TE Bvwg Erkenntnis 2019/11/2 I409 2188378-3

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 02.11.2019
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

02.11.2019

Norm

AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §58 Abs10
BFA-VG §21 Abs7
BFA-VG §9 Abs2
B-VG Art. 133 Abs4
EMRK Art. 8
VwGVG §24
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

I409 2188378-3/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dr. Florian Schiffkorn als Einzelrichter über die Beschwerde des CXXXX IXXXX, geboren am XXXX, Staatsangehörigkeit Nigeria, vertreten durch die "Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH" und durch die "Volkshilfe Flüchtlings- und MigrantInnenbetreuung GmbH" in 1170 Wien, Wattgasse 48/3. Stock, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 28. August 2019, Zl. "IFA 1088904704 / 190582494 ATB", zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

Der Beschwerdeführer reiste illegal in das Bundesgebiet ein und stellte am 26. September 2015 einen Antrag auf internationalen Schutz.

Dieser Asylantrag wurde im Beschwerdewege mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 24. August 2018 als unbegründet abgewiesen. Mit diesem Erkenntnis wurde überdies die gegen den Beschwerdeführer erlassene Rückkehrentscheidung sowie die Feststellung der Zulässigkeit seiner Abschiebung nach Nigeria bestätigt.

Am 21. Mai 2019 beantragte der Beschwerdeführer bei der belangten Behörde schriftlich und am 11. Juni 2019 persönlich die Erteilung eines "Aufenthaltstitels in besonders berücksichtigungswürdigen Fällen" gemäß § 56 Abs. 1 Asylgesetz 2005.

Dieser Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 56 Abs. 1 Asylgesetz 2005 wurde mit Bescheid der belangten Behörde vom 13. Juni 2019 gemäß "§ 58 Abs. 10 Asylgesetz 2005, BGBl I Nr. 100/2005 (AsylG) idgF" zurückgewiesen.

Einer gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 31. Juli 2019 stattgegeben und der Bescheid vom 13. Juni 2019 behoben.

Am 26. August 2019 "änderte" der Beschwerdeführer vor der belangten Behörde seinen Antrag vom 21. Mai 2019 auf Erteilung eines "Aufenthaltstitels in besonders berücksichtigungswürdigen Fällen" gemäß § 56 Abs. 1 Asylgesetz 2005 in einen Antrag auf Erteilung eines "Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK" gemäß § 55 Abs. 1 Asylgesetz 2005.

Mit dem angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 28. August 2019 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 Abs. 1 Asylgesetz vom 26. August 2019 gemäß "§ 58 Abs. 10 Asylgesetz 2005, BGBl I Nr. 100/2005 (AsylG) idgF" als unzulässig zurückgewiesen.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 24. September 2019 Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Zu A) Entscheidung über die Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid

A) 1. Feststellungen

Der volljährige Beschwerdeführer ist ledig und kinderlos, gesund und erwerbsfähig, Staatsangehöriger von Nigeria, Angehöriger der Volksgruppe der Ibo und bekennt sich zum christlichen Glauben.

Feststellungen zu seiner Identität - vor allem zu seinem Namen und seinem Geburtsdatum - können nicht getroffen werden.

Seit (spätestens) 26. September 2015 hält sich der Beschwerdeführer in Österreich auf. Seitdem die gegen ihn erlassene Rückkehrentscheidung mit Ergehen des Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichtes vom 24. August 2018 in Rechtskraft erwachsen ist, hält er sich rechtswidrig im Bundesgebiet auf.

Der Beschwerdeführer verfügt in Österreich über keine maßgeblichen privaten sowie über keine familiären Anknüpfungspunkte. Seine sieben Geschwister leben mit ihren Familien in Nigeria.

Er bestreitet seinen Lebensunterhalt aus Mitteln der staatlichen Grundversorgung.

Der Beschwerdeführer spricht Deutsch auf Niveau A2, war im Wintersemester 2017 als ordentlicher Studierender zum Bachelorstudium Maschinenbau an der XXXX Universität XXXX zugelassen, absolvierte "Unterstützungstätigkeiten" für "XXXX" und engagiert sich ehrenamtlich bei der "XXXX". Er hat diverse Bekanntschaften in Österreich geschlossen. All diese Umstände waren bereits bekannt und wurden bei der Erlassung der rechtskräftigen Rückkehrentscheidung berücksichtigt.

Der Beschwerdeführer hat 14. Mai 2019 einen bedingten Dienstvertrag und am 27. Juni 2019 einen bedingten Arbeitsvorvertrag als "Hilfskraft" bzw. "Hilfsarbeiter" mit der Firma "XXXX" geschlossen. Zusätzlich hat er am 26. August 2019 eine befristete "Wohnrechtsvereinbarung" getroffen.

Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 28. März 2018, rechtskräftig seit 6. Dezember 2018, wurde der Beschwerdeführer wegen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs. 2a zweiter Fall SMG zu einer teilbedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von sieben Monaten, davon fünf Monate bedingt, verurteilt.

A) 2. Beweiswürdigung

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurde im Rahmen des Ermittlungsverfahrens durch die Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde sowie in den Beschwerdeschriftsatz Beweis erhoben.

Die Feststellungen zu seiner Staatsangehörigkeit, seiner Volksgruppenzugehörigkeit, seiner Konfession, seinen Lebensumständen, seinen Familienverhältnissen sowie zu seinem Gesundheitszustand und seiner Erwerbsfähigkeit gründen sich auf die diesbezüglich glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers vor der belangten Behörde. Es ist im Verfahren nichts hervorgekommen, das Zweifel an der Richtigkeit dieser Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers aufkommen lässt.

Da der Beschwerdeführer entweder nicht imstande oder nicht willens war, den österreichischen Behörden identitätsbezeugende Dokumente vorzulegen, steht seine Identität nicht fest.

Die Feststellung, wonach der Beschwerdeführer seinen Lebensunterhalt aus Mitteln der staatlichen Grundversorgung bestreitet, ergibt sich aus einer Abfrage in der Applikation Betreuungsinformation (Grundversorgung) vom 30. Oktober 2019.

Die rechtskräftige strafgerichtliche Verurteilung des Beschwerdeführers ergibt sich aus einer Abfrage im Strafregister der Republik Österreich vom 30. Oktober 2019.

Die übrigen Feststellungen ergeben sich aus jenen Dokumenten, die der Beschwerdeführer zur Untermauerung seines Antrages vorlegte.

A) 3. Rechtliche Beurteilung

A) 3.1. Zur anzuwendenden Rechtslage:

1. § 55 und § 58 Abs. 10 erster Satz Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005, in der Fassung BGBl. I Nr. 56/2018, lauten:

"Aufenthaltstitel aus Gründen des Art. 8 EMRK

§ 55. (1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung plus" zu erteilen, wenn

1. dies gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist und,

2. der Drittstaatsangehörige das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz (IntG), BGBl. I Nr. 68/2017, erfüllt hat oder zum Entscheidungszeitpunkt eine erlaubte Erwerbstätigkeit ausübt, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze (§ 5 Abs. 2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG), BGBl. Nr. 189/1955) erreicht wird.

(2) Liegt nur die Voraussetzung des Abs. 1 Z 1 vor, ist eine "Aufenthaltsberechtigung" zu erteilen.

Antragstellung und amtswegiges Verfahren

§ 58. (1) ...

(10) Anträge gemäß § 55 sind als unzulässig zurückzuweisen, wenn gegen den Antragsteller eine Rückkehrentscheidung rechtskräftig erlassen wurde und aus dem begründeten Antragsvorbringen im Hinblick auf die Berücksichtigung des Privat- und Familienlebens gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG ein geänderter Sachverhalt, der eine ergänzende oder neue Abwägung gemäß Art. 8 EMRK erforderlich macht, nicht hervorgeht. ...

(11) ...".

A) 3.2. Zur Zurückweisung des Antrages auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 Abs. 1 Asylgesetz 2005:

Die belangte Behörde stützt die Zurückweisung des Antrages auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 Asylgesetz 2005 auf § 58 Abs. 10 erster Satz leg.cit., da aus dem Antragsvorbringen des Beschwerdeführers seit Eintritt der Rechtskraft der gegen ihn erlassenen Rückkehrentscheidung mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 24. August 2018 kein geänderter Sachverhalt im Hinblick auf die Berücksichtigung seines Privat- und Familienlebens gemäß § 9 Abs. 2 BFA-Verfahrensgesetz hervorgeht, der eine ergänzende oder neue Abwägung gemäß Art. 8 EMRK erforderlich machen würde.

Der Beschwerdeführer begründete seinen Antrag im Wesentlichen mit Integrationsaspekten, die bereits vor dem Eintritt der Rechtskraft der gegen ihn erlassenen Rückkehrentscheidung bestanden, mit Ausnahme der befristeten, am 26. August 2019 geschlossenen "Wohnrechtsvereinbarung" und des bedingten Dienstvertrages vom 14. Mai 2019 sowie des bedingten Arbeitsvorvertrages vom 27. Juni 2019.

Damit hat der Beschwerdeführer allerdings keine maßgebliche Sachverhaltsänderung dargetan, insbesondere weil der von ihm vorgelegte Arbeitsvorvertrag bzw. Dienstvertrag nicht dazu führt, dass sein privates Interesse an einem Verbleib im Bundesgebiet dadurch wesentlich schwerer wiegen würde (zur Gewichtung von Einstellungszusagen vgl. auch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 13. Oktober 2011, 2011/22/0065, mwN, sowie zur Gewichtung einer Lehrstelle bzw. einer Berufstätigkeit vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 28. Februar 2019, Ro 2019/01/0003, mwN). Schließlich konnte dieser Arbeitsvorvertrag bzw. Dienstvertrag von ihm überhaupt erst durch die Missachtung der gegen ihn ergangenen Rückkehrentscheidung abgeschlossen werden (vgl. dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 30. Juni 2016, Ra 2016/21/0165, Rn 24).

Dass der - wegen eines Suchtmitteldeliktes vorstrafte - Beschwerdeführer den Ausreisebefehl offensichtlich vorsätzlich nicht befolgte und unrechtmäßig in Österreich verblieb, verleiht vielmehr dem öffentlichen Interesse an seiner Ausreise zusätzliches Gewicht.

Aus dem Gesagten hat die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 Asylgesetz 2005 zurecht unter Berufung auf § 58 Abs. 10 erster Satz leg.cit. als unzulässig zurückgewiesen.

Die Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen.

A) 4. Zum Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung:

Da der verfahrenseinleitende Antrag zurückzuweisen war, konnte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG unterbleiben. Der für die Zurückweisung maßgebliche Sachverhalt war zudem iSd § 21 Abs. 7 BFA-Verfahrensgesetz auf Grund der Aktenlage hinreichend geklärt.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Aufenthaltstitel aus Gründen des Art. 8 EMRK, aufrechte
Rückkehrentscheidung, Ausreiseverpflichtung, geänderte Verhältnisse,
illegaler Aufenthalt, Interessenabwägung, öffentliche Interessen,
Privat- und Familienleben, private Interessen, Prozesshindernis der
entschiedenen Sache, Rechtskraftwirkung, Suchtmitteldelikt,
Vorstrafe, Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:I409.2188378.3.00

Zuletzt aktualisiert am

13.05.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten