TE Lvwg Erkenntnis 2020/4/14 LVwG-AV-1192/001-2019

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Veröffentlicht am 14.04.2020
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Entscheidungsdatum

14.04.2020

Norm

AWG 2002 §1 Abs3
AWG 2002 §15 Abs5
AWG 2002 §15 Abs5a
AWG 2002 §73 Abs1

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch Mag. Eichberger, LL.M. als Einzelrichter über die Beschwerde des A, in ***, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Scheibbs vom 27. September 2019, Zl. ***, betreffend eines Behandlungsauftrages nach dem Abfallwirtschaftsgesetz 2002, zu Recht:

1.   Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Anlässlich der Beschwerde wird der angefochtene Bescheid dahingehend abgeändert, als das Altfahrzeug der Marke Audi, Typ C4, A6, mit der Fahrgestellnummer ***, und das Altfahrzeug der Marke Mercedes, Typ 203/C 200 CDI mit der Fahrgestellnummer *** spätestens bis zum 30. September 2020 nachweislich von einem hierzu Befugten entsorgen zu lassen sind und die diesbezüglichen Entsorgungsnachweise der Bezirkshauptmannschaft Scheibbs bis längstens 20. Oktober 2020 vorzulegen sind.

2.   Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision nicht zulässig.

Rechtsgrundlagen:

§ 28 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG)

§ 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 – VwGG

Entscheidungsgründe:

1.   Zum verwaltungsbehördlichen Verfahren:

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Scheibbs vom 27. September 2019, Zl. ***, wurde der Beschwerdeführer gemäß § 73 Abfallwirtschaftsgesetz 2002 (AWG 2002) zu folgenden Maßnahmen verpflichtet:

1.   Das Altfahrzeug der Marke Audi, Typ C4, A6, mit der Fahrgestellnummer ***, abgestellt im Freien auf unbefestigtem Grund auf dem Grundstück Nr. ***, KG ***, Gemeindegebiet der Stadtgemeinde ***, ist nach den Bestimmungen des Abfallwirtschaftsgesetzes 2002, umgehend, spätestens jedoch bis 31. Dezember 2019 nachweislich von einem hierzu Befugten entsorgen zu lassen.

2.   Der Entsorgungsnachweis mit Anführung der Fahrgestellnummer des Altfahrzeuges Audi A6 ist der Bezirkshauptmannschaft Scheibbs bis längstens 15. Jänner 2020 vorzulegen.

3.   Das Altfahrzeug der Marke Mercedes, Typ 203/C 200 CDI, mit der Fahrgestellnummer ***, abgestellt im Freien auf unbefestigtem Grund auf dem Grundstück Nr. ***, KG ***, Gemeindegebiet der Stadtgemeinde ***, ist nach den Bestimmungen des Abfallwirtschaftsgesetzes 2002, umgehend, spätestens jedoch bis 31. Mai 2020 nachweislich von einem hierzu Befugten entsorgen zu lassen.

4.   Der Entsorgungsnachweis mit Anführung der Fahrgestellnummer des Altfahrzeuges Mercedes C 200 CDI ist der Bezirkshauptmannschaft Scheibbs bis längstens 15. Juni 2020 vorzulegen.

Kosten

Sie werden gleichzeitig verpflichtet, folgende Verfahrenskosten binnen vier Wochen ab Zustellung dieses Bescheides zu entrichten:

Kommissionsgebühren für den durchgeführten Ortsaugenschein vom 20.09.2019 (2 Amtsorgane, Dauer 2 halbe Stunden) einzuzahlender Gesamtbetrag: € 55,20

Begründet wurde der Behandlungsauftrag dahingehend, dass im Zuge eines Außendienstes eines Mitarbeiters der Bezirkshauptmannschaft Scheibbs am 01. August 2019 festgestellt wurde, dass auf dem Grst. Nr. ***, KG ***, zwei PKW (Audi grün und Mercedes silber) ohne Kennzeichen und ohne gültige § 57 KFG Plankette im Freien auf unbefestigten Grund abgestellt sind. Es bestand der Verdacht, dass es sich bei beiden Fahrzeugen um Abfall im Sinne des Abfallwirtschaftsgesetzes 2002 handelt.

Daraufhin wurde am 20. September 2019 ein Lokalaugenschein unter Beiziehung eines Amtssachverständigen für Kraftfahrzeugtechnik zur Feststellung des Sachverhaltes und Abgabe eines fachlichen Gutachtens durchgeführt.

Befund und Gutachten des Amtssachverständigen haben ergeben, dass die beschwerdegegenständlichen Fahrzeuge schon über einen längeren Zeitraum auf dem unbefestigten Areal gelagert werden und auf Grund der jahrelang abgelaufenen bzw. überhaupt fehlenden Begutachtungsplaketten nach § 57a KFG sowie aufgrund des Zustandes der Fahrzeuge seit längerer Zeit nicht mehr in bestimmungsgemäßer Verwendung waren. Außerdem wurde festgestellt, dass die Fahrzeuge nach wie vor sämtliche befundmäßig festgestellten Betriebsstoffe enthalten, die als gefährliche Abfälle anzusprechen seien.

Aus objektiver technischer Sicht wurden die beiden Fahrzeuge als gefährliche Abfälle eingestuft, da insbesondere die Zeitwerte der Fahrzeuge weniger betragen als die aktuellen nationalen Reparaturkosten durch entsprechende Fachwerkstätten.

Der Beschwerdeführer habe außerdem bekannt gegeben, dass er sich ohnehin der Fahrzeuge, bis zur gemeinsam mit der Behörde festgesetzten Frist, entledigen möchte.

Weiters führte die belangte Behörde begründend aus, dass sich die bestimmte Entsorgungsfrist auf das Gutachten des Amtssachverständigen für Kraftfahrzeugtechnik stützte und die Lagerung der Fahrzeuge nicht genehmigt wurde.

2.   Zum Beschwerdevorbringen:

In der rechtzeitigen Beschwerde vom 16. Oktober 2019 gab der Beschwerdeführer an, dass betreffend den Audi A6 und den Mercedes Type 203C 200 CDI die im Bescheid angeführten Entfernungstermine durch fehlendes Kaufinteresse nicht eingehalten werden können. Beide PKW sind keine Autowracks und haben einen Verkaufswert. Er bemühe sich seine PKW ehe baldigst zu verkaufen.

3.   Feststellungen:

Der Beschwerdeführer ist Hälfteeigentümer des Grundstücks Nr. ***, KG ***.

Er hat am Grundstück Nr. ***, KG ***, die Fahrzeuge der Marke Audi, Typ C4, A6, mit der Fahrgestellnummer *** und das Fahrzeug Marke Mercedes, Typ 203/C 200 CDI, mit der Fahrgestellnummer *** im Freien auf unbefestigten Grund abgestellt.

Die Fahrzeuge verfügen über keine gültige Begutachtungsplakette gemäß § 57a KFG. Die letzte Begutachtungsplakette des Audi hat eine Lochung von 06//2014 und die Begutachtungsplakette des Mercedes hat eine Lochung von 11/2016.

Beide Fahrzeuge sind nicht trockengelegt.

Bei den gegenständlichen Fahrzeugen handelt es sich um Altfahrzeuge nach der Altfahrzeugverordnung und sind daher als Abfall im subjektiven Sinn anzusprechen.

Eine bestimmungsgemäße Verwendung ist nicht möglich.

Der Beschwerdeführer verfügt über keine Berechtigung für die Sammlung und Behandlung von Abfällen gemäß § 24a Abfallwirtschaftsgesetz 2002 (AWG 2002).

4.    Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergeben sich aufgrund des unbedenklichen Inhaltes des Verwaltungsaktes, vor allem dem darin inneliegenden Gutachten des Amtssachverständigen für Kraftfahrzeugtechnik und dem Vorbringen des Beschwerdeführers in seiner Beschwerde.

Die Feststellung zum Hälfteeigentum des Beschwerdeführers am Grundstück Nr. ***, KG ***, ergibt sich aus dem im Akt inneliegenden Grundbuchauszug.

Es blieb unbestritten, dass die gegenständlichen Fahrzeuge am Grundstück Nr. ***, KG ***, vom Beschwerdeführer abgestellt wurden.

Die Einstufung der beiden Fahrzeuge als Altfahrzeuge nach der Altfahrzeugverordnung ergibt sich aus dem widerspruchsfreien Gutachten des Amtssachverständigen für Kraftfahrzeugtechnik. Überdies ist dies auch aufgrund der Lochungen der auf den Fahrzeugen vorhandenen abgelaufenen Begutachtungsplaketten zu sehen, da diese Begutachtungsplaketten seit Jahren abgelaufen sind.

Ebenso ergibt sich aus dem Gutachten des Amtssachverständigen, dass die Fahrzeuge nicht trockengelegt sind. Dies wurde auch vom Beschwerdeführer nie bestritten.

Aufgrund des Zustandes der beiden Fahrzeuge ist auch ersichtlich, dass diese nicht der bestimmungsgemäßen Verwendung zugeführt werden können. Ergibt sich doch auch aus dem Gutachten des Amtssachverständigen, dass die Fahrzeuge mit Materialien und anderen Abfällen beladen sind und widerspricht dies ebenso der bestimmungsgemäßen Verwendung dieser Fahrzeuge.

Auch ist aus dem Gutachten des Amtssachverständigen zu entnehmen, dass die Wirtschaftlichkeit einer Reparatur der beiden Fahrzeuge nicht mehr gegeben ist.

Diesen fachlichen Ausführungen, welche als in sich schlüssig und nachvollziehbar zu bezeichnen sind, ist der Beschwerdeführer nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten.

Das Vorbringen des Beschwerdeführers, dass diese Fahrzeuge keine Flüssigkeiten verlieren und somit nicht als Abfall anzusprechen sind, geht ins Leere, da nach den Bestimmungen des Abfallwirtschaftsgesetz 2002 (AWG 2002) alleine die Möglichkeit ausreicht, dass die Umwelt durch etwa austretende Flüssigkeiten gefährdet wird, um ein Fahrzeug als Abfall anzusprechen.

Dass es sich bei den Fahrzeugen um subjektiven Abfall handelt, ist auch der Beschwerde zu entnehmen, da der Beschwerdeführer hierin angibt, es beabsichtige die Fahrzeuge zu verkaufen, also will er sich dieser entledigen.

Auch geht das Vorbringen des Beschwerdeführers, die Fahrzeuge seien keine Autowracks, da sie einen Verkaufswert haben, ins Leere. Mit der alleinigen Behauptung, die gegenständlichen Fahrzeuge seien keine Autowracks bzw. Altfahrzeuge, kann er dem fachlichen Gutachten des Amtssachverständigen nicht entgegentreten.

Das Fehlen der Berechtigung zum Sammeln und Behandeln von Abfällen ergibt sich aus dem unbedenklichen Akteninhalt der belangten Behörde und auch daraus, dass der Beschwerdeführer dies auch nie behauptet hat.

5.   Rechtslage:

Die maßgeblichen Bestimmungen des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes lauten auszugsweise:

Erkenntnisse und Beschlüsse

Erkenntnisse

§ 28. (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

(2) Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn

      1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder

      2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.“

Die maßgebliche Bestimmung des Verwaltungsgerichtshofgesetzes lautet:

Revision

„§ 25a. (1) Das Verwaltungsgericht hat im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.“

Die maßgeblichen Bestimmungen des Abfallwirtschaftsgesetz 2002 (AWG 2002) lauten auszugsweise:

Begriffsbestimmungen
§ 2.

(1) Abfälle im Sinne dieses Bundesgesetzes sind bewegliche Sachen,

1.

deren sich der Besitzer entledigen will oder entledigt hat oder

2.

deren Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung als Abfall erforderlich ist, um die öffentlichen Interessen (§ 1 Abs. 3) nicht zu beeinträchtigen.

Allgemeine Pflichten von Abfallbesitzern

Allgemeine Behandlungspflichten für Abfallbesitzer
§ 15.

(1) Bei der Sammlung, Beförderung, Lagerung und Behandlung von Abfällen und beim sonstigen Umgang mit Abfällen sind

1.

die Ziele und Grundsätze gemäß § 1 Abs. 1 und 2 zu beachten und

2.

Beeinträchtigungen der öffentlichen Interessen (§ 1 Abs. 3) zu vermeiden.

[…]

(3) Abfälle dürfen außerhalb von

1.

hiefür genehmigten Anlagen oder

2.

für die Sammlung oder Behandlung vorgesehenen geeigneten Orten

nicht gesammelt, gelagert oder behandelt werden. Eine Ablagerung von Abfällen darf nur in hiefür genehmigten Deponien erfolgen.

Abfallsammler und -behandler

Erlaubnis für die Sammlung und Behandlung von Abfällen
§ 24a.

(1) Wer Abfälle sammelt oder behandelt bedarf einer Erlaubnis durch den Landeshauptmann. Das Anbieten des Sammelns oder des Behandelns von Abfällen gegenüber einem größeren Kreis von Personen ist der Ausübung der jeweiligen Tätigkeit gleichzuhalten. Der Antrag kann, sofern dieser Teilbereich in einem Register gemäß § 22 Abs. 1 eingerichtet ist, über dieses Register erfolgen.

(2) Der Erlaubnispflicht unterliegen nicht:

1.

Personen, die ausschließlich im eigenen Betrieb anfallende Abfälle behandeln; diese Ausnahme gilt nicht für die Verbrennung und Ablagerung von Abfällen;

[…]

Behandlungsaufträge, Überprüfung

Behandlungsauftrag
§ 73.

(1) Wenn

1.

Abfälle nicht gemäß den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes, nach diesem Bundesgesetz erlassenen Verordnungen, nach EG-VerbringungsV oder nach EG-POP-V gesammelt, gelagert, befördert, verbracht oder behandelt werden oder

2.

die schadlose Behandlung der Abfälle zur Vermeidung von Beeinträchtigungen der öffentlichen Interessen (§ 1 Abs. 3) geboten ist,

hat die Behörde die erforderlichen Maßnahmen dem Verpflichteten mit Bescheid aufzutragen oder das rechtswidrige Handeln zu untersagen.

Die maßgeblichen Bestimmungen der Verordnung über Abfallvermeidung, Sammlung und Behandlung von Altfahrzeugen (Altfahrzeugeverordnung), BGBl. II Nr. 144/2018, lauten auszugsweise:

Ziel
§ 1.

Ziel dieser Verordnung ist es, Maßnahmen festzulegen, um die Vermeidung von insbesondere gefährlichen Abfällen von Fahrzeugen, die Wiederverwendung und die Verwertung von Altfahrzeugen und ihren Bauteilen zu intensivieren. Die zu beseitigende Abfallmenge soll im Sinne einer nachhaltigen Stoffbewirtschaftung und einer Verbesserung der Umweltsituation verringert werden. Dies soll durch alle in den Lebenskreislauf von Fahrzeugen einbezogenen Wirtschaftsbeteiligten, insbesondere durch die Verpflichtung der unmittelbar mit der Behandlung von Altfahrzeugen Beteiligten, erreicht werden.

Begriffsbestimmungen
§ 2.

Im Sinne dieser Verordnung bezeichnet der Begriff

[…]

2.

„Altfahrzeug“ Fahrzeuge, die im Sinne von § 2 Abs. 1 AWG 2002, BGBl. I Nr. 102/2002, als Abfall gelten; Oldtimer gelten nicht als Altfahrzeuge im Sinne dieser Verordnung;

Die maßgebliche Bestimmung des Verwaltungsgerichtshofgesetzes lautet:

Revision

„§ 25a. (1) Das Verwaltungsgericht hat im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.“

6.   Erwägungen:

Der Beschwerdeführer führte in seiner Beschwerde aus, dass es sich bei den gegenständlichen Fahrzeugen nicht um Abfall handelt, da sie noch einen Wert haben und er beabsichtige, sie zu verkaufen. Die von der Behörde gewährte Entledigungsfrist könne er nicht einhalten, da er in dieser Zeit keine Käufer finden könne.

Dieses Vorbringen führt ihn nicht zum Erfolg.

Von einem hierzu befähigten Amtssachverständigen wurde bereits im Behördenverfahren festgestellt, dass es sich bei den Fahrzeugen um Abfall im Sinne des Abfallwirtschaftsgesetz 2002 (AWG 2002) handelt.

Dieser fachlichen Feststellung ist der Beschwerdeführer nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten (Vergleich Erfordernis des Entgegentretens auf gleicher fachlicher Ebene bei Vorliegen eines schlüssigen und nachvollziehbaren Gutachtens z.B. VwGH 25. September 2014, 2012/07/0001).

Gemäß § 2 Abs. 1 AWG 2002 sind Abfälle bewegliche Sachen, deren sich der Besitzer entledigen will oder entledigt hat (subjektiver Abfallbegriff), oder deren Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung als Abfall erforderlich ist, um die öffentlichen Interessen im Sinne des § 1 Abs. 3 leg. cit. nicht zu beeinträchtigen (objektiver Abfallbegriff). Abfall liegt bereits dann vor, wenn entweder der objektive oder der subjektive Abfallbegriff erfüllt ist (VwGH 23.02.2012, 2008/07/0179). Der objektive Abfallbegriff ist erfüllt, wenn durch die verfahrensgegenständlichen Lagerungen die in § 1 Abs. 3 AWG 2002 normierten öffentlichen Interessen beeinträchtigt werden könnten. Dabei ist für die Verwirklichung des objektiven Abfallbegriffes keine konkrete Kontamination erforderlich, vielmehr reicht bereits die bloße Möglichkeit einer Gefährdung von Schutzgütern im Sinne des § 1 Abs. 3 AWG 2002 aus (VwGH 22.12.2005, 2005/07/0088; VwGH vom 28. November 2013, Zl. 2012/07/0199).

Nach § 1 Abs. 3 AWG 2002 ist im öffentlichen Interesse die Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung als Abfall dann erforderlich, wenn anderenfalls

1.   die Gesundheit der Menschen gefährdet oder unzumutbare Belästigungen bewirken können,

2.   Gefahren für Wasser, Luft, Boden, Tiere oder Pflanzen und deren natürlichen Lebensbedingungen verursacht werden können,

3.   die nachhaltige Nutzung von Wasser oder Boden beeinträchtigt werden kann,

4.   die Umwelt über das unvermeidliche Ausmaß hinaus verunreinigt werden kann,

5.   Brand- oder Explosionsgefahren herbeigeführt werden können,

6.   Geräusche oder Lärm im übermäßigen Ausmaß verursacht werden können,

7.   das Auftreten oder die Vermehrung von Krankheitserregern begünstigt werden können,

8.   die öffentliche Ordnung und Sicherheit gestört werden kann oder

9.   Orts- und Landschaftsbild sowie Kulturgüter erheblich beeinträchtigt werden können.

Unbestritten konnte festgestellt werden, dass vom Beschwerdeführer die verfahrensgegenständlichen Fahrzeuge im festgestellten Zustand gelagert wurden.

Von einer Entledigung im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 1 AWG 2002 kann dann gesprochen werden, wenn die Weggabe einer Sache in erster Linie darauf abzielt, diese loszuwerden (vgl. VwGH 22.12.2005, 2005/07/0088, mwN).

Ein starker Anhaltspunkt für das Vorliegen eines Entledigungswillens liegt auch darin, wenn der Inhaber oder Vorbesitzer ausdrücklich seinen Verwendungsverzicht erklärt oder diesen sonst zum Ausdruck bringt (VwGH 25.09.2014, Ro 2014/07/0032).

Im gegenständlichen Fall ist der Entledigungswille des Beschwerdeführers dahingehend zu erblicken, dass er selbst in der Beschwerde angibt, er beabsichtige die Fahrzeuge zu verkaufen.

Eine ungeschützt durchgeführte Lagerung von Gegenständen, einhergehend mit der großen Gefahr eines Schadens des Gegenstandes durch diese Art der Lagerung, manifestiert ebenfalls einen entsprechenden Entledigungswillen, vor allem, wenn dieser Zustand über Jahre hinweg aufrechterhalten und die Materialqualität (wie vom Amtssachverständigen festgestellt) dadurch stark beeinträchtigt wird, sodass bei den vorhandenen Fahrzeugen der subjektive Abfallbegriff erfüllt ist. Überdies werden in den Fahrzeugen fahrzeugfremde Materialien und Gegenstände gelagert, worin ein Verwendungsverzicht für den bestimmungsgemäßen Gebrauch erblickt werden kann, da die Fahrzeuge zweckentfremdet als Lagerstätte verwendet werden.

Ein bestimmungsgemäßer Gebrauch der beschädigten Fahrzeuge konnte vom Amtssachverständigen ebenso wenig festgestellt werden und wurde ein solcher aufgrund der Zustände dieser Gegenstände ausgeschlossen, weshalb das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich davon ausgeht, dass der subjektive Abfallbegriff vorliegt (vgl. VwGH vom 25. Juli 2013, Zl. 2013/07/0032).

Überdies wird zum Vorbringen des Beschwerdeführers, die gegenständlichen Fahrzeuge haben noch einen Verkaufswert, auf die höchstgerichtliche Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes verwiesen, wonach Stoffe oder Gegenstände auch dann einen Abfall darstellen, wenn sie einen Handelswert haben (vgl. VwGH vom 27. Juni 2013, Zl. 2010/07/0110)

Gemäß § 15 Abs. 3 AWG 2002 dürfen Abfälle außerhalb von 1. hierfür genehmigten Anlagen oder 2. für die Sammlung oder Behandlung vorgesehenen geeigneten Orten nicht gesammelt, gelagert oder behandelt werden.

Nach § 15 Abs. 5 AWG 2002 hat der Abfallbesitzer die Abfälle einem zur Sammlung oder Behandlung Berechtigten zu übergeben, wenn er zu einer entsprechenden Behandlung nicht berechtigt oder imstande ist. Die Übergabe hat so rechtzeitig zu erfolgen, dass Beeinträchtigungen der öffentlichen Interessen (§ 1 Abs. 3) vermieden werden; Abfälle zur Beseitigung sind regelmäßig, mindestens einmal im Jahr, Abfälle zur Verwertung sind regelmäßig, mindestens einmal in drei Jahren, einem zur Sammlung oder Behandlung Berechtigten zu übergeben.

§ 15 Abs. 5a AWG regelt Folgendes:

Der Abfallbesitzer ist dafür verantwortlich, dass

a)

die Abfälle an einen in Bezug auf die Sammlung oder Behandlung der Abfallart berechtigten Abfallsammler oder -behandler übergeben werden und

b)

die umweltgerechte Verwertung oder Beseitigung dieser Abfälle explizit beauftragt wird.

Wer Abfälle nicht gemäß Abs. 5a übergibt, kann gemäß § 15 Abs. 5b leg. cit. bis zur vollständigen umweltgerechten Verwertung oder Beseitigung dieser Abfälle als Verpflichteter gemäß § 73 Abs. 1 mit Behandlungsauftrag in Anspruch genommen werden.

Seit der (am 16. Februar 2011 in Kraft getretenen) Novelle zum AWG 2002, BGBl. I Nr. 9/2011, kann ein Behandlungsauftrag nach § 73 Abs. 1 AWG 2002 auch bei Zuwiderhandeln gegen die in § 15 Abs. 5a AWG 2002 genannten Verpflichtungen erteilt und eine Stellung als "Verpflichteter" im Falle des § 15 Abs. 5b AWG 2002 mit der Verletzung der Verpflichtung zur Übergabe von Abfällen an einen in Bezug auf die Sammlung oder Behandlung der Abfallart berechtigten Abfallsammler oder
-behandler nach § 15 Abs. 5a leg. cit. begründet werden (vgl. VwGH 26.03.2015, Ra 2014/07/0067). Ist nämlich der Abfallbesitzer zu einer entsprechenden Behandlung nicht berechtigt oder imstande, hat er gemäß § 15 Abs. 5 erster Satz leg. cit. die Abfälle einem zur Sammlung oder Behandlung Berechtigten zu übergeben, wofür in § 15 Abs. 5 zweiter Satz leg. cit. bestimmte Fristen normiert sind (VwGH 24.04.2018, Ra 2016/05/0100).

Dem im behördlichen Verfahren eingeholten Gutachten des Amtssachverständigen für Kraftfahrzeugtechnik ist zu entnehmen, dass die verfahrensrelevanten Fahrzeuge seit mehreren Jahren ohne gültiger Begutachtungsplakette und somit nicht betriebssicher am Grundstück des Beschwerdeführers abgestellt sind. Die in § 15 Abs. 5 AWG 2002 normierte Frist ist somit jedenfalls bereits überschritten.

Die Bezirksverwaltungsbehörde muss dem Verpflichteten die „erforderlichen Maßnahmen“ gemäß § 73 Abs. 1 AWG 2002 auftragen. Welche Maßnahme „erforderlich“ ist, muss den abfallrechtlichen Normen entnommen werden.

So hat das Höchstgericht zur Vorgängerbestimmung des § 73 Abs. 1 AWG 2002, nämlich zu § 32 Abs. 1 AWG 1990, ausgesprochen, dass mit den „entsprechenden“ Maßnahmen jene Verhaltensweisen umschrieben werden, die die Erfüllung der missachteten abfallrechtlichen Verpflichtung nach sich ziehen, wobei diese Maßnahmen nach der jeweiligen missachteten Verpflichtung oder im Hinblick auf § 1 Abs. 3 leg. cit. nach Gesichtspunkten der Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit zu bestimmen sind (VwGH 09.11.2006, 2003/07/0083 mwN).

An der verwaltungsbehördlichen Entscheidung, die verfahrensgegenständlichen Abfalllagerungen ordnungsgemäß und nachweislich zu entfernen, kann daher keine Rechtswidrigkeit erkannt werden, da nur so die Erfüllung der bislang missachteten, zitierten abfallrechtlichen Verpflichtung garantiert ist.

Aufgrund des Zeitablaufes der von der belangten Behörde festgelegten Paritionsfristen waren diese im Sinne des § 59 Abs. 2 AVG neu festzusetzen. Im Verfahren ist nichts hervorgekommen, wonach die neu festgesetzte Frist nicht ausreichend wäre. Die Frist für die Durchführung des Maßnahmenauftrages wurde entsprechend der Dauer des Rechtsmittelverfahrens angepasst.

Überdies wurde dem Beschwerdeführer nunmehr eine längere Frist gewährt, da aufgrund der derzeit herrschenden Corona Virus Pandemie ein Maßnahmenkatalog durch die Bundesregierung erstellt wurde und dem Beschwerdeführer so die Möglichkeit gewährt wird, gefahrlos die Entsorgung der gegenständlichen Fahrzeuge durchzuführen.

Zum Vorbringen des Beschwerdeführers noch im Verfahren vor der belangten Behörde, die Fahrzeuge verlieren weder Öl noch sonstige Flüssigkeiten, ist auszuführen, dass aufgrund der abgelaufenen Begutachtungsplaketten keine Gewähr gegeben ist, dass die Fahrzeuge betriebssicher sind und somit keine Gefahr ausgehen kann, dass Flüssigkeiten aus den Fahrzeugen austreten können.

Erst mit der gegebenen Betriebssicherheit kann gewährleistet werden, dass von diesen Fahrzeugen keine Gefährdung der öffentlichen Interessen i.S.d. § 1 Abfallwirtschaftsgesetz 2002 (AWG 2002) ausgeht. Hierbei ist darauf zu verweisen, dass bereits die Möglichkeit der Gefährdung der Umwelt durch beispielsweise eines Flüssigkeitsaustrittes aus den Fahrzeugen ausreicht, um gegen das Abfallwirtschaftsgesetz 2002 (AWG 2002) zu verstoßen. Ein Gutachten nach § 57a KFG beweise, dass diese Möglichkeit der Gefährdung nicht gegeben ist.

7.   Zur Nichtdurchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG konnte die Durchführung einer – ohnehin nicht beantragten - öffentlich mündlichen Verhandlung entfallen, da bereits die Akten erkennen ließen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder
Art 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S 389 entgegenstehen.

8.    Zur Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da im gegenständlichen Verfahren keine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil die Entscheidung, wie in den Erwägungen ersichtlich, nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Schlagworte

Umweltrecht; Abfallwirtschaft; Behandlungsauftrag; Altfahrzeug; Lagerung; Gefährdung;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGNI:2020:LVwG.AV.1192.001.2019

Zuletzt aktualisiert am

14.05.2020
Quelle: Landesverwaltungsgericht Niederösterreich LVwg Niederösterreic, http://www.lvwg.noe.gv.at
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