TE Bvwg Erkenntnis 2019/11/27 W212 2224242-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 27.11.2019
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Entscheidungsdatum

27.11.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §15b Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §18 Abs1 Z1
BFA-VG §18 Abs5
BFA-VG §19
BFA-VG §21 Abs7
BFA-VG §9
B-VG Art. 133 Abs4
EMRK Art. 2
EMRK Art. 3
EMRK Art. 8
FPG §46
FPG §50
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1a
VwGVG §24
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W212 2224243-1/7E

W212 2224242-1/6E

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Eva SINGER als Einzelrichterin über die Beschwerden von 1.) XXXX , geb. XXXX ,

2.) mj. XXXX , geb. XXXX , gesetzlich vertreten durch die Mutter

XXXX , beide StA Ukraine, vertreten durch die ARGE Rechtberatung, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 04.09.2019, Zl.n 1.) 1235013704/190630359/BMI-BFA_KNT_AST01, 2.) 1235012402/190630345/BMI-BFA_KNT_AST_01 zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerden gegen Spruchpunkte II. bis VIII. der angefochtenen Bescheide werden gemäß §§ 8 Abs. 1, § 10 Abs. 1 Z 3, 15b und 57 AsylG 2005, §§ 9 und 18 Abs. 1 BFA-VG, §§ 46, 52 und 55 FPG als unbegründet abgewiesen.

II. Der Beschwerde gegen Spruchpunkt IX. des Bescheides 1235013704/190630359/BMI-BFA_KNT_AST01 wird insofern stattgegeben, als dass die Dauer des Einreiseverbotes gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 6 FPG auf ein Jahr herabgesetzt wird.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang und Sachverhalt:

1.1. Die Erstbeschwerdeführer (in der Folge: BF1) ist die Mutter des minderjährigen Zweitbeschwerdeführers (BF2), beide sind Staatsangehörige der Ukraine. Sie stellten nach legaler Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 24.06.2019 die gegenständlichen Anträge auf internationalen Schutz.

In ihrer Erstbefragung vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 24.06.2019 gab die BF1 zu Protokoll, dass sie vor etwa drei Wochen mit ihrem Sohn nach Österreich gereist sei. Grund dafür sei die Krankheit ihres Sohnes, der seit dem elften Lebensjahr an juveniler Dermatomyositis leide. Ohne Behandlung würde die Krankheit wegen Herzinsuffizienz zum Tod führen. In der Ukraine sei der BF2 drei Jahre in Behandlung gewesen, aber es gebe keine zielführenden Behandlungsmethoden. Sie habe im Internet recherchiert und festgestellt, dass es hier gute Behandlungsmöglichkeiten gebe. Sie habe Angst, dass ihr Sohn sterben werde, da die Krankheit in der Ukraine unheilbar sei.

1.2. Am 20.08.2019 wurde die BF1 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl niederschriftlich einvernommen, wobei sie angab, seit kurzem geschieden zu sein. Einen Beschluss über Alimente gebe es noch nicht, dies müsse sie beantragen. Ende April/Anfang Mai sei sie mit ihrem Sohn für eine Woche in Ungarn gewesen. Er habe an Bronchitis gelitten und sei dort behandelt worden, dies habe sie selbst bezahlen müssen. Danach seien sie in die Ukraine zurückgekehrt.

Ihr Sohn leide an juveniler Dermatomyositis und als Folge dessen an Claciumablagerungen. Erst vor drei Jahren habe er in der Ukraine die richtige Diagnose und eine entsprechende Behandlung erhalten. Er sei immer sehr müde und erschöpft. In der Ukraine sei er zur Schule gegangen und habe auch Fußball gespielt. Einmal im Monat sei er im Krankenhaus untersucht worden. Sie hätten viele verschiedenen Einrichtungen aufgesucht. Wenn sein Zustand sich verschlechterte, seien sie auch öfter im Krankenhaus gewesen. Die letzten zwei Monate habe er die Schule nicht mehr besucht, da sich sein Zustand verschlechtert habe und er wegen Infektionen freigestellt gewesen sei. In Österreich gehe es ihm ein bisschen besser, die Luft sei hier besser als in der Ukraine.

Die Krankheit ihres Sohnes sei heilbar, man brauche nur die richtige Therapie. In zwei bis drei Jahren sei sie heilbar. Bei ihrem Sohn werde es wohl länger dauern, da sie sehr lange nichts getan habe. In der Ukraine habe er Methotrexat und ein Hormonpräparat namens Metipred genommen. In Österreich nehme er nur Methotrexat. Ansonsten sei ihnen keine Behandlung vorgeschlagen worden. Eine Immunoglobin-Therapie sei in Ungarn vorgeschlagen, aber nicht durchgeführt worden.

Bei der Finanzierung der Behandlungen sei sie in der Ukraine von ihren Eltern unterstützt worden. Ihr Mann habe nie viel gearbeitet. Ihr Sohn habe Behindertenstatus und 50 Euro monatlich bekommen, dies habe aber nicht ausgereicht. Sie werde sicher Alimente für ihren Sohn beantragen. Derzeit warte sie in Österreich auf die Blutwerte, dann werde entschieden was ihr Sohn brauche.

Sie wisse nicht was genau geplant sie und wie lange dies dauern werde. In Österreich gebe es Medikamente die in der Ukraine nicht zugelassen seien. Vielleicht könne er diese irgendwann in Österreich bekommen. Derzeit bekomme er die gleiche Behandlung wie in der Ukraine. Sie wisse nicht ob die Behandlung in Österreich umgestellt werden würde oder ob sie genauso fortgesetzt würde. Es sei eine seltene Krankheit, die Ärzte in Kärnten hätten keine Erfahrung damit.

In Österreich hätten sie keine Familienangehörigen, alle Verwandten lebten in der Ukraine. Sie habe dort in der Wohnung ihres Exmannes gelebt. Ihre Schwiegermutter habe ihr versichert, dass sie dort immer wohnen könne. Sie habe sie auch sporadisch finanziell unterstützt.

Sie selbst habe die Hauptschule abgeschlossen und als Administratorin in einem Cafe bzw. Casino gearbeitet. Der Lohn habe für den Lebensunterhalt ausgereicht. Sie habe dort gekündigt, glaube aber dass sie sofort wieder anfangen könne. Ihr Sohn könne auch alleine bleiben, wenn sie arbeite, sein Zustand sei nicht so schlecht.

Der Grund für ihre Asylantragstellung sei, dass sie sich die Behandlung ihres Sohnes nicht selbst hätte leisten können. Sie habe entschieden, den Aufenthalt so zu finanzieren. Es gehe ihr nur um die Behandlung ihres Sohnes, sonst habe sie keine Fluchtgründe. In Österreich gebe es die besten Spezialisten und die beste Technologie. Sie hätten sich die Therapien schon leisten können, aber in Österreich seien die Medikamente besser. In der Ukraine sei ihr Sohn drei Jahre falsch behandelt worden. Der Arzt in Ungarn habe gesagt, dass man mit der richtigen Therapie das Immunsystem wiederherstellen könne. In der Ukraine habe sie ungarische Präparate bestellt und diese selbst bezahlen müssen. Sie wolle nur einen Therapieplan und die Gewissheit, dass ihr Sohn in der Ukraine die gleiche Therapie bekommen würde. Wenn sie einen Heilungsplan hätte, würde sie sich darum kümmern, dass er in der Ukraine diese Therapie bekomme. Wenn die Krankheit nicht richtig behandelt würde, könnten auch Tumore hinzukommen und er könnte auf den Rollstuhl angewiesen sein. Sie würde sofort ausreisen, wenn sie wüsste wie sie ihren Sohn behandeln könne. Sie brauche einen Behandlungsplan. Sie würde gerne auf die Befunde ihres Sohnes warten, dann würde sie sofort abreisen.

Der BF2 gab in seiner Einvernahme in Anwesenheit der BF1 an, dass es ihm derzeit gut gehe. Vor etwa eineinhalb Jahren habe er starke Gelenkschmerzen gehabt, diese seien jetzt besser. Bisher sei er in Österreich drei oder vier Mal beim Arzt gewesen. In der Ukraine sei er einmal im Monat im Krankenhaus gewesen, ihm sei dort Blut abgenommen worden. Das Krankenhaus sei etwa eineinhalb Stunden von ihrem Wohnort entfernt. Im Akutfall gebe es eine Ambulanz in der Nähe. In Österreich gehe es ihm besser.

Die BF legten ein Konvolut aus ukrainischen und österreichischen Befunden vor.

1.3. Mit den angefochtenen Bescheiden des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurden die Anträge auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.). Unter Spruchpunkt II. dieses Bescheides wurden die Anträge bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Ukraine gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen. Ferner wurden Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §§ 57, 55 AsylG 2005 nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG wurde eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.) und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung in die Ukraine gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt V.). Gemäß § 55 Abs. 1a FPG bestehe keine Frist für die freiwillige Ausreise (Spruchpunkt VI.). Einer Beschwerde gegen diese Entscheidung wurde gemäß § 18 Abs. 1 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt VII.) Gemäß § 15b Abs. 1 AsylG wurde den BF aufgetragen, im angeführten Quartier Unterkunft zu nehmen (Spruchpunkt VIII.).

Gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 6 FPG wurde gegen die BF1 ein auf die Dauer von zwei Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt IX.).

Dem Bescheid wurden die entsprechenden Länderfeststellungen zum Herkunftsstaat der BF zu Grunde gelegt. Festgehalten wurde, dass die BF Staatsangehörige der Ukraine seien und ihre Identität feststehe. Im Herkunftsstaat sei die BF1 einem Erwerb nachgegangen. Die BF hätten keine asylrelevante Verfolgung geltend gemacht, eine Rückkehr sei den BF, insbesondere im Hinblick auf sozialen Anknüpfungspunkte, Sprachkenntnisse und Ausbildung, zumutbar und möglich. Beweiswürdigend führte die Behörde insbesondere aus, dass die BF ausschließlich medizinische und finanzielle Gründe für ihre Asylantragstellung vorgebracht hätten. Da die BF1 erwerbstätig gewesen sei und darüber hinaus für den BF2 auch staatliche Unterstützung bezogen habe, gehe die Behörde davon aus, dass ihnen auch keine Gefahren drohten, die eine Erteilung des subsidiären Schutzes rechtfertigen würden. Die BF hätten auch keine wesentlichen Schritte zur Integration gesetzt. In rechtlicher Hinsicht folgerte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zu Spruchpunkt I., dass die BF keine Verfolgung vorgebracht hätten, weshalb keine Grundlage für eine Subsumierung unter § 3 AsylG 2005 habe festgestellt werden können. Zu Spruchpunkt II. wurde ausgeführt, dass bei den BF keine individuellen Umstände vorlägen, die dafürsprechen würden, dass sie bei einer Rückkehr in die Ukraine in eine derart extreme Notlage geraten würde, die eine unmenschliche Behandlung im Sinne des Art. 3 EMRK darstellen würde. Da die BF1 arbeitsfähig sei und familiäre Unterstützung in Anspruch nehmen könne, sei auf der Grundlage der Länderfeststellungen davon nicht auszugehen, dass sie im Fall der Rückkehr in eine Notlage geraten würden. Unter Spruchpunkt III. und IV. wurde mit näherer Begründung darauf verwiesen, dass im Verfahren keine Ansatzpunkte hervorgetreten seien, die die Vermutung einer besonderen Integration der BF in Österreich rechtfertigen würden. Bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen würden somit keine Hinweise gefunden werden, welche den Schluss zuließen, dass durch die Rückkehrentscheidung auf unzulässige Weise im Sinne von Art. 8 Abs. 2 EMRK in das Recht auf Schutz des Privat- und Familienlebens eingegriffen werden würde. Zur Aberkennung der aufschiebenden Wirkung wurde ausgeführt, dass die BF aus einem sicheren Herkunftsstaat stammten. Das unter Spruchpunkt IX. verhängte Einreiseverbot gegen die BF1 wurde mit der grundlosen Asylantragstellung zur Erlangung von medizinischen Leistungen für den BF2 sowie mit der Mittellosigkeit der BF1 begründet.

1.4. Gegen Spruchpunkte II. bis IX. dieses Bescheids erhoben die BF mit Schriftsatz vom 02.10.2019 fristgerecht Beschwerde und brachten vor, dass die im Bescheid getroffenen Länderfeststellungen unvollständig und teilweise unrichtig seien. Zudem würden die Länderberichte von der schlechten Qualität und mangelnden Leistung im Hinblick auf medizinische Versorgung und Sozialsystem berichten. Daraus ergebe sich, dass die notwendige Behandlung des BF2 in der Ukraine nicht gewährleistet werden könne und drohe ihm bei einer Rückkehr ein Eingriff in Art. 2 und 3 EMRK. Angesichts der korruptionsgeprägten medizinischen Versorgung und der nicht ausreichenden finanziellen Mittel sei nicht davon auszugehen, dass sie bei einer Rückkehr in der Lage wären, die Behandlung des BF2 fortzuführen, was zu einem sicheren Tod führen würde. Zum Beweis der notwendigen Behandlung des BF2 werde ein Sachverständigengutachten beantragt. Die Behörde habe es unterlassen zu prüfen, ob die Familie der BF zukünftig für die Behandlung des BF2 aufkommen könne. Eine Rückkehr in den Herkunftsstaat würde beim BF2 zu einer drastischen Verschlechterung seines Gesundheitszustandes führen und sein Überleben gefährden. Er sei auf intensive Behandlung durch hier ansässige Spezialisten angewiesen.

Die BF seien bemüht sich zu integrieren, der Eingriff in das Privatleben durch die Rückkehrentscheidung sei daher unverhältnismäßig. Die BF stellten keine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit dar, das Einreiseverbot sei daher ebenfalls nicht gerechtfertigt. Abschließend wurde die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt.

Der Beschwerde lagen weitere medizinische Befunde bei.

1.5. Die Vorlage der Beschwerde samt Verwaltungsakt erfolgte am 10.10.2019.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die BF sind Staatsangehörige der Ukraine, Angehörige der Volksgruppe der Ukrainer und bekennen sich zum christlichen Glauben. Die BF1 beherrscht die Sprachen Russisch, und Ukrainisch. Ihre Identität steht aufgrund der vorgelegten Reisepässe fest. Sie stammen aus Wynohradiw im Westen der Ukraine, dort leben weiterhin der geschiedene Ehemann der BF1 und Vater des BF2, die Eltern der BF1 und die Schwiegermutter der BF1 und Großmutter des BF2. Die BF1 war vor ihrer Ausreise als Administratorin in einem Cafe und Casino tätig, der BF2 besuchte die Schule. Die BF1 konnte durch ihre Erwerbstätigkeit den Lebensunterhalt für sich und den BF2 decken.

Sie stellten am 24.06.2019 die gegenständlichen Anträge auf internationalen Schutz. Im Bundesgebiet geht die BF1 keiner legalen Beschäftigung nach, die BF beziehen Leistungen aus der Grundversorgung. Sie verfügen über keine Deutschkenntnisse und sind nicht Mitglied in einem Verein oder einer sonstigen Organisation. Der BF2 besucht in Österreich nicht die Schule. Eine fortgeschrittene Integration im Bundesgebiet konnte nicht festgestellt werden. Die BF1 ist arbeitsfähig und strafrechtlich unbescholten.

Die BF1 ist gesund, schwere physische oder psychische Erkrankungen oder Gebrechen wurden nicht geltend gemacht.

Der BF2 leidet an juveniler Dermatomyositis. Dabei handelt es sich um eine entzündliche Muskelerkrankung, die mit Calciumablagerungen einhergeht und auch die Haut schädigt. Es kann auch zur Bildung von teils bösartigen Tumoren kommen. Bei juveniler Dermatomyositis ist oft auch der Magen-Darm-Trakt betroffen, im Vergleich zur adulten Variante geht sie seltener mit Tumorerkrankungen einher. Die Hautsymptome sind dunkelrote bis blauviolette Verfärbungen. Die Erkrankung geht mit Muskelschmerzen und einer fortschreitenden Muskelschwäche einher, auch die Augen-, Rachen- und Atemmuskulatur können in Mitleidenschaft gezogen werden. Auch Herz und Lunge können beteiligt sein, hier kann es zu einer Herzbeutelentzündung, Herzschwäche, Kardiomyopathie, Herzrhythmusstörungen. Lungenfibrose und Lungenentzündung kommen.

Die Frage, ob eine Heilung der Erkrankung möglich ist, ist nicht eindeutig geklärt, da die Krankheit bei der Mehrheit der Patienten nach fünf bis zehn Jahren mit oder ohne Therapie zum Stillstand kommt. Komplikationen der Krankheit im Bereich von Lunge oder Herz oder bei bösartigen Tumoren können in seltenen Fällen zum Tod führen.

Da die Ursache der Erkrankung nicht bekannt ist, besteht auch keine kausale Therapie. Ergänzend zur Behandlung mit Glukokortikoiden kann ein Immunsuppressivum wie Methotrexat verschrieben werden. Zusätzlich besteht die Möglichkeit, spezielle Antikörper (Immunoglobine) zu verabreichen. Zusätzlich zur medikamentösen Therapie werden Physiotherapie, Vermeidung von UV-Strahlung, äußerliche Anwendung von Kortison und Kalzium oder Vitamin-D-Präparate empfohlen.

Der BF2 leidet als Folge der Erkrankung an subcutanen Ablagerungen von Calciumsalzen an den Extremitäten und einer chronischen Bronchitis. Es besteht der Verdacht auf Herzinsuffizienz. Derzeit erhält er Methotrexat 10 mg einmal pro Woche und Folsan (Folsäure).

Die Erkrankung des BF2 wurde auch in der Ukraine behandelt, er wurde monatlich im Krankenhaus untersucht und erhielt ebenfalls Methotrexat sowie ein weiteres Medikament (Metipred), das in Österreich abgesetzt wurde. Die derzeitige medizinische Behandlung des BF2 in Österreich unterscheidet sich nicht von der in der Ukraine.

Die BF1 konnte in der Ukraine die Behandlung des BF2 finanzieren.

Das Medikament Methotrexat ist auch in der Ukraine verfügbar, die Kosten belaufen sich pro Packung auf bis zu etwa 177 bis 575 Hrywnja (umgerechnet etwa 6 bis 20 Euro).

Nicht festgestellt werden kann, dass die BF im Fall der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in die Ukraine in ihrem Recht auf Leben gefährdet, der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen oder von der Todesstrafe bedroht wären.

Es konnte ferner nicht festgestellt werden, dass den BF im Falle ihrer Rückkehr in ihren Herkunftsstaat in eine existenzgefährdende Notlage geraten würden und ihnen die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen wäre.

Zum Herkunftsstaat der BF wird Folgendes festgestellt:

Sicherheitslage

In den von Separatisten kontrollierten Gebieten Donezk und Luhansk sowie auf der Krim haben ukrainische Behörden und Amtsträger zurzeit keine Möglichkeit, ihre Befugnisse wahrzunehmen und staatliche Kontrolle auszuüben (AA 22.2.2019).

Durch die Besetzung der Krim, die militärische Unterstützung von Separatisten im Osten und die Verhängung wirtschaftlicher Sanktionen gegen die Ukraine, kann Russland seinen Einfluss auf den Verlauf des politischen Lebens in der Ukraine aufrechterhalten. Menschen, die in den besetzten Gebieten des Donbass leben, sind stark russischer Propaganda und anderen Formen der Kontrolle ausgesetzt (FH 4.2.2019).

Nach UN-Angaben kamen seit Beginn des bewaffneten Konflikts über 10.000 Menschen um; es wurden zahlreiche Ukrainer innerhalb des Landes binnenvertrieben oder flohen ins Ausland. Das im Februar 2015 vereinbarte Maßnahmenpaket von Minsk wird weiterhin nur schleppend umgesetzt. Die Sicherheitslage hat sich seither zwar deutlich verbessert, Waffenstillstandsverletzungen an der Kontaktlinie bleiben aber an der Tagesordnung und führen regelmäßig zu zivilen Opfern und Schäden an der dortigen zivilen Infrastruktur. Der politische Prozess im Rahmen der Trilateralen Kontaktgruppe (OSZE, Ukraine, Russland) stockt trotz hochrangiger Unterstützung im Normandie-Format (Deutschland, Frankreich, Ukraine, Russland). Besonders kontrovers in der Ukraine bleibt die im Minsker Maßnahmenpaket vorgesehene Autonomie für die gegenwärtig nicht kontrollierten Gebiete, die u.a. aufgrund der Unmöglichkeit, dort Lokalwahlen nach internationalen Standards abzuhalten, noch nicht in Kraft gesetzt wurde. Dennoch hat das ukrainische Parlament zuletzt die Gültigkeit des sogenannten "Sonderstatusgesetzes" bis Ende 2019 verlängert (AA 22.2.2019).

Ende November 2018 kam es im Konflikt um drei ukrainische Militärschiffe in der Straße von Kertsch erstmals zu einem offenen militärischen Vorgehen Russlands gegen die Ukraine. Das als Reaktion auf diesen Vorfall für 30 Tage in zehn Regionen verhängte Kriegsrecht endete am 26.12.2018, ohne weitergehende Auswirkungen auf die innenpolitische Entwicklung zu entfalten. (AA 22.2.2019; vgl. FH 4.2.2019).

Der russische Präsident, Vladimir Putin, beschloss am 24.4.2019 ein Dekret, welches Bewohnern der selbsternannten Volksrepubliken Donezk und Luhansk den Erwerb der russischen Staatsbürgerschaft im Eilverfahren erleichtert ermöglicht. Demnach soll die Entscheidung der russischen Behörden über einen entsprechenden Antrag nicht länger als drei Monate dauern. Internationale Reaktionen kritisieren dies als kontraproduktiven bzw. provokativen Schritt. Ukrainische Vertreter sehen darin die Schaffung einer rechtlichen Grundlage für den offiziellen Einsatz der russischen Streitkräfte gegen die Ukraine. Dafür gibt es einen historischen Präzedenzfall. Als im August 2008 russische Truppen in Georgien einmarschierten, begründete der damalige russische Präsident Dmitrij Medwedjew das mit seiner verfassungsmäßigen Pflicht, "das Leben und die Würde russischer Staatsbürger zu schützen, wo auch immer sie sein mögen". In den Jahren zuvor hatte Russland massenhaft Pässe an die Bewohner der beiden von Georgien abtrünnigen Gebiete Abchasien und Südossetien ausgegeben (FAZ 26.4.2019; vgl. SO 24.4.2019).

Quellen:

-

AA - Auswärtiges Amt (22.2.2019): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Ukraine, https://www.ecoi.net/en/file/local/1458484/4598_1551701473_auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-ukraine-stand-februar-2019-22-02-2019.pdf, Zugriff 18.3.2019

-

FAZ - Frankfurter Allgemeine Zeitung (26.4.2019): Ein Signal an Selenskyj,

https://www.faz.net/aktuell/politik/putin-verteidigt-russische-staatsbuergerschaft-fuer-ukrainer-16157482.html?printPagedArticle=true#pageIndex_0, Zugriff 26.4.2019

-

FH - Freedom House (4.2.2019): Freedom in the World 2019 - Ukraine, https://www.ecoi.net/de/dokument/2002619.html, Zugriff 24.4.2019

-

SO - Spiegel Online (24.4.2019): Putins Provokation, https://www.spiegel.de/politik/ausland/ukraine-wladimir-putin-kuendigt-an-russische-paesse-im-besetzten-donbass-auszuteilen-a-1264280.html, Zugriff 29.3.2019

-

USDOS - US Department of State (13.3.2019): Country Report on Human Rights Practices 2018 - Ukraine, https://www.ecoi.net/de/dokument/2004269.html, Zugriff 10.4.2019

Allgemeine Menschenrechtslage

Der Schutz der Menschenrechte durch die Verfassung ist gewährleistet. Die Möglichkeit von Nichtregierungsorganisationen (NGOs), sich im Bereich Menschenrechte zu betätigen, unterliegt keinen staatlichen Restriktionen (AA 22.2.2019).

Die Verfassung sieht eine vom Parlament bestellte Ombudsperson vor, den parlamentarischen Menschenrechtsbeauftragten. Das Amt wird derzeit von Lyudmila Denisova bekleidet. Ihr Büro arbeitet bei verschiedenen Projekten zur Überwachung von Menschenrechtspraktiken in Gefängnissen und anderen staatlichen Institutionen häufig mit NGOs zusammen. Die Ombudsperson bemühte sich in der Vergangenheit speziell um Krimtataren, Binnenvertriebene, Roma, Behinderte, sexuelle Minderheiten und Gefängnisinsassen. Die Ombudsperson kann auch Ermittlungen wegen Misshandlung durch Sicherheitskräfte einleiten und ist auch bei Problemen mit der Justiz jederzeit ansprechbar (USDOS 13.3.2019).

Gleichberechtigung von Männern und Frauen ist in Verfassung und Gesetzen ausdrücklich vorgesehen. Tatsächlich werden Frauen jedoch häufig schlechter bezahlt und sind in Spitzenpositionen unterrepräsentiert (AA 22.2.2019). 2018 wurden Demonstrationen von LGBTI- oder Frauenrechtsgruppen regelmäßig von rechtsgerichteten Gruppen gestört (AA 22.2.2019; vgl. USDOS 13.3.2019). Durch den bewaffneten Konflikt kommt es vermehrt zu häuslicher Gewalt und Gender Based Violence (GBV), von der vor allem Frauen betroffen sind. Ein neues Gesetz, das häusliche Gewalt als Straftatbestand deklariert, wurde im Dezember 2017 angenommen. Es gibt jedoch kaum ausreichend psychosoziale und medizinische (Notfall-) Einrichtungen mit geschultem Personal (ÖB 2.2019).Frauen und Mitglieder von Minderheitengruppen können am politischen Leben in der Ukraine teilnehmen. Diese Rechte werden jedoch durch Faktoren wie den Konflikt im Osten, Analphabetismus und das Fehlen von Ausweisdokumenten (häufig bei Roma) geschmälert. Das Gesetz über Kommunalwahlen schreibt eine 30%-Quote für Frauen auf Parteilisten vor, die jedoch nicht wirksam durchgesetzt wird. Die gesellschaftliche Diskriminierung von sexuellen Minderheiten beeinträchtigt ihre Fähigkeit, sich an politischen Prozessen und Wahlprozessen zu beteiligen (FH 4.2.2019).

Versammlungsfreiheit ist laut Verfassung garantiert und die Regierung respektiert dieses Recht generell, aber einfachgesetzlich haben die Behörden breite Möglichkeiten das Demonstrationsrecht einzuschränken. 2018 wurden Demonstrationen von LGBTI- oder Frauenrechtsgruppen regelmäßig von rechtsgerichteten Gruppen gestört. Die Polizei schützte zwar den 2018 Kiew Pride-Marsch mit tausenden Beamten, kleinere Veranstaltungen von Minderheiten oder oppositionellen Gruppen wurden jedoch nicht immer ausreichend geschützt (USDOS 13.3.2019; vgl. FH 4.2.2019).

Zu den Pflichten des Veranstalters von friedlichen Versammlungen zählt unter anderem die Anmeldung der Veranstaltung im Vorfeld bei den örtlich zuständigen Behörden. Die Fristen, die in diesem Zusammenhang anzuwenden sind, sind jedoch nicht klar geregelt und variieren je nach vertretener Auffassung zwischen drei und zehn Tagen. Diese Unklarheit lässt den öffentlichen Behörden einen relativ großen Freiraum, Versammlungen zu untersagen. Tatsächlich wird die Abhaltung von friedlichen Versammlungen von den Behörden regelmäßig abgelehnt. Als gängige Begründungen dienen die zu späte Ankündigung der Demonstration, der Mangel an verfügbaren Polizisten zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung, der gleichzeitige Besuch einer offiziellen ausländischen Delegation oder das gleichzeitige Stattfinden einer anderen Veranstaltung am gleichen Ort. Auch die Definition der "Friedlichkeit" einer Versammlung ist nicht immer unstrittig (ÖB 2.2019).

Verfassung und Gesetze sehen Vereinigungsfreiheit vor und die Regierung respektiert dieses Recht im Allgemeinen.

Menschenrechtsgruppen und internationale Organisationen kritisieren jedoch ein Gesetz vom März 2017, das für zivilgesellschaftliche Organisationen und Journalisten, die sich mit Antikorruptionsangelegenheiten befassen, gewisse Offenlegungserfordernisse vorsieht. Dies wird weithin als Einschüchterungsmaßnahme gesehen. Menschenrechtsorganisationen berichten von einer wachsenden Anzahl ungeklärter Angriffe auf Mitglieder von Organisationen der Zivilgesellschaft (mehr als 50 Angriffe binnen 12 Monaten), die ihrer Ansicht nach ein Klima der Straflosigkeit geschaffen hätten, weil die Regierung diese nicht ordentlich untersucht habe. Es gibt Vorwürfe gegen die Regierung, diese würde Aktivisten als Vergeltungsmaßnahme für ihre Tätigkeit strafrechtlich verfolgen (USDOS 13.3.2019).Sowohl natürliche als auch juristische Personen können einen Verein gründen. Die Vereinsgründung kann nur aus im Gesetz eng definierten Gründen untersagt werden (ÖB 2.2019). Nach dem Ende der Ära Janukowitsch sind zahlreiche zivilgesellschaftliche Gruppen mit einer Vielzahl sozialer, politischer, kultureller und wirtschaftlicher Zielsetzungen entstanden oder wiederbelebt worden. Viele von ihnen können die Entscheidungsfindung auf verschiedenen Regierungsebenen beeinflussen. Ein klar gegen Russland gerichtetes Gesetz gegen "ausländische Agenten, die unter dem Einfluss eines Aggressorstaats agieren", wurde im September 2018 vorgelegt. Seitens der Zivilgesellschaft gibt es Bedenken, dass dieses Gesetz generell NGOs mit ausländischen Geldgebern treffen könnte. Gewalt gegen Aktivisten der Zivilgesellschaft nahm im Jahr 2018 zu. Zu den Bedrohten gehören Aktivisten, die sich gegen Korruption oder für die Rechte von LGBTI-Personen einsetzen (FH 4.2.2019).

Verfassung und Gesetze sehen Meinungsfreiheit vor, auch für Pressevertreter. Die Behörden respektieren diese Rechte jedoch nicht immer. Mit einigen Ausnahmen können Personen in Gebieten, die unter staatlicher Kontrolle stehen, die Regierung im Allgemeinen öffentlich und privat kritisieren und Angelegenheiten von öffentlichem Interesse erörtern, ohne Angst vor offiziellen Repressalien zu haben. Die Gesetze verbieten Aussagen, welche die territoriale Integrität des Landes bedrohen, Kriege fördern, Rassen- oder Religionskonflikte auslösen oder die russische Aggression gegen das Land unterstützen, und die Regierung verfolgt Personen gemäß dieser Gesetze. Die Regierung setzte Maßnahmen um Informationen, Medien oder einzelne Journalisten zu verbieten bzw. zu blockieren, wenn diese als Bedrohung für die nationale Sicherheit betrachtet werden oder Positionen geäußert haben, die nach Ansicht der Behörden die Souveränität und territoriale Integrität des Landes untergraben. Die betrifft vor allem Medien russischer Herkunft oder pro-russischer Ausrichtung. Unabhängige Medien sind aktiv und bringe eine weite Bandbreite an Meinungen zum Ausdruck. In Privatbesitz befindliche Medien - die erfolgreichsten gehören einflussreichen Oligarchen - transportieren oft die Ansichten ihrer Eigentümer, günstige Berichterstattung für ihre Verbündeten und Kritik an politischen und geschäftlichen Rivalen. Unabhängige Medien haben Schwierigkeiten zu konkurrieren. Problematische Praktiken wirken sich weiterhin auf die Medienfreiheit aus, darunter Selbstzensur, günstige Berichterstattung gegen Geld ("Jeansa") und verzerrte Berichterstattung in Medienunternehmen, deren Eigentümer enge Verbindungen zur Regierung oder zu politischen Oppositionspartnern haben. Gewalt gegen Journalisten ist weiterhin ein Problem. Menschenrechtsgruppen beklagen mangelnde Gegenmaßnahmen der Regierung. 2018 wurden bis September Angaben zufolge 22 Angriffe und 24 Drohungen gegen Journalisten gemeldet, verglichen mit 19 Angriffen und 22 Drohungen im selben Zeitraum 2017. Besonders betroffen ist Berichterstattung, welche als nicht ausreichend patriotisch empfunden wird. Rufmordklagen gegen Journalisten werden von Personen des öffentlichen Interesses immer wieder eingesetzt oder angedroht, um die Berichterstattung zu beeinflussen. Berichten zufolge hat sich die Freiheit des Internet in der Ukraine zum zweiten Mal in Folge verschlechtert, weil die Behörden stärker gegen Meinungsbekundungen von Social Media-Nutzern vorgehen, die als kritisch gegenüber der Position der Ukraine im Donbass-Konflikt wahrgenommen werden. Einer Medienbeobachtungsgruppe zufolge haben die Behörden 2017 gegen 40 Benutzer oder Administratoren von Social-Media-Plattformen strafrechtliche Ermittlungen eingeleitet, weil ihre Inhalte die verfassungsmäßige Ordnung des Landes untergraben oder die nationale Sicherheit gefährdet hätten; 37 von ihnen wurden vor Gericht gestellt. Besonders "separatistische" oder "extremistische" Aktivitäten wurden 2018 besonders geahndet; User wurden festgenommen zu Geld- oder Haftstrafen verurteilt (USDOS 13.3.2019).

Das unabhängige Institute of Mass Information registrierte von Januar bis November 2018 201 Verletzungen der Medienfreiheit. Von diesen Vorfällen betrafen 28 Gewalt sowie 27 Drohungen und Einschüchterungen. Die Gerichte und Strafverfolgungsbehörden der Ukraine versagen manchmal beim Schutz der Rechte von Journalisten (FH 4.2.2019).

Mit Ausnahme eines Verbots der Kommunistischen Partei von 2015 gibt es keine formellen Hindernisse für die Gründung und den Betrieb politischer Parteien. In den letzten Jahren sind mehrere politische Parteien entstanden. Ein Gesetz aus dem Jahr 2016 regelt die staatliche Finanzierung im Parlament vertretener Parteien. Oppositionsgruppen sind im Parlament vertreten, und ihre politischen Aktivitäten werden im Allgemeinen nicht durch administrative Beschränkungen behindert. Neue Kleinparteien haben Schwierigkeiten mit etablierten Parteien zu konkurrieren, welche die Unterstützung politisch vernetzter Oligarchen genießen (FH 4.2.2019).

Die Freiheit des religiösen Bekenntnisses und der ungestörten Religionsausübung wird von der Verfassung garantiert und von der Regierung in ihrer Politik gegenüber Kirchen und Religionsgemeinschaften respektiert (AA 22.2.2019). Laut Befragungen sind 68,2 Prozent der Ukrainer christlich-orthodox. Davon gehören 26,5 Prozent zur ukrainisch-orthodoxen Kirche des Kiewer Partiartchats (UOC-KP), 12 Prozent zur ukrainisch-orthodoxen Kirche des Moskauer Partiartchats (UOC-MP), 1,1 Prozent zur ukrainisch-autokephalen Kirche (UAOC) und 24,3 Prozent bezeichnen sich als "schlicht orthodox". 7,8 Prozent der Ukrainer sind griechisch-katholisch, 1,3 Prozent jüdisch, 1 Prozent römisch-katholisch, 0,8 Prozent protestantisch und 0,2 Prozent muslimisch. Weitere 7 Prozent identifizieren sich als "Christen" und 12,6 Prozent geben an, dass sie keiner religiösen Gruppe angehören (USDOS 29.5.2018). Kleinere religiöse Gruppen berichten jedoch weiterhin von einer gewissen Diskriminierung. Im Oktober 2018 erhielten ukrainisch-orthodoxe Kleriker die Erlaubnis der religiösen Behörden in Istanbul, dem historischen Sitz der östlichen orthodoxen Kirche, zur Errichtung einer eigenen autokephalen Kirche außerhalb der kanonischen Gerichtsbarkeit der russisch-orthodoxen Kirche. Im Dezember wurde diese neue orthodoxe Kirche der Ukraine gegründet, um die bestehenden Denominationen zu vereinigen. Der Kreml und die Kirchenführer in Moskau lehnen diesen Schritt entschieden ab. Es gibt Berichte, dass der ukrainische Geheimdienst aus Furcht vor Provokationen russisch-orthodoxe Kirchen und Priesterheime durchsuchte und Kleriker, die als loyal zu Moskau gelten, zum Verhör vorgeladen wurden. Diese Auseinandersetzung hindert jedoch die meisten Menschen nicht wesentlich daran, den Glauben ihrer Wahl zu praktizieren (FH 4.2.2019).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (22.2.2019): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Ukraine, https://www.ecoi.net/en/file/local/1458484/4598_1551701473_auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-ukraine-stand-februar-2019-22-02-2019.pdf, Zugriff 18.3.2019

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FH - Freedom House (4.2.2019): Freedom in the World 2019 - Ukraine, https://www.ecoi.net/de/dokument/2002619.html, Zugriff 24.4.2019

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ÖB - Österreichische Botschaften (2.2019): Asylländerbericht Ukraine,

https://www.ecoi.net/en/file/local/2003113/UKRA_%C3%96B-Bericht_2018.doc, Zugriff 11.4.2019

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USDOS - US Department of State (13.3.2019): Country Report on Human Rights Practices 2018 - Ukraine, https://www.ecoi.net/de/dokument/2004269.html, Zugriff 29.3.2019

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USDOS - US Department of State (29.5.2018): 2017 Report on International Religious Freedom - Ukraine, https://www.ecoi.net/de/dokument/1436899.html, Zugriff 26.4.2019

Grundversorgung

Die makroökonomische Lage stabilisiert sich nach schweren Krisenjahren auf niedrigem Niveau. Ungeachtet der durch den Konflikt in der Ostukraine hervorgerufenen, die Wirtschaftsentwicklung weiter erheblich beeinträchtigenden, Umstände, wurde 2018 ein Wirtschaftswachstum von geschätzten 3,4% erzielt; die Inflation lag bei rund 10%. Der gesetzliche Mindestlohn wurde zuletzt mehrfach erhöht und beträgt seit Jahresbeginn 4.173 UAH (ca. 130 EUR) (AA 22.2.2019).

Die Existenzbedingungen sind im Landesdurchschnitt knapp ausreichend. Die Versorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln ist gesichert. Vor allem in ländlichen Gebieten stehen Strom, Gas und warmes Wasser zum Teil nicht immer ganztägig zur Verfügung. Die Situation gerade von auf staatliche Versorgung angewiesenen älteren Menschen, Kranken, Behinderten und Kindern bleibt daher karg. Die Ukraine gehört zu den ärmsten Ländern Europas. Ohne zusätzliche Einkommensquellen (in ländlichen Gebieten oft Selbstversorger) bzw. private Netzwerke ist es insbesondere Rentnern und sonstigen Transferleistungsempfängern kaum möglich, ein menschenwürdiges Leben zu führen. Sozialleistungen und Renten werden zwar regelmäßig gezahlt, sind aber trotz regelmäßiger Erhöhungen größtenteils sehr niedrig. In den von Separatisten besetzten Gebieten der Oblaste Donezk und Luhansk müssen die Bewohner die Kontaktlinie überqueren, um ihre Ansprüche bei den ukrainischen Behörden geltend zu machen (AA 22.2.2019).

Nachdem die durchschnittlichen Verdienstmöglichkeiten weit hinter den Möglichkeiten im EU-Raum, aber auch in Russland, zurückbleiben, spielt Arbeitsmigration am ukrainischen Arbeitsmarkt eine nicht unbedeutende Rolle (ÖB 2.2019).

Das ab der zweiten Hälfte der 1990er Jahre eingeführte ukrainische Sozialversicherungssystem umfasst eine gesetzliche Pensionsversicherung, eine Arbeitslosenversicherung und eine Arbeitsunfallversicherung. Aufgrund der Sparpolitik der letzten Jahre wurde im Sozialsystem einiges verändert, darunter Anspruchsanforderungen, Finanzierung des Systems und beim Versicherungsfonds. Die Ausgaben für das Sozialsystem im nicht-medizinischen Sektor sanken von 23% des BIP im Jahr 2013 auf 18,5% im Jahr 2015 und danach weiter auf 17,8%. Die ist vor allem auf Reduktion von Sozialleistungen, besonders der Pensionen, zurückzuführen. Das Wirtschaftsministerium schätzte den Schattensektor der ukrainischen Wirtschaft 2017 auf 35%, andere Schätzungen gehen eher von 50% aus. Das Existenzminimum für eine alleinstehende Person wurde für Jänner 2019 mit 1.853 UAH beziffert (ca. 58 EUR), ab 1. Juli 2019 mit 1.936 UAH (ca. 62 EUR) und ab 1. Dezember 2019 mit 2.027 (ca. 64,5 EUR) festgelegt. Alleinstehende Personen mit Kindern können in Form einer Beihilfe für Alleinerziehende staatlich unterstützt werden. Diese wird für Kinder unter 18 Jahren (bzw. StudentInnen unter 23 Jahren) ausbezahlt. Die Zulage orientiert sich am Existenzminimum für Kinder (entspricht 80% des Existenzminimums für alleinstehende Personen) und dem durchschnittlichen Familieneinkommen. Diese Form von Unterstützung ist mit einer maximalen Höhe von 1.626 UAH (ca. 50,8 EUR) für Kinder im Alter bis zu 6 Jahren, 2.027 UAH (ca. 63,3 EUR) für Kinder im Alter von 6 bis 18 Jahren bzw. 1.921 UAH (ca. 60 EUR) für Kinder im Alter von 18 bis 23 Jahren pro Monat gedeckelt. Außerdem ist eine Hinterbliebenenrente vorgesehen, die monatlich 50% der Rente des Verstorbenen für eine Person beträgt; bei zwei oder mehr Hinterbliebenen werden 100% ausgezahlt. Für Minderjährige gibt es staatliche Unterstützungen in Form von Familienbeihilfen, die an arme Familien vergeben werden. Hinzu kommt ein Zuschuss bei der Geburt oder bei der Adoption eines Kindes sowie die o.g. Beihilfe für Alleinerziehende. Der Geburtenzuschuss beträgt derzeit in Summe

41.280 UAH (ca. 1.288 EUR). Davon werden 10.320 UAH (ca. 322,15 EUR) in den zwei bis drei Monaten nach Geburt/Adoption ausgezahlt, die restliche Summe in gleichen Zahlungen von 860 UAH (ca. 26,85 UAH) monatlich im Laufe der folgenden drei Jahre. Laut geltenden ukrainischen Gesetzen beträgt die Dauer des Mutterschutzes zwischen 126 Tagen (70 Tage vor und 56 Tage nach der Geburt) und 180 Tagen (jeweils 90 Tage vor und nach der Geburt). Für diese Periode bekommen die Mütter ihren Lohn hundertprozentig ausbezahlt. In den nächsten drei Karenzjahren bekommen die Mütter keine weiteren Auszahlungen außer dem o.g. Geburtenzuschuss bzw. den finanziellen Zuschüssen für Alleinerziehende. Gesetzlich ist grundsätzlich ebenfalls die Möglichkeit einer Väterkarenz vorgesehen, wobei diese in der Praxis weiterhin kaum in Anspruch genommen wird. Versicherte Erwerbslose erhalten mindestens 1.440 UAH (ca. 45 EUR) und maximal

7.684 UAH (240 EUR) Arbeitslosengeld pro Monat, was dem Vierfachen des gesetzlichen Mindesteinkommens entspricht. Nicht versicherte Arbeitslose erhalten mindestens 544 UAH (ca. 17 EUR). In den ersten 90 Kalendertagen werden 100% der Berechnungsgrundlage ausbezahlt, in den nächsten 90 Tagen sind es 80%, danach 70%. Die gesetzlich verpflichtende Pensionsversicherung wird durch den Pensionsfonds der Ukraine verwaltet, der sich aus Pflichtbeiträgen der Arbeitgeber und Arbeitnehmer, aus Budgetmitteln und diversen Sozialversicherungsfonds speist. Im Oktober 2017 nahm das ukrainische Parlament eine umfassende Pensionsreform an, die vor allem auch von internationalen Geldgebern zur Reduzierung des großen strukturellen Defizits gefordert wurde. Darin enthalten ist vor allem eine Anhebung der Mindestpension, welche von knapp zwei Drittel aller Pensionisten bezogen wird, um knapp 700 UAH (ca. 22 EUR). Ebenfalls vorgesehen ist eine automatische Indexierung der Mindestpension sowohl an die Inflationsrate, wie auch an die Entwicklung des Mindestlohns. Weiters wurde für arbeitende Pensionisten der Beitrag zur staatlichen Pensionsversicherung von 15% zur Gänze gestrichen. Das Pensionsantrittsalter wurde bei 60 Jahren belassen, die Anzahl an Beitragsjahren zur Erlangung einer staatlichen Pension wurde jedoch von 15 auf 25 Jahre erhöht und soll sukzessive bis 2028 weiter auf 35 Jahre steigen. Ebenfalls abgeschafft wurden gewisse Privilegien z.B. für öffentliche Bedienstete, Richter, Staatsanwälte und Lehrer. Im Jahr 2017 belief sich die Durchschnittspension auf 2.480,50 UAH (ca. 77 EUR), die durchschnittliche Invaliditätsrente auf 1.996,20 UAH (ca. 62,31 EUR) und die Hinterbliebenenpension auf 2.259,99 UAH (ca. 70,55 EUR). Viele Pensionisten sind dementsprechend gezwungen, weiter zu arbeiten. Private Pensionsvereinbarungen sind seit 2004 gesetzlich möglich. Die Ukraine hat mit 12 Millionen Pensionisten (knapp ein Drittel der Gesamtbevölkerung) europaweit eine der höchsten Quoten in diesem Bevölkerungssegment, was sich auch im öffentlichen Haushalt widerspiegelt: 2014 wurden 17,2% des Bruttoinlandsprodukts der Ukraine für Pensionszahlungen aufgewendet (ÖB 2.2019; vgl. UA 27.4.2018).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (22.2.2019): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Ukraine, https://www.ecoi.net/en/file/local/1458484/4598_1551701473_auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-ukraine-stand-februar-2019-22-02-2019.pdf, Zugriff 18.3.2019

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ÖB - Österreichische Botschaften (2.2019): Asylländerbericht Ukraine,

https://www.ecoi.net/en/file/local/2003113/UKRA_%C3%96B-Bericht_2018.doc, Zugriff 11.4.2019

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UA - Ukraine Analysen (27.4.2018): Rentenreform, http://www.laender-analysen.de/ukraine/pdf/UkraineAnalysen200.pdf, Zugriff 27.5.2019

Medizinische Versorgung

Das ukrainische Spitalswesen ist derzeit nach einem hierarchischen Dreistufenplan organisiert: die Grundversorgung wird in Rayonskrankenhäusern bereitgestellt. Das Rückgrat des ukrainischen Spitalswesens stellen die Distriktkrankenhäuser dar, die sich durch Spezialisierung in den verschiedenen medizinischen Disziplinen auszeichnen. Die dritte Ebene wird durch überregionale Spezialeinrichtungen und spezialisierte klinische und diagnostische Einrichtungen an den nationalen Forschungsinstituten des ukrainischen Gesundheitsministeriums gebildet. Ursprünglich als Speerspitze der Gesundheitsversorgung für komplizierte Fälle konzipiert, sind die Grenzen zwischen Einrichtungen der zweiten und dritten Ebene in letzter Zeit zunehmend verschwommen. Auch die laufende Dezentralisierungsreform dürfte in Zukunft Auswirkungen auf die Struktur des ukrainischen Gesundheitssystems haben. Aufgrund der dafür nötigen, jedoch noch nicht angenommenen Verfassungsänderung, bleibt diese Reform jedoch vorerst unvollendet, die Zusammenlegung von Gemeinden erfolgt bislang auf freiwilliger Basis. Von einigen Ausnahmen abgesehen ist die technische Ausstattung ukrainischer Krankenhäuser als dürftig zu bezeichnen. Während die medizinische Versorgung in Notsituationen in den Ballungsräumen als befriedigend bezeichnet werden kann, bietet sich auf dem Land ein differenziertes Bild: jeder zweite Haushalt am Land hat keinen Zugang zu medizinischen Notdiensten. Die hygienischen Bedingungen, vor allem in den Gesundheitseinrichtungen am Land, sind oftmals schlecht. Aufgrund der niedrigen Gehälter und der starken Motivation gut ausgebildeter MedizinerInnen ins Ausland zu gehen, sieht sich das ukrainische Gesundheitssystem mit einer steigenden Überalterung seines Personals und mit einer beginnenden Ausdünnung der Personaldecke, vor allem auf dem Land und in Bereichen der medizinischen Grundversorgung, konfrontiert. Von Gesetzes wegen und dem ehemaligen sowjetischen Modell folgend sollte die Bereitstellung der jeweils nötigen Medikation - mit der Ausnahme spezieller Verschreibungen im ambulanten Bereich - durch Budgetmittel gewährleistet sein. In der Realität sind einer Studie zufolge in 97% der Fälle die Medikamente von den Patienten selbst zu bezahlen, was die jüngst in Angriff genommene Reform zu reduzieren versucht. Dies trifft vor allem auf Verschreibungen nach stationärer Aufnahme in Spitälern zu. 50% der PatientInnen würden demnach aufgrund von finanziellen Schwierigkeiten eine Behandlung hinauszögern oder diese gänzlich nicht in Anspruch nehmen. In 43% der Fälle mussten die PatientInnen entweder Eigentum verkaufen, oder sich Geld ausleihen, um eine Behandlung bezahlen zu können. In der Theorie sollten sozial Benachteiligte und Patienten mit schweren Erkrankungen (Tbc, Krebs, etc.) von jeglichen Medikamentenkosten, auch im ambulanten Bereich, befreit sein. Aufgrund der chronischen Unterdotierung des Gesundheitsetats und der grassierenden Korruption wird das in der Praxis jedoch selten umgesetzt (ÖB 2.2019).

Patienten müssen in der Praxis die meisten medizinischen Leistungen und Medikamente informell aus eigener Tasche bezahlen (BDA 21.3.2018).

Ende 2017 wurde eine umfassende Reform des ukrainischen Gesundheitssystems auf die Wege gebracht. Eingeführt wird unter anderem das System der "Familienärzte". Patienten können in dem neuen System direkt mit einem frei gewählten Arzt, unabhängig von Melde- oder Wohnort, eine Vereinbarung abschließen und diesen als Hauptansprechpartner für alle gesundheitlichen Belange nutzen. Ebenfalls ist eine dringend nötige Modernisierung der medizinischen Infrastruktur in ländlichen Regionen vorgesehen, und ein allgemeiner neuer Zertifizierungsprozess inklusive strikterer und transparenterer Ausbildungsanforderungen für Ärzte vorgesehen. Weiters sind ukrainische Ärzte nunmehr verpflichtet, internationale Behandlungsprotokolle zu befolgen. Die Umsetzung der Reform schreitet nur schrittweise voran und wird noch einiges an Zeit in Anspruch nehmen. Im Zuge der Gesundheitsreform wurde im März 2018 ein Nationaler Gesundheitsdienst gegründet, der in Zukunft auch als zentrales Finanzierungsorgan für alle (öffentlichen und privaten) ukrainischen Gesundheitsdienstleister dienen und die Implementierung der Gesundheitsreform vorantreiben soll. Über die Hälfte aller in der medizinischen Grundversorgung tätigen Institutionen haben bereits neue Verträge mit dem Nationalen Gesundheitsdienst abgeschlossen (ÖB 2.2019).

Der Nationale Gesundheitsdienst hat die Funktion einer staatlichen, budgetfinanzierten Einheitskrankenversicherung übernommen. Zugleich wurde ein modernes, IT-gestütztes e-Health-System (Ärzte/Patienten-Register, Erfassung abrechnungsfähiger Dienstleistungen/Verschreibungen von erstattungsfähigen Arzneien etc.) eingeführt. Das noch im Aufbau begriffene System umfasst derzeit ca. 700 medizinische private und kommunale Einrichtungen mit ca. 24 Mio. Patienten sowie mehr als 17 Mio. einzelne Patientenverträge mit ihren Familienärzten, und deckt damit etwa die Hälfte aller Einrichtungen der primären medizinischen Fürsorge ab. Es ermöglicht derzeit bereits mehr als 40% der ukrainischen Bevölkerung freie Hausarztwahl sowie einen geregelten Zugang zu erstattungsfähigen Arzneien (derzeit mehr als 300 gelistete Arzneien) (AA 22.2.2019).

Die Gesundheitsreform sieht eine Rückerstattung der Kosten für eigens gelistete Medikamente für Herzkreislauf-Erkrankungen, Asthma und Typ 2 Diabetes vor, die bei teilnehmenden Apotheken und mit einem entsprechenden Rezept teils auch kostenlos oder stark vergünstigt erworben werden können. Die Verfügbarkeit dieses Angebots ist zwar vorerst weiterhin von den an diesem Programm teilnehmenden Apotheken abhängig, allgemein scheint dieses System jedoch in der Praxis gut zu funktionieren (ÖB 2.2019; Liste der Medikamente siehe unter: MOZ o.D.).

Soweit die Gesundheitsreform noch nicht umgesetzt ist, ist der Beginn einer Behandlung in der Regel auch weiterhin davon abhängig, dass der Patient einen Betrag im Voraus bezahlt oder Medikamente und Pflegemittel auf eigene Rechnung beschafft. Neben dem öffentlichen Gesundheitswesen sind in den letzten Jahren auch private Krankenhäuser beziehungsweise erwerbswirtschaftlich geführte Abteilungen staatlicher Krankenhäuser gegründet worden. Die Dienstleistungen der privaten Krankenhäuser sind außerhalb des Nationalen Gesundheitsdienstes jedoch für die meisten Ukrainer nicht bezahlbar. Gebräuchliche Medikamente werden im Land selbst hergestellt. Die Apotheken halten teilweise auch importierte Arzneien vor (AA 22.2.2019).

In den unter Kontrolle der ukrainischen Regierung stehenden Teilen der Oblaste Donezk und Luhansk leidet die medizinische Versorgung unter kriegsbedingten Engpässen: so wurden einige Krankenhäuser beschädigt und/oder verloren wesentliche Teile der Ausrüstung; qualifizierte Ärzte sind nach Westen gezogen. Im Donezker Gebiet gibt es zurzeit nur eingeschränkte psychiatrische Betreuung, da das entsprechende Gebietskrankenhaus vollständig zerstört wurde und bisher nur die Einrichtungen für Kinder und Tuberkulosekranke wieder hergerichtet werden konnten. Das Gebietskrankenhaus des Luhansker Gebiets musste sämtliche Ausrüstung zurücklassen und konnte sich nur provisorisch in Rubishne niederlassen. Eine qualifizierte Versorgung auf sekundärem Niveau (oberhalb der Versorgung in städtischen Krankenhäusern) ist dort zurzeit nicht gegeben (AA 22.2.2019).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (22.2.2019): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Ukraine, https://www.ecoi.net/en/file/local/1458484/4598_1551701473_auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-ukraine-stand-februar-2019-22-02-2019.pdf, Zugriff 18.3.2019

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BDA - Belgian Immigration Office via MedCOI (21.3.2018): Question & Answer, BDA-6768

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MOZ - Ukrainisches Gesundheitsministerium (o.D.): Affordable Medicines, http://en.moz.gov.ua/affordable-medicines, Zugriff 24.5.2019

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ÖB - Österreichische Botschaften (2.2019): Asylländerbericht Ukraine,

https://www.ecoi.net/en/file/local/2003113/UKRA_%C3%96B-Berich

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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