlichen Verfahren, sei daher die Streichung der Beschwerdeführerin aus der Dolmetscherliste anzuordnen gewesen. Umstände, die den Ausspruch des Ausschlusses der aufschiebenden Wirkung eines allfälligen Rechtsmittels gegen diesen Bescheid erforderlich machen würden, lägen in concreto vor. Es solle damit nämlich verhindert werden, dass es neuerlich zu massiven Verzögerungen bei schriftlichen Übersetzungen komme, die dann wiederum monatelange Verfahrensverzögerungen nach sich ziehen könnten, weshalb die sofortige Streichung anzuordnen gewesen sei.

3. Mit Schriftsatz vom 23.08.2019 beantragte die Beschwerdeführerin durch ihre rechtsfreundliche Vertretung die Zusendung einer kompletten Kopie des Aktes seit dem Bescheid der belangten Behörde vom 12.11.2018.

Aus einem Aktenvermerk vom 30.08.2019 geht hervor, dass der Rechtsvertretung der Beschwerdeführerin telefonisch mitgeteilt worden sei, dass sie alle seit der letzten Rezertifizierung angefallenen Schriftstücke bereits habe.

4. Die Beschwerdeführerin erhob gegen den Bescheid fristgerecht Beschwerde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG und führte zu den Beschwerdegründen aus, der Bescheid sei wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften, fehlender Ermittlungen und unrichtiger rechtlicher Beurteilung rechtswidrig.

Dem Antrag auf Zusendung einer Aktenkopie sei von der Behörde bisher nicht nachgekommen worden. Die belangte Behörde habe es zudem verabsäumt, die Beschwerdeführerin über das Beweisergebnis des Beschlusses des Handelsgerichtes Wien vom 23.05.2019 zu informieren und sie zur Stellungnahme aufzufordern. Es handle sich hierbei nur um eine Zusammenfassung des Akteninhalts, ohne dass die belangte Behörde versucht habe, die Gründe für die behauptete Fristüberschreitung zu erforschen. Es fehle auch jede Feststellung zur Frage, wann die urgierte Übersetzung tatsächlich erfolgt sei, welchen Umfang diese gehabt habe, ob die Beschwerdeführerin eine Verlängerung der Frist für die Übersetzung erbeten habe und wie dringlich die Übersetzung tatsächlich für die Verfahrenspartei gewesen sei. Im Übrigen habe es die Behörde verabsäumt zu ermitteln, in wie vielen übertragenen Fällen der Beschwerdeführerin tatsächlich eine Fristüberschreitung für die Herstellung von Übersetzungen vorzuwerfen sei. Wenn es nur in einem vereinzelten Fall zu einer Fristüberschreitung gekommen sei, wie sich aus der Begründung ergebe, werde schnell klar, dass dies keine Pflichtverletzung darstelle, die ausreichend dafür qualifiziert sei, der Beschwerdeführerin die Eigenschaft als beeidete und gerichtlich zertifizierte Dolmetscherin zu entziehen. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 SDG sei die Eigenschaft als allgemein beeideter gerichtlich zertifizierter Dolmetscher durch Bescheid zu entziehen, wenn der Dolmetscher wiederholt die Aufnahme des Befundes oder die Erstattung der schriftlichen Übersetzung über Gebühr hinauszögere. Die Tatbestandsvoraussetzungen für die Anwendung dieser Rechtsfolge lägen nicht vor. Auf der zweiten Seite des angefochtenen Bescheides sei lediglich von einem Übersetzungsauftrag die Rede, sohin keineswegs davon, dass die Beschwerdeführerin wiederholt Übersetzungsaufträge jenseits der gesetzten Frist erfüllt hätte. Im angefochtenen Bescheid würden sich auch keine Feststellungen zu der Frage finden, ob die Beschwerdeführerin die Übersetzungsaufträge "über Gebühr" hinausgezögert habe, also grundlos und in exzessivem Ausmaß die gesetzten Fristen wiederholt habe verstreichen lassen. Der von der belangten Behörde festgestellte Sachverhalt beinhalte lediglich eine einzige Fristüberschreitung, deren Dauer und Tragweite nicht festgestellt worden sei. Andere Fristüberschreitungen seien nicht festgestellt worden. Hätte die belangte Behörde den entscheidungsrelevanten Sachverhalt von amtswegen ordnungsgemäß ermittelt und hätte sie einen Vergleich zwischen den ordnungsgemäß erfüllten Übersetzungsaufträgen einerseits und der festgestellten Fristüberschreitung andererseits angestellt, hätte sie zu dem Ergebnis gelangen müssen, dass die Erfüllung des Übersetzungsauftrags weder wiederholt noch über Gebühr hinausgezögert worden sei. Der ausgesprochene Entzug sei als unangemessene, überschießende Reaktion auf die festgestellte Überschreitung zu qualifizieren.

5. Die belangte Behörde machte von der Möglichkeit einer Beschwerdevorentscheidung nicht Gebrauch, legte die Beschwerde samt den bezughabenden Akten des Verwaltungsverfahrens dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor und gab eine Stellungnahme dahingehend ab, dass zum Vorwurf der Nichtübersendung der Aktenkopie festgehalten werde, dass der Beschwerdeführerin sogar telefonisch mitgeteilt worden sei, dass sie über alle Aktenstücke verfüge.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die Ausführungen oben unter Punkt I. zum Verfahrensgang (Verwaltungsgeschehen) und Sachverhalt, insbesondere auch jene im angefochtenen Bescheid, werden festgestellt.

Damit steht insbesondere fest:

Die Beschwerdeführerin erstattete als Dolmetscherin die ihr im staatsanwaltschaftlichen Verfahren zur Aktenzahl 209 St 5/15k aufgetragene schriftliche Übersetzung im Jahr 2018 trotz dreimaliger Urgenz mit viermonatiger Verspätung.

Mit rechtskräftigem Bescheid vom 12.11.2018 verlängerte die belangte Behörde die Eintragung der Beschwerdeführerin in die Liste der allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Dolmetscher bis 12.11.2023. Zugleich wurde die Beschwerdeführerin wegen der im Verfahren 209 St 5/15k aufgetretenen Säumnis ermahnt, in Hinkunft der fristgerechten Übersetzung besondere Aufmerksamkeit zu widmen.

Dennoch wurde die Beschwerdeführerin im gerichtlichen Verfahren zur Aktenzahl 20 Cg 5/18s-31, in dem die Beschwerdeführerin am 26.03.2019 den Auftrag erhielt, innerhalb von zwei Wochen ein Versäumungsurteil zu übersetzen, neuerlich bei der Abgabe ihrer Übersetzung (zumindest) mehrere Wochen (zumindest bis zum 23.05.2019) säumig.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergeben sich aus dem angefochtenen Bescheid in Zusammenschau mit dem Inhalt der vorgelegten Verwaltungsakten und aus der Beschwerde.

Die belangte Behörde hat den hier entscheidungsrelevanten Sachverhalt in einem mängelfreien Verfahren erhoben (es liegen hinsichtlich des entscheidungsrelevanten Sachverhaltes brauchbare Ermittlungsergebnisse vor) und in Übereinstimmung mit der Aktenlage richtig und im notwendigen Umfang festgestellt. Die Beschwerdeführerin trat diesen Feststellungen in der Beschwerde nicht bzw. mit bloß unsubstiantiierter Begründung entgegen. Das Bundesverwaltungsgericht geht daher ebenfalls von diesen Feststellungen aus.

Entgegen dem Beschwerdevorbringen sind der belangten Behörde keine fehlenden Ermittlungen anzulasten und es liegt auch keine Verletzung von Verfahrensvorschriften vor:

Soweit dem Beschwerdevorbringen zu entnehmen ist, aus dem Bescheid der belangten Behörde ergebe sich nur eine Fristüberschreitung der Beschwerdeführerin (im Verfahren 20 Cg 5/18s-31 des Handelsgerichtes Wien), deren Dauer und Tragweite von der belangten Behörde nicht festgestellt worden sei, ist dies nicht nachvollziehbar, zumal die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid ganz eindeutig zwei Fristüberschreitungen sowie deren Ausmaß und Bedeutsamkeit festgestellt hat, nämlich zum einen (auf der ersten Seite des Bescheides) die - im Zuge des letzten Rezertifizierungsverfahrens aufgefallene - Verzögerung von vier Monaten trotz dreimaliger Urgenz und zum anderen (auf der zweiten Seite des Bescheides) die - sich aus dem Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom 23.05.2019 im Verfahren 20 Cg 5/18s-31 ergebende - Säumnis von (zumindest) mehreren Wochen.

Abgesehen davon, dass die Beschwerdeführerin diese beiden Verzögerungen bzw. den dazu festgestellten Sachverhalt nicht bestreitet, ist eine Übereinstimmung mit der Aktenlage bzw. mit den in den Akten einliegenden Beweismitteln gegeben: Aus der Stellungnahme der Staatsanwältin im Verfahren 209 St 5/15k vom 15.10.2018 folgt, dass die Beschwerdeführerin die Übersetzung trotz dreimaliger Urgenz vier Monate verspätet vorgelegt hat. Damit im Einklang stehend stellte die belangte Behörde zu dieser ersten, im Zuge des letzten Rezertifizierungsverfahrens aufgefallenen, Verzögerung/Fristüberschreitung im angefochtenen Bescheid entscheidungswesentlich fest, die Beschwerdeführerin habe eine schriftliche Übersetzung trotz dreimaliger Urgenz mit viermonatiger Verspätung erstattet. Dass diese erste Verzögerung/Fristüberschreitung im Jahr 2018 erfolgte, ergibt sich aus der Angabe der Beschwerdeführerin im Rezertifizierungsantrag, dass u.a. dieses Verfahren das Jahr 2018 betraf.

Dass es danach, und zwar im Verfahren 20 Cg 5/18s-31 des Handelsgerichtes Wien, erneut zu einer Verzögerung/Fristüberschreitung von (zumindest) mehreren Wochen (zumindest bis zum 23.05.2019) kam, ergibt sich aus dem Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom 23.05.2019, 20 Cg 5/18s-31, wonach in diesem Verfahren der Akt der Beschwerdeführerin am 26.03.2019 mit dem Auftrag übersandt worden war, innerhalb von zwei Wochen die Übersetzung zu erstatten, welche aber - trotz nach Urgenz erfolgter eigener Zusage der Beschwerdeführerin, die Übersetzung "nach Ostern" fertigzustellen - am 23.05.2019 noch immer ausständig war, sodass das Gericht an diesem Tag - sohin nach bereits wochenlanger Säumnis

-

den Beschluss fassen musste, der Beschwerdeführerin die Vorlage der Übersetzung binnen einer Woche aufzutragen und Säumnisfolgen anzudrohen. Die Beschwerdeführerin trat diesem Sachverhalt weder im Rahmen der Gewährung des Parteiengehörs durch die belangte Behörde noch in der Beschwerde entgegen. Sie stellte die ihr vorgehaltene Fristüberschreitung im Verfahren 20 Cg 5/18s-31 nicht Abrede und nahm auch von der Darlegung der Gründe, warum es zu dieser neuerlichen Fristüberschreitung trotz Ermahnung aus Anlass des Rezertifizierungsverfahrens komme, Abstand. Damit ist der entscheidungsrelevante Sachverhalt aber geklärt. Einer - wie von der Beschwerdeführerin in Bezug auf den zweiten Säumnisfall geforderten

-

Feststellung, "wann die urgierte Übersetzung tatsächlich erfolgte", bedarf es nicht, da - wie dargelegt - feststeht, dass bereits im Zeitpunkt der Beschlussfassung des Gerichtes am 23.05.2019 eine wochenlange Verzögerung gegeben war. Abgesehen davon trat die Beschwerdeführerin den Ausführungen im angefochtenen Bescheid, sie sei am 21.06.2019 telefonisch von der belangten Behörde darauf hingewiesen worden, dass die Angelegenheit nicht "mittlerweile bereinigt" worden sei, nicht entgegen, sodass sich daraus sogar eine Fristüberschreitung bis zum 21.06.2019 ergibt.

Dass diese Fristüberschreitungen von der belangten Behörde als solche mit weittragenden Folgen (erhebliche Verfahrensverzögerungen) beurteilt wurden, lässt sich dem angefochtenen Bescheid unschwer entnehmen.

Wenn die Beschwerdeführerin meint, es handle sich bei den behördlichen Feststellungen (betreffend die zweite Verzögerung im Verfahren 20 Cg 5/18s-31 des Handelsgerichtes Wien) um "kein Beweisergebnis", sondern bloß um die "Zusammenfassung eines Akteninhaltes", ist ihr entgegenzuhalten, dass sich anhand des von der belangten Behörde dargestellten Akteninhaltes, unter anderem aus dem Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom 23.05.2019, als Ergebnis des Ermittlungsverfahrens der Behörde eben ergibt, dass es in zwei Fällen zur Säumnis der Beschwerdeführerin gekommen ist, und zwar in der Form, dass die erste Fristüberschreitung im Zuge des letzten Rezertifizierungsverfahrens zu Tage trat, die Beschwerdeführerin deswegen ausdrücklich ermahnt wurde und dennoch die Beschwerdeführerin bereits Monate später wiederum bei der Abgabe einer schriftlichen Übersetzung säumig wurde. Dass der Akteninhalt unrichtig wiedergegeben worden wäre, wurde von der Beschwerdeführerin nicht behauptet.

Da der Beschwerdeführerin nachweislich mit Schreiben vom 24.05.2019 das Parteiengehör gewährt wurde, geht auch die diesbezügliche Rechtsrüge der Beschwerdeführerin in Leere. Zu diesem der Beschwerdeführerin nachweislich am 28.05.2019 zugestellten Parteiengehör und Aufforderung, sich dahingehend zu äußern, warum es nach der Ermahnung aus Anlass des Rezertifizierungsverfahrens neuerlich zur wochenlangen Verzögerungen bei der Erledigung von Aufträgen komme, gab die Beschwerdeführerin nach der Aktenlage keine schriftliche Stellungnahme ab. Dass die Beschwerdeführerin am 21.06.2019 telefonisch bekannt gab, sie habe deswegen bis jetzt keine Stellungnahme abgegeben, weil die Angelegenheit "mittlerweile bereinigt" worden sei, und sie werde eine entsprechende Stellungnahme übermitteln, ergibt sich aus dem Aktenvermerk der Behörde vom 21.06.2019. Gegenteiliges wird von der Beschwerdeführerin nicht behauptet. Die Beschwerdeführerin trat auch der Feststellung nicht entgegen, dass sie entgegen ihrer Ankündigung keine Stellungnahme übermittelt hat.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

3.1. Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz (BVwGG) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Mangels materienspezifischer Sonderregelung besteht somit gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) geregelt (§ 1 leg.cit.).

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles sowie andere näher genannte (im vorliegenden Fall nicht relevante) Gesetze und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

3.2. Zu den Prozessvoraussetzungen:

Die Beschwerde wurde gemäß § 7 Abs. 4 VwGVG fristwahrend erhoben und es liegen auch die sonstigen Prozessvoraussetzungen vor.

3.3. In der Sache:

3.3.1. Maßgebliche Bestimmungen des Sachverständigen- und Dolmetschergesetzes (SDG) lauten:

"Voraussetzungen für die Eintragung in die Liste der allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen und Dolmetscher

§ 2. (1) Die allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen sind von den Präsidenten der Landesgerichte (§ 3) als Zertifizierungsstellen in die elektronische Liste der allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen und Dolmetscher (Gerichtssachverständigen- und Gerichtsdolmetscherliste) einzutragen.

(2) Für die Eintragung in die Gerichtssachverständigen- und Gerichtsdolmetscherliste für ein bestimmtes Fachgebiet müssen folgende Voraussetzungen gegeben sein:

1. in der Person des Bewerbers

a) Sachkunde und Kenntnisse über die wichtigsten Vorschriften des Verfahrensrechts, über das Sachverständigenwesen, über die Befundaufnahme sowie über den Aufbau eines schlüssigen und nachvollziehbaren Gutachtens,

b) zehnjährige, möglichst berufliche Tätigkeit in verantwortlicher Stellung auf dem bestimmten oder einem verwandten Fachgebiet unmittelbar vor der Eintragung; eine fünfjährige Tätigkeit solcher Art genügt, wenn der Bewerber als Berufsvorbildung ein entsprechendes Hochschulstudium oder Studium an einer berufsbildenden höheren Schule erfolgreich abgeschlossen hat,

c) Geschäftsfähigkeit in allen Belangen und Nichtbestehen einer aufrechten gesetzlichen Vertretung im Sinn des § 1034 ABGB,

d) persönliche Eignung für die mit der Ausübung der Tätigkeit des Sachverständigen verbundenen Aufgaben,

e) Vertrauenswürdigkeit,

f) österreichische Staatsbürgerschaft oder die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats der Europäischen Union und der anderen Vertragsstaaten des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum sowie der Schweizerischen Eidgenossenschaft,

g) gewöhnlicher Aufenthalt oder Ort der beruflichen Tätigkeit im Sprengel des Landesgerichts, bei dessen Präsidenten der Bewerber die Eintragung beantragt, und

h) geordnete wirtschaftliche Verhältnisse,

i) der Abschluß einer Haftpflichtversicherung nach § 2a;

1a. die ausreichende Ausstattung mit der für eine Gutachtenserstattung im betreffenden Fachgebiet erforderlichen Ausrüstung;

2. der Bedarf an allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen für das Fachgebiet des Bewerbers."

Befristung des Eintrags

§ 6. (1) Die Eintragung in die Gerichtssachverständigen- und Gerichtsdolmetscherliste ist zunächst mit dem Zeitraum von fünf Jahren ab dem Zeitpunkt der Eintragung für das jeweilige Fachgebiet befristet und kann danach auf Antrag um jeweils fünf Jahre verlängert werden (Rezertifizierung).

(2) Der Antrag auf Rezertifizierung ist frühestens ein Jahr und spätestens drei Monate vor Ablauf der jeweiligen Frist zu stellen (§ 4 Abs. 1 erster Satz). Der allgemein beeidete und gerichtlich zertifizierte Sachverständige bleibt über den Fristablauf hinaus jedenfalls bis zur Entscheidung über einen fristgerecht gestellten Verlängerungsantrag in die Liste eingetragen. Die Rezertifizierung kann erfolgen, wenn die Voraussetzungen nach § 2 Abs. 2, mit Ausnahme der Z 1 lit. b und der Z 2, sowie nach § 2a weiterhin gegeben sind. Über den Antrag auf Rezertifizierung ist mit Bescheid zu entscheiden.

(3) Im Antrag sind die gerichtlichen Verfahren, in denen der oder die Sachverständige seit der Eintragung, bei häufiger Heranziehung in einem maßgeblichen Zeitraum unmittelbar vor der Antragstellung, tätig geworden ist, mit Aktenzeichen und Gericht anzuführen. Weiters hat der Antrag einen Hinweis auf die absolvierten Fortbildungsaktivitäten zu enthalten. Ist die Eignung der oder des Sachverständigen dem Entscheidungsorgan nicht ohnehin - besonders wegen der häufigen Heranziehung in Gerichtsverfahren - bekannt, so sind Kopien des Antrags zur Erhebung von Stichproben Leitern von Gerichtsabteilungen, denen die von der oder dem Sachverständigen angeführten Verfahren zur Erledigung zugewiesen sind oder waren, zur schriftlichen Stellungnahme über die Eignung der oder des Sachverständigen, besonders zur Äußerung über die Sorgfalt der Befundaufnahme, über die Rechtzeitigkeit der Gutachtenserstattung sowie über die Schlüssigkeit, die Nachvollziehbarkeit und den richtigen Aufbau der Gutachten, zu übermitteln. Das Entscheidungsorgan hat auf Grund der vorgelegten Berichte und der Nachweise über die Fortbildung die weitere Eignung der oder des Sachverständigen zu prüfen. Für diese Prüfung kann das Entscheidungsorgan weitere Ermittlungen anstellen und eine begründete Stellungnahme der Kommission (§ 4a) oder eine Äußerung eines qualifizierten Mitglieds dieser Kommission einholen.

(4) Ist ein Sachverständiger in mehrere Fachgebiete eingetragen, so kann das Entscheidungsorgan in dem über einen Antrag nach Abs. 1 geführten Verfahren auch über die Rezertifizierung für eines oder mehrere der übrigen Fachgebiete entscheiden, sofern sich der Sachverständige nicht dagegen ausspricht. Die Verlängerung der Eintragung in die Gerichtssachverständigen- und Gerichtsdolmetscherliste gilt diesfalls für alle einbezogenen Fachgebiete.

Entziehung der Eigenschaft

§ 10. (1) Die Eigenschaft als allgemein beeideter und gerichtlich zertifizierter Sachverständiger ist vom Präsidenten des Landesgerichts (§ 3) durch Bescheid zu entziehen,

1. wenn sich herausstellt, dass die Voraussetzungen für die Eintragung, mit Ausnahme der nach § 2 Abs. 2 Z 2, seinerzeit nicht gegeben gewesen oder später weggefallen sind,

2. wenn sich der Sachverständige wiederholt ungerechtfertigt weigert, zum Sachverständigen bestellt zu werden,

3. wenn er wiederholt die Aufnahme des Befundes oder die Erstattung des Gutachtens über Gebühr hinauszögert oder

4. wenn er beharrlich gegen das Verbot des § 3a Abs. 7 verstößt oder Inhalte öffentlich zugänglich macht, die geeignet sind, das Ansehen der Justiz zu schädigen.

(2) Ergibt sich in einem bestimmten Verfahren der Verdacht, daß einer der im Abs. 1 genannten Entziehungstatbestände gegeben ist, so hat das Gericht oder die staatsanwaltschaftliche Behörde hiervon dem zur Entziehung berufenen Präsidenten Mitteilung zu machen.

(3) Der § 9 Abs. 2 gilt für die Fälle der Entziehung sinngemäß.

(4) Im Entziehungsverfahren wegen Wegfalls der Voraussetzungen nach § 2 Abs. 2 Z 1 Buchstabe a und Z 1a kann der Präsident auch eine begründete Stellungnahme der Kommission (§ 4a) oder eine Äußerung eines qualifizierten Mitglieds dieser Kommission einholen; § 4a Abs. 2 letzter Satz findet insofern keine Anwendung."

3.3.2. Daraus ergibt sich für den Beschwerdefall Folgendes:

3.3.2.1. Beschwerdegegenständlich wurde der Beschwerdeführerin mit dem angefochtenen Bescheid die Eigenschaft als allgemein beeidete und gerichtlich zertifizierte Dolmetscherin entzogen, weil nach Ansicht der belangten Behörde der Entziehungstatbestand des § 10 Abs 1 Z 3 SDG verwirklicht worden sei.

Eine Grundlage hierfür erblickte die belangte Behörde darin, dass der Beschwerdeführerin eine zweimalige Fristüberschreitung bei der Erstattung von schriftlichen Übersetzungen in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang und erheblichem Ausmaß anzulasten sei, obwohl sie nach der ersten Firstüberschreitung ausdrücklich ermahnt worden sei. Weiters habe es die Beschwerdeführerin nicht der Mühe wert gefunden, zu letzterem Vorfall Stellung zu nehmen, und sei de facto keine Mitwirkung der Beschwerdeführerin am gegenständlichen Verfahren vorhanden.

Der Ansicht der belangten Behörde ist zu folgen:

3.3.2.2. Ein derartiger Sachverhalt stellt im Beschwerdefall - wie unten noch näher begründet werden wird - sowohl den Entziehungsgrund der wiederholten ungebührlichen Verzögerung bei der Gutachtenserstattung nach § 10 Abs. 1 Z 3 SDG als auch den Entziehungstatbestand nach § 10 Abs. 1 Z 1 SDG iVm § 2 Abs. 2 Z 1 lit. e SDG her (vgl. Krammer/Schmidt/Guggenbichler, Sachverständigen- und Dolmetschergesetz4, E 103 zu § 10 SDG).

3.3.2.3. Zum Entziehungsgrund des § 10 Abs. 1 Z 3 SDG:

Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 SDG ist die Eigenschaft als allgemein beeideter und gerichtlich zertifizierter Sachverständiger bzw. Dolmetscher vom Präsidenten des Landesgerichts durch Bescheid zu entziehen, wenn er wiederholt die Aufnahme des Befundes oder die Erstattung des Gutachtens (der schriftlichen Übersetzung) über Gebühr hinauszögert.

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes setzt eine "wiederholte" Säumigkeit im Sinne dieser Bestimmung entweder eine größere Zahl von Verzögerungen oder aber ein gewisses Naheverhältnis zwischen den einzelnen (allenfalls nur zwei) Säumnisfällen voraus. Wenn bei Tätigkeit eines Sachverständigen/Dolmetschers schon nach einem kürzeren zeitlichen Intervall eine neuerliche Verzögerung auftritt oder sich sonst Verzögerungen (in längeren Intervallen) häufen, kann davon ausgegangen werden, dass eine Streichung von der Liste der Sachverständigen/Dolmetscher zu erfolgen hat (vgl. VwGH 14.01.2000, 98/19/0121).

Im vorliegenden Fall ist die Voraussetzung der "wiederholten" Säumigkeit gegeben, da die Beschwerdeführerin mehr als einmal, nämlich zweimal, säumig wurde und auch die nach der Bestimmung bzw. Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes geforderte zeitliche Nähe zwischen den beiden Säumnisfällen zu bejahen ist. Denn die Beschwerdeführerin wurde, nachdem die erste Verzögerung im Jahr 2018 aufgefallen und sie deswegen im Zuge der letzten Rezertifizierung mit Schreiben vom 12.11.2018 ausdrücklich ermahnt worden war, bereits im April/Mai des Jahres 2019 - somit bereits nach einem kürzeren zeitlichen Intervall - wieder säumig. Somit liegt hier ein Fall vor, in dem nach der oben angeführten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes davon ausgegangen werden kann, dass eine Streichung von der Liste der Dolmetscher zu erfolgen hat.

Bei den hier vorliegenden Verzögerungen im Ausmaß von vier Monaten und mehreren Wochen, sodass sogar eine Beschlussfassung durch das Gericht mit der Aufforderung an die Beschwerdeführerin, die Übersetzung binnen einer Woche vorzulegen, erfolgen musste, kann nicht von bloß geringfügigen, unbedeutsamen Fristüberschreitungen gesprochen werden. Zu Recht ging die belangte Behörde davon aus, dass mit wochen- bzw. monatelangen Verzögerungen/Fristüberschreitungen bei der Erstattung von schriftlichen Übersetzungen - wie im Beschwerdefall - den gesetzlichen Anforderungen nicht entsprochen wird, da Verfahrensverzögerungen hintanzuhalten sind. Es kann der belangten Behörde nicht entgegengetreten werden, wenn sie diese Fristüberschreitungen als massive, gewichtig wirkende Verzögerungen beurteilt hat. Es liegt daher eine wiederholte Hinauszögerung der Erstattung der Übersetzung "über Gebühr" vor.

Entgegen der Einschätzung der Beschwerdeführerin sind damit die Tatbestandsvoraussetzungen für eine Entziehung nach § 10 Abs. 1 Z 3 SDG erfüllt.

Bei der Entscheidung der Frage, ob der Entziehungstatbestand des § 10 Abs. 1 Z 3 SDG verwirklicht wurde, haben subjektive Momente, wie etwa Entschuldigungsgründe, außer Betracht zu bleiben, weil der Entzug der Sachverständigeneigenschaft eine Maßnahme ist, die das klaglose Funktionieren der Rechtspflege sichern soll und nicht eine Bestrafung des Sachverständigen darstellt (vgl. VwGH 23.03.1999, 96/19/1229; VwGH 01.04.1981, 01/0669/80). Der Tatbestand des § 10 Abs. 1 Z 3 SDG setzt kein persönliches Verschulden des Sachverständigen/des Dolmetschers voraus (vgl. VwGH 30.05.1996, 95/19/0017). Zweck des § 10 Abs. 1 Z 3 SDG ist ein verzögerungsfreies Verfahren dadurch zu gewähren, dass im Hinblick auf die prompte Gutachtens-/Übersetzungserstattung ungeeignete Sachverständige/Dolmetscher aus der Liste der Sachverständigen/Dolmetscher auszuschließen sind.

Vor diesem Hintergrund macht allein die - hier gegebene - objektive Tatsache der wiederholten ungebührlichen Gutachtensverzögerung die Entziehung notwendig, weil die Weiterbelassung in der Liste geeignet ist, einen verzögerungsfreien Gang der Rechtspflege in anderen Fällen in Frage zu stellen (vgl. VwGH 30.05.1996, 95/19/0017). Die Tatsache der bereits jahrelangen Dolmetscher-/Übersetzungstätigkeit der Beschwerdeführerin, die - abgesehen von den dargestellten Säumnisfällen und Verhaltensweisen der Beschwerdeführerin -, zu keinen Beanstandungen (hinsichtlich der fristgerechten Erledigung von Aufträgen) geführt haben, vermag daran nichts zu ändern.

Abgesehen davon hat die Beschwerdeführerin (weder im Rahmen des ihr gewährten Parteiengehörs noch in der Beschwerde) behauptet, dass die Verzögerungen auf Gründe zurückzuführen waren, auf die sie keinen Einfluss hatte. Hinzu tritt, dass es in der Sphäre der Beschwerdeführerin liegt, dem Gericht bzw. der Behörde in jedem Fall den Umstand, dass sie die Übersetzung nicht innerhalb der ihr als Dolmetscherin gesetzten Frist vorlegen kann, und die Gründe hierfür, seien sie auch nicht von der Beschwerdeführerin hervorgerufen, mitzuteilen. Es ist Sache der Beschwerdeführerin, im Fall nach Annahme des Auftrages zur Übersetzung auftretender Umstände/Probleme, die eine fristgerechte Erledigung (voraussichtlich) hindern, das Gericht/die Behörde von diesem Sachverhalt unverzüglich in Kenntnis zu setzen sowie Fristerstreckungsanträge zu stellen und allenfalls keine weiteren Aufträge mehr anzunehmen. Demgegenüber ist nicht ersichtlich, dass die Beschwerdeführerin in den hier in Rede stehenden Säumnisfällen Ansuchen um Fristverlängerung gestellt bzw. die nicht fristgerechte Erstattung von sich aus angezeigt hätte.

Es bestehen im Beschwerdefall auch keinerlei Anhaltspunkte dafür, die Verzögerungen als Einzelfälle oder situativ besonders gelagertes Fehlverhalten der Beschwerdeführerin aufzufassen, vielmehr stellt der Umstand, dass bei der Beschwerdeführerin nach einem kürzeren zeitlichen Intervall und trotz Ermahnung neuerlich eine beträchtliche Verzögerung bei der Erstattung der Übersetzung aufgetreten ist, ein (gewichtiges) Argument für die Annahme dar, dass die Eignung der Beschwerdeführerin im Entscheidungszeitpunkt nicht mehr gegeben ist.

Der Beschwerdeführerin ist daher die Eigenschaft als allgemein beeidete und gerichtlich zertifizierte Dolmetscherin aus dem Grund des § 10 Abs. 1 Z 3 SDG zu entziehen.

3.3.2.4. Zum Entziehungstatbestand des § 10 Abs. 1 Z 1 SDG iVm § 2 Abs. 2 Z 1 lit. e SDG:

In Bezug auf die Frage, ob die Vertrauenswürdigkeit der Beschwerdeführerin als Dolmetscherin gemäß § 2 Abs. 2 Z 1 lit. e SDG noch gegeben ist, muss im Sinne des Gesetzes und der dazu ergangenen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa VwGH 02.09.2019, Ra 2019/03/0105; VwGH 23.2.2018, Ro 2017/03/0025; 03.06.2019, Ra 2019/03/0060) ein Verhalten eines Dolmetschers, die vom Gericht/der Behörde festgesetzte Frist für die Erstattung von Übersetzungen wiederholt nicht einzuhalten bzw. in erheblichem Ausmaß zu überschreiten, - insbesondere im Fall der Verwirklichung des Entziehungsgrundes der wiederholten ungebührlichen Verzögerung gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 SDG - als geeignet angesehen werden, Bedenken ob der Voraussetzung der "Vertrauenswürdigkeit" gemäß § 2 Abs. 2 Z 1 lit. e SDG aufkommen zu lassen, zumal ein derartiges Verhalten geeignet ist, die Integrität des Dolmetschers nicht nur in den Augen der rechtsuchenden Bevölkerung, sondern auch der entscheidenden Gerichte bzw. Behörden zu erschüttern.

Vor diesem Hintergrund bestehen auf Grund des Umstandes, dass die Beschwerdeführerin zweimal Übersetzungen erheblich verspätet erstattet hat, wobei sie bereits nach einem kürzeren zeitlichen Intervall und trotz ausdrücklicher Ermahnung zur fristgerechten Erstattung der Übersetzungen neuerlich säumig wurde, erhebliche Zweifel an ihrer Vertrauenswürdigkeit. Denn ein derartiges Verhalten lässt einen Mangel an Sorgfalt, Pflichtbewusstsein und Zuverlässigkeit erkennen, weil sich daraus das Bild ergibt, dass die Beschwerdeführerin Fristüberschreitungen bei der Erstattung von Übersetzungen in Kauf nimmt bzw. der fristgerechten Erledigung ihrer Übersetzungen nicht die ihr zukommende Bedeutung beimisst. Dies gilt hier im Besonderen deshalb, weil sie auf ihre Verzögerung im Zuge der letzten Rezertifizierung hingewiesen und ermahnt wurde, auf die fristgerechte Erledigung zu achten.

In Anbetracht der sehr bedeutsamen Rolle, die einem Sachverständigen/Dolmetscher in der Rechtspflege zukommt, und der Erwartung an ein hohes Maß von Gesetzestreue, Korrektheit, Sorgfalt, Charakterstärke und Pflichtbewusstsein, welches auch eine besondere Sorgfalt bei Einhaltung von Terminen und Fristen voraussetzt, bewirkt ein derartiges Verhalten einen Verlust an Vertrauenswürdigkeit.

Zudem ist auch aus dem Umstand, dass die Beschwerdeführerin der Aufforderung der Behörde, die Gründe für die neuerliche Säumnis zu erklären, nicht nachgekommen ist bzw. entgegen ihrer eigenen telefonischer Ankündigung keine Stellungnahme abgegeben hat, zu ersehen, dass bei der Beschwerdeführerin ein den Anforderungen an eine Dolmetscherin gerecht werdendes Verhalten nicht mehr gegeben ist. Denn es darf von einem Sachverständigen/Dolmetscher erwartet werden, dass er nicht nur der Gutachtenserstattung/Übersetzung, sondern auch sonstigen behördlichen/gerichtlichen (verfahrensrechtlichen) Aufträgen/Ersuchen fristgerecht, vollständig und richtig nachkommt sowie, dass er bei nicht unerheblicher Fristüberschreitung, diesen Umstand sowie die Gründe dafür von sich aus anzeigt (vgl. auch die Standesregeln des Hauptverbandes der Gerichtssachverständigen Punkt 2.4.).

Nach den Umständen dieses Falles sind unter Berücksichtigung des strengen Maßstabes bei der Ausmittlung des Maßes der Vertrauenswürdigkeit bei einer Gesamtbetrachtung des dargelegten, in Bezug auf die Verzögerungen bei der Übersetzung bestehenden Fehlverhaltens der Beschwerdeführerin - auch bei Zugrundelegung ihres seitherigen Wohlverhaltens und bei Bedachtnahme auf den diesfalls seit Verwirklichung des Fehlverhaltens verstrichenen relativ kurzen Zeitraum - erhebliche Mängel an Sorgfalt, Pflichtbewusstsein sowie unbeirrbarer und unerschütterlicher persönlicher Zuverlässigkeit zu erkennen, die der Beschwerdeführerin die Vertrauenswürdigkeit im Sinn des § 2 Abs. 2 Z 1 lit. e SDG nehmen und die im Entscheidungszeitpunkt - trotz bis zum ersten Säumnisfall gegebener ordnungsgemäßer Tätigkeit - keine günstige Prognose über das künftige Verhalten der Beschwerdeführerin erlauben. Es liegt daher auch der Entziehungstatbestand nach § 10 Abs. 1 Z 1 SDG iVm § 2 Abs. 2 Z 1 lit. e SDG vor. Die von der belangten Behörde ausgesprochene Entziehung ist somit auch aus diesem Grund begründet.

3.4. Das Beschwerdevorbringen vermag der Beschwerde daher nicht zum Erfolg zu verhelfen. Andere gegen die Richtigkeit des angefochtenen Bescheides sprechende Umstände sind nicht zu erkennen. Da dem angefochtenen Bescheid sohin eine Rechtswidrigkeit iSd Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG nicht anhaftet, ist die Beschwerde daher spruchgemäß abzuweisen. Für die in eventu begehrte bloß kassatorische Entscheidung unter Zurückverweisung des Verfahrens an die belangte Behörde bestand aufgrund des feststehenden Sachverhaltes kein Raum. Im Übrigen wurde in der Beschwerde der behördliche Bescheid zwar "zur Gänze" angefochten, Vorbringen oder Anträge zur Frage der aufschiebenden Wirkung wurden darin aber nicht erstattet.

3.5. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG entfallen. Im vorliegenden Fall lässt die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten und die Notwendigkeit der Durchführung einer Verhandlung ist auch im Hinblick auf Art. 6 Abs. 1 EMRK und Art. 47 GRC nicht ersichtlich. Der entscheidungsrelevante Sachverhalt ist hier geklärt. Zu einer Lösung von Rechtsfragen ist im Sinne der Judikatur des EGMR eine mündliche Verhandlung nicht geboten. Art 6 EMRK und Art 47 GRC stehen daher der Abstandnahme von einer mündlichen Verhandlung nicht entgegen.

Zu B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die vorliegende Entscheidung hängt nicht von der Lösung einer Rechtsfrage ab, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes noch weicht die gegenständliche Entscheidung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Es liegen auch keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfragen vor. Es war daher auszusprechen, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig ist.

Schlagworte

Dolmetscher, Entziehungsgrund, Fristüberschreitung,
Sorgfaltspflicht, Übersetzung, Verspätung, Vertrauenswürdigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W108.2223684.1.00

Zuletzt aktualisiert am

19.05.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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