TE Bvwg Erkenntnis 2019/9/27 I408 2220675-1

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Veröffentlicht am 27.09.2019
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Entscheidungsdatum

27.09.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8
BFA-VG §9
EMRK Art. 8
FPG §117
FPG §67 Abs1
FPG §67 Abs2
FPG §70 Abs3
VwGVG §24 Abs1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

I408 2220675-1/9E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Harald NEUSCHMID als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX,

StA. ÄGYPTEN, vertreten durch: RA Mag. Johann GALANDA gegen den Bescheid des BFA, RD Wien, Außenstelle Wien vom XXXX, Zl. XXXX, nach

Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer stellte am 19.06.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz, den er damit begründete, dass er seitens der Sicherheitsbehörden in Ägypten gesucht werde. Mehrere Kameraden seien verhaftet worden. Sicherheitskräfte hätten ihn zu Hause gesucht und seinen Laptop beschlagnahmt. Er sei zum Glück nicht zu Hause gewesen und ihm werde vorgeworfen, dass er zu den Moslembrüdern gehöre. Er habe Angst um sein Leben.

Am 21.12.2015 heiratete der Beschwerdeführer eine ungarische Staatsangehörige.

Mit dem verfahrensgegenständlichen Bescheid vom XXXX wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Ägypten (Spruchpunkt II.) als unbegründet ab. Zugleich erteilte sie dem Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass seine Abschiebung nach Ägypten zulässig ist (Spruchpunkt III.). Ferner wurde gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von drei Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen (Spruchpunkt VI.) und ihm ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat ab Durchsetzbarkeit dieser Entscheidung erteilt.

Gegen diesen Bescheid richtete sich die fristgerecht erhobene Beschwerde vom 26.06.2019.

Am 21.08.2019 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine mündliche Verhandlung statt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der volljährige und arbeitsfähige Beschwerdeführer ist ägyptischer Staatsbürger und hält sich seit seiner illegalen Einreise im Juni 2015 im Bundesgebiet auf.

Am 19.06.2015 stellte er einen Antrag auf internationalen Schutz. Er gab zunächst an, keine identitätsbezeugende Dokumente zu besitzen und legte seinen, am 29.09.2013 ausgestellten Reisepass erst im Laufe des Verfahrens vor.

Der Beschwerdeführer ist begünstigter Drittstaatsangehöriger. Am 12.12.2015 heiratete er eine ungarische Staatsbürgerin. Einen Monat nach der Heirat stellte seine Ehegattin am 21.01.2016 einen Antrag auf Ausstellung einer Anmeldebescheinigung als Arbeiterin und der Beschwerdeführer einen Antrag auf Ausstellung einer Aufenthaltskarte.

Mit dem seit 11.09.2017 rechtskräftigem Urteil des Bezirksgerichtes XXXX vom XXXX, XXXX, wurden der Beschwerdeführer und seine Ehefrau wegen des Vergehens nach § 117 Abs. 1 FPG (Eingehen einer Aufenthaltsehe) jeweils zu einer Geldstrafe von 180 Tagessätzen a-€

4, im Nichteinbringungsfall zu 90 Tagen Ersatzfreiheitsstrafe verurteilt.

Die Ehepartner weisen zumindest seit Mai 2017 keinen gemeinsamen Wohnsitz mehr auf und die Ehegattin hielt sich zuletzt über ein Jahr in Ungarn zur Pflege Ihrer Mutter auf und ist erst seit drei Monaten wieder in Österreich, geht hier keiner Beschäftigung nach und bezieht über das AMS Notstands- bzw. Überbrückungshilfe. Der Beschwerdeführer und seine Ehefrau leben weiterhin getrennt in Wohnungen bei Freunden.

Die Ehefrau des Beschwerdeführers spricht kaum Deutsch und ein wenig Englisch. Der Beschwerdeführer, der seit seinem Aufenthalt in Österreich in einer erwerbsmäßigen Beschäftigung steht, zunächst selbständig, dann unselbständig und derzeit als Lagerarbeiter, kann sich einigermaßen auf Deutsch verständigen. Eine sprachliche Verständigung mit seiner Ehefrau, die ihn zur mündlichen Verhandlung begleitete, war kaum gegeben.

Der Beschwerdeführer war 2018 und zuletzt vom 18.07.2019 bis 15.08.2019 alleine, ohne seine Ehegattin in Ägypten auf Besuch und räumte in der mündlichen Verhandlung auch ein, dass die von ihm angeführten Fluchtgründe nicht bestehen.

Es haben sich im Verfahren keinerlei Anhaltspunkte ergeben und wurde vom Beschwerdeführer letztendlich auch nicht mehr behauptet, dass er bei seiner Rückkehr in den Herkunftsstaat aus in seiner Person gelegenen Gründen oder auf Grund der allgemeinen Lage vor Ort der realen Gefahr einer Verletzung seiner durch Art 2 EMRK, Art 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder 13 zur EMRK geschützten Rechte ausgesetzt wäre

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergeben sich aus dem unstrittigen Akteninhalt.

Das Eingehen einer Aufenthaltsehe ergibt sich aus der strafgerichtlichen Verurteilung und den darin getroffenen Feststellungen. Außerdem bestätigten beide, dass sie seit Mai 2017 über keinen gemeinsamen Wohnsitz verfügen und die Ehefrau nach einem einjährigen Aufenthalt in Ungarn erst seit drei Monaten wieder in Österreich ist und hier keiner Beschäftigung nachgeht.

Auch wenn der Beschwerdeführer von seiner Ehefrau bei der Verhandlung begleitet und dabei auch der Wunsch nach einer gemeinsamen Zukunft genannt wurde, wird beides durch die mühsame Verständigung untereinander - die Ehefrau spricht kaum Deutsch und nur ein wenig Englisch, die getrennten Wohnsitze zumindest seit 2017 und seit der Rückkehr der Ehefrau nach Österreich und der Umstand, dass der Beschwerdeführer vom 18.07.2019 bis 15.08.2019 alleine in Ägypten war, relativiert.

Dass die von Beschwerdeführer angeführten Fluchtgründe nicht bestehen und er in Ägypten keinerlei Verfolgungen ausgesetzt war und ist, wird von ihm selbst eingeräumt.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde

3.1. Zur Nichtgewährung von Asyl und subsidiärem Schutz sowie zur Nichterteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkte I., und II. des angefochtenen Bescheides):

Aufgrund des Eingeständnisses des Beschwerdeführers, dass keine Fluchtgründe vorliegen, war die Beschwerde zu den Spruchpunkten I., und II. abzuweisen.

3.2. Nichterteilung eines Aufenthaltstitels (Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides)

Im ersten Satz des Spruchpunkts III im angefochtenen Bescheid sprach das BFA aus, dass dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel "aus berücksichtigungswürdigen Gründen" "gemäß § 57 AsylG" nicht erteilt werde. Damit war nach der Bescheidbegründung (S. 39, AS 463) das in § 57 AsylG 2005 beschriebene Rechtsinstitut "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" gemeint. Dem war durch die Richtigstellung des Spruchs Rechnung zu tragen.

Das Vorliegen der Voraussetzungen für die Erteilung einer "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" gemäß § 57 AsylG 2005 wurde vom Beschwerdeführer nicht behauptet. Aus der Beschwerde und auch aus dem Verwaltungsakt ergeben sich auch keine Hinweise, die nahelegen würden, dass die Erteilung einer solchen Aufenthaltsberechtigung in Betracht kommt.

3.2. Zur Erlassung eines auf drei Jahre befristetes Aufenthaltsverbotes (Spruchpunk IV. des angefochtenen Bescheides):

Gemäß § 67 FPG ist die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen unionsrechtlich aufenthaltsberechtigte EWR Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige zulässig, wenn auf Grund Ihres persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist. Das persönliche Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Strafrechtliche Verurteilungen allein können nicht ohne weiteres diese Maßnahmen begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig. Ein Aufenthaltsverbot kann - vorbehaltlich eines unbefristeten - höchstens für die Dauer von 10 Jahren erlassen werden.

Im gegenständlichen Fall verfügt der Beschwerdeführer über kein Aufenthaltsrecht im Bundesgebiet und der nunmehr 4-jährige Aufenthalt des Beschwerdeführers in Österreich beruht auf einer illegalen Einreise, einem vorgetäuschten Asylantrag und einer zur Absicherung des Aufenthaltes eingegangenen Aufenthaltsehe. Der Beschwerdeführer lebt zumindest seit Mai 2017 getrennt von seiner ungarischen Ehegattin und auch, wenn sie sich jetzt seit 3 Monaten wieder in Österreich aufhält und beide wieder zu einem gemeinsamen Eheleben finden wollen, ist daraus kein schützenswertes Privatleben ableitbar. Auch die wirtschaftliche Selbsterhaltungsfähigkeit des Beschwerdeführers wirkt sich für ihn beim vorliegenden Sachverhalt in der Abwägung zum öffentlichen Interesse an der Vollziehung des geltenden Migrationsrechts nicht positiv aus. Vielmehr hat der Beschwerdeführer in der Legalisierung seines letztendlich unrechtmäßigen Aufenthaltes gegen strafgesetzliche Bestimmungen verstoßen und ist eine Aufenthaltsehe missbräuchlich zur Erlangung einer sonst nicht zustehenden Berechtigung eingegangen und hat zur Erzielung desselben Zweckes durch Vortäuschen von Asylgründen ein unbegründetes Asylverfahren angestoßen und damit massiv gegen die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden gesetzlichen Bestimmungen verstoßen. Aus diesen Gründen erweist sich ein Aufenthaltsverbot in der von der belangten Behörde erlassenen Dauer von 3 Jahren als angemessen und gerechtfertigt.

3.3. Erteilung eines Durchsetzungsaufschubes von einem Monat:

Gemäß § 70 Abs. 3 FPG ist einem begünstigten Drittstaatsangehörigen ist bei der Erlassung einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes von Amts wegen ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat zu erteilen, es sei denn, die sofortige Ausreise wäre im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich.

Zu B) (Un)Zulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Asylantragstellung, Asylverfahren, Aufenthalt im Bundesgebiet,
Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz, Aufenthaltstitel,
Aufenthaltsverbot, berücksichtigungswürdige Gründe,
Durchsetzungsaufschub, mündliche Verhandlung, subsidiärer Schutz

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:I408.2220675.1.00

Zuletzt aktualisiert am

11.05.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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