TE Vwgh Erkenntnis 1998/4/16 97/05/0116

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Veröffentlicht am 16.04.1998
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Index

L10012 Gemeindeordnung Gemeindeaufsicht Gemeindehaushalt Kärnten;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §13 Abs3;
AVG §63 Abs3;
GdO Allg Krnt 1993 §95 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Kail und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissärin Dr. Gritsch, über die Beschwerde des Franz Rutar in Eberndorf, vertreten durch Dr. Matthäus Grilc, Dr. Roland Grilc und Mag. Rudolf Vouk, Rechtsanwälte in Klagenfurt, Karfreitstraße 14-III, gegen den Bescheid der Kärntner Landesregierung vom 18. Februar 1997, Zl. 8W-Allg-68/1/96, betreffend Zurückweisung der Vorstellung in einer Angelegenheit betreffend die Kanalanschlußpflicht (mitbeteiligte Partei: Marktgemeinde Eberndorf, vertreten durch den Bürgermeister) zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Kärnten hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.890,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit Bescheiden des Bürgermeisters der mitbeteiligten Partei vom 23. August 1994 wurde der Beschwerdeführer als Eigentümer der im Einzugsbereich der Kanalisationsanlage gelegenen bebauten Liegenschaften in Eberndorf, Lido 1 - Grundstück Nr. 964,

Lido 2 - Grundstück Nr. 844, Lido 3 - Grundstück Nr. 844,

Lido 4 - Grundstück Nr. 844, Lido 5 - Grundstück Nr. 844,

Lido 6 - Grundstück Nr. 969/2 und Lido 7 - Grundstück Nr. 969/2, alle KG Eberndorf, verpflichtet, diese Liegenschaften an die Kanalisationsanlage der Marktgemeine Eberndorf anzuschließen. Die gegen diese Bescheide erhobene Berufung wurde mit Bescheid des Gemeindevorstandes der mitbeteiligten Partei vom 27. November 1995 als unbegründet abgewiesen. Nach Auffassung der Berufungsbehörde lag kein Tatbestand vor, der gemäß dem Kärntner Gemeindekanalisationsgesetz eine Ausnahme von der Anschlußpflicht rechtfertigt.

Dagegen erhob der Beschwerdeführer eine Vorstellung mit

folgendem Wortlaut:

"Sehr geehrter Herr Vizebürgermeister,

gegen den Bescheid vom 27.11.95, wonach unsere Berufung gegen den Anschlußzwangsbescheid abgewiesen wird, erhebe ich alle Rechtsmittel.

Vorläufige Begründung: Das Wasserrechtsgesetz ist so umfangreich, daß dieses nicht innerhalb von zwei Wochen ausstudiert werden kann und ich als verantwortlicher Geschäftsführer der R...L... KG keinen, dem Betrieb gefährdeten, insbesondere finanziell unbekannten, Maßnahmen zustimmen kann."

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde diese Vorstellung gemäß § 95 Abs. 2 Allgemeine Gemeindeordnung Kärntnen 1993 i. V.m. § 66 Abs. 4 AVG als unzulässig zurückgewiesen. Gemäß § 95 Abs. 2 Allgemeine Gemeindeordnung 1993 habe eine Vorstellung einen begründeten Antrag zu enthalten. Die vom Beschwerdeführer gegen den angeführten Berufungsbescheid erhobene Berufung (gemeint offenbar: Vorstellung) genüge keinesfalls dieser Mindestvoraussetzung. Es sei nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zwar an das Erfordernis eines begründeten Vorstellungsantrages kein strenger Maßstab anzulegen, es müsse zumindest aber eine in sich geschlossene Auffassung des Beschwerdeführers erkennbar sein, insbesondere was mit dem Rechtsmittel angestrebt werde und worauf sich dieses Vorbringen stütze. In der Vorstellung sei nur darauf hingewiesen worden, daß das Wasserrechtsgesetz zu umfangreich sei, um es innerhalb von zwei Wochen "ausstudieren" zu können. Eine konkrete Behauptung, worin die Fehlerhaftigkeit des bekämpften Berufungsbescheides nach Ansicht des Beschwerdeführers bestehe, sei nicht ersichtlich. Die Eingabe könne daher bestenfalls als eine - dem Verwaltungsrecht an sich fremde - Anmeldung der später noch der Ausführung bedürftigen Berufung qualifiziert werden. Es handle sich somit um einen inhaltlichen und daher nicht der Verbesserung zugänglichen Mangel, wenn in der Vorstellung eine Begründung fehle, obwohl in der Rechtsmittelbelehrung auf das Erfordernis, daß schriftliche Vorstellungen zu begründen seien, hingewiesen worden sei.

In der dagegen erhobenen Beschwerde wird die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und die Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf Unterbleiben eines unnötigen und existenzgefährdenden Anschlußauftrages an die Kanalisationsanlage verletzt.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Gemäß § 95 Abs. 1 der Allgemeinen Gemeindeordnung 1993, Kärntner LGBl. Nr. 77 kann, wer durch einen Bescheid eines Gemeindeorganes in einer Angelegenheit des eigenen Wirkungsbereiches aus dem Bereich der Landesvollziehung in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet, nach Erschöpfung des Instanzenzuges innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des Bescheides dagegen Vorstellung an die Landesregierung erheben. Gemäß § 95 Abs. 2 leg. cit. ist die Vorstellung schriftlich oder telegraphisch beim Gemeindeamt einzubringen. Sie hat den Bescheid zu bezeichnen, gegen den sie sich richtet, und einen begründeten Antrag zu enthalten. Gemäß § 94 Abs. 3 leg. cit. hat der Bescheid eines Gemeindeorganes, gegen den eine Vorstellung gemäß § 95 Allgemeine Gemeindeordnung 1993 zulässig ist, eine Belehrung über die Bestimmungen des § 95 Abs. 1 bis 3 zu enthalten.

Der Beschwerdeführer wendet sich dagegen, daß sich der angefochtene Bescheid mit seinen Einwendungen nicht inhaltlich auseinandergesetzt habe. Es sei zwar zuzugeben, daß die Begründung des Antrages in der von ihm eingebrachten Vorstellung dürftig ausgefallen sei. Aus der Formulierung, daß "alle Rechtsmittel" erhoben würden und er "keinen, den Betrieb gefährdenden, insbesondere finanziell unbekannten Maßnahmen zustimmen kann", sei eindeutig ersichtlich, daß zumindest die Ausführungen in der Berufung wiederholt würden. Mit diesen Ausführungen habe sich aber schon der Berufungsbescheid nicht auseinandergesetzt.

Bei der Auslegung des Begriffes des begründeten Antrages einer Vorstellung in § 95 Abs. 2 Allgemeine Gemeindeordnung 1993 kann die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zum begründeten Berufungsantrag gemäß § 63 Abs. 3 AVG herangezogen werden. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist bei der Auslegung des Merkmales eines begründeten Berufungsantrages kein strenger Maßstab anzulegen, weil es sich um eine Vorschrift handelt, die sich auch an rechtsunkundige Parteien richtet (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom 20. Februar 1987, 85/17/0096). Die Berufung muß aber wenigstens erkennen lassen, was die Partei anstrebt und womit sie ihren Standpunkt vertreten zu können glaubt (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom 29. März 1995, Zl. 92/05/0227). Es ist nicht wesentlich, daß die Begründung stichhältig ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 14. Februar 1989, 89/07/0012). Im Lichte dieser Grundsätze muß die verfahrensgegenständliche Vorstellung aber insbesondere im Hinblick darauf, daß der Beschwerdeführer feststellte, er könne keinen den Betrieb gefährdenden, insbesondere finanziell unbekannten Maßnahmen zustimmen, als ausreichend begründeter Vorstellungsantrag angesehen werden, mit dem der Beschwerdeführer zum Ausdruck brachte, daß er die von der Berufungsbehörde vertretene Auffassung betreffend die Kanalanschlußpflicht nicht für richtig erachtet. Auf die Stichhaltigkeit der Begründung des Rechtsmittels kommt es - wie dargelegt - gerade nicht an. Indem die Berufungsbehörde annahm, es liege keine begründete Vorstellung im Sinne des § 95 Abs. 2 Allgemeine Gemeindeordnung 1993 vor, und als Folge dessen die Vorstellung inhaltlich nicht behandelte, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Das Mehrbegehren für Stempelgebühren war im Hinblick darauf, daß Stempelgebühren für die Beschwerde in dreifacher Ausfertigung und für den Bescheid in einfacher Ausfertigung zustanden, abzuweisen.

Schlagworte

Formerfordernisse Verbesserungsauftrag Ausschluß Vorstellung Verbesserungsauftrag Bejahung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1997050116.X00

Im RIS seit

25.01.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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