TE Bvwg Beschluss 2020/2/17 I413 2159618-1

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Veröffentlicht am 17.02.2020
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Entscheidungsdatum

17.02.2020

Norm

AsylG 2005 §3
B-VG Art. 133 Abs4
VwGG §30 Abs2
VwGG §30a Abs3
VwGG §46
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

Spruch

I413 2192967-1/16E

I413 2159618-1/16E

I413 2192971-1/18E

I413 2159608-1/18E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Martin ATTLMAYR, LL.M. als Einzelrichter über die Anträge von XXXX auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Rechtsmittelfrist betreffend die Revision gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 26.09.2019, Zlen. XXXX, beschlossen:

A)

1. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Erhebung einer außerordentlichen Revision wird gemäß § 46 VwGG abgewiesen.

2. Dem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung wird gemäß § 30 Abs. 2 iVm § 30a Abs. 3 VwGG nicht stattgegeben.

B)

Die Revision zu Spruchpunkt A) 1. ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 26.09.2019, Zlen. XXXX, wurde die Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl zu BF 1 und BF 3 vom 07.03.2018, Zl. XXXX, mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass der Spruchpunkt III. lautet: "Ein Aufenthaltstitel ,besonderer Schutz¿ wird Ihnen gemäß § 75 AsylG nicht erteilt."

Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 26.09.2019, Zlen. XXXX, wurde die Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl zu BF 2 und BF 4 vom 13.05.2017, Zl. XXXX, mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass der Spruchpunkt III. erster Satz lautet: "Ein Aufenthaltstitel ,besonderer Schutz¿ wird Ihnen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt." Zudem wurde die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig erklärt.

Das Erkenntnis wurde den BF1, BF2 und BF3 am 01.10.2019 und dem Vertreter des BF 4 am selben Tag zugestellt.

Der Beschluss des Verfassungsgerichtshofes über die Abtretung der Behandlung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof vom 12.12.2019, Zl. XXXX, wurde dem Vertreter der antragstellenden Parteien am 19.12.2019 zugestellt, ab diesem Zeitpunkt begann die sechswöchige Frist zur Erhebung einer Revision zu laufen.

Am 13.02.2020 um 09:58:22 Uhr langte beim Bundesverwaltungsgericht mittels ERV der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand verbunden mit der außerordentlichen Revision und einem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 26.09.2019, Zlen. XXXX, ein.

Hinsichtlich des Wiedereinsetzungsantrages brachte der rechtsfreundliche Vertreter der Antragsteller vor:

"In umseitiger bezeichneter Asylsache hat der Revisionswerber vertreten durch seinen ausgewiesenen Rechtsvertreter gegen die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes vom 26.09.2019 am 30.01.2020 außerordentliche Revision an den VwGH erheben und die außerordentliche Revision beim BVwG einbringen wollen.

Die Kanzleiangestellte hat den Schriftsatz versehentlich an den Verfassungsgerichtshof eingebracht, was sich aus der Gestaltung der Maske des elektronischen Rechtsverkehrs erklären lässt. Auf dem ERV-Deckblatt ist in der Kopfzeile nur ersichtlich in großer und fettgedruckter Schrift "Verfassungs- und Verwaltungsgericht, BVwG", darunter in kleiner normaler Schrift "BVwG" Folgeeingabe".

Im konkreten Fall ging die Kanzleiangestellte richtig davon aus, dass eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes Wien zu bekämpfen und die außerordentliche Revision beim Bundesverwaltungsgericht einzubringen ist.

Auch inhaltlich ist erkennbar, dass die außerordentliche Revision an den VwGH gerichtet war.

Das der Kanzleiangestellten des Revisionswerbervertreters unterlaufene Versehen ist bloß ein geringes, weil das Eingabesystem des elektronischen Rechtsverkehrs den Adressat nicht klar erkennen lässt, ob konkret das BVwG, der Verfassungs- der Verwaltungsgerichtshof ausgewählt wurde...

...Vom Versehen der sonst tüchtigen und verlässlichen Kanzleiangestellten erlangte der Rechtsvertreter am 30.01.2020 Kenntnis. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Revisionsfrist ist somit zulässig. Der Revisionswerber holt hiermit die versäumte Prozesshandlung nach und schließt den Schriftsatz vom 30.01.2020 diesem Antrag an."

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Zum vorliegenden entscheidungswesentlichen Sachverhalt wird auf die unter I. getätigten Ausführungen verwiesen. Das Bundesverwaltungsgericht geht von dem im Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand widerspruchsfreien Sachverhalt aus.

2. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchpunkt A) 1:

2.1. § 46 Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idF BGBl. I Nr. 33/2013, lautet:

Wiedereinsetzung in den vorigen Stand

§ 46. (1) Wenn eine Partei durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis - so dadurch, dass sie von einer Zustellung ohne ihr Verschulden keine Kenntnis erlangt hat - eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet, so ist dieser Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.

(2) Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Revisionsfrist und der Frist zur Stellung eines Vorlageantrages ist auch dann zu bewilligen, wenn die Frist versäumt wurde, weil das anzufechtende Erkenntnis, der anzufechtende Beschluss oder die anzufechtende Revisionsvorentscheidung fälschlich einen Rechtsbehelf eingeräumt und die Partei den Rechtsbehelf ergriffen hat oder keine Belehrung zur Erhebung einer Revision oder zur Stellung eines Vorlageantrages, keine Frist zur Erhebung einer Revision oder zur Stellung eines Vorlageantrages oder die Angabe enthält, dass kein Rechtsbehelf zulässig sei.

(3) Der Antrag auf Wiedereinsetzung ist in den Fällen des Abs. 1 bis zur Vorlage der Revision beim Verwaltungsgericht, ab Vorlage der Revision beim Verwaltungsgerichtshof binnen zwei Wochen nach dem Wegfall des Hindernisses zu stellen. In den Fällen des Abs. 2 ist der Antrag binnen zwei Wochen

1. nach Zustellung eines Bescheides oder einer gerichtlichen Entscheidung, der bzw. die den Rechtsbehelf als unzulässig zurückgewiesen hat, bzw.

2. nach dem Zeitpunkt, in dem die Partei von der Zulässigkeit der Erhebung der Revision bzw. der Stellung eines Antrages auf Vorlage Kenntnis erlangt hat,

beim Verwaltungsgericht zu stellen. Die versäumte Handlung ist gleichzeitig nachzuholen.

(4) Bis zur Vorlage der Revision hat über den Antrag das Verwaltungsgericht zu entscheiden. Ab Vorlage der Revision hat über den Antrag der Verwaltungsgerichtshof in nichtöffentlicher Sitzung durch Beschluss zu entscheiden. Das Verwaltungsgericht oder der Verwaltungsgerichtshof können dem Antrag auf Wiedereinsetzung die aufschiebende Wirkung zuerkennen.

(5) Durch die Bewilligung der Wiedereinsetzung tritt das Verfahren in die Lage zurück, in der es sich vor dem Eintritt der Versäumung befunden hat.

(6) Gegen die Versäumung der Frist zur Stellung des Wiedereinsetzungsantrages findet keine Wiedereinsetzung statt.

Die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sind aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes im vorliegenden Fall nicht gegeben.

Der rechtsfreundliche Vertreter der Antragsteller räumt ein, dass die außerordentliche Revision und der Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung am 30.01.2020 irrtümlich an den Verfassungsgerichtshof per ERV übermittelt worden sei.

Da die Frist für die außerordentliche Revision und den Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nunmehr verstrichen sei, stellen die Antragsteller durch ihren rechtsfreundlichen Vertreter den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.

Vor dem Hintergrund der oben dargestellten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ist davon auszugehen, dass im vorliegenden Fall von einem minderen Grad des Versehens nicht gesprochen werden kann. Davon, dass die Kanzleimitarbeiterin zuverlässig sei, entbindet den Rechtsanwalt nicht von seiner Kontrollpflicht. Das Versagen eines (nicht angeführten) Kontrollsystems wurde festgestellt, da die Fehladressierung nicht selbst auffiel, sondern erst durch nicht näher genannten Umstände am 30.01.2020 bekannt wurde. Eine Kontrolle des Rechtsanwaltes über die Kanzleimitarbeiterin wurde nicht substantiiert behauptet.

Bei Bekanntwerden der Fehladressierung am 30.01.2020 hätte für die rechtsfreundliche Vertretung der Antragsteller immer noch die Möglichkeit der rechtzeitigen Einbringung der außerordentlichen Revision bestanden, zumal der Beschluss des Verfassungsgerichtshofes über die Abtretung der Behandlung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof vom 12.12.2019, Zl. E XXXX, am 19.12.2019 dem Vertreter zugestellt wurde und dies der letzte Tag der 6wöchigen Frist darstellte.

Somit konnte im vorliegenden Wiedereinsetzungsantrag weder nachvollziehbar aufgezeigt werden, dass die Antragsteller bzw. ihre rechtsfreundliche Vertretung durch ein unabwendbares oder unvorhergesehenes Ereignis gehindert waren, die gegenständliche Frist zur Einbringung einer Revision zu wahren, noch dass die Antragsteller oder ihr rechtsfreundlicher Vertreter an der Versäumung der Revisionsfrist kein Verschulden oder lediglich ein minderer Grad des Versehens anzulasten ist.

Dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Erhebung einer außerordentlichen Revision war daher gemäß § 46 VwGG keine Folge zu geben.

Zu Spruchpunkt A) 2:

Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG hat bis zur Vorlage der Revision das Verwaltungsgericht, ab Vorlage der Revision der Verwaltungsgerichtshof auf Antrag des Revisionswerbers die aufschiebende Wirkung mit Beschluss zuzuerkennen, wen dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und Interessen anderer Parteien mit dem Vollzug des angefochtenen Erkenntnisses oder mit der Ausübung der durch das angefochtene Erkenntnis eingeräumten Berechtigung für den Revisionswerber ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre.

Die revisionswerbenden Parteien haben nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu Parteibeschwerden in ihrem Antrag zu konkretisieren, worin für sie der unverhältnismäßige Nachteil gelegen wäre. Die diesbezüglichen Anforderungen an die Konkretisierungspflicht des Antragstellers sind streng (vgl. hiezu etwa den hg. Beschluss eines verstärkten Senates vom 25. Februar 1981, Slg. Nr. 10.381/A).

Derartiges ist im vorliegenden Antrag jedoch nicht geschehen und war dem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung daher gemäß § 30 Abs. 2 VwGG nicht stattzugeben.

Zu Spruchpunkt B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Der Beschluss zu Spruchpunkt A) 1. ist in der taxativen Aufzählung des § 25a Abs. 2 bis 4 VwGG nicht enthalten. Die Zulässigkeit einer Revision zu diesem Spruchpunkt ist daher nach § 25a VwGG nicht ex lege ausgeschlossen. Es ist daher eine Zulässigkeitsentscheidung nach § 25a Abs. 1 VwGG zu treffen.

Die Revision zu Spruchpunkt A) 1. ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung, weiters ist die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Gegen den Beschluss zu Spruchpunkt A) 2. ist gemäß § 25a Abs. 2 Z 1 VwGG die Revision nicht zulässig. Gegen diesen Beschluss ist gemäß § 88a Abs. 2 Z 2 VfGG auch eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht zulässig.

Schlagworte

Asylverfahren, aufschiebende Wirkung, außerordentliche Revision,
elektronischer Rechtsverkehr, Fahrlässigkeit, Familienverfahren,
Fristversäumung, Irrtum, konkrete Darlegung, Konkretisierung,
Kontrollsystem, minderer Grad eines Versehens, Rechtsmittelfrist,
Revisionsfrist, Übermittlung, unabwendbares Ereignis,
unverhältnismäßiger Nachteil, unvorhergesehenes und unabwendbares
Ereignis, Verschulden, VfGH, Wiedereinsetzungsantrag

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:I413.2159618.1.00

Zuletzt aktualisiert am

12.05.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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