TE Bvwg Erkenntnis 2019/6/7 W258 2146823-2

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Veröffentlicht am 07.06.2019
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Entscheidungsdatum

07.06.2019

Norm

B-VG Art. 133 Abs4
FPG §52 Abs5
FPG §77 Abs3 Z3

Spruch

W258 2146823-2/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Gerold PAWELKA-SCHMIDT über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan, vertreten durch Mag. Ronald FRÜHWIRTH, Rechtsanwalt in 8020 Graz, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX , Zl XXXX , wegen Nichtausfolgung einer finanziellen Sicherheit gemäß § 77 Abs 3 Z 3 FPG, zu Recht:

A) Die Beschwerde wird abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer (in Folge als "BF" bezeichnet) in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz, der letztlich mit hg Erkenntnis vom 25.07.2018, AZ W257 2146823-1, abgewiesen und die gegen den BF gemäß § 52 FPG erlassene Rückkehrentscheidung des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl (in Folge als "belangte Behörde" bezeichnet) bestätigt worden ist. Das Erkenntnis blieb unbekämpft.

Am 03.08.2018 versuchte der BF unter Umgehung der Grenzkontrollen in die Bundesrepublik Deutschland einzureisen. Er wurde von der deutschen Bundespolizei an der Einreise gehindert, die den BF am 04.08.2018 an die österreichische Bundespolizei übergeben hat.

Mit dem am 04.08.2018 erlassenen Mandatsbescheid wurde dem BF aufgetragen, zur Sicherung der Abschiebung eine finanzielle Sicherheit iHv EUR 1.700,00 zu hinterlegen. Der Mandatsbescheid blieb unbekämpft. Gemeinsam mit dem Bescheid wurde dem BF eine Bestätigung der Sicherstellung übermittelt, in der er darüber belehrt worden ist, dass die finanzielle Sicherheit zu Gunsten des Bundes verfällt, wenn er sich dem Verfahren oder einer Maßnahme nach dem FPG entzieht. Der BF hat die finanzielle Sicherheit in voller Höhe am selben Tag hinterlegt.

Der BF reiste spätestens am 21.08.2018, das genaue Datum ist nicht feststellbar, nach Frankreich ein. Frankreich wollte den BF nicht aufnehmen. Er stellte in Frankreich einen Antrag auf Asyl, worüber die französischen Behörden die belangte Behörde mit Schreiben vom selben Tag informiert haben. Mit Aktenvermerk vom 24.08.2018 stellte die belangte Behörde fest, dass die finanzielle Sicherheit mit spätestens 21.08.2018 ex lege verfallen sei.

Mit Schreiben vom 25.10.2018, bei der belangten Behörde eingelangt am 30.10.2018, stellte der BF einen Antrag auf Ausfolgung der finanziellen Sicherheit (OZ 1 S 131), den die belangte Behörde mit dem gegenständlichen Bescheid vom XXXX abgewiesen hat.

Dagegen richtet sich die gegenständliche Beschwerde des BF vom 06.05.2019, bei der belangten Behörde eingelangt am 07.05.2019, die die belangte Behörde dem erkennenden Gericht unter Anschluss des Verwaltungsaktes mit Schreiben vom 23.05.2019, hg eingelangt am 31.05.2019, vorgelegt hat.

Beweise wurden aufgenommen durch Einsicht in den Verwaltungsakt und den hg Akt zur AZ W257 2146823-1.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der unter I. geschilderte Verfahrensgang steht fest.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergeben sich aus den genannten unbedenklichen Beweismitteln.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchpunkt A):

Die zulässige Beschwerde ist nicht berechtigt.

3.1. Relevante Gesetzesbestimmungen:

Gemäß § 52 Abs 2 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen mit Bescheid ua eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird.

Die Rückkehrentscheidung nach § 52 FPG ist dabei eine behördliche Maßnahme, mit der festgestellt wird, dass der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen nicht rechtmäßig ist und ihm daher eine Rückkehrverpflichtung auferlegt wird. Die Rückkehr hat dann nicht nur aus dem Bundesgebiet zu erfolgen, sondern hat der Drittstaatsangehörige in sein Herkunftsland, in ein Transitland gemäß gemeinschaftlichen oder bilateralen Rückübernahmeabkommen oder anderer Vereinbarungen oder in ein anderes Drittland, in das der betreffende Drittstaatsangehörige freiwillig zurückkehren will und in dem er aufgenommen wird, zurückzureisen. (ErläutRV 1078 BlgNR 24. GP 29; siehe auch die entsprechende Begriffsbestimmung in Artikel 3 Z 3 der Richtlinie 2008/115/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16.12.2008 über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedsstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger (Rückführungsrichtlinie))

§§ 76 f FPG lauten:

"§ 76. (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. [...]

§ 77. (1) Das Bundesamt hat bei Vorliegen der in § 76 genannten Gründe gelindere Mittel anzuordnen, wenn es Grund zur Annahme hat, dass der Zweck der Schubhaft durch Anwendung des gelinderen Mittels erreicht werden kann. [...]

(3) Gelindere Mittel sind insbesondere die Anordnung, [...]

3. eine angemessene finanzielle Sicherheit beim Bundesamt zu hinterlegen. [...]

(7) Die näheren Bestimmungen, welche die Hinterlegung einer finanziellen Sicherheit gemäß Abs. 3 Z 3 regeln, kann der Bundesminister für Inneres durch Verordnung festlegen.

(8) Das gelindere Mittel ist mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. [...]"

Der Aufgrund der Verordnungsermächtigung gemäß § 77 Abs 7 FPG erlassene § 13 Fremdenpolizeigesetz-Durchführungsverordnung (FPG-DV), der die Überschrift "Hinterlegung von finanziellen Sicherheiten" trägt, lautet:

"§ 13. (1) Die Höhe der finanziellen Sicherheit gemäß §§ 56 Abs. 2 Z 4, 71 Abs. 2 Z 3 und 77 Abs. 3 Z 3 FPG ist jeweils im Einzelfall angemessen und verhältnismäßig festzusetzen. Diese beträgt höchstens 200 vH des Richtsatzes gemäß § 293 Abs. 1 lit. a bb Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG), BGBl. Nr. 189/1955.

(2) Dem Fremden ist über die Hinterlegung der finanziellen Sicherheit eine Bestätigung auszustellen.

(3) Die finanzielle Sicherheit ist dem Fremden zurückzustellen, sobald die Gründe für die Festsetzung dieser Auflage weggefallen sind.

(4) Die finanzielle Sicherheit verfällt zugunsten des Bundes, wenn sich der Fremde dem Verfahren oder einer Maßnahme nach dem FPG entzieht. Der Fremde ist hierüber bei der Hinterlegung der finanziellen Sicherheit nachweislich zu informieren."

3.2. Angewendet auf den Sachverhalt bedeutet das:

3.2.1. Gegen den BF besteht eine rechtskräftige und vollstreckbare Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG. Er ist daher verpflichtet, in den Herkunftsstaat, ein Transitland gemäß gemeinschaftlichen oder bilateralen Rückübernahmeabkommen oder anderer Vereinbarungen oder in ein anderes Drittland, in das der betreffende Drittstaatsangehörige freiwillig zurückkehren will und in dem er aufgenommen wird, auszureisen (ErläutRV 1078 BlgNR 24. GP 29).

3.2.2. Zur Sicherung seiner Abschiebung wurde dem BF mit rechtskräftigem und vollstreckbaren Mandatsbescheid die Leistung einer finanziellen Sicherheit aufgetragen, die ua für den Fall, dass sich der BF dem Verfahren entzieht, verfällt (§ 13 Abs 3 FPG-DV). Der BF hat diese Leistung erbracht, indem er EUR 1.700,00 bei der belangten Behörde hinterlegt hat.

3.2.3. Der BF ist nach Frankreich ausgereist, das weder Herkunftsstaat, Transit- oder Drittland in diesem Sinne ist. Ein etwaig zwischenzeitlich - vom BF vorgebrachtes - zugelassenes Asylerfahren des BF in Frankreich ist dabei ohne Bedeutung, weil die Aufnahmewilligkeit des Drittstaates zum Zeitpunkt der Einreise des BF nicht vorgelegen ist.

3.2.4. Damit hat der BF einerseits die Rückkehrentscheidung nicht erfüllt. Da sich die Hoheitsgewalt der belangten Behörde nur auf das Bundesgebiet erstreckt, war es ihr mit Ausreise des BF aus dem Bundesgebiet andererseits auch nicht mehr möglich, das Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme fortzuführen bzw die gegen den BF bestehende Rückkehrentscheidung zu vollstrecken. Der BF hat sich somit mit seiner Ausreise aus dem Bundesgebiet spätestens am 21.08.2018 dem Zugriff der belangten Behörde entzogen, wodurch der Sicherungsfall eingetreten ist und die finanzielle Sicherheit gemäß § 13 Abs 3 FPG-DV ex lege verfallen ist.

3.3. Wenn der BF vorbringt, der in § 13 Abs 4 FPG-DV normierte Verfall der Sicherheitsleistung sei nicht durch § 77 Abs 7 FPG gedeckt, ist ihm entgegen zu halten, dass § 77 Abs 7 FPG den Verordnungsgeber ermächtigt, Bestimmungen zu erlassen, die die Hinterlegung einer finanziellen Sicherheit regeln. Unter Hinterlegung ist dabei nicht nur der Vorgang der Übergabe und Verwahrung des Sicherungsbetrags, sondern das Institut der Sicherungsleistung als solche zu verstehen. Dies ergibt sich einerseits aus dem in § 77 Abs 7 enthaltenen Verweis auf § 77 Abs 3 Z 3 FPG, in dem das gelindere Mittel selbst genannt wird (arg "gemäß") und dadurch zum Gegenstand der Verordnungsermächtigung wird.

Da es im Wesen einer Sicherheitsleistung liegt, dass sie bei Eintritt des Sicherungsfalles auch verfallen kann, kann daher keine Überschreitung der Verordnungsermächtigung des § 77 Abs 7 FPG gesehen werden, wenn der Verordnungsgeber den Verfall der finanziellen Sicherheit für den Fall anordnet, dass sich der Fremde dem Verfahren entzieht.

3.4. Der BF bringt weiters vor, die Bedingung unter der die finanzielle Sicherheit gemäß § 13 Abs 3 FPG-DV verfallen soll sei zu unbestimmt. Es sei unklar, wann sich der Fremde dem Verfahren oder einer Maßnahme nach dem FPG entzogen hat. Dem ist nicht zu folgen:

Die Leistung einer finanziellen Sicherheit soll ua das Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder die Abschiebung des Fremden sichern (§ 76 Abs 2 Z 2 FPG). Ein Fremder entzieht sich dem Verfahren im Sinne des § 13 Abs 3 FPG-DV daher jedenfalls dann, wenn er sich - wie hier - dem Zugriff der für die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme zuständigen Behörden durch Ausreise, aber ohne Erfüllung seine Rückkehrverpflichtung, entzieht, weil dadurch die Führung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme vereitelt wird.

3.5. Die belangte Behörde hat somit zu Recht den Antrag des BF auf Ausfolgung der finanziellen Sicherheit abgewiesen, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.

3.6. Da lediglich Rechtsfragen zu klären waren, konnte von der Durchführung einer - nicht beantragten - mündlichen Verhandlung gemäß § 24 Abs 4 VwGVG abgesehen werden.

Zu Spruchpunkt B), "Unzulässigkeit der Revision":

Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Nach Art 133 Abs 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn es von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere, weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Sie ist ua dann nicht zulässig, wenn - wie hier - die Rechtslage als eindeutig anzusehen ist (vgl VwGH 03.07.2015, Ra 2015/03/0041).

Schlagworte

finanzielle Mittel, Verfall

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W258.2146823.2.00

Zuletzt aktualisiert am

15.05.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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